Fugger, Welser, Medici

 

Handelsspiel für

26 Spieler

von Doris Matthäus und Frank Nestel

Eigenverlag, 1994

 

Bei den gewichtigen Namen, die der Spieltitel aufzuweisen hat, ergibt sich die "bespielte" Thematik eigentlich schon von selbst: Ein im Spätmittelalter angesiedeltes Handelsspiel, das in vier verschiedenen Ausbau bzw. Komplexitätsstufen 26 Spieler zwischen 2 und 8 Stunden (je nach gespielter Stufe) an das Spielbrett fesseln soll.

Die Ausstattung ist, dem Rahmen des Spiels entsprechend, mittelalterlich opulent und versetzt den Spieler in frohe Erwartung. Ob es die aus Holz und Metall gefertigten Handelswaren sind, ob es die Handelskarten, das Spielgeld oder den Spielplan betrifft, alles ist geschmackvoll aufbereitet und macht auch nicht den Eindruck, nach der ersten Partie zu zerfallen.

 

Nun zum Spielablauf: Die Spieler übernehmen die Führung einer "Kaufmannsdynastie" und trachten danach, in den verschiedenen europäischen Handelszentren im Einkaufs und Verkaufssektor so gut wie möglich abzuschneiden. Die Geschäfte werden mit den Waren Metall (kleine Metallbarren), Stoff (kleine Holzzylinder) und Gewürze (hölzerne Gewürznelken) abgewickelt, und Angebot und Nachfrage wird durch die jeweiligen Handelskarten geregelt.

 

Bei Spielbeginn verfügt jeder Spieler über eine bestimmte Anzahl von Handelsreisenden, eine bestimmte Menge an Waren und eine bestimmte Menge des ach so wichtigen Geldes. Aufgedeckt liegenden Handelskarten ist zu entnehmen, an welchem Ort zu welchem Preis wieviele Waren ge und verkauft werden können. Alle diese Angebote unterliegen einem zeitlichen Rahmen und wird dieser überschritten, verschwindet die entsprechende Karte von der Angebotspalette.

 

Naturgemäß trachtet nunmehr jeder Spieler, mit einer seiner Spielfiguren alleine am Ort des Geschehens aufzutauchen, da er dann seine eigenen Waren zum festgesetzten Höchstpreis an den Mann bringen kann und gleichzeitig seinen Vorrat mit einem Mindestgebot wieder aufstockt. Obwohl mehrere Handelskarten aufgedeckt liegen, wird es jedoch nur in den seltensten Fällen dazu kommen, daß ein einzelner Spieler so zu seinem Vorteil agieren kann. In der Mehrzahl werden sich mehrere Händler darum streiten, kaufmännisch tätig zu werden und in einem solchen Fall muß jeder der Spieler geheim auf einem Formular sein jeweiliges Gebot schriftlich festlegen. Nach dem Aufdecken aller Gebote verkauft zuerst der Spieler mit dem niedrigsten Preis, werden danach durch die Karte noch weitere Waren gefordert, der Spieler mit dem zweitniedrigsten Preis usw. Beim Kauf durch die Spieler geschieht im umgekehrten Prinzip genau das Gleiche (Der Spieler mit dem höchsten Gebot kauft zuerst, sind danach noch Waren vorhanden, der Spieler mit dem zweithöchsten Gebot usw.).

 

Der Spielplan zeigt den Großraum Europa und die einzelnen Handelszentren (Städte) sind durch in Felder unterteilte Bahnen miteinander verbunden. Möchte nun ein Spieler eine seiner Spielfiguren bewegen, kann er diese bis zu 3 Felder weit ziehen. Hier gibt es jedoch gravierende Unterschiede, die zu beachten sind: Bewegungen ohne Waren sind für ein Feld und für zwei Felder gratis, kosten jedoch bei 3 Feldern jeweils 20 Florin (das gängige Spielgeld), Bewegungen mit Waren sind bei einem Feld gratis, kosten bei 2 Feldern 20 und bei 3 Feldern 60 Florin. Zusätzlich muß bei einer Bewegung mit Waren gewürfelt werden und bei einem bestimmten Wurfergebnis kommt es zu Schwierigkeiten. Ist man auf dem Landweg unterwegs, besteht diese Schwierigkeit aus einem Achsbruch: Alle Waren bis auf 3 müssen abgegeben werden und die Bewegung wird auf ein Feld reduziert. Bewegt man sich entlang eines Seeweges, gehen bis auf 3 Waren alle anderen über Bord. In den Wintermonaten (November Februar) sind alle Seewege gesperrt und befindet sich ein Handelsreisender zu diesem Zeitpunkt auf See, wird er mitsamt seinen Waren aus dem Spiel genommen. Handelt es sich um den "Sohn des Hauses", ist dieser unwiederbringlich verloren (normale Handelsreisende können immer wieder neu eingestellt werden).

 

So bewegen sich die Figuren der Spieler lustig über den Spielplan, es werden diverse Kosten/NutzenRechnungen angestellt (wieviel kostes es mich, zeitgerecht dorthin zu kommen, um wieviel muß ich dann verkaufen, um einen entsprechenden Gewinn zu erzielen, wieviel wird wohl mein Gegenspieler bzw. meine Gegenspieler bieten) und ist der Stapel an Handelskarten einmal durchgespielt, endet das Spiel und jener Spieler, der zu diesem Zeitpunkt die größten Barmittel aufweisen kann, wird "EhrenRothschild" und Spielsieger.

 

In der Ausbaustufe 2 kommt es nicht darauf an, bei Spielende über möglichst große Geldmittel zu verfügen, sondern die Spieler trachten danach, in den Adelsstand erhoben zu werden. Hierbei muß auf einer Adelstabelle ein Weg von 12 Feldern zurückgelegt werden, wobei ein Händler immer dann für diese Tabelle würfeln darf, wenn er bei einem Handel mit adligen Kunden (Handelskarten mit entsprechendem Aufdruck) auf einen Teil seines erzielten Gewinnes (500 oder 1000 Florin) verzichtet.

 

In Stufe 3 muß zusätzlich ein Landgut erworben werden und die abschließende Stufe 4 gewinnt jener Spieler, der zuerst zwei I,andgüter in seinem Besitz aufweist.

 

FUGGER, WELSER, MEDICI ist ein Spiel, dessen Spieldauer leider in keinem Verhältnis zur Spielspannung steht. Für mich plätschert es ganz einfach nur dahin und ich ziehe eine Partie BRITISH RAILS oder EURORAILS jederzeit vor. Wenn ich daran denke, daß in der Ausbaustufe 4 mit einer Spieldauer von 8 Stunden zu rechnen ist, muß ich sagen, daß ich mich zu 8 Stunden zu einer Partie CIVILIZATION jederzeit überreden lasse, FUGGER, WELSER, MEDICI aber meinen Anforderungen bei weitem nicht entspricht. Ich kann mir aber dagegen trothdem vorstellen, daß Familienspieler, die sich nicht von einer 18seitigen Spielregel abschrecken lassen, sogar ihren Spaß haben, da sie z.B. oben erwähnte Eisenbahnspiele nicht kennen. Dieser Spaß wird sich jedoch aufgrund des Preises (ca. 130.- DM) wohl auch so sehr in Grenzen halten, daß es zu keinem Handel kommt.