Deutsche, englische und französische Neuauflage des beim Verlag
Ludodélire erschienenen und schon lange vergriffenen Kultspieles „La Vallée des
Mammouths“ (1991).
Das Tal der Mammuts
2 bis 6 Spieler
ab 12 Jahren
1 – 3 Stunden
Jeux Descartes, 2001
Die WIN-Wertung:
***WW SSS II D UUU AA
Der Autor:
Bruno Faidutti
Gerard Mathieu (Illustrationen)
„Drei Fragen sind
es, die einen Mann dazu bewegen können, etwas zu tun: Kann man es essen, muss
man sich davor fürchten, oder kann man es besteigen?“ – Diese Erkenntnis
unseres allseits berühmten Philosophen Sir Carl Popper im Hinterkopf
reflektierend wälze ich mich noch einmal im Halbschlaf auf dem Bärenfell herum,
bis mich die erste der drei Fragen schließlich doch zum Aufstehen zwingt und
ich torkelnd dem Ausgang der Höhle zustrebe, jener Höhle, die unsere Gruppe im
vorigen Herbst von eben dem Bären übernommen hat, dessen Fell jetzt unseren
Schlafraum ziert. Er hat uns dabei geholfen, die ersten Monate dieses
scheußlich langen Winters zu überstehen, nachdem eine Herde von Mammuts unser
einziges Getreidefeld in der Ebene unten zertrampelt hatte.
Mein Blick schweift über das tief verschneite Tal mit den
Wald, wo wir im Sommer Beeren sammeln konnten, den zugefrorenen Fluss, wo sich
einer aus der Gruppe gerade daran macht, ein Loch zum Angeln ins Eis zu schlagen,
und bleibt schließlich an dem großen Donnerer in der Ferne hängen, von dem Ena
nun abends so oft erzählt. Sie hat angeblich gesehen, dass aus seiner Spitze,
die jetzt vom Nebel verdeckt ist, schwarze Wolken unter großem Krachen
aufgestiegen seien und hellrotes Wasser und Steine seien oben herausgespritzt.
Sie spinnt sich da anscheinend etwas zusammen, weil sie keine Ansprache mehr
hat, seit ihre Freundin Ano mit Cro weggegangen ist, um weiter hinten im Tal
ein Lager aufzuschlagen. Von denen hat sie auch erfahren, dass hinter dem Hügel
welche wie wir leben sollen, die hätten sich vom Fuß des Donnerers diese roten
Steine geholt und fütterten sie jetzt mit Holz, damit sie warm würden wie eine
kleine Sonne. Das ist natürlich völliger Blödsinn, aber sie lässt es sich nicht
ausreden, ich solle mich auf den Weg machen und auch solche Steine suchen, die
die Höhle warm machen, dann hätte man endlich etwas, worauf die anderen
neidisch wären, und überhaupt habe das Herumlungern auf dem Bärenfell jetzt ein
Ende, seit es fast nichts mehr zu essen gäbe. Nun gut, wenn es denn sein muss.
Ich stelle mich breitbeinig vor sie hin, als sie gerade die
letzten Getreidekörner mit einem Stein zerklopft und, als sie hochblickt, deute
ich großspurig auf den mächtigen Berg, und sie weiß: er hat sich entschieden!
Mit einer theatralischen Geste bietet sie mir noch etwas von dem Getreide an,
das ich huldvoll annehme und mich endlich – ganz der einsame Entdecker – ins
Ungewisse aufmache. Vielleicht hätte ich sie doch mitnehmen sollen, aber der
Weg ist sicher beschwerlich und sie wird mir in letzter Zeit immer runder,
trotz des Hungerns, irgendwie seltsam. Und überhaupt, wer wird eine so
komfortable Höhle aufgeben, noch dazu mitten im Winter? Wenn es nur niemandem
auffällt, dass jetzt kein Krieger mehr bei ihr ist, und er sich ins gemachte
Nest setzt. Na, der soll nur kommen, ich werde mich auf jeden Fall beeilen,
denke ich und schüttle den Steinspeer martialisch ...
Zehn Jahre, nachdem die französische Erstausgabe von „La
Vallée des Mammouths“ unsere Spielerseelen begeisterte, war anlässlich der
Spielemesse in Essen endlich auch eine deutsche, verbesserte Auflage dieses
Kultspiels verfügbar, und
Ihre Aufgabe besteht darin, einen Stamm prähistorischer
Menschen in die Lage zu versetzen, sich zu vermehren und weiterzuentwickeln,
bis er schließlich imstande ist, vier Lager zu errichten und zwei Runden lang
gegen unliebsame Konkurrenten zu behaupten. Dabei stellt das Hauptproblem - wie
im richtigen Leben wohl auch - die Beschaffung von Nahrung dar, man muss also
versuchen, wilde Tiere zu jagen, im Wald Beeren zu sammeln, am Ufer von See und
Flüssen zu fischen, sowie das Getreide möglichst unbeschädigt zu ernten.
Der Spielplan besteht aus 37 Hex-Feldern, die sich zu etwa
gleichen Teilen auf hellgrüne Ebenen-, dunkelgrüne Wald- und braune oder graue
Bergfelder aufteilen, ein blaues stellt den See dar, und zwischen einigen
Feldern fließen (drei) Bäche. Der Saisonmarker an der Seite des Spielfeldes ist
in drei Phasen Sommer und drei Phasen Winter eingeteilt, man beginnt in der
zweiten Sommerphase. Das Spiel läuft in Runden ab. Als erstes wird ein Sommer-
resp. Winterereignis gezogen und abgehandelt, dann werden im Sommer vier, im
Winter zwei Tiere aus dem Beutel gezogen und je nach dem Buchstaben auf der
Rückseite ins Spiel gebracht. Ach ja, Tiere gibt es in sechs Varianten: Wölfe
(1 Nahrungspunkt), Tiger, Bären, Bisons, Nashörner und natürlich Mammuts (6 Nahrungspunkte).
Nun wird gewürfelt, in welche der sechs möglichen Richtungen sie sich bewegen.
Dabei ist zu bedenken, dass nur der Bär über den Fluss schwimmen kann, und nur
Wölfe, Tiger und Bären das Gebirge überqueren können. Die beiden kleineren
Tierarten bewegen sich drei Felder weit, die mittleren zwei und die großen nur
ein Feld. Jedes Tier beendet seine Bewegung, wenn es auf ein Hindernis trifft
oder in einem Feld landet, in dem sich Menschen befinden.
Nach den Tieren können sich nun die Menschen bewegen
(maximal zwei Felder, nicht über das Gebirge). Steht ein Pärchen ohne fremde
Spieler oder Tiere allein auf einem Feld, so können sie beschließen, ein Lager
zu gründen. Haben sich alle bewegt, so kommt es in den Feldern, wo
verschiedenfarbige Menschen stehen, zu einem Kampf: beide Spieler würfeln und
addieren die eigene Krieger-Anzahl des Feldes dazu. - Frauen zählen nicht, es
ist ein französisches Spiel. Ein einzelner Krieger kann deshalb ein fremdes
Lager, in dem sich nur eine Frau befindet, für sich beanspruchen und Frau und
Lager gegen Marker seiner eigenen Farbe austauschen. Sobald die letzte Frau das
Lager verlässt, verschwindet es vom Spielbrett! - Sollten auf einem Feld
verschiedene Krieger und Tiere sein, so bekämpfen einander zuerst die Menschen,
der übrig gebliebene versucht dann, die Tiere zu jagen.
Gegen Tiere können auch Frauen kämpfen, sie zählen zwar
nicht mit, können bei Verlust aber statt einem Krieger abgegeben werden. Pro
verlorener Kampf- oder Jagd-Runde muss man eine beteiligte Figur abgeben, im
Kampf gegen Menschen natürlich immer nur Krieger, bis schließlich nur mehr
Frau(en) und eventuell ein Lager übernommen werden können. Nimmt man einem
anderen ein Lager ab, so erhält man zusätzlich noch ein abgerundetes Viertel
seiner Nahrungspunkte, wenn es das letzte Lager war, sogar die Hälfte der
Nahrung. Sind schließlich alle Kämpfe ausgetragen, so zählt man die in dieser
Runde eingenommene Nahrung und zieht im Sommer für jeden überlebenden Menschen
einen Nahrungspunkt ab. Im Winter sogar 1,5 Punkte, falls es dem Volk noch
nicht gelungen ist, das Feuer - vielleicht vom Vulkan - zu holen. Das Feuer ist
überhaupt eine sehr wichtige Sache, um über den Winter zu kommen, ohne den
Großteil der Leute verhungern zu lassen, da ja im Wald Schnee liegt, man keine
Beeren sammeln kann, und es auch nur zwei neue Tiere in jedem Winter-Drittel
gibt.
Am Ende jeder Jahreszeit, also zweimal im Jahr, kommt es in
jedem Dorf zu einer bis zwei Geburten.
Man würfelt: 1 oder 2 wird eine Frau, 3,4 oder 5 ein Krieger, und bei 6 gibt es
beides (Zwillinge). Praktischerweise sind die Neugeborenen sofort erwachsen. Am
Ende des Winters kann man zusätzlich in jedem Lager, das in einer Ebene steht,
einen Nahrungspunkt zur Aussaat verwenden und hoffen, dass bis zum Sommerende
keine großen Tiere über das Feld ziehen und es ruinieren.
Einen sehr wichtigen Aspekt bilden die Sonderkarten, die
jeder Spieler zu Beginn erhält, und die es klug einzusetzen gilt ("Soll
ich mit meiner Brandstifter-Karte das Nachbarfeld des Gegners anzünden, auf dem
sein letztes Lager liegt, oder soll ich auf den Berg steigen und eine Lawine
auslösen, ..."), man erhält leider nur eine neue Karte am Ende jeder
Jahreszeit, da heißt es einteilen. Gegenüber der Erstausgabe des Spieles sind
einige witzige neue Karten vorhanden, mit "Homopower" können zum
Beispiel zwei Frauen oder zwei Männer ein Dorf gründen, es gibt "Liebe auf
den ersten Blick", wodurch ein einzelner fremder Krieger zu einer Frau
aufs eigene Feld gelockt und gegen einen der eigenen Farbe ausgetauscht wird,
eine einzelne Frau im Dorf stellt sich als "Amazone" heraus und lässt
sich nun nicht mehr wie geplant kampflos übernehmen; Erdbeben, Dürre, Seuche,
Epidemien, Kindbettfieber, Vulkanausbrüche, Überschwemmungen, und was es nicht
noch alles gibt kann die Spieler überraschen und geplante Aktivitäten
vereiteln.
Mir persönlich hat das Spiel schon in der Originalfassung
so gut gefallen, dass ich die französischen Ereigniskarten übersetzte und
ausdruckte, um es auch mit frankophoben Leuten spielen zu können; ich halte es
für unbedingt nötig in jeder Spielesammlung.