Rezension
Eine Sage, ein Spiel
Ein Fest für Odin
Wikinger - Räuber, Entdecker, Staatengründer
Ein Fest für Odin ist wohl ein Fest für einige Spielmechanismen-Sinne. In erster Linie natürlich ein Worker Placement á la Uwe Rosenberg. Aber es kommen auch ein wenig Erinnerungen an Patchwork oder aber auch an Ubongo und Ähnliches hoch.
Es fällt gleich mal auf, dass die Spieleschachtel doch eher ungewöhnlich groß ist. Aber trotzdem ist sie extrem mit vielfältigem Spielmaterial gefüllt. Nach dem Spielen bedarf es doch schon einiger Organisation, das gesamte Spielmaterial wieder in die Schachtel zu bekommen. Auch wenn der überwiegende Teil des Materials aus Pappe besteht, finde ich das Spielmaterial sehr hochwertig, und jedenfalls auch sehr detailgetreu und detailliert gestaltet. Offensichtlich hat man sich dafür auch bereits seitens des Verlages Gedanken gemacht, wie man wohl praktisch mit dem Spielmaterial umgeht. Das beweisen die beiden Warenkästen, in welchen der überwiegende Teil der Warenmarken sehr geordnet Platz findet. Auf den Heimatplänen der Spieler sowie auch auf den anderen Plänen (Aktionsplan, Entdeckungsplänen sowie den Gebäuden) findet man bei genaueren Hinsehen das ein oder andere Detail. So sind die Dekorations-Details auf den Heimatplänen der Spieler unterschiedlich. Wer auf derartige Details steht, wird hier jedenfalls bedient. Aber auch dann im Spiel geht es oft ums Detail, denn die Teile (im Spiel Marken genannt) die man auf verschiedenste Arten erwirbt, mögen mit Bedacht gelegt werden…
Etwas ungewöhnlich bei diesem sehr gut gelungenen Worker Placement ist, dass auch bei voller Spieleranzahl (4 Spieler) meist auch die letzten Worker – in diesem Spiel sind das natürlich thematisch Wikinger – noch sehr effizient eingesetzt werden können. Über die 61 Aktionsfelder gibt es auch eine Menge Strategien, welche man verfolgen könnte. Auch nach etwa 10 bis 15 Spielen hätte ich noch immer nicht die ultimative Gewinnstrategie gefunden. Es ist auch immer wieder reizvoll, etwas Anderes auszuprobieren. Sinnvollerweise sollte man da vielleicht natürlich Wege verfolgen, wo einem dann doch eher die anderen Spieler weniger in die Quere kommen. Aber wie erwähnt, selbst dann, wenn sie in die Quere kommen, hat man immer wieder, im Fall von dann vielleicht doch belegten bevorzugten Aktionsfeldern, noch immer sehr brauchbare Alternativen. Die Spielreihenfolge ist sinnvollerweise im Uhrzeigersinn. Der Startspieler wechselt jedoch nicht regelmäßig, sondern ergibt sich daraus, wer denn die letzte Aktion gemacht hatte. Da die Aktionen mit unterschiedlichen Anzahlen an Wikingern gemacht werden, kann es da schon ganz unregelmäßig zugehen.
Kurz gesagt, geht es beim Spiel darum, möglichst große Teile in der möglichst besten Farbe zu lukrieren, und mit diesen Teilen seine Spielflächen – das ist am Anfang der Heimatplan - später dann optional noch zusätzlich Entdeckungen oder Gebäude - zu belegen.
Alle Flächen haben zu Beginn viele Felder mit Minuspunkten, welche auch negativ gewertet würden, falls sie bei Spielende nicht abgedeckt wären.
Die Aktionsfelder können mit einem bis vier Wikingern belegt werden, wobei tendenziell die Aktionen mit der Anzahl der Wikinger stärker werden. Es gibt nur sehr wenige Felder, wo man denselben Effekt hätte und sie mit unterschiedlicher Anzahl an Wikingern besetzt werden könnten. Auch wenn bei einigen Aktionen (Jagd, Überfall/Plünderung) Würfel im Spiel sind, gibt es einen doch nur eher bescheidenen Glücksfaktor. Denn auch wenn man schlecht (je nach Aktion hoch oder nieder) würfelt, bekommt man beim Scheitern der angestrebten Aktion eine ansprechende Entschädigung und sogar Wikinger zurück.
Ich denke man sollte aber auch dann, wenn man denkt, man kennt das Spiel schon ganz gut, vermeiden, die Möglichkeiten mathematisch zu analysieren. Die Möglichkeiten sind einfach viel zu vielfältig! Denn dann geht vielleicht doch der Spielreiz etwas verloren, da es sicherlich auch dem härtest-gesottenen Mitspieler dann doch etwas zu lange dauert, wieder an die Reihe zu kommen. Andererseits kann man die Wartezeiten dann doch recht gut nutzen, um zu überdenken, wie man denn die bereits erworbenen Marken platziert. Einige der Überlegungen dazu: Will ich möglichst hohes Einkommen lukrieren, will ich Prämien haben, oder doch nur möglichst viele Minuspunkte abzudecken.
Nun einmal in groben Zügen zum Spielablauf: Man hat, von Beginn an, bereits eine zufällige Ausbildungskarte aus einem Extra-Startkartenset. Jeder hat bereits drei von vier verschiedenen Waffen (die einem bei Jagd oder Plünderung helfen) sowie jede Runde eine neue zufällige Waffe. Wie erwähnt, setzt man seine Wikinger auf freie Aktionsfelder. Auf den 61 Aktionsfeldern kann man z.B. verschiedene Teile (Marken) erwerben, welche man einerseits dann für das sogenannte Festmahl (ähnlich wie die Ernährung bei Agricola) oder eben zum Abdecken der Pläne verwenden kann. Dies kann man auf relativ viele Arten machen – Jagen, Kaufen, Tauschen, Plündern und Ähnliches. Dann kann man Rohstoffe erwerben, mit welchen man Gebäude oder Schiffe baut. Man kann Plättchen aufwerten, und eventuell kann man zusätzlich Waffenkarten erwerben.
Weiters gibt es noch die Möglichkeit auszuwandern (was bedeutet, Schiffe punktemäßig aufzuwerten, womit es dann auch keine Schiffe mehr sind) und weniger Marken fürs Festmahl zu brauchen. Das Festmahl (die Ernährung) ist im Gegensatz zu Agricola aber doch recht leicht zu schaffen, da es in einigen Runden die sogenannte „Ernte“ gibt, wo man dann schon fast den größten Anteil des Festmahles zusammen bekäme. Dann kann man noch Ausbildungskarten erwerben oder spielen. Das wäre, auch ohne eigens eine Aktion zusätzlich zu verwenden, bei Einsatz von drei bzw. vier Wikingern möglich.
Das waren dann fast schon die wesentlichsten Aktionsmöglichkeiten, welche aber eben doch sehr unterschiedlich funktionieren. Ein wesentlicher Bestandteil des Spiels ist dann das Puzzeln der Teile.
Wie auch in anderen Spielen kann man spätestens über den Almanach viel lernen. Der wirklich umfangreiche Almanach geht auf ziemlich alle Begriffe im Spiel sehr eingehend geschichtlich ein. In diesem Spiel ist auch nahezu jede Aktion auch thematisch ziemlich schlüssig!
Das Spiel hat einen großen Wiederspielreiz, da man immer wieder andere Sachen ausprobieren möchte. Lediglich die Ausbildungskarten (da gibt es drei verschiedene Stapel – und die helfen in alle Richtungen) verleiten einen vielleicht ein wenig, manche Aktionen zu bevorzugen. Aber sicher könnte man das Spiel auch ohne irgendwelche Ausbildungskarten gewinnen. Möglicherweise sind die Karten nicht ganz ausgewogen, auch wenn sie bei den Siegpunkten doch versuchen, den Wert des Vorteils der einzelnen Karten auszugleichen.
Die Karten können Soforteffekte haben, verschiedene Aktionen „verstärken“ mit einen „Immer wenn“- Effekt, oder wirken sobald man etwas „erreicht“ hat. Alle Karten sind im Anhang auch nochmal relativ ausführlich und verständlich erklärt. Es gibt immerhin 190 (!!!) verschiedene Karten, welche in quasi 6 Stapel (incl. Startkartenstapeln) aufgeteilt sind! Es wird empfohlen mit dem A-Stapel zu beginnen, aber man könnte durchaus schnell auf die weiteren Stapel erweitern. Wobei ab dem B-Stapel die Effekte teilweise doch etwas stärker werden. Es wäre mir aber keine Böse Karte gegen Mitspieler aufgefallen. Auch die Aktionen sind nicht böse gegenüber den Mitspielern – wie aber bei Worker Placement üblich, kann es natürlich vorkommen, dass einem die angedachte Aktion weggenommen wird….
Wenn man das Spiel kennenlernen möchte, empfiehlt es sich, das Spiel zu Ende zu spielen, und nicht nur anzuspielen, da man sich sonst absolut kein Bild machen könnte, ob man es schafft, die vielen Minuspunkte des Heimatplanes abzudecken. Die kürzere Variante mit 6 Runden habe ich nicht probiert, reizt mich aber auch nicht wirklich, da ich denke, die vorgesehenen/normalen 7 Runden sind optimal. Sicher reizvoll ist aber das Solospiel, da man dort dann auch vieles probieren kann, und sich selbst im Weg ist, und nicht immer die bevorzugten Aktionen machen kann!
Die Regel ist umfangreich, verständlich, ausführlich und auch immer wieder mit Tipps versehen. Auch die Illustration der Regel, und des Almanachs ist sehr gut gestaltet.
Was ich noch selten in einem Spiel gefunden hatte, ist eine Schablone, mit welcher man die hauptsächlich organisatorischen Phasen gut durchgehen kann, und somit vor allem bei den ersten Spielen auf nichts vergessen kann, und die Reihenfolge optimal einhalten kann! Aber auch am Spielmaterial ist immer wieder auf verschiedenste Weisen gekennzeichnet, wofür es gut ist, wie man es erwerben kann, worauf man achten muss usw.! Etwas gewöhnungsbedürftig sind da vielleicht die Legeregeln auf den Plänen und Gebäuden, welche auch unterschiedlich sind. Aber durch die Illustration am Heimatplan ist das wichtigste, was zu beachten ist, recht gut gekennzeichnet.
Etwas überraschend ist, dass der hilfreiche (aber eigentlich nicht unbedingt erforderliche) Wertungsblock doch sehr bescheiden (wenige Blätter) ausgefallen ist. Aber im Internetzeitalter findet man den Block auf der Seite von Feuerland zum Ausdrucken. Vermutlich war das auch so angedacht.
Zusammengefasst ist „Ein Fest für Odin“ ein gelungenes Worker Placement Spiel mit hohem Wiederspielreiz. Die Spieldauer pendelt sich vermutlich bald bei 90 bis 120 Minuten ein. Trotz der grundsätzlich vielen Regeln wird das Spiel doch recht rasch verstanden, wobei man beim allerersten Spiel mit großer Wahrscheinlichkeit aufgrund der hohen Anzahl an Möglichkeiten doch überfordert wird. Aber man kann auch da kaum etwas falsch oder schlecht machen. Der Start ist nicht wie bei einigen anderen Spielen bereits spielentscheidend! Man kann da einiges probieren, und bekommt dann doch bald ein gewisses Gefühl was man so machen möchte/könnte.
Hans Mostböck
Spieler: 1-4
Alter: 12+
Dauer: 120+
Autor: Uwe Rosenberg
Grafiker: Dennis Lohausen
Preis: ca. 70 Euro
Verlag: Feuerland Spiele 2016
Genre: Worker Placement
Zielgruppe: Für Experten
Spezial: 1 Spieler
Version: de
Regeln: de en es fr it jp nl pl pt ru
Text im Spiel: ja
Kommentar:
Unmengen an Material
Sortierhilfe als zwei Warenkästen ist enthalten
Viele Optionen
Trotz vieler Regeldetails übersichtlich
Sehr hilfreiche Gestaltung des Materials
Vergleichbar:
Agricola, Worker Placement allgemeinen
Andere Ausgaben:
Cranio Creations (it), Devir (es), Filosofia (fr), Hobby World (ru), Lacerta (pl), Mandala Jogos (pt), Ten Days Games (jp) White Goblin (nl), Z-Man (en)
Meine Einschätzung: 6
Hans Mostböck:
Ein rundherum gelungenes Worker Placement Spiel! Material und eine exzellente Regel erleichtern den Einstieg, und auch bei der ersten Partie kann man sich nicht wirklich aus dem Spiel spielen, sondern hat immer eine Alternative!
Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 3
Strategie (blau): 3
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 3
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0