Klein, übervölkert, heiss umkämpft

 

Smallworld

 

Dies ist eine Welt ist voller Hiebe

 

Kid                       

Family                  

Friends                 

Expert                   ein    

 

Alter                    

Spezial                 

 

Neulich im Spieleclub in Erdberg (klingt wie Don Martin -wer kennt nicht den verstorbenen besten Comic-Zeichner von MAD):

" Was spielen wir denn heute?"

"da schau her -2 neue Spiele - dieses (ich vergaß, welches es war) scheint ein Wirtschaftsspiel zu sein, jenes heißt "Smallworld"

„was ist das denn?"

 "Also mir gefällt das Wirtschaftsspiel ...."

" nein, nicht schon wieder Rechensstunde nach einem langen Arbeitstag!"

"was steht denn da?“

-- die Welt ist zu klein für Alle, dein Volk muss sich ausbreiten, gegen andere kämpfen... klingt gut, schaut her, da auf der Schachtel sind etliche Fantasy-Rassen abgebildet - Zwerge, Elfen, Zauberer, Guhle und und und ..."

 "Wie sieht denn die Regel aus?"

„Bunt, nicht sehr lange, witzige Zeichnungen  .."

 Wir einigten uns also auf Smallworld. Den Ausschlag gab das farbenfrohe Fantasy-Szenario und die nicht lang und kompliziert aussehende Spielregel.

 

In der quadratischen Schachtel fanden wir zunächst 2 beidseitig bedruckte Spielpläne, für jeweils 2, 3, 4 und fünf Spieler. Das Spielmaterial ist in einem

zweckmäßigen Schachteleinsatz verwahrt, ein kleinerer herausnehmbarer Teil enthält Kartonplättchen - klassische Marker - die auf einer farbigen Vorderseite und einer grauen Rückseite die verschiedenen Völker darstellen. Jedes ist in einem eigenen

Fach verstaut, sehr übersichtlich, es ist nur etwas mühsam, die Marker herauszunehmen, schlanke Finger mit langen Nägeln tun sich leichter -- also Frauen mitspielen lassen!

Die Auswahl der Völker erfolgt zufällig vor Spielbeginn: es gibt 14 Rassen, dargestellt durch sog. Rassenbanner, welche aus einem ca. 6x3 cm großen Kartonstück bestehen, diese zeigen eine Abbildung des jeweiligen Volkes und seiner

Eigenschaften (mittels Symbolen). Dazu kommen 20 Spezialfähigkeiten - kleinere Kartons - die an die Rassenbanner angelegt werden. Von den verdeckten 2

Stapeln werden je 5 in einer Reihe neben den Spielplan zur Auswahl gelegt, die obersten Kartons des Nachziehstapels, jetzt offen, bilden die sechste Wahlmöglichkeit. Jeder Spieler erhält Münzen(= Siegpunkte) im Wert von 5, dann wird bestimmt wer beginnt, und los geht`s.

 

Alle Augen richten sich auf die ausliegenden Völker - jeder Spieler hat eine praktische Übersichtstafel mit Abbildung und Erklärung sowohl der Rasseneigenschaften als auch der Zusatzfähigkeiten erhalten, um die Auswahl zu erleichtern (die Rückseite zeigt alle Landschaftsarten des Spielplans und eine Kurzfassung der Spielregeln) - um die bestmögliche Kombination herauszufinden, in der Hoffnung kein Mitspieler möge  

ausgerechnet das "Dreamteam" wegschnappen.

 

Worum geht‘s? Leute, denen Smallworld nicht gefällt (ja, die gibt‘s wirklich) würden es so zusammenfassen: Plättchen auslegen, Punkte zählen, der Nächste bitte. Dass dabei jede Menge Spaß und Interaktion ("schau der dicke Verteidigungsstapel von "X", den kannst du mit deinem Drachenbändiger mit nur einem Marker erobern", "Y" hat in der letzten Runde auffallend viele Punkte gemacht, wenn du gewinnen willst musst du den angreifen", "die Skelette haben dir die Bergfestung genommen, räche dich"---usw.) stattfindet, fällt bei dieser Beurteilung unter den Tisch.

Also, der erste Spieler wählt eine Rasse, die oberste in der Reihe kostet nichts, für die zweite muss er 1 bezahlen, für die dritte 2 usw. Nehme ich beispielsweise das 5. Rassenbanner muss ich auf jedes davor liegende 1 Münze legen, so bringen

"schwächere" Völker, die mehrmals nicht erwählt werden, sogar Einnahmen. Nach Bezahlung der Kosten nimmt der Spieler das Banner mit Zusatzfähigkeit und legt es vor sich, dann erhält er die dazugehörigen Marker (wie viele steht auf der von ihm erworbenen Kombination), mit denen er möglichst viele Regionen zu erobern versucht. Der Feldzug muss aber am Spielfeldrand beginnen und er darf nur benachbarte Felder angreifen (Ausnahme: die Halblinge dürfen überall beginnen).

 

Für ein leeres Feld brauche ich 2 Marker, jeder darauf liegende Gegenstand erfordert einen weiteren (kann Berg, Verteidigungsanlage oder gegnerische(r) Marker sein). Merke: der Angreifer verliert keine Plättchen er verbraucht sie nur zum Erobern und kann seinen Feldzug fortsetzen, bis alle am Brett liegen. Bleiben welche über, zu wenige, um damit eine weitere Region zu besetzen, kann er einen sogenannten "letzten Angriff" versuchen: Es gibt bei Smallworld einen sechseitigen Spezialwürfel mit 3 leeren Feldern und den Augenzahlen 1, 2 und 3, gelingt ein ausreichend hoher Wurf, um die erforderliche Markeranzahl zu erreichen, ist der Angriff geglückt, eine weitere Provinz "wurde befreit".

Nun kann noch das Reich umgeordnet werden, d.h. die Marker können - zu Verteidigungszwecken - beliebig umgruppiert werden (inklusive übriggebliebene

von erfolglosen "letzten Angriffen"), aber es sollte zumindest einer in jedem Feld liegen bleiben, damit es Siegpunkte bringt. Zu guter Letzt werden die Provinzen gezählt, jede ist 1 Punkt wert, dazu kommen Boni (wie schön, dass es sowas nicht nur für erfolglose Bankmanager gibt) für Besitz oder Eroberung bestimmter Felder - je nach Eigenschaften der Völker.

Dann folgt die "aktive Phase" des nächsten Spielers, der nun seinerseits ein

Rassenbanner auswählt (in die entstandene Lücke werden die weiter unter liegenden nachgeschoben und vom Nachziehstapel ergänzt).

Um dem ersten Spieler den Feldzug nicht zu leicht zu machen, wird vor Spielbeginn eine erhebliche Anzahl Plättchen eines anonymen untergegangenen Volkes auf festgelegte Felder platziert. Die nächste Runde beginnt, sobald alle Spieler durch sind, das Spiel endet nach 8-10 Runden -je nach Anzahl der Teilnehmer.

Wer wieder an der Reihe ist, hat nach Begutachtung der traurigen Reste seines Reiches zwei Möglichkeiten: er nimmt die restlichen Marker wieder auf die Hand

um damit weitere Eroberungen zu machen (RACHE!!--ist aber nicht immer die beste Idee ) - sollte dabei aber in jedem Land mindestens 1 zurücklassen um dieses nicht auch zu verlieren - sind es aber zu wenige, um damit noch zusätzliche Punkte zu ergattern, kann er sein aktuelles Volk untergehen lassen.

 

Das ist oft einfach notwendig um mehr Siegpunkte zu erreichen, da durch die limitierte Markerzahl der Ausbreitung Grenzen gesetzt sind.

Wer sich für Untergang entscheidet, nimmt alle Marker bis auf einen pro Feld vom Spielplan und dreht die verbliebenen um, die graue Rückseite zeigt auch dieses Volk, dann zählt der Spieler die Anzahl der Felder im Besitz dieser Rasse und erhält die

entsprechende Anzahl an Münzen, damit ist sein Zug zu Ende. Ein neues Rassenplättchen kann erst am Beginn des nächsten Zuges ausgesucht werden, das

alte wird umgedreht, die Zusatzeigenschaft wird abgegeben. Die Regionen, in denen die Plättchen der ausgestorbenen Rasse liegen, bringen auch weiterhin jede Runde Siegpunkte, dazu kommen die Punkte des neuen  Volkes. Keiner darf mehr als ein umgedrehtes Rassenbanner haben (es gibt 1 Ausnahme).

 

Gerade die Wahl des richtigen Zeitpunktes des Untergangs kann über Sieg oder Niederlage bei Smallworld entscheiden.

Marker verliert man nur als angegriffener Spieler, einen pro verlorenem Feld, weitere erhält man zurück auf die Hand und darf sie nach Ende des Zuges des aktiven Spielers auf die verbliebenen eigenen Länder platzieren.

 

Die Spielregeln sind im Grunde recht einfach--und ja, es handelt sich im Prinzip um das etwas abgeänderte Spiel "Vinci" vom selben Autor.

Smallworld ist aber abwechslungsreicher und bunter als Vinci, durch die begrenzte Rundenzahl ist es kürzer und auch spannender: Da es statt einer Siegpunkteleiste Münzen verschiedener Werte mit gleicher Rückseite gibt, ist nicht offensichtlich wer in Führung liegt.*) Die Spielgestaltung ist ansprechender und hübscher, weniger "trocken" (wenn auch manche meinen etwas unübersichtlicher) und gefällt auch Jüngeren und Unerfahreneren besser - es ist durchaus als Spiel mit Gelegenheitsspielern geeignet und schreckt nicht durch lange komplizierte Regeln ab, sondern ist rasch erklärt. Eine gute neue Idee ist der "letzte Angriff", der Risikobereitschaft fördert und nüchterne Kalkulation durch ein wenig Glücksmoment

relativiert, was gerade "aus dem Bauch heraus"- Spielern entgegen kommt. In Smallworld ist es erlaubt, das neue Volk neben dem eigenen untergegangenen anzusiedeln und somit dessen Fortbestand zu sichern, man wird auch nicht zu

bestimmten Angriffen gezwungen, da es nicht vorgeschrieben ist, ein durch feindliche Angriffe zerschnittenes Reich wieder zusammenzufügen.

 

Nicht zuletzt eröffnet die Verlegung in ein Fantasieland statt Europa mehrere Möglichkeiten für Zusatzeigenschaften. Es steht eine schier unendliche Zahl von Kombinationsmöglichkeiten von Rasse- und Zusatzfähigkeiten zur Verfügung, die erheblich zum Unterhaltungswert von Smallworld beitragen, für Abwechslung ist gesorgt, da immer wieder neue Situationen auftreten. Es gibt fallweise sehr starke

Kombinationen von Eigenschaften, die aber zu einem anderen Zeitpunkt des Spiels mit anderen gegnerischen Rassen völlig versagen können (also keine den "Killerdecks" bei manchen Trading Card Games vergleichbare Situation).

Die Spielregel ist übersichtlich, gut gegliedert, mit Spielbeispielen erklärt und teilweise witzig illustriert. Es bleiben keine Fragen offen, die wenigen aufkommenden Streitigkeiten mit Haarspaltern (".. ich verstehe dies aber anders, hier steht nirgends, dass ich das nicht tun darf!") konnten rasch mit kurzem Regelstudium beigelegt werden.

 

Smallworld lebt aber von den Ausnahmen der sehr einfachen Grundregeln: beispielsweise dürfen die Guhle beim Aussterben alle Plättchen behalten und sogar angreifen (sie sind ja Untote), Zwerge erhalten auch untergegangen Extrapunkte für

Minenfelder, Elfen verlieren keinen Marker beim Verlust eines Feldes und 2 Völker können sich sogar vermehren - die Skelette und die Hexenmeister.

Manche Völker haben Angriffsboni (verbrauchen weniger Marker), andere verteidigen besser (erhalten Plättchen wie z.B. Trollhöhlen = Verteidigung plus 1, oder sind auf manchen Feldern gar unangreifbar). Es gibt "schnelle" (rasche Ausbreitung, schneller Untergang günstig) und "langsame" Rassen (z.B. Elfen, überleben länger, da ihre Zahl durch feindliche Angriffe nicht absinkt), und andere, die aus bestimmten Landschaften mehr Punkte erhalten (Menschen im Ackerland, womöglich mit Zusatzfähigkeit Händler).

 

Richtig bunt wird es aber erst bei den Zusatzeigenschaften: Angriffe werden leichter, Eroberung bereits besiedelter Felder bringt Extrapunkte, "fliegend" erlaubt jedes Feld am Plan anzusteuern, "Höhlenbewohner" erobern Höhlenfelder (Markierung am Plan, wie Minen oder magisches Land) leichter, außerdem gelten diese als zueinander benachbart, sodass Angriffe am anderen Spielplanende aus dem Untergrund kommend möglich sind. "Berseker" dürfen bei jedem Angriff vorher den Würfel verwenden und dann entscheiden welches Land sie mit dem Ergebnis angreifen...

 

Meine Lieblingstruppe waren zunächst die Hexenmeister, sie dürfen in jeder Runde bei jedem angrenzenden Gegner 1 einzeln liegendes Rasseplättchen durch ein zusätzliches!! Plättchen der Hexer ersetzen, sie können sich also vermehren

und so gewann ich. Im nächsten Spiel griff ich hocherfreut wieder nach diesem Volk, aber es war die erste Runde, um mich zumeist "untergegangene Rasse"-Marker,

und die Mitspieler hatten noch keine Region mit einem einzelnen Plättchen, keine Vermehrung  möglich, überflüssig zu erwähnen, dass sich alle Mitspieler sofort auf meine armen Lieblinge stürzten und so war ich gezwungen sie gleich wieder

untergehen zu lassen. Iich hatte übersehen, dass die Fähigkeit nur bei aktiven Rassen anwendbar ist und stellte bei späteren Spielen fest, dass die Anwesenheit der Hexenmeister erheblich die Entscheidung, ein benachbartes Volk untergehen zu lassen beschleunigte.

 

 Zusammenfassend möchte ich sagen, dass Smallworld ein trickreiches, schnelles (1,5 -2 Stunden dauerndes), witziges und buntes Spiel ist, seine Stärke liegt in den ständig wechselnden Konstellationen am Plan, in den immer wieder neuen

Kombinationen, es fordert Kampfbereitschaft (defensives Einigeln führt nur ausnahmsweise zum Erfolg) und Gefühl für richtiges Timing. Der Glücksfaktor ist minimal, aber erhöht etwas die Bereitschaft zu riskieren, was dem Spiel-verglichen mit Vinci gut tut. Dieses Spiel ist sowohl für Gelegenheits- als auch Vielspieler gut geeignet und kann auch Taktiker herausfordern, da es einiges zu überlegen

gibt, während man auf den nächsten Zug wartet, wenn man mit den richtigen Leuten spielt ist man als Wartender ohnehin mit heftigem Intrigieren beschäftigt.

Bei den Links auf der Days of Wonder-Homepage gibt es ganz interessante Taktiktipps zu den verschiedenen Rassen- leider noch nicht für alle und nur auf französisch.

 

*) wer Spaß daran findet kann versuchen sich die Einnahmen der Mitspieler

zu merken um zu wissen, wer in Führung liegt.

 

Christoph.proksch@spielen.at

 

Spieler         : 2-5

Alter            : ab 8 Jahren

Dauer           : ca. 120 min

 

Autor           : Philippe Keyaerts

Grafik          : Miguel Coimbra

Vertrieb A.   : Piatnik

Preis            : ca. 42,00 Euro

Verlag          : Days of Wonder 2009

                     www.daysofwonder.com

 

Genre                    : Aufbauspiel

Zielgruppe             : Für Experten

Mechanismen         : Einheiten setzen, Gebiete erweitern

 

Zufall                     : 3

Wissen                  :

Planung                 : 7

Kreativität              :

Kommunikation      : 7

Geschicklichkeit      :

Action                   :

 

Kommentar:

Hoher Wiederspielwert durch immer neue Kombinationen

Taktik mit geringem Glücksfaktor

Bei Spielbegleitung auch als Familienspiel geeignet

Schnell zu lernen, hohe Spieltiefe

 

Vergleichbar:

Vinci, aber auch Conquest (nüchterner, schwieriger)

 

Atmosphäre           : 7

 

Christoph Proksch:

Gefällt mir sehr, witzig, sehr unterhaltend, mein heuriger Liebling neben Battlestar Galactica.