rezension
Im Reich der Inka
Altiplano
Alpakas und fische
Ein Spiel von Reiner Stockhausen. Von einem Autor der sich unter anderen bereits durch Spiele wie „Siberia“, „Böhmische Dörfer“, „Scheffeln“ und nicht zuletzt „Orléans“ einen Namen gemacht hat. 2009 gründete er den „dlp“-Verlag in Herzogenrath, wo immer das auch sein mag, der neben seinen eigenen Kreationen auch die bekannten Spiele „Citrus “, „Yokohama“, “Klongs“ und „Weltausstellung“ heraus gebracht hat. Aber wenden wir uns seiner neuesten Schöpfung zu.
Altiplano ist die Hochebene zwischen den Gebirgszügen von West- und Ost Anden und liegt im Staatsgebiet von Südost Peru und Bolivien. Am Ufer des Titicaca Sees gelegen war sie zwischen dem 13. Und 16. Jahrhundert die Heimat der Inkas. Das durch die Höhe bedingte harte Klima hatte der seinerzeitigen vorwiegend bäuerlichen Bevölkerung einiges abverlangt um zu überleben. Genau diese Situation spiegelt sich im Spiel wieder. Reiner Stockhausen hat Lebensbedingungen der Bewohner perfekt erfasst und in das Spiel eingebunden.
Wir befinden uns quasi am Ufer des Titicaca Sees, der neben Machu Picchu und den Iguazu Wasserfällen zu den touristischen Highlights von Südamerika zählt. Das Cover der Schachtel ziert ein gezeichnetes Alpaka, das neben dem Lama ein beliebtes Haustier der damaligen Ureinwohner war. Die Alpakas sind eine Kamelform, die für ihre hochwertige Wolle bekannt sind. Alpakas gibt es sogar jede Menge in Österreich. In fast jedem Bundesland gibt es Züchter, die ihre Tiere auch für Wanderungen zur Verfügung stellen. Wer Lust hat so ein Haustier zu besitzen, kann es sogar ab 900 € bei „willhaben“ erstehen. Aber zurück zum Cover. Der Hintergrund von dem Alpaka besteht aus peruanischen Strickmusterstreifen. Passender und authentischer wären allerdings die würfelartigen „Tocapu“ Muster gewesen wie sie die Inkas verwendet hatten. Wenn es etwas zu kritisieren gibt so ist es die Aufmachung, die nicht gerade einladend und verkaufsfördernd wirkt und nicht aussagt was einen erwartet. Allein der Name des Autors hat mich zum Kauf angeregt und das ist schade, denn wer kein Insider ist und diesen nicht kennt, dem entgeht ein Spitzenspiel.
Weiters gibt es noch 15 Holzwürfel welche Karren symbolisieren, die üblichen Spielfiguren in den Farben rot, blau, grün, gelb und schwarz mit den entsprechenden Markierungswürfeln. Dazu kommen noch 209 Warenplättchen, angefangen von 30 Nahrung über 25 Mais sowie je 20 Holz und Stein, je 15 Erz, Tuch, Wolle, Stein und den selteneren mit je 12 Fisch, Glas, Alpakas und Kakao.
Jetzt fehlen in der Aufzählung noch 36 Spielkarten für den Erwerb von Häusern, Booten und Aufträgen. Dazu kommen noch 20 Missionskarten, die ebenfalls als mitgelieferte Erweiterung zur variablen Spielgestaltung beitragen. 50 Münzen im Wert von 1,3, und 10 vervollständigen das Ganze. Ach ja, 5 Stoffbeutel und 1 Abrechnungsblock gibt es auch noch und pro Spieler eine praktische Siegpunktübersicht, die sehr nützlich ist bei der Vielfalt der Punkte - Erreichbarkeit. Jetzt hätte ich doch glatt den Starspielerstein – einen 3D Alpaka aus Karton wie auf der Schachtel abgebildet – vergessen. Über die Optik dieser Figur lässt sich streiten. Aber die bringt wohl die Unterhaltung zu Spielbeginn in Fluss.
Nach dieser Aufzählung kann sicher jeder ermessen, dass das Gewicht der Box und die üppige Menge des Inhalts nichts mit der kargen Landschaft, in die wir uns nun begeben zu tun hat, aber den Preis des Spiels sicher rechtfertigt.
Ziel des Spiels ist, beginnend mit den zu anfangs zugeteilten maximal 4 Warenplättchen, die je nach der vorgesehenen Rolle verschieden sind am Ende die teuersten Waren bzw. die meisten Punkte durch Auftragserfüllung oder Missionen zu erreichen. Wie geht das? Ich möchte das durch die Erklärung des jeweiligen Aktionsplans erreichen.
Zuerst legt jeder Mitspieler seine 4 Einstandsplättchen auf die vorgezeichneten Plätze 1 bis 4 von 8 vorgesehenen Feldern. Mehr gibt es zu Beginn ja noch nicht. Durch den Spielplanteil „Straße“, einen von 7 Teilen, wie ihr euch erinnert, kann man die Anzahl bis auf 8 Stück pro Person aufstocken. Diese Platzierung nennt man die Planungsphase und wird von allen Teilnehmern gleichzeitig vorgenommen. Dann wird reihum, beginnend mit dem Startspieler eine Aktion gestartet. Jetzt entscheidet man sich ob man auf den Markt, die Farm, ins Bergwerk, in den Wald, ins Dorf zur Straße oder zum Hafen geht. Auf dem eigenen Aktionsplan ist vorbildlich dargestellt welche Produkte ich einsetzen muss um eine zusätzliche Ware zu erhalten, bzw. am Markt tauschen kann. Auch was ich benötige um auf der Straße voran zu kommen, was mir ermöglicht in der Planungsphase mehr Plätze zu besetzen.
Habe ich mich entschieden und habe ich vor allem die für das Gebiet erforderliche Waren, erhalte ich die vorgesehene Belohnung. In den meisten Fällen sind 2 Ausgangswaren notwendig um ein 3. Produkt zu erhalten. Nun kommen diese Ausgangsplättchen und die dadurch erhaltene Ware in die eigene Kiste. Damit ergibt es sich, dass man im Laufe des Spiels immer mehr Waren erhält, aus denen anschließend für die nächste Runde aus dem Beutel gezogen wird. Allerdings unter der Beschränkung der erlaubten Plätze in der Planung. Ist der Beutel leer – was anfangs relativ rasch geht – wird die eigene Kiste in den Sack ausgeleert.
Hier beginnen das Deckbauspiel und damit der Glücksfaktor. Dieses System ist mir noch in unglücklicher Erinnerung. Bei dem Spiel „Jenseits von Theben“ von Peter Prinz. Wenn es damals um Schätze graben ging habe ich meist nur Schrottgezogen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Kann kein Spieler mehr eine Aktion durchführen ist die laufende Runde beendet und es beginnt wieder die nächste Planphase mit Ziehen aus dem Beutel. Zu der Entscheidung welches Gebiet ich aufsuche kommt noch eine zusätzliche Erschwernis hinzu. Um dort abräumen zu können muss ich mit meiner Spielfigur vor Ort sein, also auf dem entsprechenden Spielplanteil stehen. Zu Beginn steht diese auf einem beliebigen Platz und kann vor oder nach meiner Entscheidung mittels „Karren“ (das sind die Holzwürfel) 1 bis 3 Felder, also Gebiete einmalig weiter ziehen. Das ist fürs erste kostenlos. Weitere Züge muss ich bei der Planung durch Einsetzen von Nahrung berücksichtigen. Das erlaubt aber nur einen Zug. Weitere Karren – maximal 4 – die mir mehr Bewegungsfreiheit gewähren, kann ich im Dorf erstehen. Damit komme ich zum Thema – Was kriege ich an den einzelnen Orten?
So produziert die Farm Nahrung, Wolle und Tuch. Der Wald bringt Holz und lässt den Tausch von Kakao in beliebige Waren zu. Im Bergwerk erhalte ich Stein und Silber. Im Dorf gibt es die erwähnten Karren und die Möglichkeit ein Haus zu bauen, das 4 Punkte wert ist und eine bestimmte Ware aufwertet. Im Hafen kann ich ein Boot bauen, das zu Spielende 2 Punkte wert ist, kann Nahrung produzieren sowie 2 Fische in Stein umwandeln. Den Vorteil der Straße habe ich schon erklärt. Bleibt noch der Markt. Hier kann ich Glas für 4 Geld verkaufen und eventuell ein Ausbauplättchen erwerben, das je nach Position an der Leiste zusätzlich bis zu 5 Geld neben dem Preis auf der Karte kostet. Diese erweitern die Aktionsmöglichkeiten. Außerdem gibt es am Markt Aufträge mit Siegpunkten zu erstehen. Jeder Spieler darf allerdings nur einen offenen Auftrag besitzen. Erst wenn dieser abgeschlossen ist gibt es den nächsten. Auch das Einlagern in das eigene Lagerhaus ist hier möglich. Dort gibt 5 Lagerreihen mit 3 Plätzen und 6 mit 4 Plätzen in aufsteigender Wertigkeit von 2 bis 20. Leider müssen zuerst die billigen Reihen belegt werden um dann zu den höher wertigen zu gelangen. In jeder Reihe darf nur eine Warenart gelagert werden. Mais gilt als Joker und darf dazu gelegt werden. Ein und dieselbe Ware darf nur eingesetzt werden, wenn eine Reihe dieser Art schon einmal abgeschlossen wurde.
Nun komme ich zum Schluss. Das Spiel endet, wenn alle Plättchen und Karten eines Orts aufgebraucht sind, oder es keinen Mais mehr gibt (je nach Spieleranzahl 12 – 25 Stück bei Spielbeginn) oder die Ausbauplättchen nicht mehr ersetzt werden können. Siegpunkte gibt es für Häuser und Glas 4, für Tuch und Silber 3, für Boote, Wolle und Erz 2, sowie für Holz, Stein und Kakao 1 Punkt. Der Rest ist nichts wert.
Zum Fazit. Abgesehen von der üppigen Ausstattung ist die vorbildliche Regel zu erwähnen. Die Gestaltung der Planteile ist selbsterklärend und ermöglicht den schnellen Einstieg trotz der vielfältigen Zugvarianten. Das Spiel lebt vom Dilemma eines Worker Placement, allerdings gebremst durch den Glücksfaktor beim Ziehen. Der Deckbuilding Faktor kann durch das Lagerhaus gesteuert werden. Hier ist es wichtig die richtige Balance zu Finden. In gewisser Weise erinnert das Spiel an „Orleans“ und da mir das sehr gefallen hat erübrigt sich die Frage wie ich zu „Altiplano“ stehe. Mit der Altersangabe von 12 Jahren zählt die Zielgruppe wohl zu den Experten, aber ich glaube, dass es für spielerprobte Familien durchaus geeignet ist. Für mich ein Highlight des Jahres 2017 und daher von mir eine uneingeschränkte Kaufempfehlung.
Rudolf Ammer
Spieler: 2-5
Alter: 12+
Dauer: 120+
Autor: Reiner Stockhausen
Gestaltung: Klemens Franz, Andrea Kattnig
Preis: ca. 55 Euro
Verlag: dlp Games 2017
Web: www.dlp-games.de
Genre: Bag Building, Worker Placement
Zielgruppe: Mit Freunden
Version: multi
Regeln: de en + es fr hu it nl ru
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Üppige, hochwertige Ausstattung
Vorbildliche Regel
Sehr guter Mechanismenmix
(c) Bilder Henk Rolleman, Ann Th./Mouseketeer
Vergleichbar:
Orléans
Andere Ausgaben:
Meine Einschätzung: 6
Rudolf Ammer:
Das Spiel erinnert durch das Bag Building Prinzip an Orleans vom gleichen Autor hat aber einige zusätzliche Komponenten, die es absolut eigenständig machen. Worker Placement, Bag Building und Rondellprinzip wurden zu u einem ausgezeichneten Ganzem verknüpft
Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 1
Strategie (blau): 1
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 1
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0