1830 – 2 Rezensionen
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1830
Besprechung: Elisabeth Alscher
1830
Francis Tresham
Avalon Hill 1986
2-6 Personen
Haben Sie einen Nachmittag frei
und ein paar gute Freunde zur Hand? Versuchen Sie doch 1830, Sie werden Ihre Freude
daran haben. Das Spiel handelt von der Entwicklung der verschiedenen
Eisenbahnlinien in den Vereinigten Staaten und von dort her hat es auch seinen
Namen: 1830 wurden die ersten privaten Eisenbahnlinien gegründet. Hier setzt
das Spiel ein. Alle 6 Privatlinien werden versteigert und bringen jede Runde
Einkommen je nach Größe und Bedeutung. In dieser Phase können die Spieler nur
Geld horten, doch nicht für lange. Denn ist einmal einer der Spieler imstande,
Aktien zu kaufen, beginnt die 1. Aktienrunde. Der Spieler wählt eine Linie aus
und legt den Nominalwert der betreffenden Aktien fest. Er erhält die
Präsidentenaktie mit 20 % Anteil (alle übrigen 10 %) und die Stammkarte mit
Gründungskapital und Bahnhöfen. I Nun können alle Spieler reihum immer 1 Aktie
kaufen bzw. Linien gründen, bis niemand mehr kauft. Sind zu diesem Zeitpunkt 60
% einer Gesellschaft in privaten Händen, wird die Linie eröffnet, die
Operationsrunde beginnt.
Der Präsident der Linie (der
Spieler im Besitz der meisten Aktien - die Präsidentenaktie kann also wandern!)
legt ein gelbes Plättchen mit einem Bahnhof auf sein Startfeld und wird
wahrscheinlich schon einen Zug kaufen. Nachdem alle übrigen aktiven
Gesellschaften ebenfalls an der Reihe waren, folgen wieder eine Einnahmen-Runde
und Aktienrunden. In den nächsten Operationsrunden darf jede aktive Eisenbahnlinie
ein Streckenplättchen legen oder austauschen und fahren.
Dazu nähere Erläuterungen: Der
Spielplan besteht aus sechseckigen Feldern mit groben Markierungen von Flüssen,
Städten, Seen, Bergen usw. Beim Legen der Plättchen müssen zuerst die gelben
Plättchen (einfachste Linienführung) verwendet werden, die im späteren
Spielverlauf durch grüne (Strecken mit Abzweigungen) und schließlich durch
braune Kärtchen ersetzt werden dürfen. Dabei entrichtet man für Flussüberquerungen
und Bergstrecken eine einmalige Gebühr. Alle Spielplanmarkierungen (Städte,
Abzweigungen) und beim Austausch die alte Streckenführung müssen dabei auf den
gelegten Plättchen erhalten bleiben.
Zum Fahren benötigt man Züge.
Es gibt 2er-Loks, die 2 Bahnhöfe verbinden können, 3er, der, 5er und 6er sowie
Dieselloks, die beliebig weit fahren dürfen. Will der Präsident einer
Gesellschaft einen oder mehrere Züge fahren lassen, nennt er nur die
angefahrenen Bahnhöfe und die Punktesumme der gezogenen Strecke (addierte Werte
auf den Plättchen), die ihm als Einkünfte der Linie ausbezahlt wird. Fahrten
dürfen aber nur bis zum nächsten fremden Bahnhof gehen. Nun steht die
Gesellschaft vor der Wahl, den Betrag einzubehalten (für etwaige Anschaffungen)
oder an die Aktionäre anteilsmäßig aufzuteilen, je nachdem sinkt oder steigt
der tatsächliche Aktienkurs, der auf einer eigenen Tafel markiert wird. Es ist
ebenfalls nicht gleichgültig, ob alle Anteilscheine verkauft sind, auch das
wirkt sich auf den Kurs aus.
Die Züge dürfen nur der Reihe
nach, zuerst alle 2er, dann alle 3er usw. gekauft werden. (Gleichzeitig mit der
Leistungsfähigkeit der Loks ergeben sich nach den Anleitungen am Spielplan
unter den Zug-Karten neue Spielphasen. Mit den moderneren 3er- Loks dürfen die
komplexeren grünen Plättchen verwendet werden, in der 5er-Lok-Phase z.B. werden
die 2er-Züge aufgelassen, also: Vorsicht und aufgepasst, damit man nichts
verliert. Außerdem darf jeder Spieler höchstens 11 Aktien und max. 60 % einer
Linie besitzen. Die Privatlinien dürfen ab einem bestimmt Zeitpunkt an die
Gesellschaften verkauft werden und verschwinden später ebenfalls.
Das Spiel endet, wenn einer der
Spieler oder die Bank zahlungsunfähig ist. Alle Spieler zählen ihr Vermögen aus
Barschaft und Aktien nach dem tatsächlichen Kurswert zusammen und wer am Schluss
das meiste Geld besitzt hat gewonnen.
Da 1830 ein sehr komplexes,
detailfreudiges Spiel ist, empfiehlt es sich, vor Beginn eine
"Proberunde" zu starten, um die gröberen Mechanismen zu erfassen.
Selbst dann ist es erst nach mehreren Partien möglich, alle Feinheiten und
Möglichkeiten von 1830 auszunützen. Es ist für mich immer wieder faszinierend,
wie der Autor Francis Tresham die Spieler mittels
Spielplanmarkierungen, Phasenablauf und Regeldetails zwingt, die wirkliche
Entwicklung der Eisenbahnlinien in Amerika auf dem Spielbrett nachzuvollziehen.
Obwohl 1830 ein Eisenbahnspiel ist, unterscheidet es sich grundlegend von
anderen Spielen dieses Genre, wie z.B. Dampfross und British Rail. Hier geht es hauptsächlich darum, durch Aktienkäufe
und Gewinnausschüttungen der Gesellschaften möglichst viel Gewinn zu
erwirtschaften, wobei es nicht einmal nötig ist, selbst Präsident einer Linie
zu sein. Es hat sich jedoch als vorteilhafter erwiesen, da man dadurch mehr
Einfluss auf das Spielgeschehen und die übrigen Spieler bekommt.
Abschließend möchte ich noch
erwähnen, dass 1830 eine weiterentwickelte und gestraffte Version des
Eisenbahnspieles 1829 vom selben Autor ist, und dass ich jedem empfehlen
möchte, dieses stimmungsvolle Wirtschaftsspiel einmal auszuprobieren, es wird
Ihnen gefallen.
WlN-Wertung:
** 1830 SSS W ll UU
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Besprechung: Peter Schmitt
1830.
The
Game of Railroads and Robber Barons.
Von Francis Tresham.
3-6 Spieler.
Avalon Hill. 1986.
1830 ist ein Eisenbahnspiel und
ein Wirtschaftsspiel: Jeder Spieler versucht, in der (1830) aufstrebenden
US-Eisenbahn- Industrie ein Vermögen zu erwirtschaften - sei es durch
Beteiligung an einer lukrativen Eisenbahn-Gesellschaft, sei es durch
geschickten Handel mit Aktien, oder sei es - auch das ist möglich - durch
hinterlistige Finanztricks. Abwechselnd hat jeder Spieler zwei Aufgaben
wahrzunehmen: Börsengeschäfte (als Privatmann mit dem persönlichen Vermögen)
einerseits, und als Präsident jener Gesellschaften, über deren Aktienmehrheit
er verfügt (mit dem Kapital der betreffenden Gesellschaft) andererseits.
Diese Geschäfte sind strikt
getrennt zu halten, obwohl es natürlich dem (Realitäts-)Sinn des Spieles
entspricht, wenn man auch als Präsident nicht für das Allgemeinwohl, sondern
zum Vorteil der eigenen Tasche wirtschaftet. (Wie unmoralisch!) Denn gewonnen
hat (klarerweise) jener Spieler, der am Ende des Spiels über das größte (Privat- )Vermögen verfügt. (Das Spiel ist zu Ende, sobald entweder
ein Spieler bankrott ist, oder aber der Bank das Bargeld ausgeht.)
Die Hauptkomponenten des Spiels
sind:
(1) 6 private
Eisenbahngesellschaften;
(2) 8 Aktiengesellschaften - zu
jeder Gesellschaft gibt es 9 Aktien (1 zu 20% für den Präsidenten und 9 zu je
10%)
(3) der Spielplan (Er zeigt
eine Karte der USA und ist in große Sechsecke geteilt. Es sind - große und
kleine - Städte eingezeichnet die Standorte der Gesellschaften, sowie der
rudimentäre Anfang eines Schienennetzes)
(4) Teile des Schienennetzes
(auf sechseckigen Plättchen);
(5) "Züge"
verschiedener Leistungsfähigkeit.
Im Laufe des Spieles wird das
Schienennetz ausgebaut, indem Schienen ausgelegt werden. Dabei sind etliche
Vorschriften einzuhalten (Zusammenhang, Berücksichtigung der Städte, komplexere
Linienführung - Weichen und Kreuzungen - werden erst im Laufe des Spieles
verfügbar). Die Bahnhöfe in den größeren Städten werden - nach entsprechender
Investition - von einer oder mehreren Gesellschaften dominiert. Die Einkünfte
dieser Gesellschaften kommen durch Befahren der ihnen offen stehenden Strecken
zustande - je nach Anzahl der "Züge" und deren Leistungsfähigkeit
darf eine bestimmte Zahl von Städten angefahren werden, deren Punktewert den
Verdienst der Gesellschaft bestimmt.
Die Anzahl der Züge jeder
Leistungsklasse ist beschränkt. Ihr Einsatz regelt zugleich den Fortgang des
Spiels. Sobald der erste Zug der nächsten Klasse zum Einsatz kommt, beginnt
eine neue Spielphase mit anderen Optionen (veraltete Züge müssen aus dem
Verkehr gezogen werden, zusätzliche Möglichkeiten beim Ausbau des
Schienennetzes, geänderte Bewertung der Städte, Schließung der Privatbahnen,
vermehrte Tätigkeit der Gesellschaften,...)
Die Aktienbörse funktioniert
nach einem einfachen, aber raffinierten System: Zunächst müssen alle Aktien von
der Bank gekauft werden - der erste Käufer (er erhält die Präsidenten-Aktie)
bestimmt dabei den Ausgabepreis (und damit auch das spätere Startkapital der
Gesellschaft). Sind von einer Gesellschaft bereits alle Aktien im Umlauf so können.
Sie (wenn verfügbar) auch an der Börse zum jeweils gültigen Preis gekauft
werden. Aktien können - ebenfalls zum jeweils gültigen Preis - an der Börse
verkauft werden (allerdings dürfen sich stets nur höchstens 50% der Aktien
einer Gesellschaft im Börsen-Pool befinden). Der Marktpreis steigt jedes Mal,
wenn die Gesellschaft Dividenden ausschüttet, und außerdem, wenn alle Aktien im
Umlauf sind. Der Wert sinkt, wenn keine Dividenden bezahlt werden, und jedes Mal,
wenn Aktien verkauft werden. Die genaue Ermittlung des Preises erfolgt dabei
durch Ziehen auf einer zweidimensionalen Preistabelle.
Nach all diesen Erklärungen
kommen wir nun (endlich) zum Ablauf des Spieles:
(1) Es beginnt damit, dass die
Privatgesellschaften nach einem genau definierten Versteigerungsverfahren
verkauft werden: Diese Gesellschaften bringen (je nach Anschaffungspreis) für
einige Runden ein regelmäßiges fixes Einkommen. Außerdem können sie später an
eine Gesellschaft verkauft werden. Ferner gehört zu jeder Gesellschaft ein
weiterer spezieller Vorteil (z.B. auch eine kostenlose Aktie).
(2) Nach dieser Startrunde
wechseln sich in der Folge eine Börserunde und 1-3 Operations-Runden ab:
(2a) In einer Börsenrunde
erledigen die Spieler reihum ihre Börsengeschäfte: An- und Verkauf von Aktien,
und zwar solange, bis alle Spieler passen. Der Aktienbesitz unterliegt gewissen
Beschränkungen die zum Teil auch vom Wert der Aktien abhängen.
(2b) In einer Operationsrunde
werden die Präsidenten der Gesellschaften tätig und führen ihre Geschäfte durch
(eine Gesellschaft wird erst aktiv, wenn 60% der Aktien im Umlauf sind): Ausbau
des Schienennetzes (Legen eines Plättchens), Investition in einen Bahnhof,
Durchführung von Fahrten, Ankauf eines Zuges). Der Präsident entscheidet, ob
der erzielte Gewinn an die Aktienbesitzer ausbezahlt wird oder in der
Gesellschaft bleibt.
Der wichtigste Mechanismus in
1830 ist wohl die Verfügbarkeit von Zügen: Da einerseits eine Gesellschaft, die
aufgrund ihres Streckennetzes fahren kann, einen Zug anschaffen MUSS, und
andererseits die billigen Züge knapp sind und außerdem nach einiger Zeit aus
dem Verkehr gezogen werden, muss (müsste) ein Präsident stets für eine
ausreichende Kapitalausstattung seiner Gesellschaft sorgen - auf Kosten der
Dividenden, die vor allem ihm selbst zugute kommen! Verfügt nämlich die
Gesellschaft nicht über genug Mittel, so MUSS der Präsident mit seinem Vermögen
einspringen - und wenn dieses dazu nicht ausreicht, so ist er bankrott und das
Spiel zu Ende: Verantwortungsvolle Führung der Geschäfte scheint daher
angebracht zu sein! Aber: Dieser Schein trügt! Denn ein schlauer Präsident kann
sich geschickt aus der Affäre ziehen und den Schaden einem unschuldigen
Mitspieler zuschanzen, indem er im rechten Moment die meisten Aktien seiner
abgewirtschafteten - ausgesaugten - Gesellschaft verkauft und (so ganz
nebenbei) die Aktienmajoriät an einen Mitspieler
verliert, der ab sofort Präsident sein darf - nein: - MUSS.
(Eine andere - weniger perfide?
- Rettungsmöglichkeit ist gegeben, wenn der Spieler- in seiner Eigenschaft als
Präsident einer weiteren Gesellschaft - der in Not geratenen Konkurrenz - ganz
uneigennütziger Weise - einen überflüssigen Zug zum Freundschaftspreis
überlassen kann.)
Mit dieser Darstellung habe ich
versucht, die wesentlichen Prinzipien der Spielregeln und ihr Zusammenspiel
möglichst übersichtlich zu beschreiben. Zahlreiche Details sind dabei unerwähnt
geblieben. Trotzdem: Die Regeln von 1830 sind nur komplex, nicht aber
kompliziert. Sie haben eine klare logische Struktur und sind raffiniert aufeinander
abgestimmt. 1830 ist damit eines der wenigen Spiele, die mit vollem Recht als
"Wirtschaftsspiele" bezeichnet werden können. Und es hat seinen Platz
in der HALL OF GAME(S) redlich verdient: Es hat nur einen Nachteil: Eine Partie
dauert mehrere Stunden (interessante Stunden!) - daher kann man es kaum je
wirklich zu Ende spielen (zumindest am Spieleabend
nicht, vor allem, wenn auch noch die Regeln besprochen werden müssen). Das
sollte jedoch niemanden davon abschrecken, es einmal zu probieren: Der Anfänger
braucht ohnehin (mindestens) eine Partie, bei der er das Zusammenspiel der
Regeln in der Praxis studieren kann - und dazu ist auch eine
"unvollendete" Partie bestens geeignet.
WlN-Wertung:
*** 1830 SSS 111 KK UUU A
5-6(3-6) hh
P.S: Beinahe hätte ich es
vergessen: Die Ausstattung ist zwar nicht gediegen, aber zweckmäßig. Wie das
ganze Spiel so ist auch das Material gut durchdacht.
P.P.S.: 1830 hat auch einen Vorgänger: 1829 "spielt" in Großbritannien
(2 Varianten: Süden und Norden) und steht dem Nachfolger nur wenig nach.
Kürzlich sind einige weitere Varianten erschienen, u.a.
auch auf einer Deutschlandkarte.
P.P.P.S.: Für alle die, die es noch nicht wissen bzw. noch nicht bemerkt haben:
Francis Tresham, der Autor von 1830, ist wohl unser
erfolgreichste' Autor - er hat auch noch CIVILIZATION in der "Hall of Game(s)"! Er ist offensichtlich ein Garant für
originelle und gut durchdachte (und sorgfältig getestete) Spiele (zu seinen
Werken gehören noch auch das abstrakte Legespiel KINGDOMS und das interessante,
wenn auch nahezu unspielbare, KINGMAKER).