Steuern eintreiben für den König

 

Sechsstädtebund

 

Welche Stadt darf es denn heuer sein?

 

In diesem Spiel ist der Name Programm. In 6 Runden zu je 6 Phasen reisen die Spieler in 6 Städte um Steuern einzuheben. Das ganze geschieht auf einem 6-eckigen Spielplan durch Drehen von ebenfalls 6-eckigen Plättchen (= Steuermarker). Das einzige das aus dem Rahmen fällt ist die mögliche Spieleranzahl, 6 Spieler sind nämlich einer zu viel. Nur 3 bis 5 Spieler dürfen sich als Steuereintreiber versuchen um am Ende in der Gunst des Königs am höchsten zu stehen. In diesem Punkt waren die tschechischen  Entwickler nicht sehr kreativ, dafür allerdings an anderer Stelle, nämlich bei den Spielmechanismen, die mir in dieser Form noch in keinem Spiel untergekommen sind. Bevor ich darauf näher eingehe, möchte ich aber noch ein paar Worte über den thematischen Hintergrund schreiben.

Der Sechsstädtebund war ein Zusammenschluss der 6 Oberlausitzer Städte Bautzen, Görlitz , Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau, der im 14. Jahrhundert als Schutzbündnis begann und erst beim Wiener Kongress 1814 durch die Teilung der Lausitz ein Ende fand. Allerdings spielen wir hier keine 500 Jahre der Geschichte durch, sondern beschränken uns auf 6 Jahre in der Zeit der Hussitenkriege im 15. Jahrhundert, als die Hussiten von Böhmen aus Städte in angrenzenden Regionen plündern.

Wie schon erwähnt, wird Sechsstädtebund über 6 Runden gespielt, die alle gleich ablaufen. Jede Runde besteht aus 6 Phasen, wobei in 3 davon nur administrative Aufgaben erledigt werden. Diese sind schnell geschehen und verdienen es eigentlich kaum, eine eigene Phase zu sein. In den übrigen 3 Phasen findet das eigentliche Spiel statt, wobei jeder ein eigener Mechanismus zu Grunde liegt.

Vorbereitend erhält jeder Spieler in seiner Farbe eine Kutsche (Kartonplättchen), eine Spielfigur und 2 Zählscheiben die auf die entsprechenden Zählleisten gelegt werden. Außerdem erhält jeder 3 Knappen in Form von Karten, die verdeckt auf der Hand gehalten werden. Die 6 Städte werden in zufälliger Reihenfolge um den 6-eckigen Plan gelegt. Auf einem 2. Plan werden die obersten Lagerplättchen und Ständekarten aufgedeckt. Nun muss noch eine zufällige Reihenfolge für die erste Runde festgelegt werden, dann kann das Spiel beginnen.

In der ersten Phase jeder Runde werden zunächst die 6 Städtekarten gemischt und eine bestimmte Anzahl aufgedeckt. Auf jeder dieser Karten steht der Name einer der oben genannten Städte. Jede gezogene Karte wird auf die zugehörig Stadt gelegt, was bedeutet, dass diese Stadt in diesem Jahr von den Hussiten belagert wird und deshalb blockiert ist. Es werden Karten aufgedeckt bis nur noch so viele Städte frei sind wie Spieler mitspielen. Auf jede freie Stadt wird ein Steuermarker gelegt. Diese legen fest, was in einer Stadt zu holen ist. Durch die Kombination von verschiedenen Städten mit immer anderen Markern wird jede Runde eine neue Ausgangssituation geschaffen. Wem das trotzdem zu langweilig ist kann auch noch die beidseitig bedruckten Kartons für die Städte umdrehen, wodurch sich noch mal die Güterverteilung ändert.

In der zweiten Phase geht es dann rund. Hier wandern die Figuren der Spieler durch die nicht belagerten Städte bis in jeder Stadt genau ein Spieler steht. Da nicht alle Städte gleich viel wert sind, wird um sie gefeilscht. Dies geschieht mit Knappen. Bei jeder Stadt befindet sich eine Zählleiste. Wenn ein Spieler seine Figur in eine leere Stadt zieht, setzt er sie auf die 0. Will ein anderer ebenfalls in dieser Stadt Steuern einheben, muss er dem Spieler in der Stadt ein Angebot machen, indem er seine Figur auf ein beliebiges höheres Feld (zwischen 1 und 12) setzt. Der Spieler in der Stadt kann nun das Angebot annehmen oder seine Figur noch mal höher setzten. Dies geht solange hin und her bis sich einer entschließt zu akzeptieren. Sollte einer 12 bieten ist es sofort aus, da dies das höchste erlaubte Gebot ist. Der Gewinner gibt nun dem Verlierer die gebotenen Knappen. Sollte er nicht genug haben muss er die fehlenden vom König anfordern (sprich er nimmt sie vom Vorrat). Was ihm aber pro Stück 2 Gunstpunkte kostet. Der Verlierer muss die Stadt verlassen und woanders sein Glück versuchen. Dabei ist aber zu beachten, dass für jedes gewanderte Feld ein Knappe abzugeben ist. Er darf nicht sofort wieder in die alte Stadt, wo er gerade verloren hat, ziehen. Es ist aber sehr wohl möglich in einer neuen Stadt einen Konflikt auszulösen. Wenn man den auch verliert, kann man danach in die alte zurückkehren um dort erneut den Platzhirsch herauszufordern. Da dieser Knappen abgeben musste, man selbst aber welche bekommen hat, sofern die Wegkosten nicht größer als die Gebote waren, ist dies auch eine Erfolg versprechende Strategie. Der neue Konflikt wird nach den gleichen Regeln fortgesetzt. Jedoch mit höheren Werten, da die alte Figur ja nicht mehr auf 0 steht.

Auf diese Weise werden alle Städte verteilt. Sind die Positionen bezogen, wird in Phase 3 durch die Anzahl der bezahlten Knappen eine neue Spielerreihenfolge festgelegt.

In Phase 4 entscheiden dann die Spieler, durch Drehen der Steuermarker in ihrer Stadt, welche Güter sie bekommen. Dies können Knappen, Waren oder Pferde sein. Die Knappen kann man in der nächsten Runde einsetzen. Von den Waren gibt es vier Sorten: Wein (rot), Obst (grün), Tuch (blau) und Werkzeug (gelb). Die werden in der 5. Phase benötigt. Man erhält einfach die entsprechende Anzahl an farbigen Holzwürfeln und legt sie auf seine Kutsche. Die Pferde erlauben es den Spielern schneller zu den Lagern zu kommen, was für die Reihenfolge in der 5. Phase wichtig ist. Dazu erhält jeder ein Pferdeplättchen mit einer entsprechen Anzahl an Pferden, welche auch auf das Kutschenplättchen gelegt werden. Das Entscheiden in der 4. Phase erfolgt in der in der 3. Phase festgelegten Folge, wodurch der Spieler, der die meisten Knappen bezahlen musste benachteiligt wird, weil er sich zuerst festlegen muss.

In Phase 5 werden mit den gesammelten Waren die Lager des Königs und der Stände aufgefüllt. Dazu stehen jede Runde zwei Plättchen mit je 4 Lagern zur Verfügung, eines für den König, eines für die Stände. In jedes Lager passen zwischen 2 und 5 Waren, wobei der Warentyp immer vorgegeben ist. Für jede Ware einzeln sind dabei noch zwischen 1 und 3 Gunstpunkten angegeben, die der Spieler der sie liefert erhält. Der Spieler mit den meisten Pferden wählt nun zuerst ein Lager aus. Er muss alle Waren die für das Lager verlangt werden und die er liefern kann auf die entsprechenden Symbole im Lager legen und erhält dafür die angeführten Punkte. Danach muss der Spieler links in Sitzreihenfolge die fehlenden Waren liefern, wenn er kann. Auch er erhält dafür die angegebne Gunst. Ist im Lager immer noch Platz folgt der nächste, und so weiter, bis das Lager voll ist oder keiner mehr liefern kann. Wird das Lager voll erhält der Spieler der es ausgewählt hat Bonuspunkte. Wobei es egal ist wer die Waren geliefert hat. Selbst wenn der Wähler keine einzige geliefert hat, bekommt er den Bonus. War das Lager ein königliches, erhält der Spieler 2 bis 5 Gunstpunkte als Bonus. War es ein ständisches, bekommt er eine Ständekarte. Diese bringen am Ende des Spiels Bonuspunkte. Es gibt 3 verschieden Stände (kirchlich, adelig, bürgerlich) für die man Einfluss in Form dieser Karten sammeln kann. Jeder Stand wird einzeln gewertet. Der Spieler mit der Mehrheit bekommt 9 Punkte (bzw. 6 bei 3 Spielern), der mit den zweitmeisten etwas weniger, und so weiter. Nur Spieler die keine Karten des zu wertenden Standes haben gehen hier leer aus, beziehungsweise auch der letzte in einer Partie mit 5 Spielern. Bei Gleichstand entscheidet die Anzahl an verbliebenen Knappen.

Ist das erste Lager abgehandelt, wählt der Spieler mit den zweitmeisten Pferden aus den übrigen Lagern eines aus und füllt es. Wieder müssen die übrigen Spieler in Sitzreihenfolge helfen und der Wähler erhält den Bonus wenn es voll wird. Dies geht so weiter bis alle Spieler alle ihre Waren in die Lager geliefert haben oder ihre übrigen Waren nicht mehr liefern können weil kein Platz mehr frei ist.

Die übrig geblieben Waren und die Pferdeplättchen müssen in den Vorrat zurückgelegt werden. Sie können nicht für die nächste Runde mitgenommen werden. Die Lager werden geleert und neue aufgedeckt. Ferner kommen werden noch neue Ständekarten aufgedeckt. Jene die in der in einer Runde nicht genommen wurden kommen aus dem Spiel. Die Stadtkarten und Steuermarker werden vom Plan genommen und die Spielfiguren aus den Bietleisten geschoben und neben diese auf den entsprechenden Weg gestellt. Damit wäre in diesem Absatz auch gleich alles beschrieben was in der aufregenden 6. Phase passiert.

Zusammenfassend möchte ich sagen dass ich das Zusammenspiel der 3 Mechanismen (bieten mit Knappen, Auswahl der Güter mit Steuermarken, Auswahl der Lager mit resultierendem Liefern) sehr gelungen finde. Ständig steht man im Zwiespalt: Wie viele Knappen ist eine Stadt wert? Wenn ich überbiete, besteht die Gefahr dass ein anderer (oder der selbe) Spieler noch mal in diese Stadt kommt? Mehr Knappen nehmen um nächste Runde eine bessere Stadt zu bekommen? Mehr Handelswaren nehmen da ich dadurch mehr Punkte machen kann? Oder doch besser Pferde nehmen, da ich dann früher ein Lager bestimmen kann und am Ende so mehr Punkte erhalte? Besser Einfluss bei den Ständen sichern oder direkte Gunst beim König?

Besondere nett finde ich den Bietmechanismus, der es erlaubt durch geschicktes Herumwandern und Bieten bei den Mitspielern Knappen einzusammeln um am Ende dann doch noch die Stadt zu bekommen die man wollte, vorausgesetzt es macht einem niemand einen Strich durch die Rechnung, indem er nicht überbietet sondern selbst auf Wanderschaft geht. Jedenfalls ist nie gesichert, dass der Spieler, der mit den meisten Knappen in die Phase gegangen ist, auch am Ende die beste Stadt besteuern darf. Hier werden die spiel- (oder zumindest phasen-) entscheidenden Entscheidungen getroffen.

Ähnliche Auktionsmechanismen kommen zwar auch in anderen mir bekannten Spielen („Amun Re“, „Muse und Prinzessin“ - Erweiterung von „Die Fürsten von Florenz“) vor. Allerdings werden die Gebote dort in den Vorrat gelegt und nicht, wie hier, schon während der Runde an den Konkurrenten abgegeben, wodurch sich eine große Dynamik entwickelt. Diese hängt auch nicht von der Spieleranzahl ab. Das Spiel verliert somit zu dritt nichts an Reiz gegenüber 4 oder 5 Spielern, eher im Gegenteil. Je weniger Spieler desto einfacher sind Auswirkungen von Entscheidungen abzuschätzen, was auch notwendig ist. Jedenfalls kann man mit einer überproportionalen Steigerung der Spieldauer mit wachsender Spieleranzahl rechnen. Womit wir auch gleich beim großen Problem von Sechsstädtebund wären. Sollte im Spiel zu viel getüftelt werden, kann sich das stark auf die „downtime“ der nicht aktiven Spieler und somit auf die Spieldauer auswirken. Spielern, die sich dadurch abschrecken lassen, kann ich aus oben erwähnten Gründen nur zum Dreipersonenspiel raten, oder mit einer Gruppe ohne Tüftler zu spielen. Denn gerade wenn man das Spiel schnell aus dem Bauch heraus spielt entwickelt sich ein flottes, spaßiges aber dennoch spannendes Spiel.

Auch das Liefern der Waren ist interessant. Am ehesten vielleicht mit dem Verschiffen in „Puerto Rico“ vergleichbar, gilt es hier aus den in Phase 4 erhaltenen Waren das Optimum herauszuholen. Wobei gerade hier entscheidend ist ob ein Spieler früh selbst auswählen darf, weil er viele Pferde bekommen hat, oder erst spät und damit von den anderen Spielern gespielt wird, selbst kaum beeinflussen kann und oft auch ohne Bonus eine Runde beendet. Oft können so Spieler die wenige Rohstoffe haben mehr Gunst erlangen als solche mit deutlich mehr.

Das Spielmaterial besteht aus schönen stabilen Karton, den gewohnten Holzspielsteinen und vielleicht etwas zu glatt wirkenden Karten. Es ist sehr gut und grafisch hübsch, wie für im Mittelalter angesiedelte Spiele üblich, in brauntönen gehalten. Ohne aber düster zu wirken.

Obwohl Sechsstädtebund recht schnell und einfach erklärt ist, sind die Regeln recht lange und beim ersten Durchlesen auch nicht gleich durchschaubar. Das soll aber kein Vorwurf sein. Denn wie ich beim Schreiben dieser Zusammenfassung bemerkt habe, ist das bei diesem Spiel mit seinen unterschiedlichen Mechanismen gar nicht so einfach.

Sechsstädtebund, mit seinen innovativen, in einander greifenden Mechanismen, sollte für Vielspieler auf jeden Fall einen Blick wert sein. Gelegenheitsspieler werden wohl durch die vielen verschiedenen Regeln und deren komplexem Zusammenspiel abgeschreckt.

Es fällt mir kein Spiel ein, das mir Kommentare wie „gefällt dir dies, so gefällt dir auch Sechsstädtebund“ ermöglicht. Am ehesten würde ich es mit Spielen wie den schon erwähnten „Amun Re“ oder „Die Fürsten von Florenz“ vergleichen, aber dies auch nur wegen der ähnlichen Komplexität und dem Optimierungsfaktor, nicht aber auf Grund der auf den ersten Blick ähnlichen Auktionsregeln. Zudem fehlt Sechsstädtebund, im Gegensatz zu den erwähnten, jegliche Aufbaukomponente.

Daher werden Fehler auch leichter verziehen. Spielt man in einer Runde schlecht, kann man schon in der nächsten Runde neu anfangen und alles besser machen, ohne benachteiligt zu sein.

 

Spieler         3-5

Alter            12+

Dauer          60 – 90 min

 

Autor           Vladimír Suchý

Grafik          Oldřich Kříž / Filip Murmak

Vertrieb        Fachhandel

Preis            ca. 33,00 Euro

Verlag          Czech Games Edition

                   www.czechgames.com

 

Genre                    Optimierungsspiel

Zielgruppe             Experten

Mechanismen         für Städte bieten, Steuern einheben und daraus Gunst erwerben

 

Strategie                **

Taktik                    *******

Glück                    *

Interaktion             ******

Kommunikation      *

Atmosphäre           ****

 

Kommentar           

Verschiedene, gute, innovative Mechanismen

Hohe Interaktion

Ständig sind kleine Entscheidungen zu fällen

Keinerlei Aufbaufaktor, dennoch jede Runde anders

Recht lange Regeln

Längere Spieldauer wenn viel getüftelt wird

Überproportionaler Anstieg der Spieldauer mit größerer Spieleranzahl

 

Vergleichbar:

Amun Re, Die Fürsten von Florenz, komplexe taktische Optimierungsspiele

 

Persönlicher Kommentar:

Sechsstädtebund bietet verschiedene Mechanismen die gut zusammen funktionieren und so ein rundes Ganzes ergeben. Ständig stehen kleine Entscheidungen an um am Ende ein optimales Ergebnis zu erzielen. Es gibt daher auch viel auszutüfteln, was sich, abhängig von der Spieleranzahl, auf Spielfluss und Dauer negativ auswirken kann.