TALISMAN
Stellen Sie sich vor, Sie spielen "Mensch, ärgere
Dich nicht". Plötzlich ist der Spielplan keine einfache Umlaufbahn mehr,
sondern in drei Ebenen geteilt, das Zielfeld liegt nicht mehr am Anfang,
sondern in der Mitte der Karte und auf und zwischen den Feldern sind seltsame
Zeichnungen. Jeder Spieler erhält nur eine Spielfigur, dafür sind diese etwas
verschieden. Auf dem Weg zum Ziel wird man nicht nur von den anderen Mitspielern,
sondern auch von den einzelnen Spielfeldern bekämpft. Hinausgeworfen wird auf
Raten, anstatt sofort und strikt.
Kein Zweifel: Sie spielen ''Talisman". Stellen
Sie sich vor, Sie spielen ein Fantasy-Spiel mit
schier unendlichen Variationsmöglichkeiten. Da wimmelt es nur so von bösen
Drachen und Goblins; es gilt einen Talisman zu
erringen, um durch das "Tal des Feuers" zur "Krone der
Herrschaft" zu gelangen. Sinistren Fremden,
unheimlichen Geisterwesen und freundlichen Begleitern begegnet man auf seinem
gefahrvollen Weg, man kann Schätze ohne Zahl oder sogar eines der lange
verloren geglaubten Artefakte finden. Magie ist eines der Mittel zum Zweck. Als
strahlender Held, strebsame Kreatur oder hinterlistiger Bösewicht hat man nur
ein Ziel: Die Macht!
Hilfe kann man sich von den Göttern oder Geistern
erbitten doch selbst die kleinste Gunst des Schicksals ist man einander neidig.
Kein Zweifel: Sie spielen "Talisman".
Diese "kalt-warm"-Einleitung
trifft wohl am ehesten das Meinungsbild über "Talisman", wahrscheinlich
das beliebteste Fantasv-Brettspiel im deutschen
Sprachraum. Für diejenigen Leser, die noch immer nicht wissen, worum es sich
bei "Talisman" genau handelt, möchte ich Aufbau und Regeln des
Spieles zusammenfassen. Für Informierte: ich halte mich bei dieser Besprechung
an die "2nd Edition" von
Also: Im Jahr 1983 erschien bei der britischen Firma
1985 kam die zweite Auflage auf den Markt, bereits
in Farbe und mit einem Ausstattungsstandard, wie man ihn heute mit dem Namen
"
Der Spielplan zeigt ein Fantasy-Land
und teilt sich in verschiedene Regionen: die "äußere Region", mit so
profanen Gegenden wie der Stadt, dem Dorf, der Kapelle, der Taverne, Ackerland,
Wäldern....
Von dieser durch einen Fluß
getrennt ist die sogenannte mittlere Region, mit
Orten wie dem Tempel, der Wüste, den Runensteinen, der verwunschenen Lichtung
etc. Noch weiter innen, von der mittleren Region durch das "Portal der
Macht" (möge selbige mit Dir sein) getrennt, die "innere
Region", mit der Ebene der Gefahr, der Krypta und anderen gefährlichen Plätzen.
Am Ende dieser Region liegt das Tal des Feuers, hinter dem sich die Krone der
Herrschaft verbirgt.
Nach besagter Krone streben nun einige Abenteurer,
denn sie bedeutet uneingeschränkte Macht (und, nebenbei, mit hoher
Wahrscheinlichkeit den Sieg). Diese Protagonisten können menschlicher Natur
sein oder auch nicht (Troll, Zwerg...) und haben die verschiedensten
Ausbildungen. Aus diesen unterschiedlichen Anlagen ergeben sich 14 Charaktere,
die alle unterschiedliche Eigenschaften haben.
Relevante Faktoren sind Stärke, "Graft"
(nur ungenügend als "Köpfchen" übersetzbar) und spezielle Fähigkeiten.
Diese sind sehr unterschiedlich gelagert: Ein Elf verläuft sich z.B. nie im
Wald (er würde wahrscheinlich von seinem Klan exkommuniziert werden), ein
Krieger hat bessere Kampfmöglichkeiten, ein Ghul kann
Tote zu Zombies machen, die ihm als Gefolgsleute dienen und vieles mehr. Ein
weiterer Faktor ist die Gesinnunq. Gut, neutral oder
böse steht zur Auswahl - jedes hat seine speziellen Vor- und Nachteile. Gute
und böse Charaktere erhalten zwar Unterstützung von den Göttern bzw. Geistern,
haben jedoch auch gewisse Auflagen ('Pfui, ein böser Magier greift doch den
Heiligen Gral nicht an!" - "Aber er ist doch so prakti..."
-, "RUHE,!"). Neutrale Gesellen kümmern sich
nicht um solche Details, sind aber auf sich gestellt. Zusätzlich hat jeder
Charakter einen Satz Lebenspunkte (die blauen Flecken von der letzten
Wirtshausrauferei sind völlig ausgeheilt) und einen Goldsack, die landesübliche
Währung.
So ausgestattet stürzt sich nun jeder ins Abenteuer.
Der Zugmechanismus ist bereits mehr als primitiv. Man würfelt und zieht die
Augenzahl wahlweise im oder gegen den Uhrzeigersinn entlang der Ebene, in der
sich der Charakter befindet. Auf dem Zielfeld angekommen befolgt man die
dortigen Anweisungen. Meist heißt das: "Ziehe eine Karte". Man zieht
also eine der "Abenteuer-Karten", wie sie genannt werden, und erlebt
so ein Abenteuer. Dabei kann es sich um ein Ereignis (Wintereinbruch, Halloween..) handeln, das alle
Spieler betrifft, man kann auf Monster oder Geisterwesen treffen. die man mit
Stärke bzw. ''Graft'' bekämpfen muss, man kann auf
Fremde treffen oder Gefolgsleute finden (warum sich z.B. die Prinzessin dem
Troll anschließt ist mir immer noch ein Rätsel), Gegenstände entdecken (vom
einfachen Goldsack bis zu seltenen Artefakten - alles sehr praktisch, leider
kann man nur vier Dinge schleppen oder entdeckt einen magischen Ort. Alle
wichtigen Details stehen auf den jeweiligen Karten vermerkt - zusätzliches
Nachschlagen ist also nicht nötig. Fühlt man sich stark genug, kann man
versuchen, in die mittlere Ebene vorzustoßen, wo das Risiko wesentlich höher
ist. Dort kann man versuchen, sich einen Talisman zu organisieren, denn nur mit
diesem darf man das Tal des Feuers betreten (offensichtlich eine Mischung aus
Verdienstkreuz und Asbestanzug), um zur Krone der Herrschaft zu marschieren.
A propos Krone. Zwischen
der mittleren Ebene und der Krone liegen immerhin noch einige Felder der
inneren Ebene, die es in sich haben. Daher sollte jeder Spieler seine Figur
einigermaßen aufgerüstet haben (Standard etwa: Ein großer grüner Drache - räumt
ihn weg!").
Ist ein Spieler endlich am Ziel seiner Wünsche
angelangt, so steht ihm noch eine Phase des Bangens bevor: Er muss nun mit
einem speziellen Zauberspruch, den er durch die Krone erhält, die anderen
Spieler um ihre restlichen Lebenspunkte bringen. Selbige finden das um
allgemeinen nicht schön und setzen alles daran, selbst zur Krone vorzustoßen,
um den Besitzer zu bekämpfen, oder sie werfen ihm jede nur erdenkliche Form von
Magie an den Hals. Ist dann in der Endphase nur mehr der augenblickliche
Besitzer der Krone aktiv, so endet das Spiel mit dem Sieg desselben.
Soweit die Grundregeln. Falls sich einige
Talisman-Experten wundern sollten, ich habe bewußt
einiges etwas unscharf erklärt, um nicht zu sehr ins Detail zu müssen.
Für all jene die dem Talisman-Fieber verfallen sind,
war
Nun zu einem eigenen Problem: der deutschsprachigen
Ausgabe von Schmidt Spiele. Diese enthält das Material aus dem Grundspiel und
dem "Expansion Set" und hat etwa die doppelte Größe des Originals.
Die Qualität des Spielmaterials ist im allgemeinen
besser als bei der
Nun zum schwierigsten Teil dieser Besprechung: der
subjektiven Beurteilung. Zunächst muss ich zugeben: Ich bin ein Talisman-Fan.
Es ist mir völlig klar, dass die Anforderungen an die Spieler eher gering und
der Glücksfaktor eher hoch sind, dennoch denke ich, dass dem einzelnen Spieler
genügend Möglichkeiten bleiben, dem Spiel seine Strategie aufzuzwingen. Dass
man jeden Charakter anders spielen muss um einigermaßen gut über die Runden zu
kommen ist selbst einem Neuling völlig klar. Auch ist bei diversen Partien
immer wieder zu bemerken, dass bestimmte Spieler- Charakter-Kombinationen
dominieren. So gesehen kann es sich nicht um ein reines Glücksspiel handeln.
Andererseits habe ich selbst schon Partien erlebt,
die durch geradezu unheimliches Glück eines Mitspielers vollkommen auf den Kopf
gestellt wurden. So etwas kann natürlich die anderen Spieler ziemlich
frustrieren und letztendlich zu einer unbefriedigenden Partie führen. Doch muss
ich aus meiner Erfahrung mitteilen, dass diese Konstellationen eher die
Ausnahme waren. Zusammenfassend sei gesagt, dass Talisman für alle Spieler, die
ein gepflegtes Fantasy-Ambiente schätzen und die sich
an einem hohen Glücksfaktor nicht weiter stoßen, auf jeden Fall zu empfehlen
ist.
WlN-Wertung:
** Talisman (