Corruption

 

Das Spiel

Corruption

 

von Bruno Faidutti

für 3 bis 7 Spieler

ab 12 Jahren

Jeux Descartes 1999

ca. 30 Minuten

 

Ähnliche Spiele :

Banana Republic (T, M)

 

Meine Wertung:

Corruption  S II PP UU AA  3 - 7 m

 

Geld schmiert die Welt.

So lautet der Untertitel des Spiels "Corruption". Wie passend, wie zutreffend. Zwar spielt das Ganze im Amerika der 30er Jahre, wo große Baufirmen sich um öffentliche Bauvorhaben bemühen, und dabei allerlei unlautere Mittel im starken Konkurrenzkampf einsetzen. Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass es vielleicht so oder so ähnlich noch immer gehandhabt wird.

 

Das gesamte Spielmaterial besteht aus Karten. Die Auftragskarten, welche verschiedenste Bauvorhaben darstellen. Die Entscheidungsträgerkarten, welche die 3 Auftraggeber Stadtverwaltung, Landkreis und Staat zeigen. Und vor allem die Charakter- und Umschläge-Karten, mit denen die Spieler versuchen, die einträglichsten Aufträge an Land zu ziehen. Die 14 Adressbuch-Karten werden nur in einer Variante benutzt, daher werde ich erst am Ende darauf eingehen.

 

Die Auftragskarten also. Insgesamt gibt es vierundzwanzig. Vom einfachen Denkmal (100.000 $) bis zu einem riesigen Staudamm (Wert 1,2 Mio. $) sind alle Abstufungen vorhanden. Der Stapel wird gemischt und in jeder der vier Runden, über die eine Partie "Corruption" geht, werden sechs Aufträge vergeben. Je zwei werden dabei unter die drei Entscheidungsträger-Karten Stadt, Landkreis und Staat ausgelegt. Dies sind die Angebote, um die sich nun die Baufirmen raufen.

 

Um an die lukrativen Aufträge zu kommen, hat jeder Spieler ein Set aus 10 Karten: Sechs Umschläge (1.000, 2.000, 4.000, 6.000, 8.000 und 10.000 $), sowie 2 Karten "Journalist" und je eine Karte "Richter" und "Killer". Das sollte uns schon einen kleinen Vorgeschmack darauf geben, dass hier beileibe keine Unschuldslämmer am Werke sind. Man lässt so zum Beispiel den Entscheidungsträgern kleinere Geldgeschenke zukommen, um ihnen die Wahl der besten Baufirma zu erleichtern. Oder man gibt einem Journalisten einen Wink, der einen Bestechungsversuch eines Konkurrenten aufdeckt und somit verhindert. Oder man überzeugt einen befreundeten Richter, ein unpassendes Bauvorhaben zu verschieben. Oder aber man engagiert einen Killer, um die Intervention eines anderen Journalisten, Richters oder Killers zu verhindern. Raue Sitten, in der Tat.....

 

Grundsätzlich werden die Karten von den Spielern unter die ausliegenden Bauvorhaben gelegt. Und zwar im Uhrzeigersinn immer nur eine Karte. Das Knifflige daran ist, dass sie da zumeist verdeckt gespielt werden. Dann verrät die farbige Rückseite zwar den Besitzer der Karte, nicht aber um welche Karte es sich handelt. Lediglich die ersten Karten müssen offen ausgelegt werden.

 

Es besteht aber auch die Möglichkeit, Geld direkt auf das Schweizer Bankkonto eines Entscheidungsträgers einzuzahlen. Dafür wird die gewählte Karte auf jeden Fall verdeckt (Pssst, Schweizer Bankgeheimnis....) über die Entscheidungsträger-Karte gelegt. Dieses spezielle "Sponsoring" hat Vor- und Nachteile: Einerseits kann der Geldbetrag später einem beliebigen der beiden Aufträge zugeordnet werden, andererseits zählt er nur mehr die Hälfte. Diese ganz besonders krasse Form von Bankspesen (oder Eigenbedarf des Bestochenen?) macht die Entscheidung nicht leicht, ich kann mich noch mit Grauen an eine Partie zurückerinnern, in der meine vier Umschläge auf einem Schweizer Konto wegen dieser hohen Wertminderung nicht ausreichten, einen Auftrag zu erhalten.

 

Sobald jeder sechs Karten gespielt hat, kommt es zur Verteilung der Aufträge. Der Reihe nach werden die Karten aufgedeckt. Nachdem das Geld auf den Schweizer Konten zugeteilt wurde und die ausliegenden Personen (Journalisten, Richter und Killer) ihre bereits erwähnten Aktionen durchgeführt haben, erhält der Spieler, der nun noch die höchste Summe bei einem Auftrag liegen hat, den Bauauftrag erteilt, indem er die Auftragskarte ausgehändigt bekommt. Bei einem Gleichstand oder im Falle, dass ein Richter die Auftragsvergabe verschoben hat, bleibt der Auftrag für die nächste Runde dort liegen, wodurch bei einem Entscheidungsträger schon mal mehr als zwei Aufträge zu vergeben sind.

 

Nach vier Runden, die alle nach demselben Schema ablaufen, ist Schluss. Wer schließlich den höchsten Gesamtwert seiner erworbenen Aufträge aufweist, hat am besten verstanden, worauf es im Wirtschaftsleben - sowohl der 30er Jahre als auch in der Gegenwart - ankommt, sollte sich sofort um einen Stelle in führender Position im Bauwesen oder in der Politik umschauen, und noch viel wichtiger: Er gewinnt das Spiel!

 

"Corruption" ist kein abendfüllendes Programm. Das macht aber nichts, denn es erhebt ja auch nicht den Anspruch darauf, sondern erscheint in einer neuen Serie von "originellen, schnellen und intelligenten Spielen im kleinen, günstigen Format" (so der Werbetext...) bei Jeux Descartes: "Blue Games". Und es bietet tatsächlich für knapp 30 Minuten kurzweilige Unterhaltung. Alten Spielehasen dürfte das Spielprinzip bekannt vorkommen: Bereits in "Banana Republic" (von Doris Matthäus und Frank Nestel) wurden auf ähnliche Weise Politiker bestochen. Lobenswerterweise erwähnt Autor Bruno Faidutti dies ausdrücklich in der Spielregel. Zudem besitzt das Spiel genug Eigenständigkeit, um dem Vorwurf eines Plagiats zu entkommen.

 

Wer ein Taktikspiel sucht, sollte allerdings nicht zu "Corruption" greifen. Trotz der Entscheidungsfreiheiten, trotz des Fehlens von Würfel oder Ereigniskarten betrachte ich diese Art des Spieles (zu ihnen zählen "Hol's der Geier" oder auch das etwas komplexere "Morgenland") als ein Glücksspiel. Je mehr Spieler nämlich teilnehmen, desto unberechenbarer wird es, und da hilft die beste Taktik nichts. Selbst Intuition und Einfühlungsvermögen bringen einem da nicht mehr viel. Dies gefällt dem Einen, stört aber vielleicht den Anderen.

 

Was aber auf jeden Fall Kritik verdient, ist die Spielregel, die einige Fragen offen lässt und Unklarheiten beinhaltet. Die Wesentlichste: An einer Stelle der Regel steht, dass Charakterkarten nach Gebrauch aus dem Spiel entfernt werden, an anderer Stelle ist jedoch vermerkt, dass die Spieler in der nächsten Runde wieder alle 10 Karten zur Verfügung haben. Ich persönlich tendiere eher zu Ersterem, da dann doch etwas mehr Planung gefordert wird.