In Teufels Küche
In Teufels Küche
Von Alex Randolph
2-4 Spieler ab 10 Jahren
F.X.Schmid, 1993
Unser Blatt hat wieder einmal keine Kosten und Mühen
gescheut und kann daher im Bereich der Interviews mit einem neuen
journalistischen Meilenstein aufwarten: Es ist gelungen, den Oberteufel selbst
vor das Diktiergerät zu bekommen.
Der Interviewer (im weiteren mit INT abgekürzt)
sowie der Sehr geehrte Herr Oberteufel (SGHO) unterhielten sich angeregt über
die Vorgänge IN TEUFELS KÜCHE und einige kulinarische Geheimnisse konnten aus
den Schatten der Hölle ans Licht der Öffentlichkeit gebracht werden.
INT: Was sagen Sie zu den Ihnen angebotenen Speisen?
SHGO: Ja, ich meine, daß ich ein sehr genügsamer
Oberteufel bin. Dies kann man ja schon dran ersehen, daß ich den Köchen einfach
sage "bringt mir meine Leibspeise und ihr werdet belohnt werden".
INT: Kommt es nicht zu Verwicklungen, wenn die Köche
darüber streiten, wer welche Leibspeise servieren darf?
SGHO. Ja, dies kann schon vorkommen. Aber eine
gesunde Konkurrenz belebt das Geschäft. Außerdem bin ich in Streitfällen als
internationaler Schiedsrichter anerkannt und wenn es mir einmal gar zu laut
wird, fahre ich aus meinem Ofen und setze den Störenfried als Koch ab, indem
ich ihm einfach die Kochmütze entziehe.
INT: Wenn nun aber ein Störenfried lärmt, dem Sie
bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Kochmütze entzogen haben?
SGHO: Dann sezte ich den Störenfried als Teufel ab
und entziehe ihm sein Leben - Ich liebe einfache und geradliniege Lösungen.
INT: Stimmt es, daß Sie einige Gerichte bevorzugen?
SGHO: Naja, wir haben hier eine Punktewertung für
die Köche - so eine Art Gault Millau für Unterweltlinge - und wer mir die
besseren Gerichte bringt, erhält schon auch mehr Punkte.
INT: Stimmt es, daß kein Koch in der Lage ist, sie
mit eigenen Speisen restlos zu befriedigen.
SGHO: Ich will nicht behaupten, daß ich ein
übermäßiger Esser bin. Aber Si ehaben schon recht, wenn Sie sagen, daß ich
mehrere Gerichte benötige, bevor mein Hunger gestillt ist. Aufgrund des von mir
hervorragend ausgeklügelten Punktesystems ist es nun einmal nicht möglich, mit
eigenen Speisen jene 10 Punkte zu erzielen, die ich meinen Köchen als Limit
gesetzt habe.
INT: Heißt das, daß gestohlen werden muß?
SGHO: So brutal würde ich es nicht ausdrücken. Es
ist halt einfach so, daß durch das Abliefern fremder Gerichte auch eine
Vorbereitung auf das spätere Leben als Berufsteufel getätigt wird. Bereits hier
können wir erste Erfahrungen in den Bereichen "mit fremden Federn
schmücken" oder "Andere für sich arbeiten lassen" sammeln. Nicht
umsonst heißt mein Wahlspruch "Mögen die anderen auch Seligsprechungen
vornehmen. Du glücklicher Teufel koche".
INT: Nun meine letzte Frage. Was hat es mit der
Milch auf sich?
SGHO: Wooomit?
INT: Mit der Milch?
SGHO: Aaaaarrrrgh
INT: Hil.ggullp...kchch
SGHO: Rrrooooooaaaar?
INT:.........
Hier enden die Aufzeichnungen des an einem
Spätsommertag des Jahres 1993 gefundenen Diktiergerätes.
Worum geht es nun aber wirklich?
Jeder der bis zu 4 Spieler erhält 3 gleichfarbige
Spielfiguren, die einen Teufel mit Kochmütze darstellen, 4 Tabletts und 4 Töpfe
mit Symbolen, 3 Menükarten mit den Werten 1,3 und 5 sowie eine Menükarte mit
einer Milchflasche.
Die Töpfe werden beliebig auf dem Spielplan verteilt
und das Ziel des Spieles besteht darin, so nach und nach in der dem
Ausgangspunkt gegenüberliegenden Höllenküche Töpfe abzuliefern, bis ein
Gesamt-Punktewert von mindestens 10 erreicht wurde. Wird eine Menükarte mit
Punktewert ins Ziel gebracht, erhält man einfach die entsprechende Anzahl von
Punkten gutgeschrieben; liefert man jedoch eine Menükarte mit einer
Milchflasche ab, hat der betreffende Teufel sein Dasein im Spiel verwirkt und
kann erst wieder in der nächsten Partie eingesetzt werden. Glückskinder, denen
es gelingt, sogar 2 Menükarten mit Milchflaschen abzuliefern, erleiden danach
das Schicksal ihres Teufels - sie scheiden aus.
Nun weißt natürlich jeder Spieler genau, welcher
seiner Töpfe welche Menükarte beinhaltet, da er dies vorher auf seinem Tablett
genau festgelegt hat und eben dem Symbol Spinne die 5-Punkte-Karte und dem
Symbol Schlange die Milchkarte zugeteilt wurde. Was aber in den Töpfen der
anderen Spieler steckt, erfährt man erst bei der Ablieferung - böse
Überraschungen sind hier vorprogrammiert.
Die Spieler würfeln ihre Teufel mit 2 Würfeln
(Augenverteilung 1-1-2-2-3-Flügel) über den Spielplan und können den
erwürfelten Punktewert beliebig auf ihre Figuren aufteilen. Werden 2 Flügel
erwürfelt, darf man einen Teufel direkt in einen Kochplatz teleportieren. Kommt
ein Teufel auf ein Feld des Spielplanes, das einen Topf beinhaltet, kann er
diesen aufnehmen und damit weiterziehen.
Treffen 2 gegnerische Teufel auf einem Spielplanfeld
aufeinander, kommt es zu Reibereien, die nur der Oberteufel schlichten kann.
Der Zufallsgenerator hat im vorliegenden Spiel die Form eines Ofens und wenn
man auf das Ofenrohr drückt, kann der Oberteufel aus dem Ofen hervorkommen -
oder auch nicht. Kommt er nämlich nach einmaligem Drücken nicht hervor, muß der
gegnerische Spieler 2x das Ofenrohr betätigen, ist auch danach nichts geschehen
drückt der erste Spieler wieder 3x usw. Schießt der Oberteufel aber aus seinem
Ofen hervor, hat der jeweils drückende Spieler den Kampf verloren. Gewann der
bereits im umkämpften Feld stehende Teufel (der Angegriffene), bleibt er an
seinem Platz stehen. Gewann aber der Herausforderer, erhält dieser einen
zusätzlichen Zugpunkt, den er sofort verbrauchen kann. In allen Fällen aber muß
der Unterlegene seine Kochmütze abgeben und zu seinem Ausfangsfeld
zurückkehren. Verlierer, die keine Kochmütze mehr besitzen, scheiden aus dem
Spiel aus.
Da mit den eigenen Gerichten maximal 9 Punkte
abgeliefert werden können, muß man zum Gewinn des Spieles zumindest einen
fremden Topf abliefern. Dadurch beginnen bereits bei Spielbeginn die
Überlegungen: Stelle ich meine höherwertigen Töpfe nahe zum Ablieferungsort?
Der Vorteil: Ich bin gleich am Ziel. Der Nachteil: Der Ablieferungsort ist ja
zugleich auch der Startpunkt einer gegnerischen Gruppe und was, wenn diese
meinen Topf schnappt? Dann kann ich mich wieder auf eines dieser unsicheren
Ofenduelle einlassen.
Eine Zusammenfassung fällt mir eigentlich nicht ganz
so leicht: Auf der einen Seite ist IN TEUFELS KÜCHE an sich ein recht nettes
Familienspiel, das kaum Anforderungen an das taktische Geschick stellt und
entgegen der Angabe ab 10 Jahren sicherlich auch schon von 8jährigen gemeistert
werden kann. Auf der anderen Seite reduziert sich jedoch der Spielspaß bei
einer bestimmten Altersgruppe darauf, Kämpfe herbeizuführen, da es eindeutig am
lustigsten ist, wenn auf dem Ofen herumgedrückt wird und die Spielrunde nur
dann wirklich aufgerüttelt wird, wenn nach dem 18. Drücken noch immer kein
Oberteufel erschienen ist. Um böswilligen Gerüchten keine Nahrung zu geben: Bei
der angesprochenen Altersgruppe dene ich nicht an jene bereits senilen
34jährigen , zu denen ich gezählt werde, sondern ich habe eigentlich doch eher
die Gruppe der Volksschüler im Auge.
Was mich aber bei IN TEUFELS KÜCHE wirklich
bedenklich stimmt, ist die Tatsache, daß es das Spiel unter dem Namen TOP
SECRET bereits in der fast gleichen Aufmachung gegeben hat. Die Teufel wurden
dort durch Agenten ersetzt, die Töpfe waren abzuliefernde Koffer und nur der
Ofen war damals noch ein weitaus weniger publikumswirksamer Stapel von Karten.
Wenn das die neue Philosophie wird, freue ich mich
schon darauf, das vorliegende Spiel in 10 Jahren wieder zu finden. Einige
Vorschläge dazu:
IN DEMELS WASSERBETT
Die Spieler bringen 1, 3 oder 5
Uranaufbereitungsanlagen oder eine Bombe an die gegenüberliegende Insel. Der
Zufallsgenerator für Kämpfe zeigt den ehemaligen österreichischen
Innenminister, der auf K(n)opfdruck seine Hand ans Herz legt, hebt er beide
Hände, versinkt das am Zug befindliche Schiff.
IN VINO VERITAS
Die Spieler torkeln mit 1, 3 oder 5 Weinflaschen
oder einer Buddel voll Fusel über den Spielplan zur gegenüberliegenden Kneipe.
Der Zufallsgenerator ist eine beliebige Anzahl von Weinflaschen und bei jedem
Kampf verliert der Spieler, der zuerst vom Hocker fällt.
IN THOLE's PLANWIRTSCHAFT
Die Spieler bringen 1,3 oder 5 Spiele oder ein Spiel
des Jahres zur gegenüberliegenden Spielefirma. Der Zufallsgenerator ist diesem
Fall so eigenartig, daß ihn kein Mensch versteht, verlangt aber von allen
Spielern Lizenzgebühren.
IN MEMORIAM
Man bringt einfach in 80 Jahren wieder TOP SECRET
auf den Markt. Zu diesem Zeitpunkt kenn es sicher kein lebender Spieler mehr.