Pferdemist

 

Verlag: Good ideas

Autor: Uwe Himmelreich

Anzahl der Spieler: 1, 2 oder 4 Spieler oder 2 Mannschaften

Alter: ab 8 Jahren

Dauer: 15-90 Minuten, je nach gewählter Variante

 

Die Besprechung:

Martina Nowak

 

Mist, Mist, Mist! Der Verlag „Good ideas“ produziert doch glatt Mist, Pferdemist. Na, ob Mist wirklich eine „gute Idee“ ist? Müsst, müsst, müsst ma sich anschau´n. Also los geht´s!

 

Vor uns liegt ein wunderbarer hellgrün-dunkelgrün karierter Spielplan, besser eine idyllische Wiese mit 16x16 Feldern, frei von jedem Mist, zumindest fast frei. In jedem Eck erkennt man einen abgegrenzten, 4x4 Felder großen Garten, und in der Mitte der Wiese befindet sich die Pferdekoppel mit 4 Feldern. Das ist der einzige Ort, der schon zu Beginn des Spiels „bemistet“ ist.

 

Zum Mist machen benötigen wir Pferde. In diesem Spiel gibt es 4 Stück in 4 verschiedenen Farben als Holzspielfiguren. Ganz schön kess diese Pferde, leicht erhobenen Hauptes und etwas ängstlich nach hinten blickend – ob da vielleicht ein schlechtes Gewissen mitspielt, wegen dem Mist meine ich?

 

Na wie denn auch sei, diese Pferde sind die Hauptpersonen in dem Spiel, denn sie produzieren den Mist, und das nicht zu knapp, für jedes Pferd gibt es theoretisch 60 Pferdemistkarten, na so viel Mist! Wer Schach spielt, kennt den Rösselsprung, so bewegen sich diese Pferde nämlich, wer nicht Schach spielt, kann hier gleich auch etwas fürs Schach lernen: Eins grad, eins schräg oder eins schräg, eins grad oder zwei grad, eins zur Seite oder? Erraten: Eins zur Seite, zwei grad geht auch noch, man landet auf alle Fälle immer leicht schräg versetzt, dann war´s richtig. Beim Verlassen eines Feldes hinterlässt jedes Pferd jedes Mal ein Häufchen Pferdemist – die haben aber eine gute Verdauung, diese Pferde!

 

Nun ja, würde man dieses fröhliche Treiben nicht stoppen, würden bald alle Mitspieler im Mist versinken. Aber keine Angst, es gibt zum Glück ja die Bauern, die sich für diesen Mist interessieren, da sie ihn als Dünger für ihre Gärten benötigen, damit dort die Karotten sprießen. Von diesen Bauern gibt es ebenfalls 4, und auffällig ist, dass sie sich immer nur für den Mist der anderen interessieren, niemals für den Mist, den das eigene Pferd macht – wäre doch viel einfacher! Der Bauer darf entweder 1 Feld in beliebiger Richtung ziehen oder über den Mist springen. Wer die Spiele Dame und Halma kennt, weiß ungefähr, wie das funktioniert: In gerader Linie über den Mist, auch diagonal, wer Dame und Halma nicht kennt, hat jetzt etwas dazu gelernt.

 

Bevor ich noch auf die Details eingehe, möchte ich noch die Störenfriede dieser harmonischen Pferde – Bauern – Beziehungen erwähnen. Zum einen gibt es da die Hasen, erraten, es sind wieder 4. Die Hasen entsprechen den Läufern beim Schach. Sie laufen entlang einer Diagonalen beliebig weit, allerdings bleiben sie dadurch immer nur auf den Feldern mit der gleichen Farbe wie das Ausgangsfeld. Da die Hasen es natürlich auf die so zahlreich sprießenden Karotten abgesehen haben, sind alle Pflänzchen, die auf Feldern der anderen Farbe wachsen, vor diesem Hasen sicher, nicht aber vor einem anderen.

 

Ja und last but not least gibt es noch 4 Jäger im Spiel, die wiederum haben es auf die Hasen abgesehen. Ihr Zugmechanismus entspricht dem des Turms beim Schachspiel: Gerade aus, beliebig weit.

 

Kommen wir nun zur Spielvariante „Pferdemist“. Das Ziel dieser Variante ist es, den eigenen Garten so schnell wie möglich mit Karotten zu bepflanzen. Die Pferde starten in der Koppel und hinterlassen nach jedem Sprung Mist. Sie dürfen die Gärten nicht betreten. Der Bauer startet am Gartentor und versucht, den gegnerischen Mist einzusammeln. Da er nach jedem Einsammeln im eigenen Garten abladen muss, ist es wichtig, genau zu überlegen, ob man schon am Hinweg einsammelt, dem Gegner zwar vielleicht zuvor kommt, aber dann keinen Mist mehr zum Überspringen am Rückweg hat, was den Heimweg sehr lang werden lässt, oder ob man lieber erst am Rückweg einsammelt.

 

Der Hase startet in der Hasenhöhle, dort ist er auch vor dem Jäger sicher. Er kann in die gegnerischen Gärten und dort in jedem Zug eine Gemüsepflanze wegfressen. Im Unterschied dazu darf der Jäger nur in den eigenen Garten. Wenn der Jäger am Zug ist, und es befindet sich ein Hase in direkter gerader Linie zu diesem, ohne dass eine andere Figur dazwischen steht, dann kann es um den Hasen für den Rest des Spieles geschehen sein.

 

Wenn man am Zug ist, dann muss man das Pferd – damit der Mist nur ja nicht ausgeht – und eine beliebige andere Figur bewegen. Ja und wenn der Garten voll ist, hat man gewonnen, der Mist spielt dann keine Rolle mehr.

 

Das ist sicher eine sehr komplexe Variante des Spiels, die einem schon die eine oder andere taktische Überlegung abverlangt und die auch unter Umständen eine etwas längere Spieldauer hat. Diese Variante gibt es auch als Paarversion, wo dann eben 2 gegen 2 kämpfen, Mist machen und Gärten bepflanzen.

 

Bei der Variante „Pferde-Solitaire“ geht es darum, möglichst viel Mist auf einem Viertel des Spielplans zu platzieren. Man macht das so lange, bis es kein Feld mehr gibt, auf das das Pferd springen kann.

 

Beim „Spiel der Pferde“ braucht man nur die Pferde und die Mistkarten. Ziel ist es, die gegnerischen Pferde bewegungsunfähig zu machen.

 

Beim „Bauern-Solitaire“ benötigt man einen Bauern, ein Pferd und maximal 12 Mistkarten. Hier muss man eine optimale Lösung finden. Das Pferd macht Mist und der Bauer muss beginnend beim Gartentor so viel Mist wie möglich einsammeln, dabei alle Spielfeldvierteln betreten und wieder beim Gartentor landen.

 

Das „Mistspiel“ schließlich ist eine kurze Variante des komplexen Spiels, ohne Hasen und Jäger.

 

Nun ja, das also ist die Sache mit dem Mist! Im Großen und Ganzen hat mir das Spiel sehr gut gefallen. Besonders positiv sollte man die absolute Geruchsfreiheit des Mistes vermerken, nein Spaß beiseite: Das Spiel bietet eine nette Kombination aus alten Mechanismen und freundlicher Atmosphäre. Sowohl das traditionelle Schach- als auch das Damespiel kommen hier in abgewandelter Form wieder, wodurch sich das Spiel besonders gut dafür eignet, noch nicht rösselsprungbekannten (ihr wisst schon – eins schräg, eins grad …) Leuten diesen Mechanismus näher zu bringen, ich denke da z.B. auch an Kinder. Durch die nette, fast kindliche Aufmachung, fällt einem das da natürlich wesentlich leichter als beim traditionellen schwarz-weiß. Im ersten Moment dachte ich auch, dass es sich bei Pferdemist um ein Kinderspiel handelt, ich musste aber feststellen, dass es durchaus auch für geübtere Spieler eine Herausforderung darstellt. Auf keinen Fall sollte man den Fehler machen, gleich mit der großen Variante zu beginnen, es ist besser sich langsam an mehr Figuren und mehr Möglichkeiten heranzutasten. Und wenn ich ehrlich sein darf, dann gefällt mir persönlich das Spiel nur mit den Pferden und den Bauern sogar besser, die Hasen und Jäger machen das Spiel unnötig verwirrend ohne dass der Spielspaß deutlich zunimmt.

 

Der Kleinverlag Good ideas hat sich sehr bemüht, ein freundliches nettes Spiel zu gestalten – die Mistplättchen wurden z.B. bewusst verkehrt auf die Stanzbögen gedruckt, damit man sie leichter hochheben kann – und wenn man ein wenig das  Auge zudrückt, weil vielleicht nicht alles ganz so neu ist, wie es im ersten Moment ausschaut, so ist die Kombination des Mistes mit der guten Idee doch im zufrieden stellenden Ausmaß gelungen.

 

Abschließend möchte ich noch sagen, dass wir uns sehr darüber gefreut haben, dass der Autor Uwe Himmelreich mit seinem Pferdemist heuer im November am 18. Österreichischen Spielefest hier in Wien teilgenommen hat. Hoffentlich nicht das letzte Mal!