PERLEN DER SPIELKUNST ◄ AUS DEM MUSUEM
HUGO KASTNER EMPFIEHLT
Tichu
Chinesisch-Schweizer
Karten-Kult
Liebe Leserin, lieber Leser! Als einer der Autoren
der „Großen Humboldt Enzyklopädie der Kartenspiele“ (ISBN 3-89994-058-X) möchte
ich mir die Freiheit nehmen, dieses Partnerspiel aus der Hand
Chinesisch-Schweizer
Denkwelten werden heute durch meinen Lichtkegel im Österreichischen Spielemuseum
erfasst! Und was für ein berauschend neues Spielgefühl beschleicht uns, wenn wir
mit den Spezialkarten Maj Jong (dt.
Hanfsperling), Hund, Phönix und Drache jonglieren, wenn wir
überraschend durch das Werfen von Bomben die Spielzüge des Gegners
durchkreuzen, wenn wir ein „Tichu“ ansagen und uns
damit für den weiteren Verlauf selbst zum Favoriten küren. Tichu wird in Partnerschaften
gespielt, mit jeweils 14 Handkarten, von denen die Gegner und das Gegenüber vor
Spielbeginn je eine zugeschoben bekommen. Schon hier ist Spannung pur angesagt,
denn das Ziel, alle Handkarten los zu werden, bringt dem erfolgreichsten
Spieler am Ende auch die Stiche der Gegner ein, mit allen Zählwerten (Könige,
Zehner, Fünfer, Drache und Phönix; es geht immer um diese 100 Punkte, dazu
kommen weitere 100 Punkte für eine etwaige Tichu-Ansage).
Doppelsiege schlagen mit stolzen 200 Punkten zubuche. Die Spezialkarten
verlangen nach ungewohnten Denkmustern. So ermöglicht der Mah Jong (an sich die niedrigste Karte)
neben dem Anzugsvorteil einen Wunsch nach einer bestimmten Karte, die vom
nächst besten Spieler in den Stich geworfen werden muss. Gut sortierte
gegnerische Kartenhände können hier sehr unliebsam zerstört werden. So erlaubt
der Hund die Übernahme des
Ausspielrechts durch den Partner. Die Topkarten sind jedoch zweifellos Phönix und Drache. Ersterer ist, in einer Serie gespielt, eine Art Joker, als
Einzelkarte dagegen überbietet der Phönix
jede andere Karte um einen halben Punkt. Nachteil: Bei der Wertung kostet er 25
Punkte (ist also eine Minuskarte). Der Drache
wiederum kann nur als Einzelkarte gespielt werden, dafür jedoch überbietet er
alles, auch den Phönix. Nachteil: Der
wertvolle Stich (der Drache bringt 25
Punkte) muss einem der Gegner geschenkt werden. Großzügigkeit ist der Charme
eines Meisterspielers, nicht wahr! Reihum darf übrigens mit Einzelkarten,
Paaren, Drillingen, Treppen (aufsteigenden Paare), Full House und Serien (aus
mindestens 5 Karten bestehend) zum Stich angezogen werden. Erst wenn drei
Spieler durchpassen, ist der Stich entschieden. Oft geht dies über mehrere
Runden hinweg. Und dann gibt es noch was ganz Besonders, die Bomben. Das sind Vierlinge eines Wertes
oder gleichfarbige Serien aus mindestens fünf Karten. Je länger eine Serie,
desto schärfer die Bombe. Diese Bomben können zum Trauma der Gegner
werden, denn sie fallen unvermittelt, jederzeit (aus der Reihe gespielt) und
sie überstechen alles, selbst einen Drachenstich. Jetzt aber genug der Worte,
greifen Sie zum Kartenblatt und mixen Sie Ihren ganz persönlichen
Chinesisch-Schweizer Cocktail!
EMPFEHLUNG # 12
Autor: Urs Hostettler
Preis: 10 €
Verlag: Fata Morgana 1991
Abacus 2006
Spieler: 4, in Partnerschaften
Alter: 10+
Dauer: ab 60
OOOOOOOOOO
Glück Bluff Logik
Wenn Sie es vielleicht üblicherweise gewohnt sind,
Niederlagen bei Kartenspielen mit Pech wegzureden, so muss bei Tichu sofort eine
Warnung ausgesprochen werden. Der Glücksfaktor ist bei einer Partie über 1000
Punkte oder 10 Runden sehr gering. Logisches Denken und vor allem ein Gefühl
für den Bluff sind dagegen unbedingte Voraussetzungen für den Erfolg. Und noch
mehr kommt es darauf an, sich auf Ihren Partner einzustellen. Allein gibt es
auf Dauer nichts zu holen.
Hugos BLITZLICHT
[aus: Hugo Kastner / Gerald K. Folkvord,
Die große Humboldt Enzyklopädie der Kartenspiele] Mah Jong – Hund – Phönix – Drache:
Vielleicht wird Tichu heute von mehr Menschen
gespielt als jedes andere Kartenspiel. … Dafür wird in China in jedem Park und
auf jedem Platz dem Tichu
gefrönt. … Dies wird zumindest im Regelheft der kommerziellen Ausgabe
behauptet, wenn auch mit einem Augenzwinkern des Schweizer Autors Urs Hostettler. Ungeheuer spannend, verlockend in seiner hohen
Anforderung an das Kartengedächtnis, gleichzeitig aber Harmonie zwischen den
Partnern fordernd, so dürfen wir Ihnen Tichu in jedem Fall ohne jede Übertreibung empfehlen. Ein
wahres Meisterwerk aus der „chinesischen“ Hexenküche!
Hugos EXPERTENTIPP
Sehr empfehlenswert für größere Spielrunden sind speziell
entwickelte Turnierregeln. Hier gibt es neben der traditionellen Zählung (für
Doppelsieg allerdings nur 100 Punkte) für jedes Match 2 Punkte und für den
Doppelsieg 3 Punkte. Gespielt wird auf
eine festgelegte Rundenzahl. Bei Gleichstand entscheidet die traditionelle
Zählung. Der Große Tichu
ist nicht spielbar. Außerdem darf der Drache behalten werden, wenn er in den
letzten Stich fällt. Regelklärung: Wenn ein Drache durch eine Bombe überboten
wird, wird der Stich nicht weitergeschenkt, da er ja nicht durch den Drachen
gewonnen wurde. Tipp: Drache, Phönix und die vier Asse sind die absoluten
Toppkarten. Wenn Sie nur eine davon in Ihrem Blatt halten, sollten Sie diese an
den Partner schieben!
VORANKÜNDIGUNG
SAGALAND
Märchen-Memoklassiker