UNSERE REZENSION
Ich bau dir ein Schloss
DIE SCHLÖSSER DES KÖNIG LUDWIG II
Verrückt oder doch schön?
Die Älteren von euch werden sich sicherlich noch an den Ohrwurm von Heintje aus etlichen „Gruß an dich“ Sendungen im Radio erinnern. Den einen zum Leidwesen, den anderen zur Freude. Jedenfalls mir hat sich die Tonfolge leider unauslöschlich eingeprägt. Ich wollte wichtigere Dinge könnte ich auch so leicht behalten, aber das ist hier nicht das Thema.
Wer würde nicht gern ein Schloss besitzen – von den Unterhaltskosten einmal ganz abgesehen. Nun, im Spiel von Ted Alspach ist das ganz einfach nachzuvollziehen. Offensichtlich wurde er angeregt durch die Schlösser des bayrischen Königs Ludwig – einer der schillerndsten Personen seiner Zeit. Dessen verschwenderischer Bausucht verdanken wir schließlich mit „Lindenhof“, „Herrenchiemsee“ und last but not least „Neuschwanstein“ Baudenkmäler von unglaublicher Schönheit. Auch wenn er mit seinem Kostenaufwand von über 300 Millionen den Staatshaushalt von Bayern praktisch in den Bankrott getrieben hat. Das führte schließlich auch zu seiner Entmündigung durch vorgeschobene Geisteskrankheit. Wenn man sich allerdings die heutigen Besucherzahlen bzw. Eintrittsgelder ansieht, war das Geld vielleicht doch nicht so schlecht angelegt. Es musste ein amerikanischer Verlag kommen um sich dieses deutschen Themas anzunehmen.
Interessant ist übrigens, dass im Titel der englischen Ausgabe der König Ludwig als „Mad“, also als verrückt bezeichnet wird , während man scheinbar als Rücksichtnahme für den deutschen Markt diese Qualifizierung unterlassen wurde.
Der Verlag Bézier Games wurde 2006 in Kalifornien von Ted Alspach, dem Autor dieses Spiels gegründet. Er selbst trat mit Spielen wie „Age of Steam“, „Ultimate Werwolfe“, „Kniffel das Kartenspiel“, „Mutant Meeples“ und „Suburbia“ - Erweiterungen in Erscheinung. Außerdem ist er Autor von über 30 Büchern.
Doch nun zum Spiel selbst. 75 Räume bzw. Gärten in 10 verschiedenen Größen sollen von den 1-4 Spielern erschlossen bzw. als Bauunternehmer verbaut werden. Den Ausgangspunkt stellt jeweils eine Eingangshalle dar. Dazu kommen noch 6 Stiegenhäuser und 9 Gänge. Gleichzeitig sollen noch vier von 24 möglichen Wünschen des Königs berücksichtigt werden. Mit Hilfe von Bonuskarten – es gibt 28 verschiedene davon – kann man zusätzlich Punkte erlangen um schließlich als siegreicher Bauherr vom Tisch zu gehen.
Für den Spielaufbau werden die diversen Räume nach Größe gestaffelt auf den 2 Raumspielplänen abgelegt. Je nach Spieleranzahl werden einige Raumkarten bzw. Gänge und Stiegenhäuser aussortiert. Ein sogenannter Punkteturm hält die Siegpunkte der Teilnehmer fest. Bei den Bonuskarten gibt es zwei Arten. Bei den einen werden bestimmte Räumlichkeiten bevorzugt und je nach Anzahl mit Punkten belohnt. Bei den anderen geht es vorwiegend um die Raumgrößen. Bei Spielbeginn erhält jeder 3 Karten von denen er 2 davon auswählen und nutzen kann. Gleichzeitig werden von den 24 Wünschen des Königs 4 willkürlich ausgewählt. Hier werden neben bestimmten Raumgrößen , Schlossausgängen oder Geld bei Spielende ebenfalls Punkte vergeben. Man sieht, dass man schon vor dem Start für den Spielverlauf einiges zu berücksichtigen hat. Zu Beginn erhält ein jeder 15.000 Mark Startkapital. Jetzt werden 7 verschiedenartige Räume ausgelegt, die entsprechenden Raumkarten aussortiert, und die Räume einer Preislistenleiste ausgehend von 1000 bis 15.000 zugeordnet. Damit ist der Aufbau abgeschlossen.
Der Startspieler erhält den Baumeisterspielstein und das Recht, die ausliegenden Räume umzusortieren, sodass die Kosten für den Erwerb neu feststehen. Nun können die Spieler links von ihm sich im Uhrzeigersinn für eine der Räumlichkeiten entscheiden und die Kosten dafür an den Baumeister !!! bezahlen. Ist für einen nichts Passendes dabei oder sind einem die Kosten zu hoch, weil man sich finanziell schon verausgabt hat, kann man passen. Dafür gibt es Nachschub in Form von 5000 Mark von der Bank. Als Letzter der Runde hat der Baumeister das Kaufrecht. Er entrichtet den Kaufpreis an die Bank bzw. kann er ebenfalls passen. Räume die nicht erworben wurden erhalten für die nächste Runde 1000 Mark als zusätzlichen Anreiz. Mit Hilfe der Raumkarten wird ermittelt mit welchen Räumen die leeren Plätze ergänzt werden und der Baumeisterstein wird im Uhrzeigersinn weitergereicht.
Was passiert nun mit den erworbenen Räumen? Sie müssen sofort in die eigene Auslage eingebracht werden. Mindestens eine Türe muss passend mit einem bereits vorhandenen Raum übereinstimmen. Auch muss darauf geachtet werden, dass das Schloss mindestens einen Ausgang aufweist. Erworbene Kellerräume dürfen mit den Räumen des Erdgeschosses nur über Stiegenhäuser verbunden werden. Sollte eine der Regeln nicht einzuhalten sein, darf der Raum nicht erworben werden.
Sobald ein Raum platziert wurde gibt es Siegpunkte als Belohnung. Dazu weist jede Raumkarte eine entsprechende Zahl links oben auf. Außerdem sind in der Mitte jeder Karte Symbole verzeichnet, die Einfluss auf die angrenzenden Räume haben. Es gibt Wohn-,Schlaf-, und Speisezimmer sowie Gärten, Freizeit-, Wirtschafts-, und Kellerräume. Zusätzlich natürlich auch Verbindungsräume wie Gänge und Stiegenhäuser. Verständlicherweise wird es nicht gewünscht, dass zum Beispiel Schlafräume neben Freizeit- oder Speisezimmer liegen und dementsprechend mit Punkteabzug bestraft.
Räume gelten als „fertig gestellt“ wenn sämtliche Türen regelgerecht an andere Räume anschließen. Dann gibt es zusätzliche Privilegien. Das sind beim Wohnzimmer eine Doppelwertung, beim Freizeitraum 5 extra Siegpunkte, beim Speisezimmer eine Zugwiederholung, beim Garten 10.000 Mark oder beim Wirtschaftsraum eine zusätzliche Bonuskarte. Auch hier gibt es also einiges zu beachten was für einen von Nutzen sein kann.
Das Spielende ist erreicht wenn der Raumkartenstapel aufgebraucht ist. Nun werden die Wünsche des Königs und die Bonuskarten der Spieler berücksichtigt. Außerdem gibt es für 10.000 Mark ebenfalls einen Punkt. Sollte es wider Erwarten einen Gleichstand geben so zählt die Größe des errichteten Schlosses. Dazu gibt es auf jeder Karte rechts oben eine Quadratmeteranzahl.
Vier Übersichtskarten liegen dem Spiel bei und helfen sich im Spielverlauf zu recht zu finden. Das Spielmaterial ist ausgezeichnet und liebevoll gestaltet. Hier geht mein Lob an den Illustrator Keith Curtis. Auch die sechsseitige Spielanleitung ist sehr übersichtlich und lässt keine Wünsche über. Hier war als Redakteur offensichtlich mit Dale Yu ein Profi am Werk, der dem Spiel den vorzüglichen Stempel aufgedrückt hat. Dale Yu hat bei Dominion, der Solovariante von Agricola und u.a. dem Tannenbäumchen-Deck mitgewirkt. Sein Erfahrung war offenbar sehr wertvoll bei der Gestaltung.
Durch die in jedem Spiel verschiedenen Bonuskarten bzw. den Wünschen des Königs verläuft kein Spiel wie das vorhergehende. Auch die Vielzahl der Punktemöglichkeiten ergibt viele Varianten und macht das Spiel sehr abwechslungsreich mit hohem Wiederspielreiz. Die Solovariante gibt einem die Möglichkeit sich an einem Punktestand von 50 (Hofnarr) bis zu 101 (König der Schlosskonstrukteure) zu messen. Ein absolut stimmiges Thema wurde hier optimal umgesetzt und ist jedem Liebhaber von Legespielen zu empfehlen.
Rudolf Ammer
Spieler: 1-4
Alter: 13+
Dauer: 90+
Autor: Ted Alspach
Grafik: Keith Curtis
Preis: ca. 36 Euro
Verlag: Bézier Games 2014
Web: www.beziergames,com
Genre: Legespiel
Zielgruppe: Mit Freunden
Spezial: 1 Spieler
Version: de
Regeln: de en
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Exzellentes Material
Ausgezeichnete Regeln
Viele Möglichkeiten zu punkten
Viel Abwechslung durch variable Materialauswahl
Vergleichbar:
Versailles und andere Lege-Spiele mit Bauthema
Andere Ausgaben:
Castles of Mad King Ludwig
Meine Einschätzung: 5
Rudolf Ammer:
Das titelgebende Thema wurde sehr stimmig verarbeitet und bietet mit seinen vielen variablen Möglichkeiten einen hohen Wiederspielreiz.
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Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 1
Strategie (blau): 1
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 1
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0