Junta
Ursprünglicher Entwurf von VincentTsao
Neuentwurf/Weiterentwicklung von Ben GROSSMAN/Eric
GOLDBERG
Englische Ausgabe: West End Games
Deutsche Ausgabe: ASS
2-7 Spieler (It. Angabe auf der Spielschachtel)
Was soll man nun über ein Spiel schreiben, das mit
Fug und Recht als Klassiker einzustufen ist und bereits "Kultstatus"
genießt. Diejenigen, die das Spiel kennen, lieben es entweder heiß - oder
lehnen es mit genau gleicher Intensität ab. Ich habe mich daher entschlossen,
meine Besprechung so abzufassen, daß Leser, die noch
nie mit JUNTA in Berührung gekommen sind, einen Eindruck von diesem Spiel
gewinnen und ihm vielleicht, so wie auch ich, verfallen.
Vorausgeschickt sei, daß
JUNTA - nach meiner Meinung - nur bei 7 Mitspielern den vollen Spielspaß
erbringt und ein Spiel zwischen 3 oder gar nur 2 Personen eigentlich als
sinnlos zu bezeichnen ist.
Worum geht's? In der "Republica
de las Bananas" regiert eine typische
Regierungsclique. Sie besteht aus dem Präsidenten, einem Minister für innere
Sicherheit, den 3 im Generalsrang befindlichen Kommandanten der Heeresbrigaden,
einem Admiral, dem Marineinfanterie und ein Kanonenboot untersteht und dem
Kommandeur der Luftwaffe, der die Fallschirmjäger befehligt und die
Luftangriffe leitet. Diese 7 Oberbosse entstammen den offenbar ersten Familien
des Landes und die Spieler stellen die Oberhäufer
dieser Familien dar.
Ziel des Spieles ist es, jener Spieler zu sein, der
das meiste Geld auf ein sicheres Bankkonto in der Schweiz transferieren konnte.
Um dies nicht zu einfach zu gestalten, kann es schon mal während des Spieles zu
einem Putsch kommen oder gedungene Mörder verschaffen einer Spielfigur, die
gerade dabei ist, auf der Bank ihre schwer errungene Barschaft in die Schweiz
zu transferieren, einen nahtlosen Übergang vom lebenden zum toten Zustand.
Das Spiel läuft in Runden ab und endet, sobald die
vorhandenen Geldscheine aufgebraucht wurden. Klar, ohne Geld keine Junta.
Aufgrund der Anzahl der Geldscheine endet ein Spiel also nach maximal 11
Runden. Jede dieser Runden besteht aus mehreren Phasen. Vor Spielbeginn wählen
die Spieler eine Familie, deren Oberhaupt sie darstellen wollen, aus, und jeder
Spieler erhält die 8 Spielmarken seiner Familie. Diese Spielmarken sind durch
in Junta-Kreisen so unabdingbar notwendige Dinge wie
Sonnenbrillen, Zigarrenspitzen oder Cocktailgläser gekennzeichnet. Weiters
weisen 5 der Spielmarken auf der Rückseite das Wort "Ort" auf. Die
restliche Ausstattung der Spieler besteht aus einer Spielmarke mit dem
Familiensymbol und der Aufschrift "Schweizer Konto" und wird auf
jenen, hoffentlich hohen, Geldscheinstapel gelegt, der sich bereits in sicherem
schweizerischem Gewahrsam befindet. Abschließend erhält jeder Spieler noch 3
Kontroll- Marken, die jedoch nur bei einem Putsch zum Einsatz kommen.
Der Stapel mit den Geldscheinen wird
gemischt und verdeckt abgelegt. In die-
sem Stapel sind Geldscheine
mit den
Werten 1, 2 und 3 Millionen Pesos ent-
halten. Die 7 Karten der Familien- Ober- I
häunter und die Karte des Rebellenfüh-
rers werden beiseite gelegt,
die restli-
chen 64 Karten werden gemischt
und ver-
deckt in das Feld "Karten-Politik" plaziert
Zu Spielbeginn zieht jeder der Spieler
von diesem Stapel 5 Karten. Nachdem
die Polizei- Einheiten und alle Truppen
(Heeres-Brigaden, Fallschirmjäger, Kano-
nenboot usw.) auf dem Spielplan aufge-
legt wurden, kann das Spiel nunmehr be-
ginnen.
Zuerst muß nun ein
Präsident bestimmt werden. Jeder Spieler verfügt hierbei über eine Stimme, die
er einem Spieler - aber auch sich selbst - geben kann. Konnte ein Spieler nach
2 Wahlgängen die meisten Stimmen auf sich vereinigen ist er der erste Präsident
der Republica de las Bananas.
Um diesen Vorgang jedoch nicht zu sehr zu vereinfachen, hat nunmehr jeder
Spieler die Möglichkeit Stimm-Karten, die er in der Hand hält, vor sich
abzulegen und mit dieser zusätzlichen Stimmenanzahl ein weiteres Votum für
einen von ihm gewünschten Präsidenten abzugeben. Möchte Spieler A sich also
selbst zum Präsidenten machen, stimmt er für sich und legt zusätzlich die
Stimm-Karte Farmer (2 Stimmen) vor sich ab. Der Vorschlag, da Spieler A
Präsident wird, wird nun durch 3 Stimmen unterstützt. Alleine dieser
Wahlvorgang kann bereits zu heißen Diskussionen führen und nicht selten werden
Wahlversprechen ("Gib mir Deine Stimme wenn ich Präsident bin, mache ich
Dich zum Innenminister") nach der Wahl aus der Erinnerung gestrichen. Wie
im wirklichen Leben müssen die Politiker nämlich auch im Spiel absolut nichts
einhalten, was sie versprechen, sagen oder auch nur andeuten. Hat man sich nun
endlich auf einen Präsidenten geeinigt, werden die beim Wahlvorgang
eingesetzten Stimm-Karten abgelegt.
Am Anfang einer Runde zieht nun jeder der Spieler 2
Politik- Karten und behält sie in der Hand (kein Spieler kann gleichzeitig mehr
als 6 Karten auf der Hand haben). Bei diesen Karten kann es sich um Ereignisse,
Stimmen, Einfluß- oder Schmiergeld-Karten,
Parteispenden oder auch um Karten,mit denen ein
Attentat durchgeführt werden kann, handeln. Danach schreitet der Präsident
gelassen zur Vergabe der Ämter. Er teilt nun, nach seinem Gutdünken, jedem der
Spieler eine der Ämter-Karten (Innenminister, Admiral, Kommandant der 1.
Heeres- Brigade usw.) zu.
Anschließend daran zieht der Präsident 8 Geldscheine
vom Stapel, wobei zu beachten ist, daß damit nur er
den Gesamtwert dieser 8 Scheine (8-24 Millionen) kennt und legt den
Staatshaushalt fest. Er gibt nun den Regierungsmitgliedern (den Spielern) bekannt,
wie er sich die Verteilung der von ihm gezogenen Geldscheine vorstellt. Der
Präsident gibt nun an, welchem Regierungsmitglied er welche Summe zugedacht hat
und danach wird, wie bei der Wahl, über diese Vorschläge abgestimmt. Wird der
Staatshaushalt angenommen, geht man zur nächsten Phase über. Wird der
Staatshaushalt jedoch abgelehnt, kann der Innenminister eingreifen. Tut er dies
drückt er die Annahme durch, die Bank schließt jedoch in der nächsten Runde
ihre Pforten und auch ein Vorwand für einen Putsch ist nunmehr gegeben. Greift
der Minister jedoch nicht ein, wird der vorgeschlagene Staatshaushalt abgelehnt
und der Präsident streift alle 8 Geldscheine ein. was seine Beliebtheit in
ungeahnte Höhen treibt. Selbstverständlich schließt auch in so einem Fall die
Bank, da es stark nach Putsch riecht.
Nach der anstrengenden Abstimmungstätigkeit ziehen
sich die Regierungsmitglieder nunmehr an einen Aufenthaltsort zurück und
relaxen. Von den 5 möglichen Orten Bank, Hauptquartier, Zuhause, Freundin und
Nachtclub kommt den beiden erstgenannten Orten besondere Bedeutung zu. Nur in
der Bank kann Bargeld auf das sichere Schweizer Konto transferiert werden und
nur im Hauptquartier kann, wenn kein Putsch-Vorwand vorliegt, ein Putsch
begonnen werden. Jeder der Spieler wählt die Spielmarke, die dem Ort
entspricht, den er in dieser Phase besuchen möchte und legt die Marke verdeckt
vor sich ab. Nun können die Spieler erstmals ihre wahre Gesinnung zeigen - die
Terror-Phase bricht über das Spiel herein. In dieser Phase können die Spieler
versuchen, andere Familienoberhäupter aus dem Weg zu räumen. Dies geschieht
entweder durch den Einsatz entsprechender Politik-Karten oder durch das
Attentat, das der Innenminister in jeder Runde durch seine Geheimpolizei
ausführen lassen kann. Die Spieler kündigen, beginnend mit dem Innenminister,
an, wen sie wo umzubringen gedenken. Wurden alle diese Angaben gemacht, deckt
jedes Familienoberhaupt seinen Aufenthaltsort auf und befindet er sich am Ort
des Attentats, hat er leider das Zeitliche gesegnet. Das Erfreuliche für jenen
Spieler, der die erfolgreichen Attentäter führt, besteht darin daß er das gesamte Bargeld des soeben liquidierten
Familienoberhauptes in seinen Besitz bringt. Um jedoch nicht nach einer
Spielzeit von einer halben Stunde nur mehr von Attentatsopfern umgeben zu sein,
kann der Spieler in der nächsten Runde wieder als Oberhaupt seiner Familie
fungieren, wobei angenommen wird, daß ein naher
Verwandter das Erbe des so plötzlich Dahingeschiedenen antritt.
Alle Familienoberhäupter, die sich nunmehr in der
Bank aufhalten und wunderbarerweise die vorhergehende Phase überlebt haben
können nunmehr ihr Bargeld auf ein Schweizer Konto einzahlen. Damit ist es
endgültig sicher und dem Zugriff böswilliger gegnerischer Spieler entzogen.
So viel zum Ablauf einer normalen Spielrunde. Es
besteht jedoch auch die Möglichkeit, daß sich die
Spießer absolut nicht einigen können, daß einige
gerne einen anderen Präsidenten sehen würden, daß
einige mit ihrem derzeitigen Amt nicht zufrieden sind usw. Diesen armen Seelen
kann geholfen werden -wozu gibt es einen Putsch!
Kommt es während des Spieles zu einem Putsch-Vorwand
(z.B. bei Ablehnung des Staatshaushaltes oder durch das Ausspielen einer
entsprechenden Karte) kann ein Putsch ausgelöst werden, indem eine
entsprechende Ereignis-Karte gespielt wird, irgendeine der auf dem Spielplan
befindlichen Einheiten sich bewegt oder in ganz trivialer Weise der
Präsidentenpalast durch einen Luftangriff oder Beschuß
mittels des Kanonenbootes seiner Bestimmung als rauchende Ruine zugeführt wird.
Liegt kein Putsch-Vorwand vor, kann nur jener Spieler einen Putsch auslösen,
der sich im Hauptquartier befindet. Während des Putsches führt jedes
Regierungsmitglied die ihm aufgrund seines Amtes unterstellten Einheiten (der Admiral
das Kanonenboot und die Marineinfanterie, der Innenminister die Polizei usw.).
Zu Beginn des Putsches ist nur jener Spieler, der den Putsch auslöste, ein
Aufständischer und erhält die Karte Rebellenführer. Alle anderen Spieler können
sich nun für Regierungstreue oder Aufstand entscheiden. Beschießen Einheiten
eines Spielers die Palastwache, zählt er sich naturgemäß zu den Aufständischen
und auch alle anderen Spieler, die in der ersten Putsch-Phase ihre Truppen
schießen lassen, haben sich auf die Seite der Aufständischen geschlagen. Sind
die Fronten einmal geklärt, regiert die Gewalt. Der Kampf ist eigentlich sehr
einfach: Treffen verfeindete Einheiten aufeinander, würfelt jedes entsprechende
Regierungsmitglied für jede Einheit und bei einem Wurfergebnis von 6 hat diese
Einheit einen Treffer erzielt und somit eine gegnerische Einheit aus dem
Verkehr gezogen.
Nach 6 Phasen endet der Putsch und jene Seite die
zumindest 3 der 5 Schlüsselpositionen (Zentralbank, Abgeordneten-Kammer,
Präsidenten-Palast, Hauptbahnhof und Rundfunksender) besitzt, ist der Sieger
des Putsches. Nunmehr können sich jedoch alle Spieler, natürlich mit Ausnahme
des Rebellen-Führers und des Präsidenten, nocheinmal
für eine Seite entscheiden. Dies kann dazu führen, daß
der Admiral während des ganzen Putsches auf Seiten der Aufständischen kämpfte
und am Ende den Rundfunksender mit seinen Truppen besetzt hält, aber aufgrund
des Angebotes des Präsidenten, ihn zum Innenminister zu machen, wieder auf die
Seite der Regierungstreuen umschwenkt. Besitzen nun die Regierungstreuen die
Abgeordneten-Kammer und den Hauptbahnhof, verfügen sie nunmehr auch über den
Rundfunksender des Admirals und auf den Rebellenführer wartet das
Erschießungskommando. Wurde jedoch der Präsident abgesetzt, bilden die Spieler
sofort eine neue Junta und wählen aus ihrer Mitte einnen
neuen Präsidenten - the Show must
go on.
Da es nur schwer möglich ist, die hitzigen
Diskussionen, listigen Versprechungen und die aufgrund der grausamen
Betrügereien immer länger werdenden Gesichter der Spieler in Worte zu kleiden
kann ich nur empfehlen: Spielen, spielen, spielen. Für mich ist Junta ein
absoluter Schlager. Spieler, denen etwas an der Einhaltung eines gegebenen
Versprechens liegt und die sich nicht daran erfreuen können, ihre Gegner zu
betrügen und zu belügen, seien jedoch vor diesem Spiel gewarnt.
Zum Abschluß noch ein Wort
zum "Ach so asozialen Hintergrund" des Spieles: Es ist nur ein Spiel
und wer das nicht versteht, sollte auch vom Schachspiel die Finger lassen, denn
wer weiß, ob der Landwirtschaftsminister mit Bauernopfern einverstanden ist.
WIN-WERTUNG:
*** JUNTA W S In M KK UUU A (bei 7 Spielern)