Aller Komfort für Touristen

 

Greentown

 

Entweder Attraktionen ausbauen oder Besucher herumführen

 

Was passiert denn, wenn sich ein kleines verschlafenes Nest dem Tourismus öffnet und versucht den Vorlieben seiner Gäste nachzukommen? Der eine braucht die Natur, aber nicht zu viel davon, der andere möchte shoppen, aber es sollte nicht an jeder Ecke ein Shoppingcenter entstehen, und der dritte möchte Sport betreiben oder der Kultur frönen. Dieser heiklen Aufgabe hat sich der Bambus Spieleverlag in seinem Spiel Greentown angenommen, das zur Spiel 06 erschienen ist.

 

Im Spiel befinden sich 38 sechseckige Ortsfelder. 10 davon werden in vorgegebener Form zu einem Spielplan zusammengesetzt und die restlichen werden nach der Anzahl der Wege, die von den Plättchen wegführen, nennen wir sie Ausgänge, sortiert. Von den Plättchen führen zwei bis 6 Ausgänge weg, wobei die beiden Plättchen mit 6 Ausgängen bereits verbaut sind. Auf die 6er Plättchen kommt je ein Hotel und auf die sechs außen liegenden Plättchen des Spielplans kommt je ein Baum.

 

Die Besucherkarten, das sind die zu erfüllenden Aufträge, werden nach den Werten 5 bis 9 sortiert und aufsteigend verdeckt abgelegt. Jeder Spieler bekommt einen 5er Auftrag, den er offen vor sich auslegt. Wenn ein Spieler an die Reihe kommt, kann er entweder bauen, reisen, bauen oder reisen oder bauen und reisen. Wobei er bei letzterem zuerst baut und dann reist. Wenn ein Spieler eine dieser Aktionen wählt dreht er sie um und wenn er alle vier verwendet hat bekommt er alle wieder zurück und hat wieder die volle Auswahl.

 

Der Spieler rechts vom Startspieler bekommt ein Plättchen mit dem Aufdruck x2. Das bedeutet wenn er an die Reiher kommt ist er sofort nochmals dran. Hat er dies durchgeführt gibt er das Plättchen an den rechten Nachbarn weiter.

 

Bei der Aktion Bauen hat man folgende Möglichkeiten: Entweder man legt zwei 6 eckige Plättchen an das bestehende Spielfeld an. Dabei muss mindestens ein Weg angebunden werden und man muss zuerst die Plättchen mit den wenigsten Ausgängen wählen. Erst wenn die Plättchen mit 2 Ausgängen aufgebraucht sind kann man die mit 3 Ausgängen nehmen. Die andere Möglichkeit ist es zwei Ortsfelder ausbauen.

 

Ein ausliegendes Ortsfeld wird durch ein Ortsfeld aus dem Vorrat ersetzt. Das neue Ortsfeld muss genau einen Ausgang mehr haben und man darf maximal einen bestehenden Ausgang abreißen. Ist jedoch das Feld von einem fremden Gebäude besetzt, dann müssen alle Ausgänge erhalten bleiben. Als letzte Regel gilt, dass das gesamte Streckennetz nach dem Austauschen zusammenhängen muss, also ein Rundkurs von einem Hotel zum anderen muss gewährleistet sein.

 

Als dritte Möglichkeit kann man die beiden genannten Aktionen miteinander kombinieren, also ein Ortsfeld bauen und eines erweitern oder umgekehrt. Hat der Spieler mindestens ein Ortsfeld gebaut, also einen Bauplatz geschaffen, dann kann er eines seiner Gebäude auf einem beliebigen freien Feld, also einem wo kein fremdes Gebäude steht, errichten. Befindet sich auf diesem Feld ein Baum, wird dieser auf ein leeres Ortsfeld versetzt. Es gibt drei verschiedene Arten von Gebäuden, Würfel  sind Shopping Center, Scheiben sind Sportstätten und Häuser sind Kulturstätten.

 

Die Aktion Reisen wird wie folgt durchgeführt. Der Spieler versucht einen Kurs durch den Spielplan zu finden, wobei er bei einem Hotel starten und bei einem Hotel enden muss. Dies kann auch das Starthotel sein. Auf der Besucherkarte links oben ist eine Zahl vermerkt, 5 bis 9. Das sind die Anzahl der Stationen die man auf jeden Fall anlaufen muss. Das Hotel am Anfang der Strecke und leere Felder zählen nicht als Stationen.

 

Man darf beim Ziehen ein Hotel mehrmals passieren, dies bringt aber kein Einkommen sondern kostet eine Station. Ebenfalls erlaubt ist es, ein Gebäude mehrmals zu passieren, kostet jedes Mal eine Station, dies bringt aber nur einmal Einkommen und man muss beachten, dass ein Wegstück nur einmal beschreitbar ist, also hin- und herziehen ist verboten.

 

Auf der Besucherkarte sind die 4 Kategorien vermerkt, die man besuchen muss. Es sind dies neben den drei oben genannten auch noch die Kategorie Natur, dargestellt durch die Bäume auf dem Spielfeld. Es gibt auf der Karte eine Mindestmenge und eine Höchstmenge pro Kategorie die man besuchen muss und sollte. Der Wert liegt immer von 1 bis 3. Als Beispiel kann auf der Karte stehen, dass der Besucher einmal Natur haben möchte aber maximal dreimal, einmal Kultur aber maximal zweimal, einmal Sport und dreimal Shopping aber nullmal ist auch in Ordnung.

 

So versucht man einen Weg zu finden, damit die Wünsche erfüllt werden. Über- oder unterschreitet man den oder die Wünsche, bekommt man für die Stationen dieser Kategorien kein Geld und bezahlt pro nicht erfüllter Kategorie ein Geld. Hat man die Karte erfüllt legt man sie ab und zieht eine neue, die man wieder offen vor sich legt.

 

Wie bekommt man nun sein Geld? Für jedes eigene Gebäude und jeden Baum auf seiner Route bekommt man ein Geld. Läuft man fremde Gebäude an, bekommt deren Besitzer pro Gebäude ein Geld. Das Spiel endet wenn ein Spieler keine Besucherkarte mehr nachziehen kann oder ein Spieler alle seine Gebäude verbaut hat. Die Runde wird noch zu Ende gespielt bis zu dem Spieler mit dem Doppelzugplättchen. Der Doppelzug wird nicht mehr ausgeführt. Wer dann das meiste Geld besitzt, gewinnt, bei Gleichstand derjenige der in der letzten Runde früher am Zug war.

 

Eines darf man sich bei einem Kleinverlag nicht erwarten, Hochglanzpapier und färbig. So auch hier, die Regel ist eine schwarz-weiße Kopie. Sie ist gut verfasst, dass aber die Beispiele in schwarz-weiß sind, unterstützt das Verständnis für bestimmte Situationen nicht unbedingt. Ich hätte mir auch mehr Klarheit bei der Defintion Besucherwunsch und deren Erfüllung gewünscht. Das musste ich mehrmals lesen bis ich es verstanden habe. Lobenswert erwähnen muss man das Anführen der überflüssigen Spielteile als Ersatzmaterial, da kam keine Frage auf „Wofür ist das den?“.

 

Eine Änderung der Regel für ein Zweipersonenspiel und eine Variante, sowie taktische Tipps und zwei weitere Startaufstellungen findet man am Ende der Regel. Insgesamt kann man über die Regel nur gutes berichten.

 

Für den Preis von 22 Euro bekommt man ein gut ausgestattetes Spiel mit stabilem Karton und Holzfiguren. Da verlangen andere Verlage schon mal 5 bis 8 Euro mehr und nehmen einfach eine größere Schachtel. Die Schachtel hat eine vernünftige Größe ohne viel Luft im Inneren. Was mich positiv überrascht ist die Stärke des Kartons den man für die Schachtel und den Einlegeboden verwendet. Da wird nicht an der falschen Stelle gespart und ausgerissene Ecken sind bei dieser Stärke so gut wie nicht möglich.

 

Das Spielmaterial ist stabiler Karton und gut verarbeitetes Holz. Die Besucherkarten sind auf Zeichenkarton in Farbkopien gedruckt und leiden mit der Zeit an den Einflüssen des Spielens. Die Ecken nutzen sich rasch ab und bei Farbkopien hat man immer das Problem, dass sie die Verunreinigungen der Hände und Finger schneller annehmen als beschichtete Karten. Aber nochmals, Bambus ist ein Kleinverlag und bei einer Produktion von 350 Spielen hat man nicht das Budget wie ein großer Verlag und daher ist das Material den Umständen entsprechend gut.

 

Die Grafik auf dem Cover ist gewöhnungsbedürftig, mir gefällt sie nicht aber ich bin auch kein Freund solcher Zeichnungen. Auf den Spielteilen blieb ich zum Glück davon verschont und da ist die Grafik spielunterstützend, farblich schön unterteilt und angenehm fürs Auge und gut erkennbar bei schlechter Beleuchtung.

 

Der Spielfluss ist ein wenig holprig da der Ablauf des Zuges eines Spielers im fortgeschrittenen Spiel endlos dauern kann. Wie bei den Eisenbahnspielen hat man viele Möglichkeiten und man kann erst darüber nachdenken wenn man an die Reihe kommt. Da kann es schon kommunikativ werden wenn alle Spieler versuchen die Wege aufzuzeigen die sich bieten. Es kann aber dauern wenn der Spieler versucht oder versuchen muss alleine eine Lösung zu finden.

 

Helfen ist aber allemal besser, da man ja auch versuchen kann den Weg aufzuzeigen wo man eigene Gebäude auf der Route hat um den einen oder anderen Greenie, so heißt die Währung, bekommt. Die Dauer ist auf der Schachtel mit 60 Minuten angegeben und das stimmt so auch im großen und ganzen. Wie schon gesagt immer abhängig davon wie lange gewisse Mitspieler nachdenken.

 

Das Thema passt sich dem Spiel gut an und ist realitätsnah, wenn man bedenkt was man im eigenen Urlaub erleben möchte. Da will man ein bisschen Natur aber nur nicht zu viele Bäume rundherum, ein wenig Sport, Shopping, aber zu viel davon ist auch nicht gut. Das haben die Autoren schön eingefangen und ich finde den Mechanismus der Bestrafung, wenn die Touristenwünsche nicht erfüllt werden interessant.

 

Gut nachempfunden ist der Mechanismus, dass man ein Gebäude auf einem Feld baut wo ein Baum steht, dieser gefällt wird und auf einem leeren Feld wieder aufstellt. Diese leeren Felder sind aber zumeist am Rande des Spielplans und so wird die Zurückdrängung der Natur durch den Tourismus gut wiedergegeben.

 

Den Mechanismus mit dem Dopplerstein finde ich gut und der Spieler der ihn besitzt sollte gut darüber nachdenken welche Aktionen er noch besitzen muss, um zweimal an die Reihe zu kommen. Da kann man eine Menge Geld verdienen wenn man zuerst baut und dann zweimal reist, oder zweimal baut und einmal reist. Die Taktik in diesem Bereich des Spiels erfasst man aber erst nach einigen Partien.

 

Zu Beginn des Spieles baut man ein bisschen und tauscht ein bisschen aus. Man sollte auf jeden Fall nicht vergessen seine Gebäude zu bauen und manchmal ist es besser ein Gebäude mitten in das Gebiet des Gegners zu bauen um dort den einen oder anderen Greenie abzustauben. Die Gebäude die man benachbart zu einem Hotel baut bringen das meiste Geld. Das Zurückdrängen des Waldes bringt aber auch das Problem mit sich, dass man die Bäume zumeist nur am Rand findet und die Erfüllung der Kategorie meist schwierig ist, speziell im fortgeschrittenen Spiel.

 

Gegen Ende des Spieles wird es auch immens schwierig 9 Stationen sinnvoll anzulaufen und man muss gut abwägen welchen Mitspieler man in seine Runde einbindet. Da das Geld verdeckt vor den Spielern liegt ist aber eher schwierig hier Einfluss zu nehmen.

 

Was ich am Spiel vermisse ist der Spannungsbogen und dass die Züge nicht schnell durchgeführt werden können. Ersteres liegt vielleicht auch daran das man in den ersten Partien zuwenig darauf achtet wie man den die Mitspieler ärgern kann, indem man den Wald beseitigt oder ein Shopping Center in den Weg baut, damit er in dieser Kategorie bestraft wird. Das geht im Zweipersonenspiel wesentlich besser da man einen besseren Überblick hat.

 

Im Vierpersonenspiel gibt es zu viele Einflüsse und wenn man wieder an die Reihe kommt muss man mit dem wenigen Möglichkeiten die man hat zu Recht kommen. Wir haben es bei Greentown auf jeden Fall mit einer abgespeckten Variante eines Eisenbahnbauspieles zu tun und diejenigen die diesen Spielen regelmäßig frönen werden auch daran Gefallen finden, da es mit einer Stunde Spieldauer um einiges kürzer ist als eine 18xx Partie.

 

Kurt Schellenbauer

 

Spieler         : 2-4

Alter            : ab 10 Jahren

Dauer          : 60 Minuten

Autor           : Günter Cornett & Michael Uhlemann

Grafik          : Ro Sato + Toshi Sato

Preis            : ca. € 22

Verlag          : Bambus Spieleverlag 2006

                     www.bambusspiele.de

 

Genre                    : Optimierungs- und Legespiel

Zielgruppe             : Freunde

Mechanismen         : Wege bauen, ausbauen, Aufträge über Wege erfüllen

 

Strategie                : **

Taktik                   : ****

Glück                    : *

Interaktion             : ****

Kommunikation      : ***

Atmosphäre           : ***

 

Kommentar

Kleinverlag

gutes Spielmaterial

abstraktes Optimierungsspiel

gutes Zweipersonenspiel

Tüftler sollte man meiden

 

Kurt Schellenbauer:

Greentown erinnert ein wenig an ein Eisenbahnspiel, aber als light Variante davon, als Einstieg in die 18xx Serie sicher gut zu brauchen, euphorischer Spielspass kam aber nicht so recht auf.

 

Vergleichbar:

alle Eisenbahnbauspiele, Neuland