New Orleans Big Band

 

New Orleans BIG BAND

von Herbert Schützdeller

 3-6 Spieler ab 12 Jahren

ASS, 1990

Auswahlliste Spiel des Jahres 1990

 

"Da sitz' ich jetzt mit meinen 8 Musikern. Alle große Künstler und alle furchtbar empfindlich. Jener will mit diesem nicht und der dort spielt überhaupt nur mit, wenn auch ein anderer nicht fehlt. Glücklich, wer "Harpo Waters" besitzt, der spielt ''Tuba" und ist "der einzige Musiker, der keine Bedingungen stellt" - was aber nicht heißen soll, dass nicht ein anderer die Zusammenarbeit mit ihm verweigert..."

 

Ihr seid ein wenig verwirrt, gut so, gerade die richtige Stimmung um "New Orleans BIG BAND" zu spielen. Hier geht es nämlich darum, als Musikagent eine möglichst wertvolle Band zusammenzustellen. Dabei muss aber auf die Eigenheiten der Künstler geachtet werden, und die können es manchmal ganz schön in sich haben.

 

Ein Beispiel gefällig? O.K., ihr habt es so gewollt:

Fangen wir beim Schlagzeug an - "Beatin' Bob" ist zwar mit Rhythmusschwierigkeiten geschlagen aber ein zweiter Schlagzeuger verdreifacht seinen Wert von 26 auf 78 Punkte. Nicht schlecht, ich habe ja "John Le Caro", der aber nur mittrommeln will, wenn eines der Bandmitglieder seinen Namen abkürzt (wie etwa T. Jones) - das ist ein Problem, da alle meine übrigen Musiker ihren vollen Namen benutzen, aber das kann man ja vielleicht lösen.

 

Dann hab' ich noch besagten "Harpo Waters" der ja glücklicherweise sehr anspruchslos ist - für seine 20 Punkte kann er sich ja auch keine Starallüren leisten. "Benny Windsor.' ist da schon eigenwilliger, er spielt nicht auf seinem Waschbrett, wenn eine Sängerin in der Band ist - ein typischer Chauvi. Das mit "Benny Windsor" ist besonders tragisch, denn "Carol Robelino" am Piano möchte nur in die Tasten greifen, wenn mindestens ein Waschbrett zur Band gehört - ob "Benny" sich von seinem trennen kann? Spaß beiseite, "President Joseph' mit seiner Klarinette ist mindestens genauso präpotent wie ''Benny'', er macht nur mit, wenn er der beste Musiker ist - da werd' ich mich wohl von "Carol'' trennen müssen, die hat nämlich erstens 91 Punkte ("Joseph" hat nur 83) und zweitens will "Benny'' nicht mit ihr spielen.

 

Noch dazu wird dem "President" bald die Luft ausgehen, denn "Black Cathy Barnes" mit ihrem Banjo sieht so gut aus, dass allen männlichen Blasmusikern die Luft wegbleibt - deren Wert sinkt dadurch auf 50%. Aber ich kann ihn ja immer noch singen lassen - das kann er nämlich auch - und "Satchel The Mouth", den ich eigentlich als Stimmakrobaten wollte, hätte sowieso nicht mit 'Beatin’ Bob' und ''Harpo" gespielt - ''Satchel' singt nur mit Leuten, die mehr als 40 Punkte bringen, obwohl er selbst nur magere 42 Punkte zählt. Jetzt fehlt mir eigentlich nur noch ein Trompeter, dem ich meine legendäre "goldene Trompete" verpassen kann, die ich gefunden habe - schließlich bringt er dann gleich doppelt so viele Punkte und das ist schon was...

 

So lang wie diese Vorgeschichte war, die euch ein bisschen auf das Spiel einstimmen sollte, so kurz ist die eigentliche Spielregel. Ein Plan mit 92 Feldern wird aufgelegt und auf jedes der Felder kommt eine verdeckte Musikerkarte. Jeder Spieler erhält einen Spielstein - stilgerecht ein Klavier - den er auf ein beliebiges Feld stellen kann und ein Rundenzählstein (bis zu 25 Runden) wird auf die Skala auf dem Spielbrett gestellt.

 

In jeder Runde ziehen die Spieler nacheinander 1 oder 2 Felder weit in beliebiger Richtung und nehmen dort die Musikerkarte auf. Eine Ereigniskarte muss sofort vorgelesen werden - manche gelten sofort, andere erst bei Spielende. Ab der 8. Runde können die Spieler auch untereinander handeln, wobei die Abmachungen unter den Spielern beliebig sein können. Auch die Informationen, die ein Spieler über den gehandelten Musikus verlautbart, können beliebig viele sein, solange sie der Wahrheit entsprechen.

 

Man sollte aber bald danach trachten eine komplette Band zusammen zu bekommen, denn zumindest ein Musiker aus jeder Gruppe (A-E) muss vorkommen - Schlagzeug, Rhythmus, Blasinstrumente, Saiteninstrumente und Gesang. Nach 20 Runden ist bei 4 Spielern Schluss - jetzt kommt die Stunde der Bewährung. Wer spielt mit wem und warum, oder auch nicht...Jedenfalls gewinnt hier der Spieler mit der besten Band, also mit den meisten Punkten.

 

Da kann es schon vorkommen, dass man sich ein klein wenig verkalkuliert hat, weil der eine plötzlich doch nicht mit dem anderen und überhaupt..! New Orleans BIG BAND ist ein gutes Spiel, darum hat es die Jury 'Spiel des Jahres ja auch auf die diesjährige Bestenliste, Pardon, Auswahlliste zum Spiel des Jahres 1990, genommen.

Auch das Material ist hübsch gestaltet, stabil und nett anzusehen, aber... Der tiefere Sinn des Spielplanes bleibt mir leider verborgen - wurde hier versucht, ein kleines Mitbring-Spiel (110 Karten) gewaltig "aufzumotzen"? Versteht mich bitte nicht falsch, Freunde, aber preislich gesehen ist das schon ein "Horror" - abgesehen vom Transport und der Verwahrung... Wie dem auch sei, uns hat für eine weitere Partie der Kartenstapel allein genügt - Abheben tut's auch, entsprechende Ereigniskarten werden eben etwas anders interpretiert.

 

Was soll’s, ein gutes Spiel - kommt ja leider nicht allzu oft vor - mit netter Ausstattung und brauchbarer Regel - ein paar kleinere Löcher gilt es zu stopfen aber als geübter Spieler hat man das ja bald. Zuerst anschauen und wem es gefällt der soll sich's kaufen - trotz Spielplan. Ist ja schon gut, ich geb' schon Ruh', aber eins hab' ich noch, eins hab' ich noch: "Wütend macht das Schlagzeug dicht: Mit diesem Geiger spiel' ich nicht!" steht als Untertitel auf der Packung, auf der auch ein Geiger zu sehen ist. "Glaub' ich gerne," ruft der Rezensent dem verblüfften Leser zu, "ist ja im gesamten Spiel auch kein Geiger zu finden...".

 

WlN-Wertung:

* New Orleans BIG BAND WWW S II M UUU AA (3-6) 4,5