Es ist ein kalter November morgen 1432, kurz vor Sonnenaufgang. Dichter
Nebel liegt über dem Feld, das noch friedlich vor uns liegt. Die Nervosität ist
spürbar, die Pferde der Kavallerie scharren bereits mit den Hufen. Leise gebe
ich meinen Bogenschützen den Befehl, sich bereit zu machen. In der Stille des
Morgens glaubt man das Singen der gespannten Bögen hören zu können. Auf einem
Hügel auf der anderen Seite des Feldes ist eine kleine Bewegung zu sehen, meine
Bogenschützen schalten blitzschnell und feuern ihre tödlichen Geschosse ab. Die
Schlacht hat begonnen – Willkommen in der Welt von Battlelore!
Seit einiger Zeit hatten viel versprechende Werbungen unsere Neugier auf Battlelore
angeregt. Ein nicht zu lange dauerndes strategisches Spiel, das trotzdem genug
Möglichkeiten bietet; eine Produktion des Verlags Days of Wonder; Krieger,
Kobolde, Zwerge, Monster und Magie… Alle Zutaten waren scheinbar da, um für
eine spannende Spielsitzung zu sorgen. Und endlich konnten wir das
geheimnisvolle Spiel ausprobieren. Mit (fast) zitternden Händen nahmen wir also
die schwere Schachtel mit, legten sie auf den Tisch und öffneten sie mit
bewundernden Augen, wie eine lang gesuchte Schatztruhe.
Der Schatz
Wenn man die Schachtel vor sich liegen sieht, möchte man erst gar nicht
glauben, dass ihr Inhalt all die Versprechen halten kann, die die Werbung
gemacht hat. Aber schon beim Abnehmen des Deckels wird klar: hier wurde kein
Millimeter Platz verschwendet. Der sehr stabile, gefaltete Plan nimmt schon
einmal einen großen Teil des Platzes weg, der Rest wird dann von den vielen
einzelnen Figuren, den Kommando- und Machtkarten (dazu später mehr) und den
anderen Teilen des Spiels eingenommen. Obwohl es ein Spiel für 2 Personen
ist, sollte man einen ausreichend großen, länglichen Tisch wählen. Das ganze
Geschehen findet zwar auf dem Plan statt, man benötigt aber genügend Platz zum
Würfeln und für das Auslegen aller Karten.
Bei der Vorbereitung zum Spiel fallen einem die vielen (zwar nicht bemalten
aber trotzdem sehr schön gemachten) Figuren des Spiels auf. Man findet zum
einen berittene Einheiten, verschiedene Infanterieeinheiten mit Schwert sowie
Bogenschützen. All diese Einheiten gibt es sowohl als Menschen als auch – und
damit kommt die Phantasie ins Spiel – als Zwerge und Kobolde. Und dann gibt es
natürlich noch – in Form einer überdimensionalen Spinne – die Kreatur, die dem
Basisspiel beigelegt wurde – ein komplettes Set also.
Was auch sofort ins Auge fällt ist die dicke Spielanleitung die uns ein
langes Regellesen befürchten lässt – was sich aber schlussendlich nicht
bewahrheitet hat. Außerdem findet sich noch ein Heft mit verschiedenen
Szenarien.
Zuerst nehmen wir uns den vielleicht unangenehmsten Teil des Spiels vor:
die Regeln. Beim ersten Durchblättern wird schnell klar: Die nächste positive
Überraschung wurde in das Regelheft gepackt. Die gut erklärten und leicht zu
verstehenden Regeln nehmen nur einen kleinen Teil des gesamten, beinahe
fingerdicken Heftes ein. Der Rest ist eine Erklärung der einzelnen Einheiten und
ihrer Fähigkeiten sowie eine Beschreibung der Fantasy-Einheiten der Zwerge und
Kobolde sowie der beigelegten Kreatur. Am Ende findet sich noch ein Lexikon der
verwendeten Begriffe, welches ein schnelles wieder Finden der wichtigsten
Eigenschaften und Spielzüge leicht macht.
Im kleineren der beiden beigelegten Hefte finden sich eine Menge an
Szenarien, unter anderem natürlich auch ein Einführungsspiel ohne viele
Schnörkel und unnötige Verzierungen – genau richtig, um schnell und einfach die
wichtigsten Grundlagen und Regeln verstehen zu können. Dank hilfreicher Tipps
in der Anleitung geht der Aufbau des ersten Szenarios rasch, das Gelände wird
mit Hilfe der verschiedenen Landschaftsplättchen – sie stellen Wälder, Hügel
und sogar Flüsse dar – gestaltet und anschließend die Einheiten platziert. Uns
fällt die Einteilung des Planes in gleich große wabenförmige Felder auf, die
interessante Züge und Stellungen der Einheiten zulässt. Die einzelnen Felder
sind versetzt zueinander angeordnet – man kann also nicht einfach gerade über
den Plan auf den Gegner marschieren, sondern muss einen Zick-Zack-Kurs in Kauf
nehmen.
Nachdem die richtige Anzahl Kommandokarten, die Karten mit den
Kurzerklärungen der Regeln sowie der Fähigkeiten und Einschränkungen der
Einheiten an die Spieler verteilt wurden, geht es auch schon los.
Phantastische Schlachten
Das Thema und das Ziel des Spieles sind sehr leicht zu begreifen. Jeder
Spieler führt eine Armee in den Kampf und versucht dabei, bestimmte Aufgaben zu
lösen. Meistens geht es nur darum, eine gewisse Anzahl von gegnerischen
Einheiten auszuschalten. Es kann aber auch wichtig sein, bestimmte Felder des
Spielplans zu besetzen, um dabei strategische Orte in Besitz zu nehmen. Jedes
Szenario beschreibt das von den Spielern zu erreichende Ziel, die
Startaufstellung der Armeen und die Vorbereitung des Spielplans. In dieser
Landschaft wird dann jeder Spieler seine Truppen bewegen und die feindliche
Armee angreifen können. Dabei wird er natürlich versuchen, die Eigenschaften
des Schlachtfeldes für sich am besten zu nutzen (z.B. bieten Wälder einen
gewissen Schutz gegen Angriffe, hinter Hügeln kann man sich verstecken usw.).
Wenn ein Spieler am Zug ist, sieht seine Runde folgendermaßen aus: Zuerst
spielt er eine so genannte Kommandokarte aus, die ihm erlaubt, eine gewisse
Anzahl seiner Einheiten zu aktivieren. Um welche es sich handelt, hängt von der
Karte ab. Manche erlauben z.B. Einheiten eines bestimmten Typs (Bogenschützen,
leichte Krieger, schwer bewaffnete Kämpfer usw.), andere Einheiten in einer
bestimmten Zone des Spielplans (z.B. Einheiten im rechten Flügel) zu
aktivieren. Natürlich hat der Spieler nicht immer die Karte in der Hand, die er
gerade jetzt braucht, und muss dann sich damit begnügen, Einheiten zu
aktivieren, wo es gerade nicht wirklich passt… Diese Kompromisse sind im Spiel
unvermeidbar und jeder Kriegsführer muss einfach lernen, aus jeder Situation
das Beste zu machen.
Nachdem der Spieler die aktivierten Einheiten ausgewählt und seinem Gegner
gezeigt hat, kann er sie bewegen. Dabei bewegen sich berittene Einheiten
natürlich schneller als Infanterie, und schwer gepanzerte Einheiten generell
langsamer als die anderen. Erst nachdem er alle gewünschten Bewegungen durchgeführt
hat, kann er sie den Gegner angreifen lassen, wenn sie dazu noch fähig sind.
Bogenschützen können logischerweise aus der Ferne angreifen, die anderen müssen
in Kontakt mit dem Feind sein.
Dann zieht der Spieler eine neue Kommandokarte vom Stapel, und der andere
Spieler ist dran.
In einem Spiel über phantastische Schlachten haben natürlich Kämpfe eine
wesentliche Rolle. In Battlelore sind sie genauso schnell wie einfach. Der
Typ jeder Einheit (schwer, mittel oder leicht) zeigt sich an der Farbe ihrer
Flagge: grün, blau oder rot. Wenn sie angreift, muss sie (je nach Stärke) eine
gewisse Anzahl spezieller 6-seitiger Würfel würfeln. Drei Seiten dieser Würfel
sind mit einer dieser Farben gekennzeichnet. Um die Einheit zu treffen, und
somit ihre Figur(en) zu „töten“ (wegzunehmen), muss man ihre Farbe würfeln.
Zwei rote Ergebnisse gegen eine rote Einheit fügen ihr also zwei Schaden zu,
und sie verliert somit zwei Figuren. Wenn ihre letzte Figur (immer der
Flaggenträger) getötet wird, ist die Einheit völlig vernichtet. Simpler geht’s
nicht!
Jeder Würfel zeigt also die Farben grün, blau und rot an. Aber, werden Sie
sicher fragen, was ist mit den drei letzten Seiten? Die vierte Seite ist mit
einem orangen Schild gekennzeichnet und stellt einen so genannten
„Bonus-Schlag“ dar. Ein Bonus-Schlag wird einfach wie ein Treffer behandelt - außer
bei den Bogenschützen. Für sie ist ein solches Ergebnis ein Fehlschlag, was
Nahkampfangriffe dementsprechend ein bisschen gefährlicher macht. Außerdem
können berittene Einheiten ein Bonus-Schlag-Ergebnis ignorieren, solange es von
einer Infanterie-Einheit gewürfelt wurde: Kavallerie ist gegen Infanterie also etwas
widerstandsfähiger.
Kopf hoch!
Das fünfte mögliche Würfelergebnis zeigt eine schwarze Flagge und rührt an die
Moralregeln an. Diese einfachen Regeln sind im Spiel extrem wichtig und
beeinflussen die taktischen Entscheidungen der beiden Kriegsführer sehr.
Eine schwarze Flagge bedeutet normalerweise, dass die angegriffene Einheit
Angst bekommt und die Flucht ergreift. Dabei muss sie sich sofort in Richtung
der eigenen Seite bewegen, und zwar so viele Felder, wie die Anzahl gewürfelter
schwarzen Flaggen. Ist dies nicht möglich (weil z.B. eine andere Einheit im Weg
steht), muss sie ein paar Figuren verlieren, was auch zu ihrer totalen
Vernichtung führen kann. Auf jedem Fall gerät oft die schön geplante
Truppenstellung des angegriffenen Spielers dadurch total durcheinander…
Wenn die Einheit fliehen muss oder vernichtet wurde, hat außerdem die
angreifende Einheit die Möglichkeit, in das geräumte Feld sofort nachzurücken.
Im Falle einer berittenen Einheit kann sie sogar noch ein Feld weiter ziehen
und dann einen zusätzlichen Angriff machen! Die Flucht ergreifen zu
müssen bedeutet also sehr oft einen großen Vorteil für den Gegner…
Man kann sich aber gewissermaßen vor einem Rückzug schützen, indem man
seine Einheiten mutig macht. Um mutig zu sein, muss eine Einheit zwei
andere Einheiten ihrer Seite berühren. Ist es der Fall, darf sie immer eine
schwarze Flagge ignorieren, wenn sie angegriffen wird. Außerdem hat eine mutige
Einheit die Möglichkeit, wenn sie einen Nahkampfangriff überlebt (und die
Flucht nicht ergriffen hat), einen sofortigen Gegenschlag gegen die feindliche
Einheit zu führen, also im Zug des Gegners zu schlagen. Dies kann eine
ungeheure Wirkung auf den Verlauf des Spieles haben. Die Platzierung und die
Bewegungen der Einheiten sollten also die taktische Möglichkeit des Muts immer
berücksichtigen.
Die Macht ist mit Dir…
Das letzte Symbol auf den Würfeln ist das so genannte Machtsymbol. Für
jedes dieser Symbole darf sich der Spieler ein Machtplättchen aus dem
allgemeinen Vorrat nehmen – diese Machtplättchen werden für den Einsatz der
Machtkarten benötigt.
Hinter jeder Armee steht normalerweise ein mächtiger und geschickter
Kriegsherr – in Battlelore gibt es davon sogar 5. Bei den schon etwas
fortgeschritteneren Szenarien haben die Spieler die Möglichkeit, sich ihren so
genannten Kriegsrat selber zusammenzustellen, bei den Einstiegsszenarien wird
er vorgegeben. Dieser besteht aus bis zu fünf Personen: dem Heerführer selbst
sowie einem Krieger, einem Schurken,
einem Kleriker und einem Magier. Die Spieler haben zu Beginn der Schlacht die
Möglichkeit, diesen Personen so genannte Levels zu verleihen. Diese Levels
haben Einfluss auf die mögliche Stärke der vorhandenen Machtkarten sowie auf die
maximal mögliche Anzahl an Macht- bzw. Kommandokarten, die man auf der Hand
haben darf.
Welchen Zweck Kommandokarten erfüllen, haben wir bereits erklärt – was also
hat es mit diesen Machtkarten auf sich? Wie es sich für ein Fantasy-Abenteuer
gehört, muss es immer die Möglichkeit geben, abseits von Strategie und
Würfelglück auf den Verlauf der Schlacht Einfluss zu nehmen. Und genau das tun
diese Machtkarten – so gibt es die Möglichkeit, eigene oder fremde Einheiten zu
versetzen, man kann seinem Glück auf die Sprünge helfen, indem man mehr Würfel
verwenden kann und so weiter.
Wozu sind jetzt die Level der einzelnen Mitglieder des Kriegsrates gut? Zum
einen beeinflussen diese Level die Mächtigkeit der Karten – so steht auf
manchen Karten „2W/Level +2“ was soviel bedeutet wie 2 Würfel pro Level plus 2
weitere Würfel – somit bei einem Level 3 Krieger 8 Würfel zusätzlich, bei einem
Level 1 Krieger nur 4!
Außerdem werden die Kosten für die Aktivierung von Machtkarten von
Kriegsherren, die nicht im Kriegsrat vertreten sind, horrend hoch – sie kosten
von Haus aus schon einmal 3 Machtplättchen – es gibt aber Machtkarten, für die
sich eine solch hohe Ausgabe durchaus lohnt! Speziell bei den anspruchsvollen
Szenarien gehören die Machtkarten so zu einem erfolgreichen Spiel wie eine gute
Taktik und Glück beim Würfeln.
Trotz einiger Kleinigkeiten (die Angehörigkeit jeder Einheit erkennt man
z.B. nicht an der Farbe, sondern an der Form ihrer Flagge, was zu ein paar
Irrtümer geführt hat), hat uns also Battlelore nicht enttäuscht. Das
Spielmaterial ist wunderschön, die Regeln sind einfach und gut erklärt und das
Spiel ist sehr taktisch. Für uns, große Kinder, hat es sein Ziel völlig
erreicht und wir hatten eine Menge Spaß.
Nur beim wieder Zusammenpacken des Spieles hatten wir ein kleines Problem:
wie oft der Fall mit großen Spielen, konnten wir die Schachtel nicht richtig
wieder zu machen, als ob es mehr drinnen gab, als zuvor. Wahrscheinlich haben
wir aber aus Versehen die Lust mit reingepackt, noch eine Partie zu machen… Es
bleibt uns also nichts mehr übrig, als das Ganze wieder auszupacken und noch
einmal zu spielen!
Michael Schertler
Colin Heine
Battlelore
Spieler : 2 Spieler oder Teams
Alter : ab 10 Jahren
Dauer : 90 Minuten
Autor :
Grafiker : Julien Delval
Vertrieb :
Preis : ca. 70 EUR
Verlag :
Win Wertung
Genre : taktisches Kriegsspiel
Zielgruppe : junge und ältere Strategen, auch Gelegenheitsspieler
Mechanismus : Einheiten
bewegen, Kämpfe auswürfeln
Strategie : *****
Taktik : ******
Glück : ***
Interaktion : **
Kommunikation : **
Atmosphäre : *******
Kommentar:
schönes Material
klare kurze Regeln
eigene Figuren nicht klar gekennzeichnet
Michael Schertler: „Ich war von dem Spiel sofort begeistert – die Regeln
sind sehr schnell verständlich, das Konzept stimmig und sehr ausgewogen, jede
Partie war eine grosse Freude. “
Colin Heine: „Ideal für Spieler, die sich nach einem schnellen
strategischen und taktischen Spiel sehnen. Für Fantasy-Liebhaber auch ein must.“
Vergleichbar:
Tabletop Spiele
Fantasy-Abenteuerspiele