Guardians
Sammelkartenspiel
von Keith Parkinson und Luke Peterschmidt
FPG Inc
Deutsche Ausgabe bei Modern Graphics, Rastatt
Während ich die Details für die Daten des Spieles
vom Impressum ablese, fällt mein Blick auf die letzte Zeile desselben: Hast Du Dein
Deck vergessen, oder warum liest Du dies anstatt zu spielen?
Dieser Satz ist ein guter Zugang zu Idee und
Ausführung dieses - nicht mehr so ganz neu am Markt befindlichen -
Sammelkartenspiels.
Es nimmt sich selbst nicht tierisch ernst und steckt
voller witziger Anspielungen und Parodien. Beispiele: "Lizards on the
toast", "Black Locust" - zwei Karten mit Anspielung auf den
Marktführer - oder "Floyd, das fliegende Schein" (schön rosa),
"Gn'omisch Gnom" (ein Gnom im Outfit der Amish-Sekte),
"Geldspar, Court Magician", pder "Handles o'Rourke" - na
wer wohl? Das Bild sagt alles.
Ein spezielles Vergnügen ist die Grafik. Namhafte,
durchwegs arrivierte Comic-Zeichner wie Don Maitz, Mike Ploog, James Warhols
und Brom, um nur einige für viele andere stellvertretend zu nennen, hatten bei
dieser Arbeit offensichtlich großen Spaß und dementsprechend witzig fielen die
Bilder auf den Spielkarten aus. Nicht nur groteske - teilweise irrwitzige
Geschöpfe blicken einem entgegen, sondern auch viele bekannte Gesichter. Beim
Durchschauen denkt man laufend "wer ist das schon wieder, das Gesicht kenn
ich doch!?" - und findet dann so unterschiedliche "Bekannte" wie
Sammy Davis jun. oder E.T bis zu Mayor McGreed, ein McDonald-Hamburger im
KÖnigsgewand, wieder.
Nicht zu vergessen zahlreiche Schönheiten im fast
Playboy-Outfit und -Stil und einige ziemlich zweideutige Anspielungen, die man
aber meist erst beim mehrmaligen Betrachten entdeckt.
An meiner ausführlichen Schilderung kann der p.t.
Interessent ermessen, daß ich begeistert von diesem SPiel bin. Unter der Unzahl
von Sammelkartenspielen mit ihren zum Teil langweiligen, zum Teil nur
schaurig-geschmacklosen Zeichnungen - nimmt Guardians eine einzigartige
Sonderstellung ein. Es hat mit Abstand die beste Graphik, die witzigsten und
einfallreichsten Darstellungen. Für Insider - manchmal erinnert es mich an die
Vielfalt und den Humor von "Kings & Things". Viele
Sammelkartenspiele kommen und gehen, aber dieses wird später einmal gesucht
sein - wegen seiner schönen und einfallsreichen Graphik. "Get ist while
you can!"
Wie spielt sich nun Guardians? Um es kurz zu sagen,
gut, auch für nicht so versierte Fans dieses Genres.
Die Story:
Jeder Spieler wählt einen Guardian - mit etwas
unterschiedlichen Fähigkeiten, welche die Kampftaktik beeinflussen - und eine
Festung, die aus 3 Karten besteht. Auch diese unterscheiden sich durch ihre
Kampfboni.
Sodann hat jeder einen - wohl sortierten -
Aufnahmestapel sprich Deck, der aus Starter- und Boosterdecks zusammengestellt
wird. Es ist bereits Teil der Strategie, mit welchen Karten ein Deck bestückt
ist, insgesamt sollten mindestens 55 Karten (neben Festung und Guardian) im
Aufnahmestapel sein, wobei aber die Zahl nach Vereinbarung auch höher sein
kann.
In diesem Stapel gibt es Geländekarten zum Besiedeln
von erobertem Land, Kreaturen, magische Gegenstände, Sprüche, Bestechungsmittel
und Schilde.
Jeder Spieler legt seine Festung aus und zwischen
diesen bleibt ein aus sechs Feldern bestehender Raum, um welchen gekämpft wird.
Der Guardian liegt hinter der jeweiligen Burg.
Zu Beginn des Spiels zieht jeder von seinem Stapel
12 KArten, welche er zu Armeen zusammenstellt und auf seine Festungskarten
legen kann, also maximal drei. Pro Armee darf der addierte Kampfwert der
Kreaturen 30 Punkte nicht übersteigen, sie können sich aber erst bewegen, wenn
ein Schild auf sie gelegt wird. Weiters dürfen magische Gegenstände den
Kreaturen zugeordnet werden, während Sprüche und Bestechungsmittel in der Hand
des Spielers bleiben.
Treffen nun zwei Schilde in einem Feld aufeinander,
beginnt ein Kampf. Die bisher verdeckten Karten werden - jeweils einzeln
gegeneinander - aufgedeckt, der höhere Kampfwert gewinnt. Wenn alle Kämpfe
ausgefochten sind, wird der Wert der Sieger jedes Spielers addiert, der Höhere
gewinnt das Gelände und kann eine entsprechende Karte seiner Wahl dort auflegen
- der andere muß die Reste der Truppe zurückziehen.
Bleibt dem Verlierer keine Karte über, verliert er
das kämpfende Schild an den Gegner. Gewonnen hat, wer die sechs umstrittenen
Felder sein eigen nennt oder fünf Schilde des Gegners erobert hat. Eine dritte
Siegmöglichkeit ist es, den Guardian zu schlagen, dazu muß aber erst die
Festung überwunden werden.
So weit, so gut. So einfach das Prinzip ist, so
variantenreich ist die Umsetzung und hier erinnert dieses Spiel - wie bereits
in der "Pöppel-Revue" bemerkt - ein wenig an Cosmic Encounter. Die
zahlreichen Möglichkeiten der Kreaturen, Sprüche und Gegenstände bestehen
darin, die Regeln zu brechen, das 30-Punkte-Limit zu umgehen, Fähigkeiten des
Anderen außer Kraft zu setzen und dgl. mehr.
Weiters kann beim Kampf Unterstützung gewährt
werden, d.h. nicht nur eine, sondern mehrere Karten greifen einen Gegner an.
Das gleiche passiert beim Fernkampf. Auch Zaubersprüche - aus der Hand gespielt
- können den AUsgang des Duells verändern.
Der Guardian - und einige andere spezielle Geschöpfe
- können auch übertragen, d.h. mittels Magiepotentials einen Kämpfer stärken.
Dies kostet aber meist einen "Kraftstein", wovon jeder Guardian eine
bstimmte Anzahl besitzt. Auch diese können durch Feindeinwirkung verringert
oder mittels Zaubersprüchen vermehrt werden. Eine zusätzliche
Kampfbeeinflussung findet durch spezifische Fähigkeiten vieler Kreaturen statt
- die auf den Karten angeführt sind - und oft nur gegen bestimmte Gegner
wirken.
Selbst mit einem "starken" Helden kann man
also nie wirklich sicher sein, diesen Kampf auch zu überstehen und viele
"kleine" Geschöpfe haben schon so manchen "Großen" erlegt.
Unter den mannigfaltigen Variablen zum Kampfverlauf
will ich nur noch eine besonders "nette" hervorheben: Es gibt
Bestechungskarten und zwar Bier, Geld und Schönheiten. Besonders größere
Kömpfer haben eine oder auch mehrere Schwächen. Bestochene Gegner nehmen nicht
am Kampf teil, da sie anderweitig "beschäftigt" sind. Bezeichnenderweise
für den Humor dieses Spiels ist die Auswahl der mit allem bestechlichen Karten:
Rechtsanwalt und Reverend.
Die Unzal von Möglichkeiten bei einem relativ
einfachen Spielprinzip eröffnet natürlich ein weites Betätigungsfeld für
Tüftler, wie ein Deck aufzubauen sei, und wie bei jedem guten Spiel möchte man
alles gleichzeitig tun können, muß sich aber auf Weniges beschränken.
Sehr unterhaltsam ist es, Themendecks
zusammenzustellen wie z.B. Feen-, Piraten-, Untote- oder Ritter-Decks (sehr
beliebt) oder Flieger-Decks (können feindliches Gelände überfliegen und daher
relativ leicht den Guardian angreifen, was gelegentlich sehr schnelle kurze
Partien möglich macht).
Eines gibt es jedoch nicht, ein sogenanntes
"Killerdeck", mit dem man quasi unschlagbar wäre. Glücklicherweise
sind die seltenen Karten nicht auch noch die stärksten, womit ein
"Nichtsammler" mit nur wenigen "Raren" trotzdem gut
bestehen kann.
Übrigens ist das Spiel auch zu viert sehr gut
spielbar.
Kritik ist allerdings von Sammlerseite angebracht.
Die Verteilung selterer Karten ist schlecht, auch mit mehreren vollen Displays
bekommt man nicht alle zusammen und bei den Booster-Packs findet man immer
wieder zwei gleiche (bei nur 8 Karten!) Besonders ärgerlich empfand ich, daß
vereinzelt "fremde" Karten, d.h. eines anderen Spiels desselben
Herstellers, in den Erweiterungen zu finden waren.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Guardians
ein Riesenspaß ist, bei dem man immer gleich Revance will um es besser zu
machen. Überdies ist dieses Spiel eine optische Augenweide, die derzeit nichts
vergleichbares kennt.
In Deutsch erschien das Grundspiel im Sommer 1996,
auf englisch gibt es bereits drei Erweiterungen: "Dagger Isle",
"Drifters nexus" und "Necropolis Park". Das Starterpack
enthält 60 Karten und ist damit voll spielbar, das Booster-Pack 14 Karten, die
späteren englischen nur 8 Karten, die sind aber auch billiger.
Wo gibt es dieses Spiel in Wien: Bei Damage
Unlimited (6. Bezirk, Theobaldgasse), beim Hutterer (in allen 3 Filialen), beim
COmic Shop in der Albertgasse (8. Bezirk), beim Comic Shop Operngasse (im
Neubau gegenüber der Secession), bei Spiel+Spaß
WIN-Wertung:
** Guardians WW SS P III M
UUU AA 2-4, 0.5-3 h