Der große Gallier

 

Das Spiel:

Der große Gallier

2-6 Spieler ab 10 Jahren

Autoren: Wolfgang Kramer und Uwe Nawratil

Clementoni, 2001

 

Win-Wertung

* AA II WWW 2-6 h

 

Wer kann damit nur gemeint sein? Sicherlich der uns allseits bekannte Obelix aus den Comic-Heften von Goscinny und Uderzo. Und eine gewisse Ähnlichkeit ist zwischen dem auf der Schachtel abgebildeten Gallier und Obelix zu erkennen. Oder sieht er doch eher Gerard Depardieu ähnlich, der Obelix im Kinofilm spielte? Doch egal, es kann sich nur um Obelix handeln und scheinbar hat der Verlag keine Markenrechte bekommen. Denn Hand aufs Herz: Was wissen wir denn schon von Gallien? Streicht doch mal all euer Wissen über dieses Land das nur aus den Comics stammt weg und was bleibt über? Mir ist außer dem gallischen Hahn in der französischen Fahne nichts bekannt. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass ich in der Schule nie aufgepasst habe. Möglicherweise waren die Gallier wirklich große Helden und haben Cäsar die Streiche gar wirklich gespielt und Cleopatra beim Bau der Pyramiden unterstützt mit Hilfe eines Zaubertrankes. Sind aufgrund dieser Heldenleistungen vielleicht gar die Galleone, die Gallseife und die Gallenblase nach ihnen benannt? So viele Fragen – ich denke ich werde mich mal mit dem Geschichtsprofessor meiner Tochter unterhalten müssen. Für das Spiel scheint es doch nicht weiter wichtig zu sein.

 

Also erstmals die Schachtel geöffnet und heraus kommt ein bunter Spielplan, mit vielen Galliern darauf. Da gibt es einen Rundkurs mit sieben Städten und zwei ‚Abschneidern’. Über 3 Seiten des Spielplans erstreckt sich die so genannte Kramerleiste. Sollte es immer noch jemanden geben, dem dieser Begriff unbekannt ist: Es ist eine Zählleiste an der man immer den Spielstand ablesen kann. Auf der vierten Seite des Plans ist eine Bluff-Leiste mit den Werten von 1 bis 23. Zusätzlich zur (natürlich) vorhandenen Spielregel gibt es auch noch 6 Kurzspielregeln, die jeder Spieler vor sich hinlegt. Zuerst sucht sich jeder Spieler eine Farbe aus und erhält in dieser 1 Gallier, 1 Spielerkarte und 1 Bluffstein. Außerdem gibt es noch 110 Turnierkarten in den 5 Farben mit den Werten 1 – 6. Dabei kommen die Werte 1 – 4 je viermal und 5 – 6 je dreimal vor. Wobei zwei der 1er-Karten und eine der 2er-Karten Joker sind. Diese Turnierkarten werden farblich nach ihrer Rückseite getrennt. Sie stellen die 5 Bewerbe dar. Gelb ist Wildschweine jagen, Blau ist Bullen ziehen, Orange ist Eselrennen, Rot ist auf Bäume klettern und Grün ist Steine stemmen. Jeder der Mitspieler erhält nun von jedem Stapel 1 Karte. Jetzt wird nur noch der Startspieler ausgelost – er erhält den Startspieler-Stein, und wenn dann noch die 5 Turniersteine auf das Startfeld in Lugdunum gestellt werden, kann es schon losgehen.

 

Jeder stellt noch seinen Gallierstein auf das Startfeld der Wertungsleiste und beginnend mit dem Startspieler zieht noch jeder eine Turnierkarte von einem beliebigen Stapel. Der Startspieler darf noch eine zweite Karte ziehen. Dann würfelt er mit den 5 Würfeln und ordnet jedem der Turniersteine einen Würfel zu. Diese werden dann soweit gezogen, wie die Augenzahl angibt. Kommen nun ein oder mehrere Steine in Städten zu stehen, so findet dort ein Turnier statt. Bei mehreren Turnieren, die bestritten werden, darf sich der Startspieler die Reihenfolge aussuchen. Wenn nach dem Ziehen kein Turnierstein in einer Stadt steht, ist die Runde zu Ende und der Startspieler wandert nach links weiter. Wenn aber ein Turnier stattfindet, so entscheidet der Startspieler als erster, ob er daran teilnehmen will. Wenn ja, so legt er von der jeweiligen Disziplin (= Farbe des Turniersteins) beliebig viele Karten verdeckt vor sich ab und sagt die Punktezahl an und markiert diese Anzahl mit dem Bluffstein auf eben dieser Leiste. Möchte oder kann er nicht an diesem Turnier teilnehmen, so muss er passen. Danach ist der nächste Spieler an der Reihe und entscheidet wiederum ob er teilnimmt und wenn ja, mit wie vielen Punkten. Diese Punktezahl muss immer unterschiedlich von den anderen Spielern sein. Joker-Karten sind zwar der Rückseite nach einem Turnier zuzuordnen, können aber beliebig eingesetzt werden. Weiters ist zu bemerken, dass zwei gleiche Karten immer den Wert 8 und drei gleiche Karten immer den Wert 12 haben. Auch dann, wenn die Einzelsumme höher wäre.

 

Haben alle Spieler bei einem Turnier gesetzt oder gepasst, wird der Juror ermittelt. Das ist der Spieler, der als erstes gepasst hat bzw. wenn alle Spieler gesetzt haben ist es der Spieler, der das niedrigste Gebot abgegeben hat. Dieser Juror darf nun einen anderen Spieler des Bluffs bezichtigen oder erklären, dass kein Spieler geblufft hat. Wenn der Juror mit seiner Aussage Recht hat, erhält er einen Turnierchip. Hat er Unrecht, so passiert gar nichts. Ist jetzt ein Spieler beim Bluffen erwischt worden, so wird er disqualifiziert und nimmt seinen Stein von der Bluff-Leiste und muss eine der ausgelegten Karten abgeben. Danach ziehen alle Spieler ihre Galliersteine auf der Zählleiste weiter. Die Punkte hängen von der Spieleranzahl ab. So zieht der Sieger, mit dem höchsten Gebot, bei 4 Spielern 4 Felder weiter. Der Zweite darf noch 3 Felder weiter ziehen und der Dritte 2 Felder. Nur der 4. geht leer aus. Hier gibt es noch die Loser-Regel, die besagt, dass derjenige, der auf der Erfolgsleiste am weitesten hinten steht, doppelte Punkte erhält. Und wenn die Wertung noch dazu in Lugdunum (dem Startfeld) stattfindet, so werden alle Punkte nochmals verdoppelt.

 

Außerdem erhält nun jeder Spieler der geblufft hat und nicht dabei erwischt wurde einen Turnierchip. Diese Chips kann man einsetzen, indem man beim Ziehen für jeden Chip ein Feld mehr oder weniger fährt. Oder man für 2 Chips eine Turnierkarte ziehen. Jetzt höre ich schon die Fragen, warum sollte ich einen Chip einsetzen, um ein Feld weniger zu fahren? Weil ich noch nicht erzählt habe, dass es verschiedene Ereignisfelder auf der Wertungsleiste gibt. Und so kann es schon vorkommen, dass ich dadurch auf ein Feld komme, wo ich 4 Felder vorrücken kann. Ebenso kann man einem ‚4-Felder-zurück’ Feld ausweichen. Bei anderen Ereignissen erhält man einen Turnierchip oder eine Turnierkarte. Damit sieht man, dass die Turnierchips sehr wichtig sind und es daher notwendig ist zu bluffen. Sind jetzt alle Turniere des Startspielers abgewickelt, so wandert der Startspieler nach links weiter und die nächste Runde beginnt. Zu Ende ist das Spiel, wenn der erste Spieler das Zielfeld erreicht oder überschritten hat. Die laufende Runde wird aber noch zu Ende gespielt. Sieger ist derjenige, der auf der Wertungsleiste am weitesten gekommen ist.

 

Zusätzlich ist in der Spielregel noch einen Grundregel angeführt, bei der es kein Bluffen gibt. Ich muss gestehen, dass ich diese Variante nie gespielt habe, da gerade das Bluffen den großen Reiz des Spiels ausmacht. Bekanntlich ist ja Schadensfreude die reinste Freude und die ergibt sich permanent, wenn einer erwischt wird oder gegenüber dem Juror, wenn er falsch angeprangert hat. Oder wenn man sich ausrechnet, dass man 3. werden muss um auf das +4-Feld zu kommen und dann wird jemand mit einer höheren Punktezahl beim Bluff erwischt und man ist plötzlich Zweiter und kommt auf das –4-Feld. Für Freude und Ärger ist also laufend gesorgt und ich habe noch selten soviel gelacht bei einem Spiel. Auf Grund seiner Natur ist es natürlich auch sehr stark glücksabhängig und ich glaube nicht, dass man wirklich viel Einfluss auf den Ausgang nehmen kann. Als Startspieler hat man einen leichten Vorteil, da man nur die Turniere veranstaltet, wo man selbst gute Karten hat. Schafft man es, knapp vor das Zielfeld zu kommen bevor man selbst Startspieler wird, so hat man das Spiel schon fast sicher gewonnen. Und obwohl ich Spiele mit höherem strategischen Anteil bevorzuge, gehört es doch zu der Sorte, die man wegen der kurzen Spieldauer (unter einer Stunde) und des Spaßes immer wieder gerne für Zwischendurch herausnimmt. Auf keinen Fall empfehlen würde ich das Spiel jemanden, der sich schon bei ‚Mensch ärgere dich nicht’ nicht an den Titel hält und nach dem 3. Rauswurf die Partie schmeißt.