UNSERE REZENSION
SCHATZSUCHE IM DSCHUNGEL
RELIC RUNNERS
AUF INDY’S SPUREN
„Jäger des verlorenen Schatzes“ mit Harrison Ford (alle Teile), Michael Douglas in „Die Jagd nach dem grünen Diamanten“, Richard Chamberlain in „Quatermain oder die Trilogie der Mumie“ und noch einige andere Filme, die das Thema der Schatzsuche als Plot haben. Wie schon so oft, wenn ich mich mit einem Thema eines neuen Brettspiels auseinandersetze, fallen mir einige Filme und deren unsterbliche Protagonisten ein.
Eine Schatzsuche und damit verbundenen Abenteuer, verschlossene Kammern, versteckte Falltüren und Reichtümer die es zu entdecken gibt, um Geheimnisse der Geschichte damit zu lüften - für viele ein Traum dies einmal zu erleben. Da dies fast nicht machbar ist, erfreuen wir uns an Büchern, Filmen oder Spielen, die uns dorthin entführen.
Relic Runners von Days of Wonder ist so ein Spiel und wir werden sehen, ob es hält, was es auf der Schachtel verspricht. In Verzücken versetzt uns auf jeden Fall das Spielmaterial. Wie wir es von diesem Verlag gewohnt sind, fast schon pompös. Figuren, Wegstücke, Werkzeugkisten und Schätze in stolzer Aufmachung, die auch auf einen höheren Verkaufspreis schließen lässt, aber den Preis r auf alle Fälle wert ist. Hier bekommt man noch Material für seine Euros.
Der quadratische Spielplan zeigt uns ein Wegenetz von Straßen und Flüssen, die beide gleichwertig im Zugmechanismus sind, einzig die Flüsse haben noch Werkzeugkisten abgebildet, die es nur dort zu finden gibt. Im Zentrum ist das Basislager und auf jeder Kreuzung befindet sich ein Platz für einen Tempel.
Nach dem Ausbrechen der Teile sollte man die leeren Stanztafeln unter den Spieleeinsatz der Schachtel geben, damit dieser mit dem Schachtelrand abschließt und kein Material sich in der Schachtel selbstständig machen kann. Ich schicke aber voraus, dass man gut schlichten können muss, denn der Platz für das Material ist knapp bemessen. Es gibt drei verschiedene Aufbautipps für die Partien, einen für das erste Spiel, eine standardisierte Variante und eine zufällige.
Jeder Tempel setzt sich aus drei Stufen zusammen. Von den 8 violetten, 6 elfenbeinfarbenen und 6 blauen Tempel werden je vier auf dem Spielplan platziert. Auf die anderen Tempelfelder werden je 3 Ruinen-Plättchen übereinander gelegt. Bei 2 Spielern nimmt man nur 2 Ruinen und die obersten (kleinsten) Tempelplättchen werden entfernt. Das restliche Material kommt in die Schachtel und bringt bei weiteren Spielen ein wenig Abwechslung ins Spiel.
Zu jedem Fluss kommt ein Werkzeugkistenplättchen und jeder Spieler erhält ein Tableau mit seiner Figur, die er repräsentiert. Die Spezialfunktion jeder Figur soll man laut Regel in der ersten Partie oder bei Familien nicht spielen. Jedes Set beinhaltet eine Figur, 3 Werkzeugkisten und 10 Wegstücke derselben Farbe.
Die Figuren kommen ins Basislager, eine Werkzeugkiste kommt unter die drei Fortschritttabellen und jeder bekommt 3 Tagesrationen. Pro Spieler kommen noch 2 Rationen ins Basislager, der Rest in die Schachtel. Zu guter Letzt werden die obersten violetten Plättchen der Tempel aufgedeckt und der Wettlauf um die schönsten Schätze kann beginnen.
Wer am Zug ist, muss folgende Aktionen durchführen: Bewegen und danach erforschen, dann kommt der nächste Spieler an die Reihe. Die Figur muss bewegt werden, auch wenn es vorteilhafter wäre stehen zu bleiben. Außerdem ist es nicht erlaubt, seinen Zug am Ausgangsfeld zu beenden.
Man bewegt sich entlang seiner gelegten Wegstücke und darf zu Beginn seiner Bewegung oder am Ende seiner Bewegung einen unbekannten Pfad (ohne Wegstück) betreten. Jedes Wegstück darf in einem Zug nur einmal betreten werden und die Werkzeugkisten, die auf den Flusswegen liegen, müssen genommen werden, so sie nicht schon entdeckt wurden. Das Basislager ist immer das Ende einer Strecke.
Im Basislager angekommen, darf sich der Spieler 3 Rationen nehmen, das Limit liegt bei 5. An allen anderen Stellen befinden sich Tempel und Ruinen und gegen die Abgabe einer Ration kann man diesen Ort erforschen. Die Rationen werden ins Basislager zurückgelegt.
Auf einem Ruinenfeld angekommen, legt man das oberste Plättchen ab und darf ein Wegstück seiner Farbe auf einen Weg legen, der an diese Ruine angrenzt. Es darf auf jedem Weg ein Wegstück jedes Spielers liegen. Kommt man zu einem elfenbeinfarbigen Tempel, deckt man das Plättchen auf und deklariert laut dessen Aktion. Diese Plättchen bleiben offen vor dem Spieler liegen.
Es ist nicht erlaubt, elfenbeinfarbige Plättchen derselben Stufe zu besitzen. Tritt der Fall ein, dass man eines bekommt, dann muss man eines der beiden sofort einsetzen oder abgeben. In beiden Fällen bekommt man sofort 2 Siegpunkte dafür. Diese Tempel haben in der untersten Stufe zusätzliche Siegpunkte am Spielende, in der mittleren Stufe eine einmalige Aktion und in der obersten Stufe einen dauerhaften Effekt, der aber nur bei bestimmten Aktionen ausgeführt wird.
Erforscht man blaue Tempel, macht man dies geheim und legt die Plättchen verdeckt vor sich ab. Es sind immer Siegpunkte, je nach Plättchen und Stufe 2 bis 5. Die offen ausliegenden Plättchen der violetten Tempel zeigen Aktionen, die sofort ausgeführt werden. Danach wird sofort das nächste Plättchen des Tempels aufgedeckt.
Wird das letzte Plättchen eines Tempels oder einer Ruine aufgedeckt, ist der Ort zur Gänze erforscht und es wird auf die freie Kreuzung ein Schatz der passenden Farbe gestellt. Beginnt ein Schatzsucher auf einem Feld mit einem Schatz und beendet seine Bewegung ebenfalls auf einem Feld mit einem Schatz derselben Farbe, bekommt er den Schatz des Zielfeldes und doppelt so viele Punkte wie er Wege für diese Reise benutzt hat.
Eine sehr wichtige Sache in diesem Spiel soll nicht unerwähnt bleiben, die Werkzeugkisten. Wie ich schon oben erwähnte muss man die Kisten nehmen, so sie noch aktiv sind, und muss auf der Fortschritttabelle um so viele Felder nach oben ziehen. Auf Grund dieser Muss-Aktion sollte man gut vorher planen ob es auch sinnvoll ist eine Kiste zu nehmen, denn man kann immer nur die Aktion der Spalte ausführen wo die Kiste steht.
Im Normalfall hat jeder Spieler nur eine Kiste auf der Tabelle zur Verfügung. Durch violette Tempelplättchen oder durch die Spezialfunktion eines Spielers kann man auch zwei oder drei besitzen. Man kann dann die Stufen für die Kisten auch aufteilen.
Es gibt 3 Spalten auf der Fortschritttabelle, eine für Erforschung und Versorgung, eine für Bewegung und eine verschafft zusätzliche Aktionen oder Boni. In einer Spalte dürfen sich auch mehrere Kisten des Spielers befinden. Werkzeugkisten auf dem Spielfeld, die entdeckt wurden, werden auf die graue inaktive Seite gedreht.
Wird das letzte Werkzeugkistenplättchen verdeckt, werden sofort alle Plättchen wieder aktiv und der Spieler bewegt eine seiner Kisten auf seiner Tabelle um ein Feld weiter nach oben. Während seines Zuges kann der Spieler jeder Zeit eine Kiste einsetzen und die damit verbundene Aktion nutzen.
Er darf allerdings eine Aktion (Bewegen oder Erforschen) nicht unterbrechen. Aktionen müssen immer zur Gänze ausgeführt werden und pro Zug darf nur eine Kiste eingesetzt werden. Somit sollte man speziell gegen Ende des Spieles darauf achten, dass man seine Kisten bei Zeiten aufbraucht.
Es beginnt die letzte Runde, sobald ein Spieler bei 2 Spielern den 7. Schatz, bei 3/8, bei 4/9 und bei 5 den 10. Schatz genommen hat. Mit Ausnahme dieses Spielers ist jeder noch einmal an der Reihe. Zu den Siegpunkten, die man während des Spieles erhalten hat, rechnet man die Siegpunkte der Tempelplättchen dazu und bekommt für jede Schatzfarbe 5 Siegpunkte.
Einige Bonusplättchen belohnen auch, dass man Schätze der gleichen Farbe besitzt. Eventuelle Gleichstände werden zuerst durch die Anzahl der Schätze gelöst und danach durch die Unterschiedlichkeit derselben.
Für ein Erstlingswerk ist Relic Runners nicht schlecht gelungen. Matthew Dunstan hat schon früher Spiele entwickelt, ist aber über die australischen Landesgrenzen nicht hinaus gekommen. Das 2. veröffentlichte Spiel 2013 war ein Kartenspiel, das über das Web publiziert wurde. Das Erfinden von Spielen hat ihn bis zu diesem Zeitpunkt eher von seinem Studium abgehalten.
Die erste Partie war ein Chaos, keiner wusste so Recht was tun und wohin man ziehen soll. Die Regel tat das ihrige dazu, uns den Start zu erschweren. Aber wir haben uns durchgekämpft und der Reiz war groß genug, dem Spiel eine 2. Partie zuzumuten, oder besser gesagt uns. Wenn man aber die recht einfachen Mechanismen und die wenigen Regeln im Kopf hat, dann kann man sich auf die Wege und die Tempel konzentrieren.
Dass die Wege und das verbundene Legen der Wegstücke das zentrale Element des Spieles sind, das haben wir erst nach der 2. Partie verstanden. Damit ergibt sich aber das Problem der fehlenden taktischen Tiefe, denn wenn es nur eine brauchbare Siegstrategie gibt und alle streben danach, fehlen in kürzester Zeit die Ruinen um Straßen zu bauen, und damit bekommt der Startspieler einen kleinen Vorteil.
Ansonsten laufen die die Züge problemlos ab und die Durchführung ist mit dem Wissen der Regel im Kopf einfach zu handhaben und ab diesem Zeitpunkt auch für Familien und Wenig Spieler zu meistern. Immer vorausgesetzt sie kommen so weit.
Die Regel ist, ich bin es von diesem Verlag nicht gewohnt, schlecht strukturiert und vollkommen überladen. In diesem Falle wäre „weniger ist mehr“ besser gewesen. Die Erläuterung der Tempelteile in einem separaten Schlussteil und nicht mitten in der Regel brächte hier schon Erleichterung. Selbst ich als erfahrener Regelstudierender musste immer wieder suchen, nachlesen und hin und her blättern. Durch die Platzierung nimmt Otto Normalverbraucher an, dass die Punkte sofort wichtig sind und versucht, sie sofort zu verinnerlichen. Genaugenommen ist es aber absolut uninteressant welche Plättchen welche Funktion haben. Das kann man nachlesen. Einige kleine Regelzusätze erachtet man als so nebensächlich, dass man sie unwillkürlich wieder verdrängt und am Ende das Gefühl hat, etwas falsch gemacht zu haben.
Fehler hat die Regel keine, ich bin mir aber bei 2 Punkten nicht sicher ob sie relevant sind. Sind die Punkte der Spieler geheim? Bei den blauen Tempelplättchen wird dezidiert darauf verwiesen, aber nicht bei den anderen Siegpunkten. Der 2. Punkt ist, wenn man das 2. elfenbeinfarbige Plättchen derselben Größe bekommt. Man muss eines der beiden abgeben und bekommt 2 Punkte gutgeschrieben.
Ist das auch so wenn man es einsetzt? Bekommt man dann auch 2 Punkte? Die Regel ist zu diesem Punkt für mich nicht deutlich genug. Wir haben beschlossen, ja, man bekommt sie und ich habe es oben auch so erklärt. Gut finde ich die drei Varianten für Einsteiger, Standard und Profis, und interessant, dass ich Regeln in Ungarisch, polnisch und russisch gefunden habe.
Material und Grafik sind klassisch Days of Wonder, wie wir es gewohnt sind. Mich erinnern die gezeichneten Charaktere ein wenig an Cluedo. Der eine schaut aus wie Oberst Gatow, der Zweite wie Professor Bloom und der einen Dame kann man ein Verwandtschaftsverhältnis zu Fräulein Ming nicht absprechen. Der Plan ist solide gezeichnet, unterstützt das Spiel und macht es übersichtlich.
Bei Taktik und Strategie schwächelt es ein wenig. Zuerst sei erwähnt, am besten geht es zu dritt und gar nicht zu fünft. Ich meine damit, man kann es spielen, aber planen kann man zu fünft nichts mehr. Da verschwinden Tempel und Schätze noch bevor man am Zug ist und es besteht die Gefahr der Teambildung. Das Problem hatten wir auch zu viert, und auch das des passiven Spiels, denn keiner will einen anderen eine Vorlage liefern.
Genau genommen ist Relic Runners auch keine Abenteuerjagd oder Schatzsuche, es hat mehr von einem Eisenbahnspiel, denn das Bauen der Wege steht im Zentrum und daher wirkt es sehr trocken und analytisch und genau genommen wird derjenige der als erstes einen Tempel fertig erforscht, bestraft, denn den Schatz holt sich mit Sicherheit ein anderer. Damit wirkt es für mich, als ob ich gespielt werde.
Aber, und das fand ich interessant, trotz dieser Stolpersteine, die ich aus den Weg räumte und den Zugang vereinfachte und der teilweise trockenen Atmosphäre hat meine Familie immer weitere Partien verlangt und sie haben es mittlerweile auch ohne mich gespielt und das ist für meine Leute bemerkenswert. Somit muss das Spiel etwas an sich haben, das sich mir vielleicht nicht erschließt.
Keinesfalls unterschätzen darf man die Fortschritttabelle. Die Kisten sollten dort immer rechtzeitig genutzt werden und gegen Ende des Spieles auf den richtigen Feldern stehen, zum Beispiel für Verdoppeln der Punkte für eine Schatzsuche usw. Wer hier richtig platziert kann fette Punkte abräumen oder wichtige Wege umbauen.
Achtet auf die Wege, vernachlässigt nicht die Tempel, achtet auf die Versorgung mit den Rationen und vergesst nicht auf die Werkzeugkisten. Unterm Strich braucht man Ausdauer oder einen Regelkenner für den Start und man darf sich keine hohe Strategie oder tiefe Taktik erwarten, dann ist man bei Relic Runners laut meiner Familie richtig. Es scheint wohl doch mehr ein Familienspiel zu sein, als für Freunde oder Kenner wie ich vermutete - wer hätte das zu Beginn gedacht?
Kurt Schellenbauer
Spieler: 2-5
Alter: 10+
Dauer: 80+
Autor: Matthew Dunstan
Grafik: Julien Delval
Preis: ca. 45 Euro
Verlag: Days of Wonder 2013
Web: www.daysofwonder.com
Genre: Zugspiel, Entdeckerspiel
Zielgruppe: Für Familien
Spezial: 2 Spieler
Version: multi
Regeln: de hu pl ru + en fr
Text im Spiel: ja
Kommentar:
überladene schlecht strukturierte Regel
tolle Ausstattung
aufgesetztes Thema
am besten zu dritt, zu fünft nicht planbar
Vergleichbar:
Löwenherz, Java, Mexica
Andere Ausgaben:
In englischer und französischer Sprache
Meine Einschätzung: 4
Kurt Schellenbauer:
Die Planlosigkeit in der ersten Partie legt sich in der zweiten oder dritten Partie und lässt dann auch mehr Spielspaß aufkommen; leider stellt sich dann auch heraus dass die taktischen Möglichkeiten begrenzt sind.
Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 1
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 1
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0