Mit Geweih und Kampfstärke
zum Platzhirsch
Antler Island
Hirschkühe beeindrucken und
verführen
Drei bis vier Spieler
verkörpern Hirsche in der Brunftzeit, die versuchen möglichst viele Hirschkühe
zu beglücken (die Regel beweist schon hier ihren Anspruch auf Vollständigkeit
mit dem Rat, mit jüngeren Spielen doch das Thema auf möglichst viele Hirschkühe
küssen abzuändern) – nicht überraschenderweise müssen sie dazu fressen und
schauen, dass das Geweih beeindruckend wächst und notfalls auch rivalisierende
Hirsche aus dem Rayon verdrängen.
Bevor man sich dem eigentlich
Spiel oder der Regel widmen kann, ist man erst einmal fasziniert vom
Spielmaterial und da vor allem von den fantastischen Figuren, wohlgemerkt
fantastisch, nicht realistisch, die Hirsche schauen aus, als wären sie in
irgendeinem Transporterprogramm malträtiert worden, aber sie sind witzig,
individuell und charakteristisch für den Stil der Fragor-Figuren. Das
beeindruckende Brett besteht aus drei Ebenen, die eine Insel abbilden sollen,
komplett mit Hügel und Sümpfen, es gibt sogar einen Extrateil, mit dem man
einen Teil des Bretts abdeckt, falls nur zu dritt gespielt wird. Der Plan hat
äußere, mittlere sowie ein Zentralfeld und dazu Felder im Sumpf, die Hirsche
nicht betreten können, an der Insel entlang verläuft der Pfad für die
Hirschkühe.
Nach dem Ende der Oh- und
Ah-Bewunderungsphase können wir uns nun der Spielregel widmen und machen hier
schon wieder Oh und Ah, sie ist komplett, informativ, mit vielen Beispielen und
dreisprachig, englisch, deutsch und holländisch.
Fangen wir an – jeder bekommt
einen Hirsch und dazu zwei Geweihstücke, die er dem Hirsch auf seiner
Übersichtstafel auf den Kopf legt,
weiters einen Satz von fünf Kontrollmarkern, markiert mit 1,2, und C sowie
einen unmarkierten. Dann gibt’s noch ein einen Vorrat an kleinen hölzernen Hirschkühen,
von nun an „doeplets“ genannt, einen Startstapel und einen Hauptvorratsstapel
an Futtermarkern, und noch einen Stapel so genannter Vorteilsplättchen alles
wird verdeckt bereitgelegt. Jeder nimmt sich einen Futtermarker aus dem
Startvorrat verdeckt auf seine Übersichtstafel, dann wird gewürfelt und alle
setzen reihum ihren Hirsch auf eines der äußeren Felder dieser Farbe. Dann wird
neu gewürfelt, notfalls öfters bis eine andere Farbe als die für das Hirsche
einsetzen erscheint, und ein Futtermarker auf jedes äußere Feld dieser Farbe
gesetzt. Zuletzt kommt noch ein doeplet auf jedes freie Feld außer in die
Feuchtgebiete und das Zentralfeld des Bretts, und ganz am Ende deckt man ein
Vorteilsplättchen auf und schon kann’s losgehen.
Wir schnappen unsere fünf
Kontrollmarker und legen sie verdeckt neben die Aktionsfelder, die wir nutzen
möchten, als da sind:
Bewegen – der Hirsch zieht auf
ein benachbartes Feld, auch auf verschiedene Ebenen, aber nicht in die
Feuchtgebiete.
Fressen – Der Hirsch muss auf
einem Feld mit Futtermarker stehen, der Spieler nimmt alle Futtermarker und
legt sie verdeckt auf der Übersichtstafel ab, man darf nicht mehr als fünf
Marker besitzen, überzählige bleiben auf dem Plan liegen.
Paaren – mindestens ein
doeplet muss im selben Feld sein, der Spieler legt ein doeplet aus dem Feld in den
Vorrat und bewegt seinen Marker auf dem Hirschkuh-Pfad um 1 vorwärts, der Pfad
markiert die Anzahl beglückter doeplets und ein Marker auf 10 oder 12 (bei 3
oder 4 Spielern) bedeutet die letzte
Runde.
Geweihwuchs: Man kann eine
beliebige Anzahl Futtermarker abgeben, der Gesamtwert wird addiert, und
abgerundet halbiert – das Resultat ergibt die Anzahl Geweihstücke die der
Hirsch dazubekommt. Ein einzelner Marker bringt immer ein Geweihstück. Genutzte
Futtermarker werden offen abgelegt. Für ein Wachstum bis zu einer geraden Zahl
bekommt man einen Vorteilsmarker, verliert man Geweihstücke, bekommt man bei
Wiederwuchs den Marker nicht noch einmal, man nutzt zuerst die separat
bereitgelegten verlorenen Stücke für den Wiederwuchs.
Hier kommt nun das Bluffelement
und das Programmierelement ins Spiel, erstens können wir unseren unmarkierten
Marker überall dazulegen, zweitens können wir mehrere Marker zur gleichen
Aktion legen und drittens werden die
Aktionen in Reihenfolge ihres Wertes abgehandelt, es deckt also jeder reihum
zuerst seinen Marker 1 auf, dann 2 und zuletzt 3. haben wir uns völlig
vergaloppiert, können wir noch einen Rettungsversuch starten und jederzeit
unseren „X“ Marker als Joker aufdecken und diese Aktion abhandeln.
Aus der Bewegung kann es zu
einem Kampf kommen, wenn ein Hirsch das Revier eines anderen betritt, sprich
dasselbe Feld: Der Neuankömmling wählt verdeckt bis zu drei Futtermarker und
legt sie verdeckt oben an die Übersichtstafel. Der Verteidiger kann nun
entweder zurückweichen oder kämpfen – wenn er zurückweicht, passiert nichts,
wenn er kämpft wählt er seinerseits Futtermarker. Nun kann der Angreifer
zurückweichen, wenn nicht kommt es zum Kampf.
Weicht ein Hirsch zurück,
geht er in ein leeres Feld, aber nicht nach oben, außer es gibt keinen anderen
freien Platz. Der Sieger bekommt einen Vorteilsmarker, und beide behalten ihre
Futtermarker, die anderen Spieler dürfen den sich zurückziehenden Hirsch ein
wenig verspotten.
Kommt es zum Kampf werden die
Futtermarker aufgedeckt und die Anzahl der Geweihstücke wird zum Wert der
Futtermarker addiert – gibt es einen Gleichstand, geht der Angreifer auf sein
Ausgangsfeld zurück, alle Futtermarker gehen in den Vorrat. Gibt es einen
Sieger, gehen alle Futtermarker in den Vorrat, der Verlierer muss ein
Geweihstück abbauen, der Sieger darf den Verlierer in ein freies Feld setzen,
und der Sieger bekommt ein Vorteilsplättchen.
Allzu friedliche Hirsche
werden nicht weit kommen, denn um das Spiel zu gewinnen, muss man mindestens
einen Kampf gewinnen, egal ob als Angreifer oder Verteidiger, dafür gibt’s
einen speziellen Marker, den man nicht verlieren kann.
Ein Wort noch zu den
Vorteilsplättchen, die ihrem Namen entsprechend einiges bringen, man bekommt
sie für Geweihwuchs oder gewonnene Kämpfe, und darf sich jeweils das oberste
verdeckte oder das offen ausliegende nehmen. Die Vorteile bringen zwei Felder
Bewegung, einen extra Futtermarker beim Fressen, zwei beglückte doeplets bei
der Paarung, oder der Spieler behält einen der für den Kampf verwendeten
Futtermarker oder nützt den Vorteilsmarker um ein Geweihstück nach einem
verlorenen Kampf zu behalten, oder um zu röhren und so ein doeplet von jedem
benachbarten Feld anzulocken.
Damit haben wir mit allen
Möglichkeiten unsere erste Runde abgewickelt, bevor die nächste beginnt und wir
unsere Kontrollmarker wieder platzieren, werden noch Futtermarker nachgelegt
und die doeplets ein Feld den Hügel hoch bewegt, auch in Feuchtgebiete und auch
mehrere auf ein Feld. In den äußeren Regionen werden doeplets in 3er-Sätzen
nachgelegt, gibt es nicht genug für einen 3er-Satz, werden keine nachgelegt.
Und so geht’s Runde um Runde weiter, bis ein Spieler auf dem Hirschkuhpfad die 10 oder 12 erreicht, die laufende Runde wird damit zur letzten Runde. Nun können alle Spieler, die einen Kampf gewonnen haben, werten: Die Punkte entsprechend der Position auf dem Pfad + 1 Punkt für jedes doeplet mehr und Punkte entsprechend der Position des Hirsches auf der Insel, 3 Punkte für die Zentralregion oder 1 Punkt für einen Standort in der Mittelregion. Der Spieler mit den meisten Punkten wird zum Platzhirsch auf Antler Island!
Und wie fühlt der sich? Gut, denn er hat ein gutes Spiel gespielt, mit einer lückenlosen, guten Regel, die am Ende sogar einen Schnelleinstieg ins Spiel auf einer Drittelseite bietet. Zugegeben, es war nicht der strategische Überdrüberhammer, aber wer will den auch schon immer spielen? Antler Island eignet sich gut für ein Spiel im Familienkreis, jugendfrei oder nicht, wer es aggressiver will, kann die Variante mit den Kampf-Steinen spielen, die man für gewonnene Kämpfe bekommt und für die man am Ende extra Punkte kassiert.
Das Thema ist witzig, die Mechanismen funktionieren, die Ausstattung ist funktionell und attraktiv, und das Spiel eignet sich für eine breite Palette an Spielerfahrung und Spielalter, allerdings werden anzügliche Bemerkungen oder einschlägige Scherze zum Thema wohl kaum ausbleiben, aber das kann man in Kauf nehmen. Besonders attraktiv für mich ist die nötige Balance, man kann nicht allein durch fressen oder paaren oder kämpfen gewinnen, man muss sich schon etwas vorausplanend den Hügel hochkämpfen. Ich freue mich schon jetzt auf die Menagerie 2008!
Dagmar de Cassan
Spieler : 3-4
Alter : ab 10 Jahren
Dauer : ca. 45 Minuten
Autor : Gordon und Fraser Lamont
Grafik : Judi Lamont, Clare Hewitt
Vertrieb : Heidelberger
Preis : ca. e 40,00
Verlag :
Genre : Positions- und Sammelspiel
Zielgruppe : Familie, Freunde
Mechanismen : Plättchen für Aktionen nutzen
Strategie : ***
Taktik : ****
Glück : ***
Interaktion : *****
Kommunikation : ***
Atmosphäre : *******
Kommentar :
Originelles Thema
Fantastische Ausstattung
Höhere Auflage, noch erhältlich
Mit Regel für Fortgeschrittenen-Spiel
Vergleichbar:
In Kombination von Thema und Mechanismen einzigartig
Anklänge an Determinations/Programmierspiele wie RoboRally
Dagmar de Cassan:
Ein wunderschönes Spiel mit guten Regeln, toll umgesetztem Thema und einer gelungenen Mischung von Mechanismen, auf anzügliche Scherze muss man allerdings gefasst sein.