POCKET FOOTBALL
Pocket Football
Rene Vidmer
2 Spieler ab 10 Jahre
AWV Publishing 1992
Mein Team steht auf der gegnerischen 25-Yard-Linie.
Wir haben noch einen einzigen Versuch, und da müssen wir jetzt noch 7 yards
Boden gut machen, ein schwieriges Unterfangen. Eine kurze Beratung: Mit welchem
Manöver sollen wir angreifen? Ich entscheide mich für einen "Sweep".
Knisternde Spannung ... Und los geht´s! Die gegnerische Mannschaft hat sich in
einer "Dime-Formation" aufgestellt. Mein Quarterback wartet lange
.... gibt den Ball ab zum Halfback ... dieser rennt los! .... weicht nach
rechts aus ... der Fullback blockt den Gegner großartig ab ... und mein
Halfback kann erst bei 16 yards gestoppt werden .... 9 yards gewonnen!!!
Die vorangegangene Spielsituation stammt aus einem
Pocket Football Spiel, das ich gegen meinen Spielpartner führte. Man könnte jetzt
meinen, daß wir für solch komplexe Aktionen ein ganzes Arsenal an Würfeln,
Spielbrettern, Spielkarten, Tabellen u.ä. benötigen. Weit gefehlt! Wenn man uns
beide beim Spiel beobachtet hätte, wäre man nie auf die Idee gekommen, daß wir überhaupt
spielen. Das liegt daran, daß jeder von uns nur ein kleines, unscheinbares Büchlein
in der Hand hält, gerade 10 x 10 cm groß und 2 cm dick. Doch die ganze
"Action" spielt sich tatsächlich darin ab. Das Spielfeld sind
sozusagen die Seiten des Buches, am rechten Rand jeder Doppelseite zeigt eine
Yardleiste die Position des Balles an. Jeder der beiden Kontrahenten hat immer
diejenige Seite aufgeschlagen, wo sich der Ball momentan - von der eigenen
Endzone gerechnet - befindet.
Einer der beiden ist der Angreifer. Wer sich mit den
Football-Regeln nicht so genau auskennt, sollte wissen, daß die angreifende
Partei immer maximal 4 Versuche brauchen darf, um einen Raumgewinn von 10 yards
zu machen. Mißlingt ihr das, oder verliert sie gar den Ball, wird die andere
Mannschaft zur "offense", während man selbst nun verteidigen muß. Dem
Angreifer stehen 16 verschiedene Angriffstaktiken zur Verfügung. So kann er zum
Beispiel seinen Quarterback mitten durch die gegnerische Verteidigung schicken,
zwei Mann mit dem Ball rechts durchbrechen lassen, oder dem vorlaufenden
Rechtsaußen einen weiten Paß ("Bomb") zuwerfen. Generell hat der
Angreifer zwischen einem "Run"-Spiel (entweder durch die Mitte oder
an der Seitenlinie entlang) und einem "Pass"-Spiel (kurze oder lange
Pässe) zu wählen. Der Verteidiger seinerseits hat 8 verschiedene Formationen
zur Auswahl, um dem Gegner das Vorwärtskommen so schwer wie möglich zu machen.
Er kann seine Mannen beispielsweise auf einer Linie aufstellen (Goalline) oder
sie in einer offenen "Four-Three"-Aufstellung im Raum verteilen. Nun
sind die Erfolgschancen der "defence" je nach gewähltem Manöver der
"offense" recht unterschiedlich. Die enge "Goalline" ist
fast unmöglich mit einem "Run"-Spiel zu durchbrechen, während sie
gegen fast jedes "Pass"-Spiel wirkungslos ist. Steht die Verteidigung
aber so offen wie bei der "Dime"-Formation, steht sie recht hilflos
da, wenn der Angreifer ein Laufspiel gewählt hat.
Nachdem beide Spieler gleichzeitig ihr
beabsichtigtes Manöver bekanntgegeben haben (sie rufen laut die Nummer, die auf
der aktuellen Seite bei ihrem betreffenden Manöver steht), blättern sie auf die
vom Gegner genannte Seite, wo dann unter ihrem gewählten Manöver die
Egebnisseite steht. Erneutes Blättern dorthin und schon findet man auf der
linken Seite nicht nur eine Skizze, sondern eine genaue Beschreibugn )in
amerikanischem Sportreporterstil) des Spielablaufes. Und dort erfährt der
Angreifer auch, ob und wieviele yards er gewinnen konnte oder verloren hat.
Mathematisch gesehen gibt es 128 verschiedene Möglichkeiten, von "Loss
often" bis "Gain of twenty". Die Spieler müssen dann
entsprechend zur neuen Position im Buch blättern.
Überhaupt wird sehr viel geblättert, denn einige
Aktionen, aber auch eine Resultate auf den Ergebnisseiten verlangen das
"Flippen" der Bücher. Und hier ist das Geschick (oder doch das Glück?)
der Spieler gefordert. Auf der rechten Seite der Büchlein stehen nämlich noch
Zahlenwerte oder Wörter für einzelne Ereignisse. Schafft der Angreifer zum
Beispiel einen "Long Gain", darf er - wie beim berühmten Fingerkino -
die Seiten des Buches schnell durchlaufen lassen und irgendwo mit dem Daumen an
einer Seite stoppen. Ein Blick auf den Wert unter "Long Gain" verrät
ihm dann, wieviele yards er tatsächlich gewonnen hat. Dieselbe Prozedur gibt es
auch für "Returns", "Kickoffs", "Field goals",
etc. Und wenn der Ball jemandem aus der Hand gleitet (noch ein Fachausdruck:
"Fumble"), flippen sogar beide Spieler darum, den Ball in ihren
Besitz zu bekommen.
Insgesamt geht das Spiel über 4 Quarters zu je 30
Spielzügen, was ungefähr ein bis eineinhalb Stunden in Anspruch nimmt. Und
gewonnen hat selbstverständlich derjenige, der mehr Touchdowns bzw. mehr Punkte
erzielen konnte.
Hat man sich einmal an das eigenwillige System gewöhnt,
geht das Spiel sehr flüssig vor sich. Und dann ist es wirklich ein
psychologischer Kampf. Jemand hat mal behauptet, Fpptball sei ein Rasenschach
zwischen zwei Coaches mit je 11 gepolsterten Spielfiguren. Wenn das wahr ist
(so genau kenne ich mich in dieser uramerikanischen Sportart nicht aus), dann
ist die Umsetzung auf ein Spiel sehr gut gelungen. "Wird mein Gegenüber
wieder dieselbe Aktion durchführen oder probiert er jetzt etwas Neues? Oder
rechent er damit, daß ich mich nun darauf einstelle?" Solche Fragen
stellen sich im Lauf der Partie immer wieder, und meiner Meinung nach
wiederholt sich dieses Bluffen und Gegenbluffen für 4 Spielviertel viel zu oft,
um über eine Stunde vollen Spielspaß zu garantieren. Ich habe daher meist nur über
2 Spielhälften zu je 40 Spielzügen gespielt, aber das ist reine
Geschmackssache. Originell ist "Pocket Footbal" auf jeden fall, und
durch den geringen Platzbedarf kann es auch wirklich überall - einen
Spielpartner vorausgesetzt - gespielt werden.
Meine Wertung:
** Pocket Football S PPP UUU A 2