PERLEN DER SPIELKUNST ◄ AUS DEM MUSEUM
HUGO KASTNER
EMPFIEHLT
HIVE
Insektenplage
– Brettspiel ohne Spielbrett
Liebe Leserin, lieber Leser! Die heutige „Perle der
Spielkunst“ aus dem Österreichischen
Spielemuseum hat mir Ferdinand de Cassan ganz persönlich schmackhaft
gemacht. Wie das? Indem er mich, einen Schachspieler, mit einem diebischen
Lächeln auf den Lippen mit seinen quirligen Käfern und Spinnen, seinen
unberechenbaren Grashüpfern und vor allem seinen allgegenwärtigen Ameisen
einfach vollständig „umgarnt“ (sprich: matt gesetzt) hat, Nein, natürlich bezieht sich das Umgarnen
nicht auf mich persönlich, sondern vielmehr auf meine Bienenkönigin. Äh ja, um
deren Wohl und Wehe geht es bei diesem Logikhammer der Extraklasse. Wenn Sie’s
nicht glauben wollen, pilgern Sie einfach nach Leopoldsdorf. Ferdinand de
Cassan steht bereit für ein schnelles Bienenkorbspielchen. (Infos unter
www.spielen.at).
Heute fällt mein Lichtkegel im Museum in Leopoldsdorf
auf ein Spiel, das unbestreitbar Suchtpotenzial hat. Mein Freundeskreis ist
bereits infiziert, und ich selbst kenne inzwischen jede Tücke der teuflischen
Insekten. Wann war ich zuletzt von einem reinen Logikspiel derart fasziniert? Wenn
ich es mir genau überlege, ist es eben gerade das Fehlen des bei Denkspielen
oft grüblerischen Dahinwartens und der quälend langsamen Zugfolgen, das Hive zu
einem Erlebnis der ganz besonderen Art werden lässt. Brettspielcharakter ohne
Brett! Stattdessen ein schnell anwachsendes Insektengekrabbel, das nicht nur
bunt im eigentlichen Sinn, sondern auch tiefsinnig, facettenreich und
vielschichtig ist, wie selten ein rein deduktives Brettspiel. Ja, selbst das
ästhetische, stilvolle Material führt uns hier in eine neue Welt des
Spielempfindens. Wie treffend passt doch die Überschrift dieser Kolumne: Perlen
der Spielkunst. Hive gehört unbestritten dazu, in allen Belangen. Die Käfer,
Spinnen, Grashüpfer, Ameisen und Bienenköniginnen (von denen jeder Spieler ein
Set aus elf Sechsecksteinen zur Verfügung hat) kommen von Partie zu Partie
unterschiedlich schnell ins Wabenfeld, und diese niedlich gezeichneten
Krabbeldinger bringen auch ganz spezifische Fähigkeiten ein. Versieht man sich
nur für einen Augenblick, wird der eigene Grashüpfer durch eine feindliche
Ameise blockiert, passt man einen Moment nicht auf, wabbert der Käfer auf den
Rücken der eigenen Spinne. Und wehrt man nicht penibel und mit viel
Antizipation alle Angriffe bereits im Frühstadium ab, verschwinden im Nu die
sechs Waben-Freiheiten der eigenen Königin in den Klauen der feindlichen
Insekten. Angriff oder Verteidigung, Flucht oder Kampf, Einsetzen oder Bewegen,
Blockieren oder Umgarnen – es sind die ständigen Polaritäten, die Hive von der
ersten Sekunde an prägen. Und dennoch gelingt es dem Meister mit wenigen
Insektensteinen am Feld die gegnerische Bienenkönigin immer mehr in die Enge zu
treiben und ihr mit dem finalen Stachel letztlich den Garaus zu machen. Grausam
schön ist das alles anzuschauen, wenn Sie mich fragen, und vor allem grausam
fordernd, selbst nach der hundertsten Partie.
EMPFEHLUNG # 2
Autor: John Yianni
Vertrieb: Fachhandel
Preis: ca. 20 Euro
Verlag: Gen Four Two Games 2002,
Huch & friends 2006
Spieler: 2
Alter: 9 +
Dauer: ab 10
OOOOOOOOOO
Glück Bluff Logik
„Logik setzt schachmatt!“ So lautet der Aufdruck auf der
kleinen quadratischen Schachtel. Und ein 100%es Logikabenteuer ist es
zweifellos, das Spiel um die
Bienenköniginnen. Sie werden nun fragen, ob das dem lustbetonten Normalbürger
auch noch Spaß machen kann? Die Antwort kommt kurz und herzhaft: Ja, ja und
nochmals ja.
Hugos BLITZLICHT
Hive kennt kein Spielbrett und vermittelt doch ein
Brettspiel-Feeling. Hive ist ein reines Logikspiel und gibt dem Verlierer doch
das Gefühl, bloß einfach vom Glück verlassen zu sein. Hive besteht nur aus ein
paar Bakelitsteinen und doch spürt man förmlich das edle Ambiente und die Ästhetik
des Spiels. Hive ist in einer praktischen Reiseedition zu haben, die in allen
Belangen Fünfsterncharakter zeigt.
Hugos EXPERTENTIPP
Hive ist perfekt konzipiert und auch die Regeln
erschließen sich sofort. Dennoch zwei kleine Empfehlungen für den
fortgeschrittenen Spieler: Sollten beide Königinnen gleichzeitig umschlossen
werden, gewinnt derjenige, der mit weniger Insekten im Spiel sein Auslangen gefunden
hat. Außerdem sollten Sie vereinbaren, dass die Königinnen keinesfalls im
allerersten Zug gesetzt werden dürfen. Noch ein letzter Ratschlag: Lassen Sie
sich Ihre Ameisen nicht blockieren. Diese Krabbeldinger können den Gegner
erbarmungslos quälen. Alles weitere erfahren Sie im hoffentlich bald eigenen „Bienenstock“!
VORANKÜNDIGUNG
RACK-O
Trickreiche
Zahlenleitern aus den 70er-Jahren