Kardinal & König
Das Spiel:
Kardinal & König
von
für 3 bis 5 Spieler
ab 12 Jahren
Goldsieber Spiele 2000
50 bis 60 Minuten
Vergleichbare Spiele:
El Grande (T, M)
Die Wertung:
** Kardinal & König W SS II UU
AA 4 - 5 (3 - 5) h
"Kardinal & König", das deutet schon darauf hin, dass
Europa im grauen Mittelalter sowohl von der weltlichen Macht als auch von der
klerikalen Macht beherrscht wurde. Der christliche Oberhirte und der weltliche
Führer (ob Kaiser oder König) waren voneinander abhängig: Der jeweilige
Herrscher brauchte den Segen des Klerus, die Kirche wiederum war auf die
Unterstützung der Monarchen angewiesen, um sich Ländereien und Wohlstand zu
sichern.
Die Schachtel des gleichnamigen Spiels ziert deshalb auch eine Szene, bei
der eine schwertschwingende, gekrönte Marionette auf eine andere in
Kardinalsgewand mit einem Kruzifix in der Hand losgeht. Kardinal und König
kämpfen um die Vormachtstellung. Und wer zieht die Fäden der Marionetten? Na
wir! Wir Spieler setzen Klöster, um den Einfluss der Kirche zu vergrößern und
Räte, um die weltliche Macht zu stärken.
Der Spielplan zeigt das frühmittelalterliche Europa mit 9 Regionen:
Aragon (= Spanien), Frankreich, England, Burgund, Lothringen, Schwaben,
Franken, Bayern und Italien. Jede Region verfügt über eine Anzahl von Klöstern,
oder besser ausgedrückt: Plätze an denen Klöster errichtet werden können. In
Schwaben sind's nur 4 Plätze, in Frankreich können acht Klöster gebaut werden.
Die Klöster sind untereinander mit einem, auch grenzüberschreitenden,
Wegesystem verbunden. Im Zentrum jeder Region ist ein rundes Landeswappen
abgebildet. Darauf werden im Laufe des Spiels die Räte eingesetzt.
Um Klöster und Räte überhaupt ins Spiel bringen zu können, sind die
Spielkarten da. Das Interessante dabei ist, dass - mit Ausnahme von Frankreich
- immer zwei Regionen auf einer Karte abgebildet sind. Zum Beispiel teilen sich
Bayern und Burgund eine Karte, deren Farbe zur besseren Übersicht mit der
Hintergrundfarbe beider Länder übereinstimmt.
Mit drei Karten, allen Klöstern und Räten in unserer gewählten Farbe
ausgestattet, stürzen wir uns in den Machtkampf. Sind wir an der Reihe, dürfen
wir in einer Region bis zu zwei beliebige Spielsteine einsetzen.
Dabei können zwei gleiche Karten auch als Joker für eine andere Region
herangezogen werden, was unsere Handlungsmöglichkeiten noch ein wenig erhöht.
Hier halte ich ein Beispiel für angebracht: Wir haben zwei Karten
"Frankreich" und eine Karte "Lothringen/Italien". Das
erlaubt uns, in folgenden Regionen zwei Spielsteine zu setzen: Frankreich (2
Karten) oder Italien bzw. Lothringen (1 Karte + Joker). Ein recht gelungener
Mechanismus, der uns immer mehrere Optionen lässt.
Danach füllen wir unsere Kartenhand wieder auf drei Karten auf. Zum
Nachziehen stehen uns dabei zwei offene Karten und der verdeckte Kartenstapel
zur Verfügung. Wegen der Jokerfunktion werden wir natürlich versuchen, solche
Karten nachzuziehen, die es uns erlauben, in der nächsten Runde möglichst
wieder zwei Steine in einer für uns passenden Region zu platzieren.
Soweit der Spielverlauf. Aber auf welche Weise sind uns Klöster und Räte
überhaupt von Nutzen? Sie bringen uns in zwei Wertungen wichtige Punkte. Die
erste Wertung findet statt, sobald die letzte Karte vom verdeckten Nachziehstapel
genommen wurde. Bei dieser Zwischenwertung werden allerdings nur die Klöster
herangezogen. Land für Land wird geschaut, wer die Mehrheit an Klöstern
besitzt. Dieser Spieler erhält so viele Punkte, wie insgesamt Klöster in dem
Land stehen. Der zweitplatzierte Spieler muss sich mit weniger zufrieden geben,
der dritte kriegt noch weniger, etc.
Wurde der Nachziehstapel ein zweites Mal aufgebraucht, wird die Runde
noch zu Ende gespielt, damit jeder gleich oft dran war. Nochmals werden
Punkte für die Klöster verteilt, danach
folgt die Rätewertung. Für die Räte reicht allerdings die Mehrheit in einem
Land nicht aus. Nur wenn man in einem "verbündeten" Land (es
existieren 15 solcher "Bündnisse") ebenfalls über die Mehrheit an
Räten verfügt, kriegt man was, dafür aber umso mehr. Die Zweit-, Dritt- und
sonst-noch-Platzierten gehen hierbei leer aus.
Weiters werden noch Klosterketten belohnt, das sind mindestens 4 in einer
ununterbrochenen Reihe miteinander verbundene Klöster. Wer am Schluss die meisten
Punkte einheimsen konnte, der ..... äh...nun.... Die Spielregel schweigt sich darüber aus, ob
dieser Spieler dann der neue Herrscher Europas ist oder sonst einen Titel
erworben hat, zumindest hat er das Spiel gewonnen.
Trotz der nicht allzu komplizierten Spielregeln und der relativ kurzen
Spieldauer (selten mehr als eine Stunde) bietet es einiges an Taktik. Die
Fragen "Kloster oder Rat?" und vor allem "Wohin setzen?" sind für Anfänger
mitunter schwer zu entscheiden. Es hat sich gezeigt, dass es nicht sehr
erfolgversprechend ist, wenn man bis zur 1. Wertung nur Klöster baut. Zu früh
viele Räte zu setzen bringt hingegen auch nichts, wichtige Punkte fehlen dann
in der Zwischenwertung, man hat kaum Chancen auf Klosterketten und außerdem hat
man ja nur acht Räte-Steine, die wohl überlegt eingesetzt sein wollen. Das
richtige Maß zu finden und auf Karten und die Aktionen der Mitspieler gut zu
reagieren, ist eine immer wieder reizvolle Aufgabe.
Alles in allem ist "Kardinal & König" ein Spiel, das man
sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Ein untrügliches Zeichen für
seinen hohen Spielreiz ist in unserer Saunarunde zu finden, wenn nach dem Spiel
in der Saunakabine noch eifrig über Taktiken diskutiert wird. Mir gefällt vor
allem das raffinierte Punktesystem für die Kloster- und Rätewertungen, bei dem
man umso mehr Punkte gewinnen kann, je umkämpfter eine Position ist.
Michael Schacht greift auf bekannte Mechanismen zurück und serviert uns
erneut ein Spiel, das man kann zwar auf keinen Fall als strategisches Spiel
betrachten kann, das aber in Ausstattung, Preis, Taktik und Spieldauer eine
gelungene Einheit bildet.