Njet
N J E T
Kartenspiel für 3 oder 4
Spieler
ab 10 Jahren
von Stefan Dorra
Goldsieber, 1997
Angenommen Sie betreten ein
Spielwarengeschõft, sagen wir einmal ein ziemlich großes bei der SCS und ein
Verkäufer kommt auf Sie zu und fragt: .... ( Allein der Schock würde mich töten
- dort habe ich nämlich noch nie freiwillig eine Auskunft erhalten, es sei denn
ich habe jemanden vom Personal eigenhändig gewürgt. Aber wir sprechen ja nur
von einer Annahme ) Er fragt also :"Suchen Sie ein bestimmtes Spiel ?
"Worauf Sie mehr oder weniger forsch "NJET" antworten. Jetzt
gibt es mehrere Möglichkeiten. Entweder der oder diejenige erbleicht und weicht
zurück weil er Sie für einen Vertreter der in Wien angeblich allgegenwärtigen
russischen Mafia hält. In anderem Fall ist er selbst Mitglied, weiß also um die
Bedeutung des Wortes "Njet" und benötigt daher keinen Dolmetsch. Im
allergünstigsten Fall aber ruft er begeistert: "Sie meinen sicher das
entzückende Kartenspiel von Stefan Dorra, dem Spielerfinder von LINIE 1, YUKATA
oder MARRA CASH !" In letzterem Fall haben Sie sich sicher so weit von der
Wirklichkeit entfernt, dass Sie jeden Moment aufwachen und feststellen, dass
Sie geträumt haben. Wobei die Unwahrscheinlichkeit darin besteht, daß er Stefan
Dorra und sein Spiel kennt, denn in der Realität existiert das Spiel natürlich
wirklich.
Vorerst einmal - es ist ein
kleines Spiel. Mein Gott, als Spielesammler treten mir direkt Tränen der
Dankbarkeit in die Augen. Und das von Goldsieber! Irgendwie zittere ich immer
bei denen, dass die nächsten Spielboxen wegen ihrer Größe mit Rädern zum
Nachziehen ausgeliefert werden. Aber wie gesagt - dieses Mal ein Format a la
"6 nimmt". Also prima geeignet auch als Taschenspiel für Reise und
Urlaub.
Nun zur Aufmachung:
Gewohnte Goldsieberqualität in kompakter Ausführung. Hier wurde kein Zentimeter
verschwendet. Einfach perfekt. Ein großes Kompliment auch für die Grafik von
Franz Vohwinkel, welche äußerst stimmig ist. Ein kleiner Spielplan, der
schmutziggrau auf "Ostblock" abgestimmt ist, mit allen bezeichnenden
Insignien wie Sowjetstern (rot), Hammer (schwarz) und Sichel (blau). Nur den
Zirkel (grün) hat man sich, glaube ich, von den Freimaurern ausgeborgt. Weiters
gibt es darauf noch mehrere Kriterien zur Auswahl auf die ich gleich zurückkomme.
40 Spielkarten, 15 Chips und ein Wertungsblock ergänzen das Ganze.
Zum Spielablauf. Im Prinzip
handelt es sich um ein einfaches Stichspiel mit einem 4-färbigen Kartensatz von
1-9, wobei die 1 doppelt vertreten ist. Jeweils 2 Spieler bilden ein Team.
Neben den Stichen zählen die 1er sofern sie von der Gegenpartei stammen
zusätzlich als Punkt. Reiz erhält das Spiel durch die jedem Durchgang
vorgelagerte "NJET"-Phase. Wenn Sie sonst bei einem Kartenspiel mit
dem Geber oder auch mit Göttin Fortuna wegen Ihres Kartenglücks haderten - nun
bei NJET können Sie das ändern. Insgesamt stehen 5 Möglichkeiten zur Auswahl.
1.) ist der Startspieler zu
bestimmen, der dann freie Partnerwahl hat;
2.) ist zu entscheiden ob
mit allen 10 Karten auf der Hand gespielt wird oder ob jeder 1 bzw 2 Karten vor
Beginn des Stichspiels ablegt;
3.) welche der Farben
Trumpf wird;
4.) den Supertrumpf
festzusetzen und schließlich
5.) gilt es zu klären ob
die gewonnenen Punkte 1fach, 2-, 3- oder sogar 4fach für die Wertung zählen. Was
bedeutet das in der Praxis? Jeder Spieler erhält zu Spielbeginn eine
Charakterkarte (Bär, Wolf, Falke, Taube). Der Spieler links vom Geber nimmt
seine Karten auf und überlegt. In Rot hat er nur einen Wert, in Grün 2 eher
mittlere Kartenwerte, in Schwarz gleich 3 hohe Karten und in Blau zwar eher
niedrige Werte aber 2 Einsen, also mögliche Supertrümpfe. Also entschließt er
sich zuerst Rot als möglichen Trumpf auszuschließen und legt mit einem
energischen NJET 1 Blockadestein auf Rot. (Gleichzeitig mit dem Schuh auf dem
Tisch zu trommeln wie einstmals Chruschtschow würde zwar dem Flair des Spiels
entsprechen aber vermutlich die Geruchsorgane der Mitspieler zu sehr angreifen)
Das unterdrückte Aufstöhnen eines der Mitspieler zeigt ihm wo anscheinend der
Großteil der restlichen roten Farben zu suchen sind. Nun kommt der nächste an
die Reihe. Seine Farbverteilung ist so gleichwertig, dass für ihn Trumpf
Nebensache ist. Seine Befürchtung geht eher dahin, dass er zu den Verlierern
dieses Durchgangs zählen wird, also schaltet er mit einem markigen NJET oder
einem österreichisch verbindlicheren "Sooo net" die 4fache
Punktewertung aus um den zu erwartenden Schaden bzw. den Vorteil der Sieger
eher gering zu halten. In diesem Sinn werden nun reihum 15 von den 20 möglichen
Varianten ausgeschaltet. Das Problem, aber auch die Spannung liegen darin, dass
man pro Runde nur einmal drankommt und eigene Präferenzen - bis man den
nächsten NJET-Chip einsetzen darf - natürlich von den lieben Mitspielern mit
großer Genugtuung zunichte gemacht werden. In den ersten Spielrunden beim
Testen wurde meist viel zu sehr auf die eigene Kartenhand geachtet um bei der
"Regelfestsetzung" zu retten was zu retten möglich. Genauso wichtig
und aufschlussreich ist allerdings zu beobachten welche Schritte die anderen
unternehmen und daraus ihre möglichen Karten zu analysieren und zu
rekonstruieren. (Was diese allerdings auch durch Bluff vermeiden
können.)Tatsache ist jedenfalls, dass dieser erste Teil meist mit lockeren oder
bissigen Kommentaren versehen vor sich geht und die eigentliche Würze des
Spiels ist.
Die 2. Phase - das
Stichspiel - ist die einfache Ergänzung und Bestätigung, ob man eventuell
ursprüngliche Nachteile bei der Kartenverteilung zu seinem Vorteil verändern
konnte. Regel ist klar und übersichtlich und lässt keine Fragen offen. In ihr
ist auch eine Spielvariante für 3 Spieler angeführt. Als Schlussfolgerung kann
ich NJET sowohl für Einsteiger, die bloß Spaß am Spiel haben wollen, aber auch
für Tüftler, die ihr Glück mit Hilfe ihrer kleinen grauen Zellen ein wenig
beeinflussen wollen, empfehlen. Also für jede Spielrunde zum Start oder
Abschluss eines Spielabends bestens geeignet. Daher nicht "Njet"
sondern "da, karascho" und "spassibo Towarisch Dorra!"
WIN-Wertung:
** Njet AAA UUU III 3, 4 m