Nach Seattle oder doch lieber nach Miami?

 

Zug um Zug Das Kartenspiel

 

Wagen nicht nur sammeln, sondern merken

 

Nach all den Varianten von Zug um Zug, die wir in den letzten Jahren durchprobiert haben, mit Passagieren, Bahnhöfen und Tunneln, in der Schweiz, in Skandinavien oder in Europa oder mit Märklin-Modellen, macht das Kartenspiel natürlich neugierig.

 

Die kleine quadratische Schachtel kommt im bekannten Design und enthält wie erwartet Karten, nur Karten und sonst nichts. Das erste Durchschauen enthüllt drei Arten von Karten, die Wagenkarten in den gewohnten acht Farben, weiß, gelb, orange, rot, lila, blau, grün und schwarz und die Joker. Auch die Zielkarten kennen wir, diese sind allerdings anders gestaltet, sie tragen die Namen von einer oder zwei Städten und außerdem eine Mischung bunter Kreise in den Farben der Wagenkarten, manchmal nur einen, manchmal fünf, alle verschiedenfärbig oder mehrere gleiche.

Die dritte Kartenart sind Bonuskarten, sie tragen Städtenamen und eine Punktezahl, es gibt nicht für jede Stadt auf den Zielkarten auch eine Bonuskarte, sondern nur für große Städte, Los Angeles, New York, Seattle, Miami, Chicago und Dallas.

 

Ein erster Blick auf die Wagenkarten verrät, Schienen und Strecken legen kann man damit nicht, und da es ja Zug um Zug ist, bestätigt uns dies die Regel sofort. Wie aus dem Brettspiel gewohnt, sollen wir die Karten sammeln, um sie in Strecken umzuwandeln.

 

Das Wie hat sich allerdings gründlich geändert. Zuerst einmal müssen wir neue Begriffe lernen, wir haben Handkarten, soweit klar, einen eigenen Verschiebebahnhof für jeden Spieler vor uns auf dem Tisch und davon getrennt ebenfalls auf dem Tisch für jeden Spieler einen so genannten Unterwegs-Stapel. Wir haben wie gewohnt mehrere Optionen für unseren Zug – wir können Karten ziehen, Karten in den Verschiebebahnhof spielen oder neue Zielkarten ziehen.

 

Zu Beginn bekommen wir von den gut gemischten Wagenkarten 7 auf die Hand und dazu 6 Zielkarten, von denen wir 1 behalten müssen, aber auch alle sechs behalten dürfen, 5 Wagenkarten werden wie gewohnt als Auslage bereitgelegt. Wer am Zug ist, muss zu Beginn des Zuges eine Karte pro Farbe, die in seinem Verschiebebahnhof liegt, verdeckt in den Unterwegs-Stapel legen, dies entfällt natürlich im ersten Zug. Dieser Unterwegs-Stapel hat noch eine Besonderheit, wir dürfen ihn uns nicht anschauen, sondern müssen uns merken, welche Karten dort hineingewandert sind.

 

Nach diesem Transfer in den Unterwegs-Stapel können wir eine der genannten Optionen wählen. Wer Karten zieht, kann sie wie analog zum Grundspiel wahlweise aus der offenen Auslage oder vom verdeckten Stapel, auch die Lokomotiven-Regel für das Nehmen von Lokomotiven hat sich nicht geändert, wer eine Lokomotive wählt, bekommt nur eine Karte, außer er zieht sie vom verdeckten Stapel, als zweite Karte darf man eine offen ausliegende Lokomotive nicht nehmen. Neu bei den Lokomotiven ist die Regel, dass die Auslage im Fall von drei ausliegenden Lokomotiven nicht weggeräumt wird, Lokomotiven bleiben liegen, bis sie jemand nimmt.

 

Wer sich für das Auslegen in den Verschiebebahnhof entscheidet, kann 2 oder mehr Karten gleicher Farbe oder exakt drei verschiedenfarbige Karten vor sich auf den Tisch legen. Dabei gilt: Eine Lokomotive muss mit mindestens einer Farbkarte kombiniert ausgelegt werden, und ein Spieler darf nur Farben vor sich auslegen, die noch nicht bei anderen Spielern ausliegen. Wenn ein Spieler in einer Farbe mehr Karten auslegen kann als ein anderer Spieler, darf er sie auslegen und der übertroffene Spieler muss alle seine Karten dieser Farbe auf den Ablagestapel legen.

So kann man aus einer Dreiergruppe sehr leicht, bis man wieder dran ist, eine oder mehrere Farben verlieren, falls ein Mitspieler zwei Karten einer der drei Farben auslegt. Bleibt einem das Trio aber liegen, weil alle was anderes tun möchten oder die Farbe(n) nicht öfters haben, kann man zu Beginn des nächsten Zuges alle drei Karten und je eine von noch vorhandenen Farben im Verschiebebahnhof in den Unterwegs-Stapel transferieren.

 

Die dritte Wahlmöglichkeit ist das Ziehen neuer Zielkarten, man zieht fünf und muss keine behalten.

 

So sammelt man vor sich hin und versucht wenn möglich Wagenkarten in der Menge und Farbe in den Unterwegs-Stapel zu bekommen, deren Farben auf den Zielkarten zu sehen sind. Man muss sich jed Aktion gut überlegen, jedes Zielkarten ziehen kostet eine Möglichkeit Karten auf den Tisch zu bekommen, und nur Karten auf den Tisch kann man – so sie nicht überboten werden – in den Unterwegs-Stapel kriegen.

 

Und der ist das Herzstück des Ganzen. Wenn der Nachziehstapel aufgebraucht ist, endet bei drei Spielern das Spiel, alle legen ihre Handkarten und die Karten in ihrem Verschiebebahnhof beiseite und ordnen die Karten aus dem Unterwegs-Stapel nun den Zielkarten zu, das heißt für eine Zielkarte mit gelbem und orangem Punkt legt man eine gelbe und eine orange Karte oder eine Farbkarte und eine Lokomotive oder zwei Lokomotiven weg. Die Lokomotiven im Unterwegstapel sind übrigens frei disponierbar. Dann summiert man die Werte aller erfüllten Zielkarten, die Werte nicht  erfüllter Zielkarten werden als Minuspunkte abgezogen und zum Schluss werden die Bonuskarten vergeben. Für jede Bonuskarte zählt jeder Spieler, wie oft der Name der Stadt auf der Karte vorkommt, wer die meisten Nennungen hat, bekommt den Bonus, bei Gleichstand bekommen ihn beide Spieler und es gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.

 

Im Spiel zu viert wird aus den Karten in den Unterwegs-Stapeln und den Karten im Verschiebebahnhof ein neuer Nachziehstapel gebildet, übrig gebliebene Zielkarten und die Handkarten behält man und der Nachziehstapel wird nun ein zweites Mal durchgespielt, am Ende werden wieder die Karten im Unterwegs-Stapel den Zielkarten zugeordnet und wer nun in Summe aus beiden Durchgängen die meisten Punkte hat gewinnt.

 

Das war’s? Das war’s! Vorneweg ein Kompliment, es ist gelungen das Feeling, die Atmosphäre, die Spannung aus dem Brettspiel zu erhalten, hier ist es eben die Spannung, schaffe ich es noch, die drei schwarzen Karten von denen ich weiß dass ich sie brauche, zuerst in den Verschiebebahnhof und dann in den Unterwegs-Stapel zu kriegen? Auch das Showdown-Finish bleibt erhalten, hier kommt es verstärkt zum tragen, niemand weiß welche Karten die anderen erfüllen werden und welchen Bonus sie kassieren werden, denn man hat – im Gegensatz zum Brettspiel, wo man wenigstens die gebauten Strecken sieht – keinerlei Ahnung oder Informationen, welchen Wert die eigenen erfüllten Karten in Relation zu denen anderer Spieler haben.

 

Und das ist für mich ein Kritikpunkt, das Spiel enthält mehrere Zufallsmechanismen auf einmal, die Zielkarten, die Endabrechnung, die Möglichkeit der überbotenen und dadurch vernichteten Karten, die Bonuskarten für die Städte und außerdem eine sehr starken Merk-Komponente – man muss sich gut und exakt merken welche Karten im Unterwegs-Stapel landen, einfach-drauf-los sammeln wird kaum zum Erfolg führen.

 

Wer solche Spiele mag, wird an Zug um Zug Das Kartenspiel seine Freude haben, es ist handwerklich gelungen, die Ausstattung und Grafik sind von gewohnt hoher Qualität und als schnelles Familienspiel für zwischendurch ist es absolut zu empfehlen.

 

Dagmar de Cassan

 

Spieler         : 2-4

Alter            : 8+

Dauer          : ca. 30 Minuten

 

Autor           : Alan R. Moon

Grafik          : Julien Delval

Vertrieb        : Pro Ludo

Preis            : ca. € 15,00

Verlag          : Days of Wonder 2008

                     www.daysofwonder.com

 

Genre                    : Kartensammelspiel

Zielgruppe             : Familie

Mechanismen         : Karten passend sammeln

 

Strategie                : *

Taktik                    : **

Glück                    : *****

Interaktion             : *****

Kommunikation      : *

Atmosphäre           : *****

 

Kommentar            :

Kurze knappe Regeln

Feeling des Brettspiels bleibt erhalten

Sehr glücksabhängig

 

 

Vergleichbar:

Zug um Zug das Brettspiel, Kartenspiele mit Sammelmechanismus

 

Dagmar de Cassan:

Ein eigenständiges Spiel mit dem Flair des Brettspiels und einer sehr hohen Zufallskomponente, als Familienspiel sehr gut geeignet.