ADEL
VERPFLICHTET
Spiel: ADEL
VERPFLICHTET
von: Klaus
Teuber
Verlag:
F.X. SCHMID
Aller
Anfang ist schwer! Bevor ich meine aufstrebende journalistische Karriere
beginne, möchte ich ganz kurz zu meiner Person Stellung nehmen, damit alle
wissen was da auf sie zukommt. Wer WIN so wie ich, regelmäßig und vor allem
sehr aufmerksam liest, kennt bereits die meisten Spielkritiker schon an der
Auswahl ihrer Spiele. Die anschließende Besprechung ist dann auch von den
jeweiligen besonderen Vorlieben geprägt, da ja ein jeder zwangsläufig trotz
aller Objektivität immer seine persönliche Vorstellung von Spielen einbringt.
Das wird sicherlich bei mir nicht anders sein. Wer Horrorfilme mag, tut sich
nun einmal schwer bei der Beurteilung eines Liebesfilms und umgekehrt. Einen
Anfänger wie mich zu beurteilen ist noch schwieriger, weil ich halt noch nicht
einzuordnen bin. Um dieses zu beschleunigen will ich mich daher gleich
deklarieren. Hier also vorweg mein Geständnis, wonach ich Spiele beurteile. Ich
mag zum Beispiel Spiele die nicht extrem lang sind. Damit verhärme ich jetzt
zwar sämtliche Cosim-Fans kann aber meine Entscheidung begründen: Ich habe für
meinen Geschmack viel zu wenig Zeit zum Spielen und möchte den kleinen Rest
wenigstens zum Spielen nutzen, anstatt eine als Spielregel getrimmte
Dissertation zu lesen. Spiel bedeutet für mich auch in erster Linie
Unterhaltung und Kommunikation und Spiele wie Activity kommen bei mir ziemlich
gut an. Ich glaube, da liege ich auch gar nicht so weit weg vom derzeitigen
Trend der Verlage. Ich habe sogar Quellenstudium betrieben und laut großem
MEIER -Lexikon wird Spiel als "Tätigkeit ohne besonderen Zweck aus
Vergnügen aus der Tätigkeit bzw. zur Unterhaltung unter Bedingungen die ganz
oder teilweise vom Zufall abhängen.' definiert. Wobei in meinem Fall
Unterhaltung und Vergnügen im
Vordergrund
stehen ansonsten artet es für mich in Denksport aus. So damit habe ich es mir
wahrscheinlich mit dem Rest des Spielkreises verdorben. Deprimierend war bei
meinem Studium nur, daß - wenn man davon ausgeht, daß Spieler eine bestimmte
Art von Menschen darstellen - unter SPIEL(ER)ART siehe ABART zu finden ist. Von
nun an gehe ich also mit dem Makel durchs Leben abartig zu sein. Spielqualität
heuteile ich vonetwas habe ich Euch getan, daß ich dieses Spiel zu Ende spielen
muß?" über "Jetzt wissen wir wie es geht - können wir aufhören?~' bis
"Ich will sofort Revanche!" oder noch besserttlch gebe Euch gerne
noch einmal Gelegenheit, meine spielerische Potenz zu bewundern."
So, nun
kennt Ihr einigermaßen meine Einstellung und könnt Euch verächtlich oder
schaudernd abwenden. Im anderen Fall kommen wir jetzt zum Spiel selbst:
Mit ADEL
VERPFLICHTET - Das große Bluffspiel um Diebe, Lords und Pfeifenköpfe - so
lautet der Untertitel, glaubte ich das große Los für meine Premiere gezogen zu
haben. Erstens ist es von einem Autor, den ich schätze. Immerhin hat er mit
BARBAROSSA ( zu einer Zeit als die Jury noch nicht in billige
"Internationale Cafes" ging) praktisch eine Wende der Quizspiel
dominierten Szene eingeleitet. Weiters hat er heuer mit TIMBERLAND ein
Superspiel herausgebracht. So gesehen stehe ich dem Autor mit einem positiven
Vorurteil gegenüber. Zweitens hat das Spiel eine durchaus attraktive
Ausstattung vorzuweisen, ein Punkt, für den ich auch sehr empfänglich bin.
Drittens werden ein paar Zugmechanismen angewendet, die mir ebenfalls gefallen
und die normalerweise Interaktion versprechen.
Zu guter
Letzt gab es ein paar Jubelrufe in nicht ganz unbekannten Blättern, die mir wie
es scheint die Krönung fast vorwegnahmen. Es mußte daher, so gesehen, eine
Traumbesprechung werden; leider wurde es das nicht. Dabei habe ich es öfter ge
spielt als ich es wollte, weil ich es einfach nicht wahrhaben wollte. Beim
ersten Mal dachte ich, wir hätten die Feinheiten noch nicht heraus, beim
zweiten Mal hatte ich die Ausrede, wir wären nach ACTIVITIES trotz guter
Stimmung schon zu müde gewesen. Bei der dritten Runde nahm ich an, es läge an
der falschen Spielerzusammensetzung. Aber es ist einfach ohne Pfiff.
Nun ist es,
glaub ich nicht meine Aufgabe herauszufinden warum ein Sänger falsch singt (Man
muss es selbst auch nicht besser können). Es genügt festzustellen, dass es so
ist. Dennoch habe ich mich wirklich bemüht und werde es anschließend versuchen
zu analysieren. Ich habe einfach das Gefühl es dem Autor, dem Verlag und vor
allem mir selbst schuldig zu sein. 2 bis 5 ehrwürdige Lords haben eine Wette
abgeschlossen, deren Ziel es ist mehrere Ausstellungen in diversen Schlössern
zu veranstalten. Die jeweils größten bzw. wertvollsten Sammlungen bringen
Punkte. Die Sammelobjekte sind ziemlich skurril und gehen von Reklameschilder
(Schleichwerbung für bekannte Waschmittel etc.) über Starsouvenirs (Johnny
Weissmüllers Lendenschurz) zu Nachttöpfen über deren Authentizität ich mich
nicht verbürgen kann oder möchte. Auch Pfeifenköpfe dürfen in "Merry Old
England" natürlich nicht fehlen.
Jeder Lord
beginnt bereits mit 4 Ausstellungsstücken, die neben der Abbildung einen
Buchstaben (A-F), sowie ein Jahresdatum tragen. Um eine Ausstellung
veranstalten zu können, braucht man eine geschlossene Serie von mindestens 3
Karten /z.B. BCD, aber auch ABB oder FFF wäre möglich)
Vor jedem
Zug gibt es eine prinzipielle Entscheidung: Gehe ich ins Auktionshaus um weitere
Beutestücke einzuholen oder entschließe ich mich mit dem bereits vorhandenen
Plunder zu einer Ausstellung. Hiezu hat jeder Mitspieler 2 Karten mit den
entsprechenden Symbolen zur Verfügung, wovon er eine verdeckt auslegt und die
dann anschließend von allen gleichzeitig umgedreht werden. Für die Auktion hat
jeder 4 verschieden hohe Schecks mit einem Gesamtwert von 50.000,- auf der
Hand, sowie 2 Dieb-Karten mit ebenfalls unterschiedlichen Werten. Bei mehreren
Mitbietern gewinnt wie bei Auktionen so üblich derjenige welcher den höchsten
Scheck präsentiert. (Die Auslage erfolgt wieder verdeckt mit gleichzeitiger
Offenlegung). Die anderen dürfen ihr Geld wieder einpacken. Ersterer kann sich
von den 2 offen liegenden Stapeln Karten das bessere Stück einverleiben. Bei
dieser Gelegenheit kann man statt eines Schecks auch einen Dieb ausspielen.
Wenn es der einzige in dieser Auktionsrunde ist, darf er den Scheck klauen und
hat in späteren Versteigerungen eine bessere Ausgangsposition. (Feine Lords
übrigens). Werden allerdings mehrere Diebe gespielt, so behindern sie sich und
es passiert gar nichts.
In der
Alternativphase - also wenn man sich gegen das Auktionshaus und für das Schloss
- verbunden mit einer möglichen Ausstellung - entschieden hat, so kann man sich
statt der Ausstellung ebenfalls für einen Dieb oder aber - und jetzt wird es
wieder ein wenig moralisch - für einen Detektiv entscheiden. Die Kartenauslage
erfolgt nach gleichem Prinzip. Werden mehrere Ausstellungen veranstaltet, zählt
zuerst die Anzahl der Ausstellungsstücke und an zweiter Stelle erst das
älteste, gezeigte Objekt. Wurden aber gleichzeitig ein oder mehrere Diebe
gespielt, so kann aus jeder Ausstellung eine Karte entwendet werden.
Der Dieb
mit der höheren Ziffer ( Erfahrung) hat den Vortritt bei der Auswahl. Wird
allerdings ein Detektiv gespielt, so bringt er alle Diebe ins Gefängnis. 5
Ablageplätze symbolisieren dieses und erst bei der 6. Festnahme geht der 1.
nach Verbüßung seiner Haft wieder frei und zurück ZU seinem Besitzer. Belohnt
werden die erst- und zweitbeste Ausstellung mit den Zugpunkten, die auf dem
Schlossfeld des führenden Mitspielers angeführt sind. Es ist ein Parcours von
12 Feldern zu bewältigen. Eine weitere Möglichkeit Punkte zu machen, ist der
Detektiv. Hier rückt der erfolgreiche Sherlock Holmes so viele Felder vor, wie
es seiner derzeitigen Platzierung entspricht.
In der
Schlussrunde, wenn der erste Spieler das Feld der Abschlussdinnerparty
erreicht, gibt es nochmals eine Ausstellung, allerdings ohne Diebe und
Detektive, wo die wertvollste 8 und die zweitwertvollste 4 Punkte extra
erhalten. Damit ergibt sich die endgültige Platzierung. So weit, so gut.
Wie schon
anfangs erwähnt ist die Ausführung hervorragend: Formschöne, griffige
Dreikantspielsteine, ein liebevoll detailliert ausgeführter Spielplan mit 12
Schlössern. Bei den Aktionskarten fällt auf, dass die jeweils möglichen
Aktionen als Gedächtnishilfe extra angeführt sind. Das macht das Spiel im
Zusammenhang mit der übersichtlich gestalteten Regel sehr einfach spielbar.
Also woran könnte es liegen, dass sich bei einer so durchdachten Anlage und
hübschen Ausführung die Begeisterung durchaus in Grenzen hält. Ich glaube, dass
es mehrere Ursachen hat. Einerseits fehlt es an Interaktion. So kam es bei
meinen Spielrunden immer wieder vor besonders bei 4 Teilnehmern, dass immer
wieder 1 Spieler entweder allein im Auktionshaus war (und problemlos abräumen
konnte) oder im anderen Fall im Schloss (und dementsprechend ungestört eine
Ausstellung veranstaltete und Punkte einheimste). Das System der verdeckten
Aktionskarten, das u.a. bei HOL'S DER GEIER oder POLE POSITION sehr wohl für
Spannung sorgt, führt dort auch unmittelbar- bei ersterem entweder zu Gewinn
oder Verlust - oder bei zweitem zumindest zu einer geänderten Situation wobei
die eingesetzten Karten temporär verloren gehen. Bei ADEL VERPFLICHTET passiert
eigentlich mittelbar gar nichts. Wenn man sich für die Auktion entschieden hat,
war man sich im Klaren, dass es in dieser Runde keine Punkte für einen gibt.
Somit schmerzt selbst die Niederlage bei der Auktion nicht besonders. Außerdem
wurde des öfteren eher vorsichtig - also 2 oder mehrere Diebe gespielt. Das
heißt, für die Auktionäre passiert nichts, während die anderen Teilnehmer mehr
oder weniger gelangweilt auf den Ausgang dieser Phase warten mussten. Umgekehrt
ging es ebenso. Während der Schlossrunde wartete die andere Gruppe. Auch hier
wurde öfters ein Patt erzielt (also n u r Detektive oder n u r Diebe). Wiederum
also kein Ergebnis - und so schleppt sich das Ganze immer wieder dahin.
Das ist
wirklich sehr schade, weil man dem ganzen Spiel wirklich das Bemühen anmerkt.
(Hoffentlich auch meiner Rezension). Vielleicht sollte man die Regel
überarbeiten und den Auktionshaus- und Schlossbesuch obligatorisch für alle
verlangen (das wird auch in der Zusatzregel für 2 Spieler angeboten), damit
immer alle Teilnehmer gleichzeitig engagiert sind. Daraus könnte sich dann
hoffentlich der jetzt noch fehlende Schwung entwickeln. So lautet mein Urteil
leider: Wenn Teuber - dann TIMBERLAND und wenn F.X. Schmid - dann PATERNOSTER.