PERLEN DER SPIELKUNST
Zoff im Zoo
Auch Eisbären haben kalte FüSSe!
Liebe Leserin, lieber Leser! „Zoff im Zoo“ ist eine der vielen Variationen von Kartenspielen, bei denen das Ziel darin besteht, alle Handkarten los zu werden. Allerdings haben Doris Matthäus und Frank Nestel die Grundelemente mit wahrhaft pfiffigen Ideen tiefst garniert. Der Ursprung dieses Spielprinzips liegt in China. Dort wird das Karten-loswerden unter dem für uns nur schwer merkbaren Namen „Zheng Shang You“ (dt. „Zwei Riesen“) gepflegt. Eine andere Spielart nennt sich „Tichu Tientsin“. Beide Varianten verwenden die in China üblichen 56 Karten (Farben: Jade, Schwerter, Pagode, Stern, plus vier Spezialkarten: Mah Jong, Hund, Phönix und Drache). In „The Playing Card“, herausgegeben von der International Playing-Card Society, wurde diese Spielart erstmals von John McLeod beschrieben und damit in der westlichen Welt bekannt. Weitere ähnliche Versionen finden sich in den russischen Spielen „Durak“ (dt. Narr) und „Korol“ (dt. König). 1988 wurde im Verlag Hexagames eine moderne Variation unter dem Namen „Karriere Poker“ aufgelegt, schließlich 1996 bei Amigo Richard Garfields „Der Große Dalmuti“. Zahlreiche weitere kommerziell vertriebene Ausgaben folgen dem gleichen Spielprinzip. Der chinesische Name bedeutet nämlich so viel wie „hochklettern“, und dies bezieht sich klar auf den sozialen Aufstieg. Auch das japanische „Dai Hin Min“ (dt. „sehr armer Mann“) oder das französische „Trouduc“ (elegant übersetzt mit dem wenig schmeichelhaften Wort „Hintern“) geben der Spielidee schon dem Namen nach einen soziologischen Beigeschmack. Im London Card Club spricht man von „Pits“ (dt. „Grube“), der Kartenexperte David Parlett nennt diese Art Kartenspiel „Bum Game“ (siehe die französische Übersetzung). Wie auch immer der Name, das vorliegende Spielprinzip bringt enormen Spaß und verlangt überdies auch noch erhebliche Kartenfertigkeit. (aus: Folkvord/Kastner: „Die große Humboldt Enzyklopädie der Kartenspiele“) Und bei „Zoff im Zoo“ kommen als Zuckerln wechselnde Partnerschaften sowie spezielle Fähigkeiten der Land- und Wassertiere hinzu. Aber am besten Sie probieren es einfach im Österreichischen Spielemuseum in Leopoldsdorf selbst aus. Und holen Sie sich keine kalten Füße! www.spielen.at
Wer im Lichtkegel erstmals die niedliche Kartenbox erblickt, die einen glupschäugigen, ängstlichen Elefanten und eine rotzfreche, stichelnde Maus zeigt, vermeint ein reines Kinderspiel vor sich zu haben. Wer dann sogar noch tiefer in die Welt der Zooinsassen hineinleuchtet, wird ob der grafischen Meisterwerke aus der Feder von Doris Matthäus gar noch in dieser Ansicht bestärkt. Die Bewohner im Einzelnen: ein genießerischer Wal, ein unsicherer Elefant, ein hungriges Krokodil, ein schläfriger Eisbär, ein verträumter Löwe, eine nachdenkliche Robbe, ein listiger Fuchs, ein gefräßiger Barsch, ein freudvoller Igel, ein Schwarm selbstzufriedener Sardinen, eine muskelstarke Maus, eine lästige Mücke und zuletzt ein vielseitiger Chamäleon-Joker. Doch lassen Sie sich nicht täuschen. Diese niedliche Optik verschleiert nur die spielerische Tiefe eines genussvollen Kartenknüllers. Nicht umsonst wurde „Zoff im Zoo“ in die Auswahlliste zum Spiel des Jahres 2000 aufgenommen. Die mehrfach verzahnten Spielelemente, die Melange aus Kartenabwerfen und Stichspiel, die Notwendigkeit eines Partnerschaftsdenkens wie auch die zahlreichen Spezialeffekten der einzelnen Zoobewohner, all das lässt nach einer Runde „Zoff im Zoo“ sofort nach einer Revanche rufen. Die Punkte werden nicht nur durch Loswerden aller Tierhandkarten gewonnen, sondern vielmehr gilt es, Löwen zu bändigen, Igeln zu bekommen und Elefanten richtig in die Schlacht zu werfen. Sollte Ihnen dies nicht gleich gelingen, erlauben uns die Autoren für einmal sogar „aus einer Mücke einen Elefanten zu machen“, ganz entgegen der sprichwörtlichen Empfehlung, dies tunlichst zu unterlassen. „Zoff im Zoo“ ist eben anders – ein „tierischer“ Hochgenuss.
Besprechung von Hugo Kastner
Rückmeldungen an: hugo.kastner@chello.at
Homepage: www.hugo-kastner.at
EMPFEHLUNG # 67 – ZOFF IM ZOO
Spieler: 3-7
Alter: 10+
Dauer: ca. 60 min
Autor: Doris Matthäus / Frank Nestel
Preis: ca. 15 Euro
Verlag: Spiele von Doris & Frank 1999
Strategie/Taktik: 3 von 9
Info±: 3 von 9
Glück: 3 von 9
Die Spannungs-Eckpfeiler Taktik-Info-Glück erfahren in der Matthäus/Nestel-Kreation eine wunderbar ausgewogene Umsetzung. Ohne taktische Spielanlage lässt sich nichts gewinnen, doch ist aufgrund des permanenten Infomangels alles auch eine Sache der Wahrscheinlichkeit. Und Glück braucht man ebenfalls, vor allem bei der Kartenverteilung am Beginn jeder Runde.
Hugos EXPERTENTIPP
Die Regeln bei „Zoff im Zoo“ sind an sich einfach, doch aufgrund von Spielelementen wie Joker, Drücken, Zeigen usw. ein wenig gewöhnungsbedürftig. Außerdem kann man sich die Schlagfähigkeiten der 12 Tierarten beim ersten Spiel nicht ganz leicht merken. Meine Empfehlung: Machen Sie für jeden Mitspieler eine Kopie der im Regelheft abgedruckten „Wer-schlägt-wen“-Tabelle. Und noch eines: „Zoff im Zoo“ spielt sich optimal mit 4 bis 6 Teilnehmern, nicht mehr und nicht weniger.
Hugos BLITZLICHT
Die Macht der Mäuse, die Identität der Igel, die Wucht der Wale, das Los der Löwen, die Mutation der Mücken und vieles mehr machen „Zoff im Zoo“ zu einem turbulenten Kartenspiel, bei dem es vordergründig gilt, alle seine Handkarten los zu werden. Doch halt, es kommen auch noch ständig wechselnde Partnerschaften hinzu. Man profitiert dabei vom Erfolg seines Kompagnons. Eigensinniges Spiel ist daher tunlichst zu vermeiden, selbst wenn sich jemand supercool an den Spieltisch setzt. Wie schon gesagt: Auch Eisbären haben kalte Füße!
VORANKÜNDIGUNG
SCHWARZE KATZE
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