UNSERE REZENSION
Neuauflage eines Klassikers
Merchant Of Venus
2nd Edition
Zur Vorabinformation möchte ich klarstellen, das Spiel „Merchant Of Venus“ wurde ursprünglich vom Autor Richard Hamblen designt und im Jahr 1988 über den Avalon Hill Spieleverlag veröffentlicht. In 2012, 24 Jahre später, präsentierte nun Fantasy Flight Games eine Neuauflage des Weltraumklassikers, die einiges an Neuerungen bringt.
Neben einer Unmenge an standardgemäß hochwertigem Spielmaterial liegen dem Spiel ein doppelseitig bedrucktes Spielbrett und gleich zwei Spielanleitungen bei. Eine der beiden erklärt das „Klassische Spiel“, das Richard Hamblens Originalversion aus 1988 nachempfunden ist, während die andere das von Robert A. Kouba neukonzipierte „Standard Spiel“ mit davon abweichenden Regeln beschreibt. Meine Rezension bezieht sich auf letzteres.
Bevor man mit dem Standard Spiel beginnen kann, ist zunächst einiges an Sortierarbeit vonnöten. Die unzähligen Spielplättchen müssen nicht nur von solchen des klassischen Spiels, sondern auch untereinander in Märkte, Güter und Technologien der 14 außerirdischen Kulturen getrennt und anschließend am Rand des Spielplans bereitgelegt werden. Des weiteren gilt es die Kartenstapel vorzubereiten und das restliche Material samt Tableaus den Spielerfarben entsprechend zu ordnen.
Das alles mag nicht mehr Arbeit als bei anderen Spielen derselben Größenordnung sein, braucht aber definitiv seine Zeit – eine Aufbewahrungsbox mit Unterteilungen oder extra Plastiksäckchen machen hier durchaus Sinn, um diese zu verkürzen.
Nach dem Spielaufbau wählt jeder Spieler einen Piloten, dessen Raumschiff auf der Galaktischen Basis startet, dem Startpunkt unserer Reise als intergalaktische Händler. Als solche erkunden wir die Weiten des Weltalls, auf der Suche nach Sternensystemen eigener und fremder außerirdischer Rassen, um mit deren Technologie den Gefahren des Weltraums zu trotzen und wertvolle Güter über Handelsrouten gewinnbringend zu verkaufen. Wem es gelingt, auf diesen Weg in 30 Spielrunden das meiste Geld zu erwirtschaften, der gewinnt das Spiel.
In so einer Spielrunde von Merchant of Venus, bestehend aus vier Einzelphasen, muss der Spieler am Zug zunächst entscheiden, in welche Richtung er mit seinem Raumschiff fliegen möchte, bevor er mit mindestens drei Würfeln dessen Geschwindigkeit ermittelt. Die Summe der geworfenen Sechsseiter ergibt nicht nur die Anzahl der Felder, die man in diesem Zug bereisen darf, viel mehr entscheidet sie den restlichen Verlauf des Spielzuges. Dieser gilt als frühzeitig beendet, schafft man es trotz Technologieausbauten des Raumschiffs nicht, auf einen nahegelegenen Planeten zu landen.
Hier sind wir gleich bei der Regel ankommen, die zu Recht den meisten Spielern sauer aufstößt. Ein bemerkbarer Glücksfaktor trägt nämlich mit Sicherheit positiv zur Spannung und den Wagnissen eines Weltraumabenteuers bei, dieser sollte aber den betroffenen Spielern nicht gleich ganze Spielzüge wegnehmen dürfen.
Falls es doch klappt, einen der vierzehn Planeten, der zudem auch noch unerforscht ist, zu erreichen, nehmen wir nach der anfänglichen Bewegungsphase nun ersten Kontakt mit dem dort angesiedelten Volk auf. Wir lernen hierbei nicht nur seinen Technologiefortschritt, sowie die örtliche Marktsituation von Angebot und Nachfrage zu verstehen, uns wird als Erstbesucher sogar ein Rabatt auf seine Waren und Dienstleistungen gewährt. Im Gegenzug rühren wir kräftig die Werbetrommeln, sodass ab jetzt neben uns auch alle anderen Mitspieler, deren Schiffe auf diesem Planeten Rast machen, Handel mit den Einwohnern betreiben dürfen. Dass jedem Spieler in der „Transaktionsphase“ jeweils nur eine Einkaufs- und eine Verkaufsaktion zustehen, macht die Entscheidung, sein Schiff mit neuen Upgrades samt Laser, Schilden und Antrieben gegen Gefahren am Weg oder doch lieber mit wichtigen Waren für den Export zu bestücken, nicht einfach. Zumindest dürfen Botschafter der Völker nach Belieben auf- und abgeladen werden, wobei auch hier, wie bei allen Gütern, ausreichend Platz im Schiff vorhanden sein muss. Großhändler unter den Spielern haben erfreulicherweise immer die Möglichkeit, auf ihre Bewegungsphase zu verzichten und dafür beliebig viele Transaktionen zu tätigen, bevor die vierte und letzte Phase einsetzt.
Hier entscheidet man nun über den Bau von Raumhäfen, sollten die liquiden Mittel dafür ausreichen.
Ein Raumhafen blockiert eines von zwei Landefeldern des jeweiligen Planeten und knöpft den Mitspielern für jede ihrer Transaktionen, die über ihn getätigt werden, Geld ab. Zudem wird der Kaufwert seinem Besitzer am Ende des Spiels zurückerstattet, was ihn zu einer langfristigen Investition ohne Risiko macht.
Zusammenfassend betrachtet ist das Standard Spiel von Merchant Of Venus in seinem Kernkonzept als „Pick-Up and Deliver“ Spiel mit strategischen Möglichkeiten bei der Routenplanung und dem Risikomanagement durch das Würfeln ein zu anfangs durchaus unterhaltsames Spiel, das grafisch, wie auch thematisch, sehr schön umgesetzt ist. Die Darstellungen des Weltalls und der Alienrassen sind hervorragend und fügen sich nahtlos in das Spielschema ein, sodass sich bereits auf den ersten Blick ein spannendes Weltraumabenteuer erwarten lässt. Die Aufmachung des restlichen Spielmaterials unterstreicht das Ganze. So lassen die Erkundung neuer Sternensysteme, die große Auswahl an Technologien, sowie die Planung der Handelsrouten das Spielerherz höher schlagen.
Leider verfliegt das anfängliche Staunen allmählich und nach rund der Hälfte der Spiels bzw. nachdem alle Planeten entdeckt wurden, verliert das Spiel langsam an Fahrt. Mit allen Informationen ersichtlich und bekannt, bedarf es ab hier nur noch ein wenig Kopfrechnens, um die wirtschaftlichsten Routen zu finden und sie fortlaufend zu befahren – hin und zurück, und wieder von vorne. Neue Botschafter, für die wir Taxi spielen, und Missionskarten, die uns verschieden lenken sollen, bringen eine gelungene taktische Komponente in den recht eintönigen Spielverlauf mit ein, machen das Kraut aber auch nicht fett, wenn das Spiel schlichtweg zu lange dauert.
Mit insgesamt 30 zu spielenden Runden, bei denen es, wie zuvor erwähnt, vorkommen kann, manchmal durch die Willkür der Würfel seinen Zug quasi „aussetzen“ zu müssen, während andere Spieler minutenlang überlegen, welchen möglichen Planeten sie ansteuern möchten, ist die Schmerzgrenze bei vielen schon bald erreicht.
Zur Not – bevor man ganz auf den coolen SciFi Flair und die grundsätzlich interessante Spielmechanik verzichtet, ist im Regelwerk auch eine Variante für ein kürzeres Spiel beschrieben, das nur 14 Spielrunden umfasst. Mit ihr nimmt zwar das gesamte Spiel, doch hauptsächlich die vielversprechende Anfangsphase, ein schnelleres Ende und bringt in meinen Augen auch nicht den langanhaltenden Spaß, den ich mir bei diesem sonst gut konzipierten Abendfüller gewünscht hätte.
Dennis Rappel
Spieler: 1-4
Alter: 14+
Dauer: 240+
Autor: Richard Hamblen, Robert R. Kouba
Grafik: Henning Ludvigsen
Preis: ca. 80 Euro
Verlag: Fantasy Flight Games 2012
Web: www.heidelbaer.de
Genre: Wirtschaftssimulation, SciFi
Zielgruppe: Mit Freunden
Version: en
Regeln: de en it jp
Text im Spiel: ja
Kommentar:
Qualitativ hochwertige Spielkomponenten
Gelungenes SciFi Thema
Kaum Interaktion
Überlange Spieldauer
Viel Sortierarbeit
Vergleichbar:
Merchant of Venus, Avalon Hill, andere SciFi-Wirtschaftsspiele
Andere Ausgaben:
Heidelberger Spieleverlag, Arclight, Asterion Press
Meine Einschätzung: 4
Dennis Rappel
Merchant of Venus ist mit seiner tollen grafischen Umsetzung des Weltraumthemas besonders SciFi Fans unter den Vielspieler zu empfehlen. Die vielzähligen Alienrassen und Technologien tragen maßgeblich zum Spielspaß bei, sind sich jedoch in ihrer Funktionalität zu ähnlich und unausgewogen, um die dürftige Interaktion und überdurchschnittlich lange Spielzeit zu rechtfertigen.
Zufall (rosa): 2
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 2
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 0
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0