Kartographen
im Urwald
Gisborne
Auf
verschlungenen Dschungelpfaden zum Sieg
Wer
schon einmal im Urlaub einen echten Dschungel besucht hat, wird dieses Erlebnis
wahrscheinlich nicht mehr vergessen, faszinierend und gefährlich zugleich. Was
für ein Abenteuer muss es dann wohl sein, einen unerforschten Urwald zu
durchstreifen, um ihn kartographisch zu erfassen! Giftige Pflanzen, gefährliche
Tiere und unbekannte Volksstämme können dem mutigen und unerschrockenen
Forscher nach jedem Schritt begegnen! Einen ernsthaften und leidenschaftlichen
Kartographen kann so etwas natürlich nicht abschrecken und voller Energie und
Tatendrang startet er in das zu entdeckende Gebiet, um den weißen Fleck auf der
Landkarte auszufüllen.
Dieses,
für ein Spiel interessant klingende Thema wurde versucht, in Gisborne
umzusetzen. Alle Spieler durchwandern als Kartographen einen bisher
unentdeckten Urwald, um das Gelände zu vermessen und Landkarten zu zeichnen.
Der
Spielplan, der den unbekannten Urwald darstellt, besteht aus 12 einzelnen Wege-Plättchen,
die durch eine Einkerbung und einen Fortsatz eindeutig miteinander verbunden
werden können. Der Weg durch den Urwald variiert dabei einerseits durch die
unterschiedliche Anordnung der Wege-Plättchen während des Spiels und
andererseits dadurch, dass immer ein Wege-Plättchen aus dem Spiel genommen
wird. Jedes Wege-Plättchen besitzt einen einzelnen Ablageplatz für einen Karten-Chip.
Für Start und Ziel gibt es jeweils ein eigenes Start-Plättchen bzw.
Ziel-Plättchen.
Pro
Spieler gibt es eine eigene Spielfigur (einen Kartographen), die entlang des
Weges gezogen wird, eine Karten-Truhe für das Sammeln der Siegpunkte, eine
Zeltkarte und eine Kurzanleitung.
Die
Zugweite der Kartographen wird durch Bewegungskarten bestimmt. Sie haben als
Merkmale eine Zahl, die bestimmt, wie viele Felder gezogen werden darf, und eine
abgebildete Münze in den drei unterschiedlichen Materialien Gold, Silber und
Bronze.
Zur
Spielvorbereitung werden das Start- und das End-Plättchen offen ausgelegt, und
zwar so, dass dazwischen noch genügend Platz für die weiteren Wege-Plättchen
ist. Die restlichen Wege-Plättchen werden verdeckt gemischt und beiseite gelegt.
Ein Karten-Chip mit Wert 1 wird auf das Start-Plättchen gelegt und der Karten-Chip
mit Wert 4 auf das Ende-Plättchen. Mit den restlichen Karten-Chips wird ein
offener Stapel gebildet, wobei auch hier ein Karten-Chip aus dem Spiel genommen
wird.
Die
Bewegungskarten werden gemischt, 5 Karten an jeden Spieler ausgeteilt und die
restlichen Karten als Nachziehstapel beiseite gelegt. Jetzt erhält noch jeder
Spieler seinen Kartographen, den er auf das Start-Plättchen stellt, seine
Karten-Truhe, eine Zeltkarte und eine Kurzanleitung. Und schon kann es
losgehen!
Alle
Spieler legen maximal fünf Handkarten eines Materials verdeckt vor sich ab,
also entweder Gold, Silber oder Bronze. Haben alle Spieler ihre Karten
abgelegt, werden diese gleichzeitig umgedreht. Der Startspieler bewegt seinen
Kartographen entsprechend der Gesamtsumme der aufgedruckten Zahlen und zieht danach
für Karten mit Bronzemünze 2, für Karten mit Silbermünze 1 und für Karten mit
Goldmünze keine Karten vom Nachziehstapel, unabhängig von der Anzahl der
ausgespielten Karten. Danach ist der im Uhrzeigersinn nächste Spieler mit dem
Ziehen seines Kartographen an der Reihe. Haben alle Spieler ihren Kartographen
gezogen, ist die erste Spielrunde zu Ende.
Zu
erwähnen ist an dieser Stelle, dass Karten mit Bronzemünze ausschließlich
niedrige Werte aufweisen und Karten mit Goldmünze ausschließlich hohe Werte. Dadurch
ist es zwar möglich, mit den hochwertigen Gold- oder Silberkarten sehr rasch
weiterzukommen und sich schnell an die erste Stelle zu katapultieren, was - wie
man bald sehen wird - gewisse Vorteile mit sich bringt. Allerdings können durch
das mehrmalige Ausspielen von hochwertigen Karten die Handkarten schon mal
knapp werden, da man ja wenig bis keine Karten nachziehen darf. Die Möglichkeiten,
zu zusätzlichen Handkarten zu kommen, gehen auf Kosten eines Spielzuges (durch
Ausspielen der Zeltkarte) bzw. auf Kosten von Siegpunkten am Spielende. Es ist im
Spielverlauf also essentiell, mit seinen Handkarten gut hauszuhalten.
Nun
aber weiter im Spiel: Die neue Spielrunde beginnt wieder mit dem Auslegen und
Umdrehen der Karten. Mit dem Ziehen des Kartographen beginnt ab der zweiten
Spielrunde aber immer der Erstplatzierte, darauf folgt der Zweitplatzierte,
usw. Landet ein Spieler mit seinem Kartographen auf dem Feld eines Mitspielers,
zieht er weiter auf das nächste freie Feld. Wodurch es nicht unwesentlich ist,
zu versuchen, die Spielzüge der Mitspieler abzuschätzen, denn sonst kann es
leicht passieren, dass man über sein Ziel hinaus schießt und stattdessen auf
einem Feld landet, auf dem man leider so gar nicht landen wollte! Dazu aber
gleich mehr.
Überschreitet
ein Spieler bei der Bewegung seines Kartographen das ausgelegte Wegeplättchen,
wird sofort ein neues vom Nachziehstapel nachgelegt, auf das Kartenfeld ein
Chip gelegt, und die Bewegung dort fortgesetzt. Nun kommt die
Abenteuerkomponente ins Spiel: Nachdem der Kartograph auf dem neuen Wegeplättchen
unbekanntes Gebiet betritt, kann es natürlich schon mal passieren, dass er im
Sumpf landet, oder – noch schlimmer – unter hungrigen Wölfen! Ist ihm hingegen
das Glück hold, könnte er natürlich auch direkt auf einem Feld mit Karten-Chip
zu stehen kommen. Da die Kartographen auf diesen Feldern besonders gut an ihrer
Karte zeichnen können, erhält der Kartograph, der als Erster ein solches Feld
betritt, sofort den dort ausliegenden Chip, der am Spielende die aufgedruckte Zahl
an Siegpunkten bringt. Außerdem kommt es in diesem Fall am Ende der Spielrunde zu
einer Reihenfolge-Wertung: Je weiter ein Kartograph dann vorne steht, desto
besser. Entsprechend ihrer Position erhalten die Spieler hier nämlich
Handkarten, die sie entweder auf die Hand nehmen oder in ihre Kartentruhe
ablegen können, wobei jede abgelegte Karte am Spielende einen Siegpunkt bringt.
Nun
aber zurück zum Thema „Felder, auf denen man so gar nicht landen will“: Da
wären, wie bereits erwähnt, der Sumpf oder die Wölfe. Verlässt man
beispielsweise den Sumpf, wird die Anzahl der Bewegungspunkte halbiert, man
braucht also die doppelte Anzahl um wieder weiterzukommen. Endet eine Bewegung
unter Wölfen, muss man einen seiner bereits gesammelten Karten-Chips abgeben. Des
Weiteren können bzw. müssen im Spiel auch noch Flüsse überquert, ein Dorf
besucht oder auch eine Abkürzung über eine Hängebrücke genommen werden. Wobei
letztere sich sowohl positiv, als auch negativ auswirken kann, je nachdem ob
man es gerade „eilig“ hat oder nicht.
Nun
zum Spielende: Wurden 9 Wegeplättchen ausgelegt, wird das Ziel-Plättchen
angelegt. Der Erste Spieler der auf dem darauf befindlichen Strand landet, wird
auf das Positionsfeld mit der Nummer 5 gesetzt und erhält den letzten
Karten-Chip, der immerhin 4 Siegpunkte wert ist. Der nächste Kartograph, der
den Strand erreicht, landet auf Position Nr. 4, usw. Danach kommt es noch
einmal zu einer Reihenfolge-Wertung, dann endet das Spiel. Zum Schluss addieren
alle Spieler ihre Siegpunkte, die sie im Lauf des Spiels in ihren Kartentruhen
gesammelt haben. Bei Gleichstand gewinnt der Kartograph, der am weitesten vorne
steht.
So
viel nun also zur Spielbeschreibung. Nun noch einiges zum Spielgefühl: Wie
erwähnt ist das richtige Haushalten der Handkarten von großer Bedeutung: Ist
man unter den Erstplatzierten, kann man Kartenchips einsammeln und erhält
zusätzlich noch durch die Reihenfolge-Wertungen reichlich Siegpunkte. Dafür hat
man aber auch den Nachteil, dass man sich oft auf unbekanntem Terrain bewegt,
was ja - wie erwähnt - sehr negative Folgen haben kann. Der Vorteil für die
schlechter Platzierten ist also die Kenntnis der Wegeplättchen wodurch die
Spielzüge natürlich besser geplant und die Handkarten effizienter eingesetzt
werden können. Den Anschluss an die Erstplatzierten sollte man nach Möglichkeit
aber nicht verlieren. Auch das richtige Einschätzen der Mitspieler ist bzw.
wäre wichtig: Hat es der Erstplatzierte auf das nahe gelegene Kartenfeld
abgesehen, oder verfügt er doch nicht über die richtigen Karten? Überlässt man
ihm den Vortritt, kann es passieren, dass das Kartenfeld samt Chip unberührt
bleibt, und man in der nächsten Spielrunde wieder vor dem gleichen Dilemma
steht. Plant man ein, zielstrebig auf dem Kartenfeld zu landen und der Erstplatzierte
kommt einem zuvor, landet man, wenn man Pech hat, vielleicht auch noch auf
einer Abkürzung, und schon ist man auch am nächsten Kartenfeld samt Chip
vorbei. Die Spielzüge der Mitspieler sind also nicht wirklich abzuschätzen, da
sie ja auch maßgeblich von deren Handkarten abhängen, auf die von den
Mitspielern aber keine Rückschlüsse gezogen werden können. Hin und wieder sind
Spielzüge der Mitspieler aber wirklich vorhersehbar, dann ist es auch möglich
ein bisschen gemein zu sein und einen gegnerischen Kartographen in den Sumpf zu
schicken, wodurch natürlich kein Mangel an Schadenfreude besteht.
Vom
Spielthema her ist Gisborne ein recht nettes Spiel, auch der Spielmechanismus
ist grundsätzlich gut. Allein der Spielspaß wollte sich in unseren Spielrunden
nicht so recht einstellen, irgendwie wirkt es so als wäre das Spiel noch nicht
ganz ausgereift, was wirklich sehr schade ist. So fehlt zum Beispiel die
Beschreibung eines Spezialfeldes auf dem Übersichtskärtchen, das jeder Spieler
erhält. Auch die Spielanleitung kann nicht alle auftretenden Fragen
beantworten.
Übrig
bleibt ein nettes Spiel für Familien und Gelegenheitsspieler, die sich über die
große Glückskomponente freuen können. Versierte Vielspieler werden an Gisborne vermutlich
keine Freude haben. Die Angaben zu Taktik- und Glückskomponente, die auf der
Spieleschachtel angegeben sind, dürften übrigens vertauscht worden sein,
zumindest hat sich für uns der Taktikfaktor alleine durch das vernünftige
Haushalten mit den Handkarten erschlossen. Ansonsten überwiegt – wie erwähnt -
eindeutig der Glücksfaktor.
Christine
Kugler, Alex Hennerbichler, Bernhard Czermak
Kid
Family ein
Adult
Expert
Alter 8+
Spezial
Spieler : 3-5
Alter : ab 8 Jahren
Dauer : ca. 45 min
Autor : Carlo A. Rossi
Grafik : Michael Menzel
Vertrieb : Piatnik
Preis : ca. 20,00 Euro
Verlag : Clementoni 2008
Positions-
und Sammelspiel
Für
Familien
Kartographen
bewegen
Zufall : 5
Wissen : 0
Planung : 2
Kreativität : 0
Kommunikation : 2
Geschicklichkeit : 0
Action : 0
Kommentar:
Guter
Mechanismus, aber unausgereift umgesetzt
Grafik
ansprechend
Vergleichbar:
Andere
Laufspiele mit zu bezahlenden Bewegungen
Atmosphäre : 3
Christine,
Alex und Bernhard:
Ein
nettes Spiel für Kinder, Jugendliche und Familien mit einfachen Mechanismen und
wiederkehrenden Überraschungseffekten. Durch den hohen Glücksfaktor ist das
Spiel weniger für Strategen oder Taktiker geeignet.