Rennen in Eis und Schnee

 

Snow Tails

 

Elegant in die Kurve driften

 

Kid                       

Family          ein    

Adult                    

Expert                           

 

Alter            10     

Spezial                 

 

Die Lamont Brothersmit ihrer Spieleschmiede Fragor Games haben in den letzten Jahren in erster Linie mit opulentem Spielmaterial und nur bedingt mit tollen Spielmechanismen für Aufmerksamkeit gesorgt. Bei Leapfrog (2004) waren es Frösche, bei Shear Panic (2005, dt. Titel: Haste Bock) Schafe, bei Hameln (2006)Ratten und 2007 gingen Elche auf Antler Island auf die Balz. Allen gemein waren hübsche Tierplastiken. Dem tierischen Thema blieben die beiden schottischen Brüder auch bei der 2008er Veröffentlichung treu. Wer allerdings in der Schachtel nach süßen tierische Figuren sucht, sucht vergebens. Stattdessen gibt es zahlreiche Kartonteile, Holzspielsteine und Karten, nichts überragendes aber schön gestaltet und solide.

Der Titel lautet Snow Tails, übersetzt: „Schneeschwanz“. Im englischen wird „Snow Tails“ übrigens genauso ausgesprochen wie „Snow Tales“, was so viel bedeutet wie „Schneegeschichten“, „Schneemärchen“, oder ähnliches, was auf deutsch gleich um Welten besser klingt, im Englischen aber wie gesagt wurscht ist. Ohne es zu wissen behaupte ich dass diese kleine Wortspielerei beabsichtigt ist, denn die beiden Schotten scheinen ein Faible dafür zu haben, wie noch weiter zu lesen sein wird.

 

Wer will darf jetzt mal raten welcher Spezies dieses Spiel gewidmet sein könnte bevor er oder sie weiter liest … kurze Pause für alle die noch raten … keine Angst, die Lösung kommt gleich … nicht auf das Bild auf der Schachtel schauen dort ist das gesuchte Tier nämlich abgebildet … für alle die nicht geschummelt haben: tierisches Thema des Spieles sind Schlittenhunde. Somit wäre „Schneerute“ vielleicht die bessere Übersetzung gewesen, klingt zumindest besser.

Die erste Auflage des Spiels, auf die sich diese Rezension bezieht, war in kürzester Zeit ausverkauft. Allerdings hat sich mit Asmodée ein großer Verlag die Rechte gesichert und eine Neuauflage angekündigt. Leider lag zum Zeitpunkt der Rezension noch kein Exemplar vor. Asmodée plante ursprünglich auch den Titel zu ändern. „Too Mush“ wurde als Name verlautbart. Nun wird aber doch wieder der originale Titel verwendet, eine weise Entscheidung, wie ich finde.

Die Spieler übernehmen das Steuer eines Rennschlittens und versuchen den verschneiten Kurs schneller als ihre Mitbewerbern zu bewältigen. Auf den ersten Blick scheint das nicht sehr originell. Abgesehen vom Thema vielleicht, denn unter den zahlreichen Formel 1, Rad- und Pferderennen der letzten Jahre ist mir kein Schlittenhund untergekommen. Man muss schon tief in die Annalen des Spielemuseums eintauchen um mit Mush von Alan Moon, White Wind Edition 1994, oder Husky von Helge Andersen, Salagames 1990, thematisch ähnliche Spiele zu finden.

Bewegt werden die Schlitten mittels Karten die jede Runde, beginnend beim aktuell Führenden und endend beim Schlusslicht, ausgespielt werden. Auch das klingt jetzt nicht unbedingt neu, aber der Schein trügt. Denn der angewandte Zugmechanismus ist nicht nur originell, spaßig und herausfordernd, sondern mir in dieser oder ähnlicher Form noch nie untergekommen.

Jeder Schlitten besteht im Wesentlichen aus 3 Komponenten, aus denen die Bewegung ermittelt wird. Jeder Schlitten hat 2 Hunde, einen linken und einen rechten, sowie eine Bremse. Auf jede Komponente kann eine Karte gespielt werden. Dazu hat jeder Spieler einen Kartensatz mit Karten mit gleichverteilten Werten von 1 bis 5. Der wird anfangs gemischt und immer so viele nachgezogen (oder abgeworfen) bis 5 Karten auf der Hand sind. Wenn eine Karte ausgespielt wird, wird sie auf eine der 3 Kategorien gelegt und macht die alte Karte dort ungültig. Pro Zug können 1 bis 3 Karten gespielt und auf die Kategorien beliebig verteilt werden. Wobei allerdings alle gespielten Karten den gleichen Kartenwert haben müssen. Es ist nicht erlaubt auf das Kartenspielen zu verzichten um mit der alten Einstellung weiterzufahren, wohl aber eine Karte auf eine Kategorie mit dem gleichen Wert zu spielen, wodurch sich auch nichts ändert.

Die Zugweite entspricht dann der Summe aus rechtem und linkem Hund, abzüglich des Wertes der Bremse. Ist die Summe 0 zieht der Schlitten in dieser Runde gar nicht, andernfalls um genau diese nach vorne. Zusätzlich driftet der Schlitten um die Differenz von linkem und rechtem Hund in die Richtung des größeren Wertes. Sowohl die seitliche, als auch die Vorwärtsbewegung müssen voll ausgeführt werden, auch wenn das eine Kollision mit einem anderem Schlitten oder der Randbegrenzung bedeutet. Kollisionen mit anderen Schlitten sind halb so wild, der Zug ändert sofort und dem Spieler ist es nicht erlaubt, Karten nachzuziehen, weil die Hunde verwirrt sind. Eine Streckenrandberührung hat etwas dramatischere Konsequenzen, denn in diesem Fall muss der Spieler eine Dellenkarte ziehen. Dellenkarten werden auf die Hand genommen und können nicht wieder abgeworfen werden. Sie blockieren eine Handkarte, womit der betroffene Spieler eine weniger nachziehen darf und somit weniger Auswahl hat. Auch wer zu schnell in eine Kurve fährt, oder rücksichtslos einen Jungbaum umfährt, die wachsen ganz friedlich auf manchen Rennstreckenabschnitten, bekommt eine Dellenkarte. Wer fünf Dellenkarten gesammelt hat und somit gar keine normalen Karten mehr ziehen darf, ist ausgeschieden, der Schlitten nur noch ein Wrack.

 

Sind linker und rechter Hund gleich stark, es wird also keine Seitwärtsbewegung durchgeführt, bekommt der Spieler die Möglichkeit, einen Bonuszug zu machen. „Ausgeglichene Schlitten sind glückliche Schlitten. Ein ausgeglichener Schlitten fährt sich wie ein Traum. Stellen Sie sich Hunde vor die in völliger Harmonie laufen. Ihr Schlitten wird ausnahmsweise mal richtig geradeaus gezogen. Sie haben die absolute Kontrolle...“ (Zitat aus der Anleitung) Der Spieler darf dann so viele Felder wie es seiner aktuellen Position im Rennen entspricht zusätzlich geradeaus ziehen. Hinten liegende werden also bevorzugt und bei einem knappen Zieleinlauf kann dieser kleine Unterschied schon mal entscheidend sein. Man darf aber auch darauf verzichten, was in Anbetracht der nächsten Kurve oft notwendig ist.

Dieser komplizierte Zugmechanismus hat es in sich und verlangt den Spielern einiges an Rechnerei ab. Es ist ratsam auch immer schon 1 oder 2 Züge vorauszudenken, denn sonst wird die nächste Kurve schnell einmal zu eng. Klarerweise ist aber auch eine ordentliche Portion Glück dabei wenn es darum geht im richtigen Moment die richtigen Karten zu ziehen, wie bei (fast) allen Kartenspielen.

Die Rennstrecke kann von den Spielern selbst zusammengebaut werden. Dazu befinden sich in der Schachtel zahlreiche Kartonteile mit verschiedenen Streckenabschnitten die vollkommen beliebig zusammengelegt werden können. Es gibt 2 Arten von Kurven, und Geraden mit unterschiedlichen Hindernissen. Als Vielspieler würde man sich etwas mehr Abwechslung wünschen, theoretisch ließe sich mit Erweiterungen sicher auch noch einiges machen, aber für gelegentliche Partien genügt es allemal.

Wie eingangs schon angedeutet ist das Material von sehr guter Qualität. Die Streckenteile sind alle zweiseitig bedruckt, die Karten hübsch und übersichtlich. Highlight sind die Schlitten auf denen die Einstellungen der 3 Komponenten angezeigt werden. Diese sind nicht nur hübsch, sondern haben auch einen kleine Drehscheibe, mit dessen Hilfe sie sich immer so drehen lassen, wie der Schlitten auf der Piste gerade steht. Bei dem komplizierten Zugmechanismus ist das manchmal eine nicht zu unterschätzende Hilfestellung um nicht links mit rechts zu verwechseln.

Auch die Anleitung verdient eine lobende Erwähnung. Diese ist komplett zweisprachig (englisch und deutsch), bunt und mit zahlreichen Beispielen illustriert. Etwas mehr Übersicht wäre zwar wünschenswert, aber wer aufmerksam liest, oder lang genug sucht findet auch auf alle Detailfragen Antworten.

Als kleiner Gag befindet sich auch noch eine spezielle Kartonmarke in der Schachtel, die spielerisch keinen Zweck erfüllt. Diese hat die Form und Zeichnung eines Pfotenabdrucks und nennt sich „Big Paws“-Marker, was übersetzt so viel wie „große Pfoten“ bedeutet. Im englischen wird „Big Paws“ aber genauso wie „Big Pause“ ausgesprochen, was vermutlich keiner Übersetzung bedarf. Der Marker wird also immer dem Spieler überreicht der am längsten überlegt und kann natürlich auch in jedem anderen Spiel benutzt werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es sicher einfachere und auch taktisch anspruchsvollere Rennspiele gibt. Aber der interessante Mechanismus bietet sowohl für Experten als auch für Gelegenheitsspieler einen Reiz und ist für ein gelegentliches Rennen zwischendurch bestens geeignet.

 

Markus Wawra

 

Spieler         : 2-5

Alter            : ab 10 Jahren

Dauer           : ca. 45 min

 

Autor           : Fraser Lamont, Gordon Lamont

Grafik          : nicht genannt

Vertrieb A.   : Asmodée

Preis            : ca. 30,00 Euro

Verlag          : Fragor Games/Asmodée 2009

                     www.asmodee.de

                  

Genre                    : Rennspiel

Zielgruppe             : Für Jugendliche/Erwachsene

Mechanismen         : Schlitten mit Karten steuern

 

Zufall                     : 4

Wissen/Gedächtnis  : 1

Planung                 : 5

Kreativität              :

Kommunikation      :

Geschicklichkeit      : 1

Action                   :

 

Kommentar:

origineller, anspruchsvoller Zugmechanismus

Hübsches, solides Spielmaterial

Gute, zweisprachige Anleitung

Neuauflage bei Asmodée angekündigt

 

Vergleichbar:

Ave Caesar und andere kartengesteuerte Rennspiele

 

Atmosphäre  : 5

 

Markus Wawra:

Snow Tails ist sowohl thematisch als auch mechanistisch ein innovatives Rennspiel, das sowohl für Vielspieler, als auch für Gelegenheitsspieler bestens geeignet ist. Gut berechnete Drifts und das nötige Glück beim Kartennachziehen entscheiden am Ende wer ganz oben am Siegespodest steht.