Raum für Aliens oder noch eine Kanone?

 

Galaxy Trucker

 

Sternenstaub und Meteoritenbeschuss überstehen

Autor Vlaada Chvatil (eigentlich Vladimír Chvátil), allen Vielspielern durch seinen Hit „Trough the Ages“ bekannt, für das auf eBay Mondpreise bezahlt werden, hat uns auf der Spiel 07 in Essen sein neuestes Werk „Galaxy Trucker“ vorgestellt; diesmal nicht beim Verlag Czech Board Games sondern bei Czech Games Edition.

Um was geht es nun bei Galaxy Trucker? Wie der Name schon andeutet, handelt es sich unter anderem um den Transport von Waren im Weltraum, für deren erfolgreiche Ablieferung man am Ende jeder Runde Geld, so genannte Credits bekommt, aber auch für andere Dinge gibt es Credits. Wer nach drei Runden die meisten Credits hat, gewinnt.

 

Ein Spiel geht über drei Runden, wobei der Schwierigkeitsgrad natürlich jede Runde ansteigt und der Trip durchs All dadurch jede Runde etwas länger dauert. Dafür werden auch die Raumschiffe jede Runde größer. Jeder Spieler bekommt pro Runde einen Raumschiffplan, auf dem er in der Schiffsbauphase die verschiedenen Raumschiffteile verbaut, beginnend mit einer zentral platzierten Pilotenkabine seiner Spielfarbe, an die die weiteren Teile angebaut werden. Das Startplättchen verfügt über 4 Universalanschlüsse, an die sowohl Plättchen mit Einzel-, Doppel- als auch mit einem weiteren Universalanschluss angelegt werden dürfen. Sonst darf nur Einzel- bzw. Doppelanschluss an seinesgleichen angelegt werden, bzw. ein Rand mit keinem Anschluss darf auch an einen Rand mit keinem Anschluss grenzen, vorausgesetzt, dass dieses Plättchen mit dem Schiff auf anderem Weg verbunden ist.

 

Die Raumschiffteile liegen alle verdeckt in der Tischmitte. Alle Spieler bauen gleichzeitig an ihrem Schiff, bis ein Spieler alle freien Flächen mit einem Plättchen belegt hat bzw. meint, nichts mehr anbauen zu können, weil er z.B. keinen freien Anschlüsse mehr zur Verfügung hat. Plättchen dürfen nur mit einer Hand genommen werden und erst über dem Schiff umgedreht und angeschaut werden und entweder eingebaut oder wieder offen in Tischmitte zurückgelegt werden (zwei Teile dürfen auch zwischengelagert werden). Ist ein Spieler fertig, nimmt er sich eines der Flugreihenfolgeplättchen und gibt durch das Umdrehen der Sanduhr den Anderen noch etwas Zeit an ihren Schiffen weiter zu bauen. Danach werden alle Schiffe auf eventuelle Konstruktionsfehler geprüft. Sollte ein Fehler vorhanden sein, muss das entsprechende Plättchen mit allen daran hängenden Raumschiffteilen vom Schiff entfernt werden. Dafür gibt es am Ende jeder Runde Abzug von Credits bis zu einer bestimmten Maximalhöhe.

 

An Raumschiffteilen gibt es unter anderem folgende Plättchen: Weitere Pilotenkabinen, die je zwei Menschen bzw. einen Alien (max. einen Alien pro Art) aufnehmen können. Einfach- und Doppelmotoren, deren Antriebsdüse immer nach hinten zeigen muss. Einfach- und Doppelkanonen, die nach vorne mehr Feuerkraft haben als auf die Seite. Schutzschilde, die vor kleinen Meteoriten und kleinen Schüssen in jeweils zwei Richtungen schützen. Doppel- und Dreifachbatterien (werden nachher mit grünen Glassteinen belegt), die benötigt werden, um die erwähnten Doppelmotoren, Doppelkanonen und Schutzschilde überhaupt in Betrieb nehmen zu können. Und natürlich unterschiedlich große Ladeflächen für normale und so genannte gefährliche Waren. Die gefährlichen Waren bringen die meisten Credits. Des weiteren gibt es noch reine Verbindungsteile; die meisten mit mehren Universalanschlüssen und außerdem noch Lebenserhaltungssysteme für die Aliens. Die Aliens erhöhen die Gesamtstärke der Kanonen bzw. Motoren um zwei.

 

Nach der Schiffsbauphase folgt die Vorbereitung für den Flug. Die Schiffsfiguren (sehen aus wie Spaceshuttles) werden entsprechend der Reihenfolgeplättchen auf den Rundkurs gestellt. Die Regelkarte für den jeweiligen Kurs, die den Abstand der Schiffe in der Startaufstellung zueinander, die Wertigkeit der Waren, die Credits für die Reihenfolge der Schiffe am Ende der Runde und das schönste Schiff (das ist das Schiff mit den wenigsten offenen Anschlussstücken) festlegt. Außerdem werden noch die Anzahl und Zusammenstellung der Flugkarten der jeweiligen Runde festgelegt.

 

Der eigentliche Flug wird mit diesen Flugkarten abgewickelt. Eine Karte gilt immer für alle Spieler und hat je nach Reihenfolge auf dem Rundkurs unterschiedlich positive (Waren, Credits) bzw. negative (Verlust an Raumschiffteilen, Menschen bzw. Aliens) Auswirkung zur Folge.

 

Einige der Flugkarten möchte ich vorstellen: Es gibt Planetenkarten, mit verschiedenen Waren, die in den Ladenflächen untergebracht werden, wobei hier auch Waren umsortiert bzw. in den Weltraum entsorgt werden können. Der führenden Spieler entscheidet zuerst, ob er landen und Waren aufnehmen möchte. Diese Waren stehen für die Folgespieler dann nicht mehr zur Verfügung. Jeder Spieler der Waren aufnimmt, muss seine Raumschifffigur auf dem Rundkurs eine bestimmte Zahl an Feldern zurückbewegen.

 

Die Karten „Verlassenes Schiff“ bzw. „Verlassene Station“ bieten beginnend beim Führenden die Möglichkeit zu Credits bzw. zu Waren zu kommen. Einmal muss man nur eine bestimmte Anzahl Menschen in seinen Pilotenkabinen haben, einmal muss man diese Menschen aus seinem Schiff entfernen. Jede Karte kostet Flugtage, sofern sich jemand dafür entscheidet, sie durchzuführen. Wer hier in de Bauphase viele Kabinen gebaut hat, kann leicht ein paar Menschen opfern. Aber Achtung ganz ohne Menschen muss der Flug abgebrochen werden, was natürlich einen enormen Verlust an Credits bedeutet.

 

Bei der Karte „Freier Weiltraum“ fliegen alle Raumschifffiguren entsprechend ihrer Motorleistung auf dem Rundkurs nach vorne. Ob man dafür seine evtl. raren Batterien opfert oder nicht, muss jeder Spieler selbst entscheiden. Bringt doch der erste Platz wesentlich mehr Credits als der Letzte. Oder brauche ich meine Batterien noch, um meine Schutzschilde bzw. meine Doppelkanonen in Betrieb nehmen zu können.

 

Naturgemäß gibt es mehr Karten mit schlechten Auswirkungen für Leib und Leben, äh für Mannschaft und Schiff. Bei der Karte Meteoriten sind alle Spieler davon betroffen, bei anderen Karten nur Spieler mit schwacher Bewaffnung. Die Meteoriten kommen in zwei Größen in unterschiedlichster Anzahl und aus allen vier Richtungen. Während kleine Meteoriten an „schön“ gebauten Schiffsteilen (ohne offenen Anschluss) einfach abprallen bzw. bei offenen Anschluss mit dem Schutzschild unter Einsatz einer Batterie abgewehrt werden können, müssen große Meteoriten mit den Kanonen abgeschossen werden, sofern an der richtigen Stelle auch Kanonen vorhanden sind. Die Reihe und Spalte, aus der die Meteoriten kommen wird vom führenden Spieler mit zwei Würfeln für alle Spieler ausgewürfelt.

 

Bei den Karten „Feinde“, wie z.B. Schmuggler, Piraten oder Sklavenhändler sind in Flugreihenfolge nur die Spieler betroffen, die eine zu schwache Gesamtanzahl an Kanonen haben. Diese verlieren Mannschaft, Ware oder werden mit mehreren Schüssen attackiert, wobei nur kleine Schüsse mit Schutzschildern abgewehrt werden können. Große Schüsse treffen immer das Schiff, sofern nicht gerade eine Zeile/Spalte ausgewürfelt wird, in der sich kein Schiffsteil befindet.

 

Bei der Karte „Kampfzone“ wird die Mannschaftsgröße, die Kanonen- und Antriebsgesamtleistung aller Spieler verglichen. Der jeweils Schwächste verliert entweder Waren, Mannschaft oder wird mehrfach beschossen.

 

Außerdem gibt es noch einige Karten mit besonderen Vorkommnissen wie Sabotage, Epidemie und Sternenstaub, alle mit zum Teil katastrophalen negativen Auswirkungen für das Schiff, auf die ich hier jetzt nicht näher eingehen werde.

 

Nachdem alle Flugkarten der jeweiligen Runde durchgespielt wurden, kommt es zur Abrechnung. Die noch an Bord befindlichen Waren erwirtschaften je nach Farbe ein bis vier Credits. Je nach Runde bekommt man noch für das schönste Schiff und die Position des eigenen Schiffs die entsprechenden Credits, wobei sich diese Werte bei der zweiten Runden verdoppeln und bei der dritten Runden sogar verdreifachen. Für die während des Fluges verlorenen bzw. beim Schiffsbau zwischengelagert und nicht verbauten Schiffsteile muss noch bis zu einem bestimmten Maximum Strafe in Form von Credits bezahlt werden.

 

Fazit: Eines der besten und innovativsten Spiele der letzten Jahre. Wer nur die Schachtel in der Hand hält und einen Blick auf die Rückseite wirft, denkt ob der dort abgebildeten Sanduhr und der farbigen Würfelchen sofort an Eggerts Space-Dealer. Doch weit gefehlt. Es handelt sich um ein Spiel, das sowohl aus einer Stressphase in der alle gleichzeitig agieren, als auch aus einer glücksbetonten Phase besteht. Und gerade diese Mischung macht dieses Spiel aus. Keinem Spieler ist zu irgendeinem Zeitpunkt langweilig (es sei denn sein Raumschiff löst sich vor Rundenende in seine Bestandteile auf oder er muss den Flug aus div. anderen Gründen vorzeitig abbrechen). Alle Spieler müssen entweder ihr Schiff bauen oder sind von den Folgen der Flugkarten betroffen. Die Downtime ist daher sehr gering. Es macht einen Heidenspaß zuzuschauen, wie die Schiffe der Spieler während des Fluges immer kleiner werden oder während der Bauphase ein Spieler es nicht schafft sein Schiff halbwegs ausgewogen aus allen Arten von Plättchen zu bauen, oder gar einen Konstruktionsfehler in seinem Schiff hat. Jedes schlecht gebaute Schiff rächt sich besonders in der zweiten, aber noch viel mehr in der dritten Runde, denn die Ereignisse durch die zahlreichen Flugkarten, die dort auf das Schiff niederprasseln, sind nicht von schlechten Eltern.

 

In allem meinen bisherigen Partien, sowohl mit Gelegenheitsspielern als auch mit Vielspielern ist dieses Spiel extrem gut angekommen. Am Ende zu gewinnen ist zwar ein netter Nebeneffekt, aber gerade bei diesem Spiel nicht das Wichtigste. Die Anleitung lässt keine Fragen offen, ist mit einer FAQ-Seite versehen und noch dazu sehr humorvoll geschrieben. Wer gerne, wie ich, als Abendlektüre Spielanleitungen liest, kann sich dabei köstlich amüsieren. Die Spieler werden auch langsam in das Spiel eingeführt. Es gibt einen Regelteil für Neulinge, in der nur auf bestimmte markierte Flugkarten für die erste Runde eingegangen wird. Erst danach werden alle Flugkarten und alle Feinheiten genau erklärt. Das Raumschiff 3a möchte ich noch extra erwähnen. Dieses Raumschiff, das entweder statt dem Raumschiff 3 oder, wie ich in vielen Partien erlebt habe, einfach als 4. Runde gespielt wurde, ähnelt sehr stark dem aus Startrek bekannten Raumschiff Enterprise. Zum Glück müssen hier keine Lizenzen bezahlt werden; wer weiß, was dieses Spiel sonst gekostet hätte.

 

Der Verlag bietet auf seiner Homepage www.czechgames.com die Erweiterung „Krasse Strecken“ zum Download an. Hier handelt es sich um 17 Karten, von denen jede Runde zwei zufällig gezogen werden und neben dem Spielplan gelegt werden (es handelt sich dabei nicht um Flugkarten). Alle Karten erschweren z.T. gravierend die Flugbedingungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Spieler ihr Schiff heil ins Ziel bringen, sinkt dabei enorm. Es wird extra darauf hingewiesen, dass diese Karten nur von erfahrenen Spielern verwendet werden sollen, die wissen wie ein gut gebautes Schiff auszusehen hat. Für Anfänger ist der Flugverlauf sonst zu deprimierend. Wer sich in Essen in die Mailingliste des Verlages eingetragen hatte, wurde sogar per Mail über diese Erweiterung informiert. Hut ab für dieses Service. Wer das Spiel in Essen erworben hat, bekam auch gleich zwei zusätzliche Flugkarten, die sich aber jeder mit ein bisschen Geschick auch selber basteln kann, da auch diese auf der Homepage abgebildet und erklärt sind.

 

Mit „Trough the Ages“ hat der Autor Vlaada Chvatil voll die Vielspieler zufrieden gestellt, mit „Galaxy Trucker“ erfreut er alle Spieler gleichermaßen. Ich freue mich schon auf das nächste Spiel von ihm. Ob er diese beiden Highlights noch toppen kann; ich bin gespannt. Live long and prosper.

 

Spieler         : 2-4

Alter            : ab 12 Jahren

Dauer          : ca. 90 Minuten

 

Autor           : Vlaada Chvatil

Grafik          : Radim Pech, Tomas Kucerovsky, Filip Murmak

Vertrieb        : Fachhandel

Preis            : ca. € 33,00

Verlag          : Czech Games Edition 2007

  www.czechgames.com

 

Genre                    : Legespiel

Zielgruppe             : Familie, Freunde

Mechanismen         : Raumschiffteile anbauen, Flug absolvieren

 

Strategie               : **

Taktik                    : ***

Glück                    : ******

Interaktion             : ******

Kommunikation      : *****

Atmosphäre           : *******

 

Kommentar            :

Thema sehr gut umgesetzt

Alle Spieler immer involviert

Gute witzige Regel

Einführungsteil für Neueinsteiger

Hoher Wiederspielwert

 

Vergleichbar:

In dieser Mechanismuskombination erstes Spiel, Legeregeln wie in Carcassonne oder Alhambra

 

Gert Stöckl:

Sowohl für Gelegenheitspieler als auch für Vielspieler Spielspaß im Weltraum ohne Ende