Alle Wege führen nach Rom
Via Romana
gespieltes Sprichwort
Untergegangen
Über Via Romana lassen sich zwei Dinge sagen: Es ist mir in Essen sofort
aufgefallen. Und es ist leider in Essen etwas untergegangen. Und wie so oft,
bei untergegangenen Dingen, ist das eigentlich schade, denn Via Romana ist der
Vertreter einer derzeit scheinbar vom Aussterben bedrohten Art: den einfachen
(aber nicht automatisch banalen) Familienspielen. Also Spiele, die einen
flotten Zugang bieten, aber dennoch länger fordern. Ach ja: Humor hat das Spiel
auch noch.
Absolut alle Wege führen nach Rom
Der Grafiker und Co-Autor Christian Fiore hat sich thematisch nicht nur an
seinem ersten Römerspiel (Pecunio non Olet) bei Goldsieber orientiert, sondern
auch ganz offensichtlich an dem kleinen, frechen Gallier und seinem großen,
dicken Freund. Zwar kommen diese nur am (Spielfeld)Rand vor, aber irgendwie
fühlen wir uns im Spiel wie die leicht beschränkten Römer. Genau die, die auch
auf der Schachtel abgebildet sind. Genau die, die jede gewertete Straße – und
darum geht es im Spiel auch – mit einem Wegweiser versehen. Und dieser
Wegweiser weist nach Rom – immer. Ja genau, da gibt es dieses Sprichwort.
Das Spiel beweist also Humor und lässt uns ein Sprichwort spielen. Die
liebevolle Gestaltung unterstützt die Stimmung, ist aber auch ein kleiner
Stolperstein auf der Via Romana. Aber bevor auf hohem Niveau gelästert wird,
sollten wir uns auch einmal dem Spiel selbst zuwenden.
Meilensteine, Kastelle und Karten
Mittels Karten platzieren die Spieler reihum Meilensteine auf Straßen oder in
Städten. Um einen solchen setzen zu können, haben wir mehrere Möglichkeiten:
Entweder passt die Karte farblich, oder es passt gar die Farbe und das Symbol
einer Stadt an einem Ende der Straße. Dann dürfen wir nicht nur einen, sondern
sogar zwei Meilensteine setzen. Es lohnt sich also, ein wenig darauf zu achten.
Und das ist gar nicht schwer, weil die betroffenen Punkte bzw. Städte auf den
Karten schön eingezeichnet sind. Alternativ dürfen wir auch ein Kastell bauen.
Das ist teurer, darf nur in einer Stadt aufgestellt werden, wird ebenfalls mit
farblich passenden Karten gebaut und bringt am Ende des Spiels vielleicht
massig Punkte. Oder es verkommt zum Rohrkrepierer. Denn, je öfter gewertet
wird, desto weiter fallen die Städte im Wert. Derjenige, der eine Wertung
gewinnt (also die meisten Steine auf einer Straße hat), bekommt nämlich einen
Marker von einer der angrenzenden Städte. Und auch wenn bei jeder Stadt mehrere
Marker liegen, so werden es immer weniger und weniger wert.
Alle schmarotzen mit
Neue Karten gibt es am Ende eines Zuges und nach einer Wertung. Dann darf sogar von einer offenen Auslage gewählt werden und nicht nur vom verdeckten Nachziehstapel. Wir sehen, Via Romana ist durchaus schön verzahnt und lässt verschiedene Vorgehensweisen zu: Konzentriere ich mich auf meine Kastelle und versuche sie auch zu verteidigen (indem ich möglichst oft selbst werte und meinem Kastell keine Punkte wegnehme) oder bin ich Hans Dampf in allen Gassen und setze auf eine möglichst große Streuung meiner Meilensteine. Via Romana funktioniert ganz ausgezeichnet und das auch in den verschiedenen Besetzungen. Zu zweit ist der Schlagabtausch zwar wesentlich direkter, aber er funktioniert. Zu verdanken ist das der eleganten Lösung, dass je nach Spielerzahl gewisse Straßen zu Beginn bereits gewertet wurden. Die Spielfläche wird also reduziert. Mit drei und vier Spielern wird das Spiel am Brett nicht nur bunter, sondern auch facettenreicher. Denn die oben beschriebene Hans-Dampf-Vorgehensweise funktioniert erst ab drei Spielern brauchbar.
Stolpersteine
Klingt also alles nach einem sehr brauchbarem Familienspiel. Und das ist Via Romana auch. Dass uns viele Mechanismen bekannt vorkommen, stört nicht. Man fühlt sich im positiven Sinne irgendwo zwischen Trans America, Thurn und Taxis und Zug um Zug. Der Weg nach Rom schlängelt sich aber an diesen fast-schon Klassikern vorbei: Er ist nicht so simpel, wie bei Trans America. Er ist nicht so durchkomponiert wie bei Thurn und Taxis. Und er ist leider nicht so klar strukturiert wie Zug um Zug. Die Eleganz, mit der Julien Delval die Zug um Zug Serie gestaltet hat, geht Via Romana etwas ab. Wo ich einst dachte: „Wow ist Zug um Zug langweilig und farblos gestaltet!“ denke ich jetzt: „Etwas weniger wäre bei Via Romana mehr gewesen!“ Die Wege mit ihren vielen Farben, die Symbole der Städte verwirren bisweilen. Aber keine Angst, das Gros der Personen, mit denen ich das Spiel gespielt habe, fanden sich problemlos zurecht. Das liegt auch daran, dass die vielen Infos, die grafisch auf Brett und Karten verpackt sind, gar nicht wahrgenommen werden und fürs Spiel auch nicht immer nötig sind.
Aber was jammern wir. Via Romana ist und bleibt ein schöner Vertreter des einfachen Familienspiels. Es ist keine zweihundertste Variante oder Erweiterung eines erfolgreichen Spiels, es hat gut und klar strukturierte Regeln, es bietet sogar mehrere Varianten, die es sich lohnt auszuprobieren. Die Meilensteine und Kastelle aus Holz sehen ganz entzückend aus und sorgen für Stimmung. Christian Fiore und Knut Happel haben hier ein sehr schönes, aber auch etwas unauffälliges Spiel geschaffen, das in Essen 2008 leider untergegangen ist. So wie damals das Römische Reich.
Ach ja: Die Wegweiser aus Karton sind in ihrer Fixierung etwas wackelig. Abhilfe schafft etwas Klebstoff, oder die Standfüße einfach weg lassen. Geht beides.
Klemens Franz
Kid
Family ein
Adult
Expert
Alter 8+
Spezial
Spieler 2-4
Alter: 8+
Dauer: 45 Min.
Autor:
Grafik:
Vertrieb A.:
Preis: zirka 25,-
Verlag: Goldsieber
www.goldsieber.com
Autor : Christian Fiore, Knut Happel
Grafik : Christian Fiore
Vertrieb A. : Simba Toys
Preis : ca. 25,00 Euro
Verlag : Goldsieber 2008
Genre : Setzspiel
Zielgruppe : Für Familien
Mechanismen : Meilensteine setzen, Mehrheiten werten
Zufall : 4
Wissen : 1
Planung : 5
Kreativität :
Kommunikation : 2
Geschicklichkeit :
Action :
Kommentar:
Klare, einfache Regeln
schöne Ausstattung
gutes Familienspiel
Vergleichbar:
Zug um Zug, Thurn und Taxis, Trans America
Atmosphäre: 6
Klemens Franz:
Via Romana ist ein weiterer gelungener Ausflug der beiden Autoren ins Alte Rom, die Straßen machen genauso viel Spaß wie die Latrinen, denn es gibt mehrere Möglichkeiten, die Mehrheiten auf den Straßen zu gewinnen.