Frachtexpress
Das Spiel:
Frachtexpress
Autor: James Kyle Droscha
3-4 Spieler ab 10 Jahren
Dauer 60 min.
Franjos, 2001
bereits erschienen bei Galloglass Games/USA unter den Namen Hell Rail
WIN Wertung:
* W S II M K UU A 4 (3-4) h
„Hell Rail“ - „Höllenbahn“, ein unheimlicher Name, aber der Name den
sich James Kyle, er selbst kürzt seinen Namen auf diese Weise ab, für sein
Spiel gesucht hat. In der amerikanischen Ausgabe, die von ihm bereits mehrere
Male überarbeitet wurde, muss man mit dem besagten Zug verlorene oder verdammte
Seelen transportieren und an bestimmte Stellen bringen. Lohnenswert ist es
allemal, sich im Internet die Originalschachtel anzusehen, die ist mindestens
so makaber wie das Thema. Hell Rail war in den letzten Jahren unter
Eingeweihten immer ein Geheimtipp und man hat es sich immer wieder auf Umwegen
organisiert. Aus diesem Grund hat
Der Inhalt der Schachtel ist einfach, 70 quadratische Karten, die sich
auf der Rückseite durch verschiedene Symbole unterscheiden, in 50
Streckenkarten, 10 Bahnhöfe, 4 Lokkarten, 4 Einspruchkarten und 2 Flugtickets.
Des Weiteren gibt es 4 kleine Holzlokomotiven in den Farben blau, gelb, grün
und rot. Die zehn Bahnhöfe, die mit den Buchstaben A-J versehen sind, werden
entweder nach vorgegebenem Schema
aufgelegt - es sind Vorschläge in der Regel - oder geübte Spieler können auch
die eine oder andere Variante ausprobieren.
Sollte man eine eigene Variante probieren, dann muss man sich im Vorfeld
darauf einigen, wo man Streckenkarten anlegen darf und wo nicht. Es sollte
immer ein variables Spielfeld entstehen, über das die kleinen Holzloks fahren
können. Der Bahnhof A ist zugleich auch das Startfeld. Die Streckenkarten
dienen nicht nur zum Anlegen, wie wir es bereits aus den Eisenbahnspielen 18xx
gewohnt sind, sondern man braucht sie auch als Waggons und als Antrieb für die
Lokomotive. Jede Karte hat Gleise darauf und 4 Symbole. Ein Symbol steht dafür,
in welchen Bahnhof man ankoppeln darf, und ein anderes zeigt, wo man wiederum
abkoppelt, der schwarze Würfel, mit den Werten 1-5, ist der Aktionswert und der
Waggon mit der Zahl von 2-9 der Waggonwert. Jeder Spieler erhält drei
Streckenkarten und das Spiel kann beginnen.
Zuerst zieht der aktive Spieler eine Streckenkarte nach und man hat die
Möglichkeit mehrere Aktionen auszuführen, auch mehrmals dieselbe und in
beliebiger Reihenfolge. Um das Schienennetz zu erweitern, das ist die erste
Aktion, legt man eine seiner Streckenkarten an eine bereits ausliegende Karte
oder Bahnhof an. Man kann die Karten nach allen Richtungen auslegen, jedoch
muss eine logische Weiterführung des Streckennetzes gegeben sein. Die zweite Aktion ist, das Streckennetz zu
ergänzen indem man auf eine bereits ausliegende Streckenkarte eine neue oben
auf legt. Auch diesen Mechanismus kennen wir aus 18xx, so wie dort müssen
vorhandene Streckenteile erhalten bleiben und es darf auf diesem Feld keine
Lokomotive stehen. Die Waggons anhängen kann man nur in einem Bahnhof, man
spielt eine Karte aus, auf der der Ankoppelbuchstabe des Bahnhofs vermerkt ist
und legt diese Karte überlappend auf seine Lokomotivkarte vor sich aus. Wenn
man die Karten hochgestellt auslegt, entsteht auf diese Weise ein kleiner
symbolischer Güterzug, der niemals mehr als 5 Waggons haben darf. Zu beachten
ist, dass je länger der Zug ist, es desto schwieriger ist, diesen zu bewegen.
Sollte sich die Lokomotive in einem Bahnhof befinden und der Buchstabe des
Bahnhofs befindet sich unter den ausliegenden Karten als Abkoppelbuchstabe, so
kann man den jeweiligen Waggon unter seine Lokkarte schieben. Diese dürfen
während des gesamten Spieles nicht mehr angesehen werden, weder von einem
selbst noch von den anderen.
Der Waggonwert zählt am Ende des Spieles als Siegpunkte. Es ist beim
Abkoppeln unerheblich an welcher Stelle der Waggon im Zug steht. Wenn man seine
Lokomotive weiterbewegen möchte, spielt man eine Streckenkarte aus und darf
entsprechend dem Waggonwert der Karte so viele Schwellen weiterziehen wie
abgebildet. Der Aktionswert der Karte, schwarzer Würfel, muss mindestens so
groß sein wie die Anzahl der angehängten Waggons, sonst kann der Zug nicht
fahren. Jede Streckenkarte hat 3 oder 4 Schwellen. Wenn man an eine Abzweigung
kommt, so entscheidet man sich sofort in welche Richtung man weiterzieht,
rückwärts fahren ist nicht erlaubt. Wenn der Zug in einen Bahnhof einfährt
endet die Fahrt sofort. Wenn während der Fahrt eine fremde Lok im Weg steht, so
schiebt man diese vor sich her und kann sie entweder vor sich lassen, bei einer
Abzweigung auf ein Nebengleis schieben oder entgleisen lassen. Auf jeder
Schwelle darf nur eine Lok stehen, in den Bahnhöfen mehrere. Sollte der, in der
Regel steht seltene Fall, mir ist es gleich in der ersten Partie passiert, Fall
eintreten, dass eine Lok gerammt wird und über den Streckenrand hinausgeschoben
wird, so gilt sie als entgleist und der Spieler muss alle Handkarten und
angehängte Waggons abgeben und im Bahnhof A neu starten.
Wenn dieser Fall eintritt, kann ich nur jeden empfehlen, nicht
weiterzuspielen, denn man ist zu einer Statistenrolle degradiert und das macht
keinen Spaß, ich spreche aus Erfahrung, also passt auf, dass euch das nicht
passiert. Die einzige Aktion, die nur einmal pro Spielzug ausgeführt werden
darf und den Zug danach beendet, ist das Nachziehen von Karten. Man spielt eine
Karte aus und zieht so viele nach wie der Aktionswert anzeigt. Sollte man
während seiner Fahrt mit der Lokomotive eine Kreuzung passieren, so deckt man
die oberste Streckenkarte des Stapels auf und man darf höchstens nur so viele
Waggons angehängt haben wie der Aktionswert anzeigt, die überzähligen kommen
auf den Ablagestapel, wobei diese frei wählbar sind. Sobald einer der Spieler
keine Karte mehr nachziehen kann, weder vom Nachzieh- noch vom Ablagestapel,
endet das Spiel und man zählt die Werte der Waggons die unter der Lokomotive
liegen. Der mit dem meisten Punkten gewinnt das Spiel.
Wie bei allen kontinuierlich gewachsenen Spielen, z.B. Cosmic Encounter,
gibt es eine Vielzahl an Varianten und Fortgeschrittenen-Regeln. So auch bei
Frachtexpress, wo jeder Bahnhof eine bestimmte Eigenschaft hat und man benötigt
auch die beiden Flugtickets und die 4 Einspruchkarten. Die Sonderaktion der
Bahnhöfe darf man nur ausführen, wenn man selbst in den Bahnhof gezogen ist und
nicht geschoben wurde, und man muss sich sofort entscheiden ob man sie
ausführen will bevor man andere Aktionen ausführt.
Im Bahnhof A ist nur das Startfeld, in Bahnhof B bekommt man eines der
beiden Flugtickets, so noch vorhanden. Das Befördern seines Zugs per Flugzeug
ist nur in einer waagrechten oder senkrechten Linie erlaubt und darf nur über
nicht mit Streckenkarten belegte Felder geschehen. Der Ankunftsort ist entweder
ein Bahnhof oder die erste Schwelle der neuen Karte. Man spielt auch noch eine
Streckenkarte aus, die exakt den Aktionswert aufweist, der der Anzahl leerer
Felder zwischen Abflug- und Ankunftsort entspricht. Das Ticket wird danach
wieder abgegeben und kann im Bahnhof B wieder bezogen werden.
Im Bahnhof C wählt man einen beliebigen Mitspieler aus und deckt die
oberste Streckenkarte auf. Der gewählte Spieler muss nun an den aktiven Spieler
alle Handkarten mit dem jeweiligen Aktionswert abgeben. Sollte der Spieler
keine passende Karte haben, muss nun der aktive Spieler alle Karten mit dem
abgedruckten Aktionswert diesen geben. Wie kann es anders sein, dieser Bahnhof
heißt Kartenraub. „Bahnhöfe schließen“ kann man in Bahnhof D. Man legt dazu
eine seiner Handkarten auf einen Bahnhof und diese Karte wird Teil des Streckennetzes.
Der Bahnhof muss also bereits in das Netz integriert sein. Alleinstehende
dürfen nicht geschlossen werden. Sollte im Verlauf des Spieles ein anderer
Bahnhof geschlossen werden, wird der alte wieder geöffnet, indem man die
Streckenkarte wieder entfernt. So kann immer nur einer zur selben Zeit
geschlossen sein. Wichtig ist dabei dass auch keine Lokomotive anwesend sein
darf. Auch Kartenraubzüge sind erlaubt, allerdings nur im Bahnhof E. Man zieht
so viele Handkarten von dem Mitspieler mit den meisten und zwar solange bis man
mehr hat als jeder andere Spieler.
Im Bahnhof F kann man zusätzlich Waggons abhängen, ohne den Buchstaben
des Bahnhofs besitzen zu müssen. Die oberste Karte des Stapels wird aufgedeckt
und man muss auf einen der Waggons exakt den gleichen Aktionswert haben. Sollte
dies nicht der Fall sein so wird ein beliebiger Waggon auf den Ablagestapel
gelegt. Einspruchkarten erhält man im Bahnhof G, solange der Vorrat reicht. Mit
dieser Karte können sie einen ihrer Mitspieler dazu zwingen die Sonderaktion
des jeweiligen Bahnhofs wo er hinfährt durchzuführen oder zu unterlassen. Er
kann sich nicht dagegen wehren. Des Weiteren kann man die Mitspieler bei ihren
Sonderaktionen beeinflussen indem man ihnen sagt bei wem sie Karten ziehen oder
welcher Bahnhof geschlossen werden muss. Nach der Benutzung kommt sie wieder
zurück und steht danach wieder zur Verfügung. Wenn sie sich im Bahnhof H
befinden und eine Handkarte ausspielen die den gleichen Aktionswert zeigt die
eine der Streckenkarten, so können sie diese umlegen. Es darf sich darauf keine
Lok befinden. Man kann die Karte auf eine andere Stelle des Netzes legen oder
einfach auf der alten Stelle in neuer Ausrichtung platzieren. Die logische
Weiterführung des Netzes und die Bauregeln müssen dabei beachtet werden. Auch
das Entfernen der Karte ist erlaubt und man kann auch einen Bahnhof wieder
öffnen. Dies ist die einzige Sonderaktion, die mehrmals durchgeführt werden
darf.
Im Bahnhof I werden Waggons angehängt. Die oberste Karte des Stapels
wird aufgedeckt und der Aktionswert sollte ident sein mit einer der Handkarten,
dann darf man einen Waggon anhängen, unabhängig vom Buchstaben des Bahnhofs.
Sollte keine Karte passen, so wirft man eine seiner Handkarten ab. Es dürfen
auch in diesem Fall nie mehr als 5 Waggons am Zug hängen. Als letzter Bahnhof
wäre da noch J, in dem man den Waggonraub durchführen darf. Man wählt einen
Mitspieler aus und deckt die oberste Karte des Stapels auf. Wenn der
Aktionswert dieser Karte gleich ist mit einen der Waggons des Mitspielers, so
muss er diesen Waggon an den Spieler abgeben. Gibt es mehrere passende, so kann
man frei wählen. Der gestohlene Waggon wird an den Zug angehängt. Sollte der
Spieler keinen passenden Waggon besitzen, so muss der aktive Spieler ihm
wiederum einen passenden Waggon, so vorhanden geben.
Ich habe bereits den Vergleich mit Cosmic Encounter erwähnt. Auch
Frachtexpress erinnert mich im Aufbau daran. James Kyle hat ein Grundspiel
geschaffen, wo er und auch die anderen Spieler Varianten und Zusatzregel
geschaffen haben, die ein normales Regelwerk vom Umfang sprengen. Nachdem das
Spielprinzip sehr offen gestaltet ist, hat jeder Mitspieler die Freiheit seine
Ideen einfließen zu lassen. Die Regel ist übersichtlich und gut aus dem
Englischen übersetzt. Sie lässt keine Fragen offen. Das einzige Manko, und dies
ist auch der Grund warum ich diesem Spiel den zweiten Stern versage, ist der
Spielablauf. Da jeder Spieler seinen Zug erst planen kann wenn er an die Reihe
kommt, da sich ja dauernd etwas verändert, dauert es sehr lange bis man wieder
an die Reihe kommt. Dadurch fängt man sich, besonders bei Langdenkern, schnell
an zu langweilen. Ansonst funktioniert das Spiel gut. Die Streckenkarten haben
eine ausgewogene Mischung zwischen Aktionswert und Waggonwert und auch die An-
und Abkoppelbahnhöfe liegen nicht unerreichbar auseinander. Das Spiel mit den
Varianten und Fortgeschrittenenregeln kann ich nur wirklich geübten Spielern
oder Freaks empfehlen. Es wird dadurch sehr unübersichtlich, da man sich alle
Bahnhöfe merken muss. Die einzelnen Sonderaktionen erwecken den Eindruck von
Willkür und Bosheit und auch der Glücksfaktor wird dadurch größer. Es sei
vielleicht noch erwähnt, dass Hell Rail in den USA den Preis für das beste
Kartenspiel des Jahres erhalten hat. Die Definition Kartenspiel ist in den USA
offensichtlich eine andere als in Europa. Im Großen und Ganzen aber ein gutes
Spiel, das sowohl Freunde der Eisenbahnspiele ansprechen wird als auch das
breite Publikum