Rezension

 

Pulp Horror mit Würfeln

 

Alte Dunkle Dinge

 

Abenteuerspiel in Kniffel-Manier

 

Eine Kniffel-bzw. Würfelpoker-Variante mit Horror-Thema in ein Brettspiel verpackt, kann das funktionieren? Kurz gesagt, ja kann es, aber nur, wenn man sich kein strategisches Highlight erwartet, sondern ein Würfelglücksspiel mit ein paar Auftragskarten mit diversen geforderten Würfelkombinationen und etlichen Markern mit unterschiedlicher Bedeutung, das in einer guten Stunde gespielt ist.

 

Bereits zur Spiel 2014 ist mir die Original-Version „Ancient Terrible Things“ von Pleasant Company Games in die Hände gefallen und ich war von Anfang an begeistert. Feuerland Spiele dürfte das genauso gesehen haben und hat ein Jahr darauf eine neue Line ihres Spieleprogramms kreiert, die „Blue Label“-Spiele mit weniger Anspruch und eine deutschsprachige Lizenzausgabe davon als „Alte Dunkle Dinge“ herausgebracht, wodurch glücklicherweise auch der deutschsprachige Markt auf dieses meines Erachtens nach tolle Würfelspiel aufmerksam wurde.

 

Die Spieler sind Forscher (so wie der Spanier Vicente Yáñez Pinzón, der als erster Europäer den Amazonas erkundet hat), die einem geheimnisvollen Fluss im Dschungel die letzten Geheimnisse entlocken wollen. Dazu werden je nach Spielerzahl und gewünschter Spielzeit eine unterschiedliche Anzahl Begegnungskarten (mit diversen Würfelkombinationen und je nach Schwierigkeit entsprechend vielen Siegpunkten) und „Dunkle Dinge“-Marker bereitgelegt.

 

Sechs Orte werden in der Flussbootphase, sofern sie leer sind, komplett mit den Begegnungskarten vom Stapel mit aufsteigendem Schwierigkeitsgrad bestückt. Alle Orte haben für den Spieler, der sie besucht, bestimmte Vorteile, wie z.B. zusätzliche Fokus-, Schicksals-, Schatz- oder Mut-Marker, aber auch Karten- bzw. Marker-Tauschaktionen oder man wird neuer Startspieler. Auch auf die soeben gelegten Karten werden wie jeweils darauf abgebildet jeweils ein oder zwei Marker gelegt.

 

In der Erkundungsphase besuchen die Spieler die Orte, auf denen noch Karten liegen, nehmen den oder die Marker und machen entweder eine sogenannte Verzweiflungstat, indem sie die geforderte Anzahl Mut-Marker abgeben und somit die Begegnung ohne zu würfeln automatisch bestehen oder sie versuchen, die geforderte Würfelkombination zu schaffen, wobei wir beim Kern des Spiels wären, der Begegnungsphase. Die beim Kniffel vorgegebenen bekannten fixen Kombinationen werden nämlich sehr interessant variiert. So bedeutet z.B. ein abgebildeter 4er Würfel, dass mindesten ein Würfel ein Vierer oder höher sein muss. Ein Mehrling (2er, 3er, 4er, usw.) z.B. mit drei abgebildeten Zweier-Würfeln bedeutet, dass mindestens drei Würfel den gleichen Wert Zwei oder höher haben müssen. Das Ganze gilt es nicht zu verwechseln mit z.B. geforderten 4+4+4, was schlicht und einfach heißt, mindestens drei Würfel müssen den Wert 4 oder höher haben, aber sie müssen nicht denselben Wert haben, 4+4+5 wäre also erfolgreich. Ein ähnliches System gilt für die geforderten Straßen mit unterschiedlicher Anzahl Würfel (drei bis fünf) und Mindestwerten (kleinster Wert der Straße).

 

Man hat dazu übrigens immer fünf grüne Basiswürfel zur Verfügung und darf bis zu zweimal neu werfen. Wer allerdings beim Neuwerfen nicht alle, sondern nur eine bestimmte Anzahl Würfel neu werfen möchte, muss pro Würfel einen grünen Fokusmarker abgeben, was sich deshalb auch „fokussiert“ würfeln nennt; nur das Werfen aller grünen Würfel auf einmal kostet nichts. Da damit die schwierigen Kombinationen (z.B. 5+5+5+5+5) auf den hohen Begegnungskarten (mit bis zu 10 Siegpunkten) nur sehr schwer (bis gar nicht) zu schaffen sind, gibt es natürlich noch ein paar andersfärbige Spezialwürfel, die man in der Handelspostenphase am Ende des Zuges gegen Schatzmarker kaufen kann und auch durch blaue sogenannte Handlungskarten manipulieren kann. So muss man für die gelben „Glücks“-Würfel beim „fokussiert“ Würfeln keine Fokusmarker abgeben. Die roten Panikwürfel werden einmalig zusätzlich zu den fünf grünen Basiswürfeln geworfen, dürfen aber niemals neu gewürfelt werden. Und die blauen Handlungswürfel kann man durch Abgabe jeweils eines blauen Handlungsmarkers um 1 erhöhen. Ebenso stehen jedem Spieler jede Runde drei Handlungskarten zur Verfügung, die man ebenfalls gegen Abgabe von Handlungsmarkern für diverse vorteilhafte Aktionen einsetzen kann.

 

Alle für die Begegnung nicht verwendeten Würfel können noch entsprechend mehrerer unterschiedlicher Szenarien-Karten (eine davon wird zu Spielbeginn ausgewählt) gegen bestimmte Marker getauscht werden, was ebenfalls sehr wichtig ist, um z.B. zu den begehrten grünen Fokusmarkern oder den gelben Schatzmarkern zu kommen. Denn auch in diesem Spiel gilt „Geld regiert die Welt“, denn mit den Schatzmarkern können bis zu vier Ausrüstungskarten pro Zug, die einem dauerhaft oder einmalig sehr gute Dienste leisten, gekauft werden. Von diversen Würfelmanipulationen über zusätzliche Würfel (rot, gelb, blau) bis hin zu sogar zusätzlichen Siegpunkten ist praktisch alles dabei, was das Forscherherz begehrt.

 

Eine wichtige Phase fehlt noch, die Erweckungsphase, die immer dann zum Tragen kommt, wenn ein Spieler an der geforderten Würfelkombination scheitert. Dazu muss ein „Dunkles Ding“-Marker mit dem niedrigsten Wert (0 bis 3 Minuspunkte) von der Reiseleiste genommen werden, außerdem kommt die Begegnungskarte auf den Gerüchte-Ablagestapel. Wobei wir auch gleich bei einer der zwei Spielende-Bedingungen wären: Entweder wurde die letzte „Dunkles Ding“-Marke vom Plan genommen oder es liegen zu Beginn der Flussbootphase, in der neue Karten auf die Orte gelegt werden müssten, keine Begegnungskarten mehr auf.

 

Grafisch und thematisch ein wahrer Leckerbissen für all jene, denen es nichts ausmacht, dass es sich im Kern doch nur um ein Würfelspiel handelt, das im Horror-Genre angesiedelt ist. Aber eines, das verdammt viel Spaß macht, mit nicht zu langer Spieldauer, schnell erklärbaren Regeln, die auch gleich verstanden werden. Die neue deutsche Ausgabe unterscheidet sich im Regelwerk marginal vom englischen Original, das dürfte aber auf die redaktionelle Bearbeitung zurück zu führen sein. Alles in allem eine empfehlenswerte Würfelspielvariante, die ich zumindest allen Würfelspiel-Liebhabern uneingeschränkt empfehlen kann.

 

Gert Stöckl

 

Spieler: 2-4

Alter: 14+

Dauer: 60+

Autor: Simon McGregor

Grafiker: Rob van Zyl

Preis: ca. 35 Euro

Verlag: Feuerland Spiele 2015

Web: www.feuerland-spiele.de

Genre: Würfel, Horror

Zielgruppe: Mit Freunden

Version: multi

Regeln: de en + pt

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Tolle Grafik

Spannendes Thema

Mechanismen eher Standard

 

Vergleichbar:

Alle Spiele um Erzielen von Würfelkombinationen

 

Andere Ausgaben:

Pleasant Company Games (en), Redbox (pt)

 

Meine Einschätzung: 5

 

Gert Stöckl:

Nette Kniffel-Variante mit neuen Würfelkombinationen, thematisch in ein Horrorspiel verpackt

 

Zufall (rosa): 3

Taktik (türkis): 1

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 0

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0