Neuland
Wer
von uns geübten Spielern hat nicht schon einmal den Wunsch geäußert, ein Spiel
zu spielen wo kein Glücksfaktor den Spielfluss beeinflusst? Keine Würfel, die
immer dann die falsche Zahl zeigen wenn man am Zug ist, oder Karten, die man
ziehen muss und immer den anderen Glück bringen. Auch ich hegte diesen Wunsch
und bin dadurch auch auf Neuland aufmerksam geworden.
Der
Kleinverlag Eggertspiele hat es zum ersten Mal in Essen auf der Spiel 04
präsentiert. In der quadratischen Schachtel befinden sich die Spielplanteile,
es sind dies 9 doppelte Sechseckfelder und ein einzelnes Sechseckfeld. Jedes
Sechseck zeigt eine andere Landschaft, Wald, Wiese und Gebirge. In der
Spielanleitung gibt es ein Einsteigermodell, aber Fortgeschrittene können die
Felder beliebig auslegen. Zu beachten ist, dass die gesamte Spielfläche
wiederum ein Sechseckfeld sein muss.
Es
gibt zwei Gebäudeauslagen, diejenigen die mit Holz und diejenigen, die mit
Stein bezahlt werden. Ich erwähne dass deswegen, da die Regel dies verschweigt
und wir in der ersten Partie unsere hellseherischen Fähigkeiten brauchten. Auf
diesen Auslagen werden alle zu bauenden Gebäude platziert und jeder Spieler
erhält ein Jagdhaus und ein Holzfällerlager. Auf dem Zeitweg kommt der Gegenwartsstein
und dieser wird auf ein beliebiges Feld gesetzt. Jeder Spieler platziert zu
diesem Stein eines seiner Produktsteine. Der Stein dient nur zur Feststellung
der Zugreihenfolge.
Wenn
der Spieler zu Beginn an der Reihe ist, platziert er sein Jagdhaus und sein
Holzfällerlager auf ein freies Waldfeld und führt danach seinen normalen Zug
aus. Dieser besteht aus 10 Aktionspunkten. Für jeden verbrauchten Aktionspunkt
zieht er seinen Stein auf dem Zeitweg um ein Feld weiter. Beim 10. Punkt steht
er somit unmittelbar hinter dem Gegenwartsstein. Man darf sich das Feld nicht
mit einem anderen Spieler teilen, kann aber Züge verfallen lassen. Der
Gegenwartsstein wird jetzt weiter gezogen und zwar bis zum nächsten freien
Stein auf der Tafel. Dieser Spieler ist dann an der Reihe.
Zu
Beginn seines normalen Zuges kippt der Spieler alle am Brett befindlichen
Produkte auf die Seite um zu erkennen welche aus der vorigen Runde sind. Nicht
verbrauchte Produkte der vorigen Runde werden am Ende des Zuges vom Brett
genommen. Danach kann der Spieler produzieren oder bauen. Jedes Gebäude zeigt
an, welches Produkt es herstellt. Die Basisgebäude wie Bauernhof, Jagdhaus und
Hirtenverschlag produzieren Nahrung oder Wolle und brauchen dazu keine
Vorraussetzungen zu erfüllen. Alle weiteren Gebäude benötigen Produkte aus
vorherigen Produktionsketten. So kann man ein Holz nur dann erwirtschaften,
wenn man dafür eine Nahrung zu den Holzfällern schafft.
Das
Produzieren eines Produktes oder das Transportieren eines Produktes vom
Nachbarfeld kostet eine Aktion. Teurer werden die längeren Transportwege. Für
jedes zu überquerende zusätzliche Feld bezahlt man eine weitere Aktion.
Benötigt man für die Produktion zwei Produkte, wie z.B. in der Schmelze, dann
werden nur die Aktionen eines Produktes berechnet, dafür aber des am weitesten
entfernten. Dazu stellt man einen Produktstein auf das produzierende Gebäude.
Beim
Bauen der Gebäude muss man darauf achten, dass die Hintergrundfarbe des
Gebäudes mit den Farbe des Feldes übereinstimmt wo man bauen möchte. So können
Minen logischerweise nur im Gebirge gebaut werden, aber die Schmelze sowohl im
Wald als auch auf der Wiese. Das ist aber das einzige zweifärbige Gebäude. In
einem Sechseckfeld dürfen nie mehr als 3 Gebäude stehen. Für Gebäude der
Holzablage bezahlt man ein Holz und für die Gebäude der Steinablage zahlt man
einen Stein, um dieses zu bauen. Diese Produkte können vom selben oder vom
benachbarten Feld stammen. Sollte der Transportweg wiederum länger sein so
bezahlt man für jedes zusätzliche Feld eine Aktion.
Wenn
ein Spieler eine Mine baut, dann sucht er sich drei beliebige Mineralmarker
aus, Kohle, Erz oder Silbererz und stapelt diese auf der Mine. Bei den Gebäuden
sei erwähnt, dass alle Spieler alle Gebäude nutzen dürfen so diese nicht von
anderen Spielern mit Produkten blockiert sind, und so sind die Minen immer
wieder das größte Objekt der Begierde.
Nahrung
kann auch ohne Gebäude produziert werden. Dies kostet drei Aktionen, aber man
kann die Nahrung dann sofort dem Betrieb zuordnenm wo sie benötigt wird. Dies
ist hilfreich, wenn die Mitspieler alle Jagdhäuser und Bauernhöfe blockieren
oder es weniger Aktionen kostet als die
Ware über den halben Plan zu transportieren.
Um
das Spiel zu gewinnen müssen die Spieler Fortschritte bauen. Diese sind in 5 Bereiche
aufgeteilt, Religion, Wissenschaft, Kunst, Gesellschaft und Krieg. Jeder dieser
Fortschritte wird durch ein Gebäude repräsentiert und ist mit einer Zahl von 1
bis 4 versehen. Dies sind die Siegpunkte. Mann baut von jedem Bereich immer
zuerst das kleinste Gebäude und danach aufsteigend die weiteren. Bei 2 Spielern
benötigt man 18 Punkte bei drei Spielern 12 Punkte und bei 4 Spielern 9. Sollte
ein Spieler das Siegpunkteziel erreicht haben ist das Spiel sofort beendet.
Das
Spielmaterial ist unterschiedlich zu bewerten. Die Steine sind alle aus Holz
und teilweise aus dem Spiel Lumberjack bekannt. Die Spielplanfelder sind
zweckmäßig und die Gebäudeplättchen vorne in deutsch und auf der Rückseite in
Englisch. Ich bin mir bewusst dass die Farbgebung hellgrün, dunkelgrün und grau
den Landschaften entspricht aber eine bessere Farbwahl hätte das Spiel
übersichtlicher gemacht. In einigen Partien haben manche Spieler mit der Zeit
einige Gebäude übersehen da die Produktionsgebäude dieselbe Farbe haben wie die
Sechseckfelder.
Die
beigelegten Übersichtsseiten sind hilfreich, wenn man herausfinden möchte
welche Produktionsketten notwendig sind um bestimmte Produkte zu produzieren
oder wie viele Aktionspunkte man mindestens einsetzen muss, um die Fortschritte
zu bauen. Allerdings ist die beste Übersicht nur so gut wie die Grafik, die
nichts zur Übersichtlichkeit beiträgt, sondern den Ablauf des Spiels erschwert.
Es wäre ebenso hilfreich gewesen, wenn in der Regel vermerkt wäre, wozu die
Zahlen auf der Übersicht angeführt sind. Nach einigen Beratschlagungen sind wir
dann von selbst darauf gekommen. Ich habe allerdings bis heute nicht
herausgefunden, wie der Verlag auf diese Zahlen kommt. Verlassen Sie sich also
nicht darauf sondern rechnen sie selbst nach und nehmen sie die Übersicht nur
als Vorschlag.
Damit
sind wir bei der Regel angelangt. Ich war sehr erfreut dass sie so kurz
gehalten ist, hatte allerdings nach dem Regelstudium sehr viele Fragen die in
der Regel nicht beantwortet wurden. Das bei allen Partien die Mitspieler froh
waren, dass es jemanden gab der das Spiel erklären kann und die offenen Fragen
klären konnte, ist bezeichnend. Ich habe bei allen Partien bewusst Vielspieler
angesprochen, die unter anderem auch „Roads and Boats“ gespielt haben und daher
leichter zum Spiel finden.
Die
Regel ist mit wenigen Abbildungen versehen und die am Ende des Regelwerks sind
eher verwirrend. Auch der Aufbau ist nicht optimal und nachdem ich Regel fertig
gelesen hatte, suchte ich nach der fehlenden Seite. Ich hatte zumindest den
Eindruck dass irgendjemand eine Seite vergessen hat.
Wenn
man aber diesen Dschungel durchquert und die Möglichkeiten des Spiels erkannt
hat - dazu benötigt man aber 2 -3 Partien - findet man in Neuland den Traum
eines jeden Strategen. Kein Glücksfaktor, alles mathematisch berechenbar und
ständig auf der Suche nach dem optimalen Zug, vorausgesetzt man kann 10 oder
auch mehr Aktionen im Voraus berechnen ohne einen Computer zu bemühen. Das ist
jetzt nicht abfällig gemeint, denn ich habe die Erfahrung gemacht das sogar
geübte Spieler den Zug beginnen um dann 9 Aktionen später zu erkennen, dass er
doch um eine Aktion zu wenig hat. Dann wird wieder alles rückgängig gemacht und
da beginnen die Schwierigkeiten.
Die
Züge nicht zurücknehmen zu lassen würde aber bedeuten, dass jeder für sich
plant und dann ewig braucht und das kann ziemlich langatmig werden, denn seinen
Zug kann man erst planen wenn man an die Reihe kommt. In diesem Glücksgefühl,
dass man nur durch seine eigene strategische Unfähigkeit scheitern kann, kamen
wir zur Überzeugung, dass ein Spiel unter diesen Vorraussetzungen nur bedingt Spaß
macht. Auf der einen Seite wem gebe ich die Schuld wenn ich verliere, sind ja
keine Würfel da und auf der anderen Seite wenn alle Züge vorausplanbar sind
kann nur derjenige verlieren der den ersten Fehler macht und das kann bei 4
gleichwertigen Spielern zu einem Marathon ausarten.
Auf
Grund dieser Vorraussetzungen hatte ich so meine Schwierigkeiten, die
Mitspieler von einer 2. Partie zu überzeugen. Am interessantesten fand ich die
dynamische Zugreihenfolge. Wenn man es geschickt spielt, insbesondere der
letzte Spieler einer Runde, kann man so schon mehr als 10 Aktionen ausführen
und dadurch den Nachteil auszugleichen
wenn man ganz hinten sitzt.
Man
muss immer die Siegpunkte der Gegner im Auge behalten, damit man nicht ein 3er
Gebäude baut und damit dem Gegner die Möglichkeit bietet, die letzten 4
Siegpunkte zu verbauen. Da muss man vielleicht den Weg über den Mechanikus wählen
und in einen neuen Bereich des Fortschritts vorstoßen. Beim Verbrauchen der
Aktionspunkte sollte man auch einplanen, wo man danach auf dem Zeitweg steht.
Ich habe die Erfahrung gemacht, Aktionen so zu verbrauchen dass mein Stein
immer unmittelbar vor einem der Gegner steht, damit er nicht mehr als 10
Aktionen ausführen kann.
Ich
persönlich mag Neuland, wenn die Mitspieler keine Tüftler sind und die Tiefe
des Spieles ausloten können. Aber da bin ich in die Randbereiche der
Spielegesellschaft vorgestoßen. Denn solche Mitspieler sind wie Diamanten, da
muss man auch einen ganzen Berg abgraben bis man ihn findet.
Neuland
Spieler : 2
- 4
Alter
: ab 14 Jahren
Dauer : 60
– 120 Minuten
Verlag
: Eggertspiele
2004
www.eggertspiele.de
Vertrieb : im
beratenden Fachhandel
Autor
: Tobias Stapelfeldt & Peter Eggert
Grafik : Steffi
Krage & Nina Mende
Preis : ca.
45 EUR
Win
Wertung
Genre : Wirtschaftsaufbausimulation
Zielgruppe : geübte
Spieler + Taktiker
Mechanismus: Mit erwirtschafteten Ressourcen
Produktionsketten schaffen, Optimierung der Produktionswege
Strategie ****
Taktik *****
Glück
Interaktion **
Kommunikation *
Atmosphäre ***
Kommentar:
Kein Glücksfaktor,
Interessante dynamische
Zugreihenfolge
Gewöhnungsbedürftige Regel
Kurt
Schellenbauer: „ Da wünscht man sich die
ganze Zeit ein Spiel das ohne Glücksfaktor auskommt und dann spielt man es und
erkennt, dass es ohne Glücksfaktor auch nicht geht.“
Wenn Sie gerne „Roads and
Boats“ von Splotter oder andere
Wirtschaftsaufbausimulationen
spielen, wird Ihnen auch Neuland gefallen