Vino
Vino
von Christward Conrad
3 bis 5 Spieler
ab 12 Jahren
Goldsieber Spiele 1999
60 bis 90 Minuten
Vergleichspare Spiele:
Zoff in Buffalo (M)
Meine Wertung:
(*) Vino SS
P UU II AA(A)
4 - 5 (3 - 5) h
Da muss ich mich aber gehörig am Riemen reißen.
"Vino" heißt das Spiel und es geht darin um Weinberge in
Italien. Quasi ein Spezialthema für jemanden wie mich, der als Absolvent einer
renommierten Fremdenverkehrsfachschule den stolzen Titel "Touristikkaufmann"
tragen darf. Nur ja keine Schwächen zeigen also....
Zur Vorsicht mal kurz den großen Wein-Almanach zur Hand genommen, um
einige Vorabinformationen zu besitzen: Italien, Rebfläche 1,110.000 Hektar,
Weinproduktion 59 bis 70 Millionen Hektoliter/Jahr, Weinexport 12 - 18
Millionen Hektoliter/Jahr, Weinimport geringfügig, Pro-Kopf-Verbrauch 63
Liter/Jahr. Damit ist Italien das größte Wein erzeugende Land der Welt mit fast
ein Viertel der gesamten Weltweinerzeugung! Und dann noch ein Satz, den ich
genau zitiere: "Italiens Weinreichtum ist unglaublich groß und vielfältig.
Fachleute streiten darüber, ob es zweitausend oder viertausend Sorten
sind."
2.000 oder 4.000?!? Moment mal, da war doch irgendwas anders beim Spiel
"Vino". Tatsächlich, im Spiel kommen gerade mal 5 Traubensorten vor.
Na wenn das so ist, klappen wir das Fachbuch beruhigt wieder zu. In
"Vino" wird in Wahrheit nicht die Winzer-Realität reflektiert. Das
Thema bildet vielmehr den - zugegebenermaßen recht passenden - Rahmen für das
Spiel.
Dann kann ich mich ja getrost den spielerisch relevanten Dingen zuwenden.
Dem Material etwa, das wieder einmal in Hülle und Fülle daherkommt. Ein
Spielplan, der den "Stiefel" mit - wiederum der Vereinfachung dienend
- neun verschieden großen Weinbaugebieten zeigt. Rebsortenmarken, die dazu
dienen, anzuzeigen, welche Rebsorten in welchen Weinbaugebieten angebaut
werden. Nachfrage-Marken, die Kursänderungen bei den 5 Rebsorten durch
Weinverkäufe anzeigen. Subventionssteine, die bestimmte Weinbaugebiete kennzeichnen,
in denen staatliche Weinberge verschenkt werden können. Besitzchips in fünf
Farben, damit die Spieler ihre gekauften Weinberge markieren können.
Ablagetafeln und Sichtschirme für die Spieler, sowie hölzerne
"Weinbeeren" zum Aufzeichnen
ihrer Besitzstände in den jeweiligen Rebsorten. Und natürlich Spielgeld, hier
in einer mir unbekannten Währung, dem "Vino".
In groben Zügen umrissen geht es in dem Spiel darum, Weinberge zu kaufen,
denn schließlich gewinnt derjenige "Winzer", der am Spielende die
meisten Weinberge besitzt. Weinberge kosten - wie kann es wohl anders sein - Geld. Mit dem bisschen (1000,-- Vino), mit
dem man anfangs ausgestattet ist, lassen sich jedoch keine großen Sprünge
machen, kostet ein durchschnittlicher Weinberg doch in etwa 100,-- bis 200,--
Vino. Um wieder zu Geld zu kommen, muss daher auch Wein verkauft werden. Menge
und Nachfrage nach der verkauften Rebsorte bestimmen den Verkaufserlös. Man
sollte aber auch danach trachten, sich ein paar staatliche Subventionen in Form
von geschenkten Weinbergen zu sichern.
Auf dem ungefähr eineinhalbstündigen Weg zur Ermittlung des größten
Winzers haben die Spieler mehrere Runden zu durchlaufen, wobei sich jede Runde
in zwei große Abschnitte gliedern lässt: Dem Kauf von Weinbergen und dem Verkauf von Wein. Nehmen wir die
beiden Abschnitte also etwas genauer unter die Lupe.
Die eigentliche Geschäftsabwicklung beim Kauf eines Weinberges ist
ziemlich banal: Den gewünschten Weinberg mit einem Chip in seiner Farbe belegen
und den darauf angegebenen Preis an die Bank entrichten. Das eigentliche
Kopfzerbrechen passiert aber schon etwas früher. Es ist nämlich nicht so, dass
man sich einfach von dem, was da ist, bedienen kann. Hinter seinem Sichtschirm markiert jeder
Spieler geheim zwei Gebiete, in denen er Weinberge kaufen möchte. Haben sich
alle entschieden, werden die Sichtschirme entfernt. Die Anbaugebiete werden in
aufsteigender Reihenfolge - von Nr. 1 Liguria bis Nr. 9 Trentino - abgehandelt.
Hat man als einziger Interesse an einer bestimmten Region bekundet, kann man
nach Lust und Laune (und natürlich nach der Dicke der Brieftasche) Weinberge
dort erwerben. Haben sich allerdings mehrere Spieler für dieselbe Region
entschieden, werden die Einkäufe nach einer genauen Bestimmung geregelt: Zuerst
kommen immer die Spieler zum Kauf dran, die in dieser Region bereits die
meisten Weinberge besitzen (bei Gleichstand zählen die wertvolleren Lagen).
Sollten dann noch Rieden vorhanden sein, können die Interessenten, die vorher
noch nicht vertreten waren, abwechselnd je einen Weinberg kaufen.
Aber wer will schon Weinberge kaufen, wenn er welche geschenkt bekommen
kann? Ja, tatsächlich, dies ist möglich! Wenn nämlich der letzte private Weinberg
(dunklere Markierung) einer Region seinen Käufer gefunden hat, erweist sich die
Republik Italien so großzügig und verschenkt die verbleibenden staatlichen
Weinberge (hellere Markierung) an die "reichsten Winzer der Region":
1 Weinberg für denjenigen mit den meisten, 2 Weinberge für denjenigen mit den
zweitmeisten, die restlichen- wenn noch vorhanden - an den mit den drittmeisten
Rieden.
Vielleicht kommt einigen Lesern dieser Spielmechanismus bekannt vor.
Verdeckte Auswahl von 2 Regionen, in denen man möglichst viele Chips bzw.
Marker unterbringen möchte, dazu noch ein Bonussystem, welches den zweit- und
drittplazierten etwas bevorzugt, dies hat Christward Conrad bereits in seinem
Spiel "Zoff in Buffalo" verwendet. So kommen bei "Vino" bei
den Spielern auch in etwa die selben Überlegungen zum Tragen: Wo will ich hin?
Wie viele Weinberge kaufe ich, um auch möglichst viel Subvention zu kriegen?
Was werden wohl die anderen Spieler machen? Doch während im F.X.Schmid-Spiel
das Einsetzen mit Karten geregelt wurde, erfährt "Vino" durch den
Faktor Geld eine zusätzliche Steigerung.
Dies bringt uns direkt zum zweiten Abschnitt einer Spielrunde: Dem
Verkauf von Wein. Wie bereits erwähnt,
ist dies die einzige Möglichkeit, wieder zu dem unbedingt für neue Einkäufe
notwendigen Bargeld zu kommen. Jeder Winzer hat pro Runde die Möglichkeit, von
einer Rebsorte beliebig viele Hektoliter (=gleichbedeutend wie die Anzahl der
Weinberge) auf den Markt zu werfen. Der Verkaufserlös richtet sich dabei an der
Menge des verkauften Weines sowie an der momentanen Nachfrage. Nachdem man den
so erzielten Erlös von der Bank erhalten hat, muss man schließlich noch einige
Weinberge als "Pachtverlust" abgeben. Der Verkauf zieht auch eine
Kursänderung auf der Nachfrage-Tabelle nach sich: Die Nachfrage nach der
verkauften Rebsorte sinkt, um denselben Wert steigt jene nach anderen Weinen.
All diese Werte und Informationen sind schön übersichtlich auf den
Sichtschirmen abzulesen.
Aus den bisherigen Ausführungen kann der Leser entnehmen, dass weder ein
ausgeprägter Gaumen, noch ein Gespür für Klima, Boden und richtige Weinlese,
noch technisches Wissen über den Weinbau erforderlich sind, um nach mehr als
eineinhalb Stunden - sobald in der letzten Region die staatliche Subvention
vergeben wurde - als größter Winzer Italiens festzustehen. Einzig und allein
die Anzahl der Weinberge zählt zu dem Zeitpunkt, wenn der Staat alle
Subventionen vergeben hat.
Die marktwirtschaftlichen Elemente bringen dem Spiel zwar eine gewisse
Bereicherung, aber trotzdem hat sich das Spielgefühl nicht wesentlich geändert
seit "Zoff in Buffalo". Lediglich die Spieldauer hat sich verdoppelt,
da stellt sich natürlich die Frage, ob sich die 90 Minuten auch lohnen. Dies
lässt sich nicht eindeutig beantworten. Für die einen wird das Spiel - trotz
"flüssigem" Thema - zu trocken sein, andere wiederum werden die
komplexeren Zusammenhänge zu schätzen wissen, zu kalkulieren, zu rechnen. Es
lässt sich zwar nichts längerfristig planen, aber es gibt genug Raum für verschiedene
taktische Möglichkeiten und Kniffe. Es verhält sich da schließlich wie beim
Wein: Reine Geschmackssache eben. Unumstritten ist jedoch, dass es kleinere
Materialschwächen gibt. So schön das Spielmaterial ist, der Plan, die Weinlager
mit den kleinen Beeren, etc., so schlecht wurde die Farbgebung gewählt. Selbst
bei optimalen Lichtverhältnissen muss man sehr genau schauen, zu welcher Region
ein Rebenplättchen gehört. Ich habe selbst auf alle Rebsortenplättchen die
Nummer der betreffenden Region geschrieben, damit man nicht zu Beginn so viel
suchen muss.
Mir persönlich gefällt "Vino" ganz gut. Eine klare
Kaufempfehlung möchte ich dennoch nicht aussprechen, jeder sollte selbst vorher
prüfen - an einem Spielabend beispielsweise - ob ihm Vino zusagt oder nicht.