Santiago

 

Das Spiel:

Verlag: Amigo, 2003

Autoren: Claudia Hely und Roman Pelek

Anzahl der Spieler: 3-5

Alter: ab 10 Jahren

Dauer: ca. 60 Minuten

 

Die Besprechung:

Martina Nowak

martina_nowak@chello.at

 

WIN-Wertung:

 

** W S II UU A

 

Wie jedermann weiß, befinden wir uns derzeit in der etwas trüberen Jahreszeit, der Zeit, wo die Sonne üblicherweise schon wieder untergeht bevor sie so richtig aufgegangen ist. Diese Zeit ist vielleicht durch das Weihnachtsfest ein bisschen erhellt worden, trotz allem ist es aber die Zeit, wo man gerne schon den einen oder anderen Gedanken an warme Gegenden verliert, an Orte, wo der Tag länger ist als die Nacht, und wo man Energie und Kraft tanken kann, es ist aber auch die Zeit, wo man Zeit findet, sich mit Freunden an einen Tisch zu setzen und zu spielen.

 

Und was fällt mir da in die Hände? Santiago! Das will ich ausprobieren, denn das klingt wie wenn es weit weit weg wäre, wie ein Ort, wo es warm ist, oje - vielleicht sogar zu warm? Ach ja, in der Einleitung steht es ja, es handelt sich um eine Insel westlich von Afrika, dort ist es heiß, ja sogar sehr heiß. So heiß, dass das Wasser knapp ist und die Bewässerung der Plantagen ein Problem werden könnte. Wer ist denn dieser schelmisch grinsende dunkelhäutige Mann auf der Schachteloberseite, bei dessen Anblick man das Gefühl nicht los wird, dass er über allen Dingen steht? Sollte er vielleicht der Herr des Wassers sein, der durch Gabe kleinerer oder größerer Scheine den ach so wichtigen Kanalbau beeinflussen kann? Na hoffentlich ist er mir gut gesinnt!

 

Das Spiel besteht aus einem zunächst eher farblos aussehenden Spielplan, der in 48 gleich große Kästchen unterteilt ist. Bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass jeweils 4 Kästchen von einem dickeren Strich umrandet sind. Die Felder stellen die Plätze dar, auf denen man Plantagen errichten kann, die dicken Linien sind die Gräben, in denen die Wasserkanäle verlegt werden. Ein Kanalstück ist immer 2 Felder lang, kann also insgesamt 4 Plantagen bewässern.

 

Angebaut werden sollen Bananen, Zuckerrohr, Kartoffeln, Bohnen und Paprika. Es gibt jede Plantage 9x, jeweils 3 mit 1 und 6 mit 2 Pflanzern oder anders gesagt Arbeitern, wobei jeder Pflanzer für einen Ertrag sorgt.

 

Im Spiel gibt es noch Geld, genannt Escudos, die Quelle, von der das Spiel ausgeht, blaue Kanäle, durch die das Wasser fließt und für jeden Spieler einen Vorschlagskanal. Und dann gibt es noch den netten Herrn vom Schachteldeckel, diesen überaus wichtigen Mann, der über Ertrag oder nicht Ertrag der Plantagen bestimmt, den Kanalaufseher.

 

Zu Beginn erhält jeder Spieler die Ertragssteine und den Vorschlagskanal seiner Farbe, einen blauen Zusatzkanal und zehn Escudos Startkapital. Eine bestimmte Anzahl blauer Kanäle wird bereit gelegt, die blaue Quelle wird auf einen Grabenschnittpunkt im mittleren Bereich des Spielplans gestellt. Die Plantagenplättchen werden gemischt und je nach Spieleranzahl zu vier bzw. fünf gleichen Stapeln bereit gelegt, überzählige Plättchen kommen beiseite.

 

Na gut, dann los! Ich will bitte hier rechts oben einen Kanal, und dann würde mir noch einer links mittig gefallen. Nein, so nicht? Wieso nicht? Ah, das Kanalnetz muss zusammenhängend ausgehend von der Quelle gebaut werden. Na schön, dann halt rechts unter meinem ersten Kanalstück. Auch nicht? Der Kanalaufseher ist andere Meinung? Aber ich habe ihm doch eh 2 Escudos dafür angeboten?

 

O.k, verstanden, der Kanalaufseher hat das Sagen. Ich bebaue eine Plantage mit Paprika, eine mit Bananen und eine mit Kartoffeln. Auch nicht gut? Aha, besser sind zusammenhängende Flächen gleicher Sorte. Was heißt zusammenhängend? Alle Plantagen einer Sorte, die waagrecht oder senkrecht aneinandergrenzen, nennt man zusammenhängende Landfläche. So eine Fläche wird durch einen Kanal, der mittendurch läuft, nicht getrennt. Wie viel ist eine Fläche aus 5 zusammenhängenden Plantagenplättchen nun wert? Das wird für jeden individuell berechnet. Wenn ich ein Plantagenplättchen bauen darf, dann kommen je nach Anzahl der Pflanzer, also 1 oder 2 Ertragssteine meiner Farbe auf dieses Plättchen.  Am Ende multipliziert man die Anzahl der Ertragssteine mit der Anzahl der Plättchen für jeden Spieler extra.

 

Alles klar, das war auch schon das Grundprinzip, jetzt geht es nur mehr um den eigentlichen Spielablauf, der sich in 7 Phasen untergliedert.

 

In Phase 1 werden so viele Plantagenplättchen aufgelegt, wie Mitspieler vorhanden sind. Jeder darf nun beginnend mit dem Spieler links vom Kanalaufseher genau 1x ein Gebot abgeben oder passen. Das Gebot wird offen ausgelegt, einzige Bedingung: Es darf kein Gebot doppelt vorkommen. Der Spieler mit dem niedrigsten Gebot, das ist auch der, der als Erster gepasst hat, wird in Phase 2 sofort zum neuen Kanalaufseher ernannt.

 

Genau genommen hat man in Phase 1 nur um das Vorwahlrecht geboten, denn in Phase 3 darf nun jeder Spieler 1 Plättchen nehmen und platzieren, wobei der Spieler mit dem Höchstgebot die 1. Wahl hat, usw. Je nach Pflanzern darf man dann auch gleich Ertragssteine der eigenen Farbe darauf legen. Sollte man gepasst haben, darf man nur jeweils einen weniger legen. Es lohnt sich daher auch manchmal lieber wenig als gar nichts zu bieten.

 

Nun gut, jetzt sind die Plantagen ja mal gelegt, aber das heißt noch lange nicht, dass sie auch genügend Wasser erhalten. Zu Beginn des Spieles gibt es ja nur eine einzige Quelle. Aber wo soll der Kanal gelegt werden? Wir sind jetzt bereits in Phase 4, und beginnend mit dem Spieler links vom derzeitigen Kanalaufseher kann nun jeder Spieler mit seinem Vorschlagskanal einen Wunsch äußern, den er mit mehr oder weniger Escudos bekräftigen kann. Der nächste Spieler kann nun seinerseits einen Vorschlag an den Kanalaufseher machen, er kann aber auch den Vorschlag eines anderen Mitspielers unterstützen und ein paar Escudos dazulegen, oder aber er kann auch passen. Der Kanalaufseher, dessen Bestechlichkeit nicht selten von seinem eigenen Barvermögen beeinflusst wird, kann nun einen Vorschlag annehmen und das gebotene Geld einstecken oder aber selber einen Kanal bauen, für den er um eins mehr als das höchste Gebot an die Bank zahlen muss.

 

Nun ja, so manche Plantage ist zu diesem Zeitpunkt des Spiels vielleicht schon sehr sehr trocken, die Pflanzen scheinen regelrecht zu verdursten. Aber es gibt noch einen Hoffnungsschimmer in Phase 5, den Zusatzkanal. Jeder Spieler besitzt genau einen, d.h. man sollte sich schon sehr gut überlegen, ob man ihn einsetzen möchte oder nicht. Wieder beginnend mit dem Spieler links vom Kanalaufseher wird jeder gefragt, ob er ihn kostenlos setzen möchte oder nicht, allerdings darf immer nur 1 pro Runde gebaut werden.

 

Wer da den Kürzeren zieht, der hat dann unter Umständen in Phase 6 ein Problem, denn da wird nun geschaut, ob es Plantagen gibt, die nicht zumindest mit 1 Kante an einen Kanal grenzen. Von allen nicht bewässerten Plantagen wird jetzt ein Ertragsstein entfernt, wenn es der letzte war, wird das Plättchen neutral. Wenn es bereits neutral war, wird es umgedreht und für den Rest des Spiels Wüste.

 

Phase 7 ist für manchen vielleicht auch noch so ein Rettungsanker, denn da bekommt jeder Mitspieler zur Geldaufstockung 3 Escudos aus der Bank, und die

können unter Umständen sehr dringend notwendig sein.

 

Wenn schließlich alle Plättchen gelegt sind, endet das Spiel. Alle Plättchen, die nicht bewässert sind, werden zur Wüste. Jeder Spieler erhält zusätzlich zu seinem noch vorhandenen oder auch nicht mehr vorhandenen Handgeld die erreichten Punkte in Geld ausbezahlt. Zur Erinnerung: Für jeden Spieler werden zusammenhängende Flächen mit den darauf befindlichen Ertragssteinen multipliziert, die einzelnen Landflächen jeweils separat, und dann gewinnt, wer hätte das gedacht, der Spieler mit dem meisten Geld.

 

So und jetzt weiß ich, warum dieser Mann auf dem Schachteldeckel so schelmisch grinst: Braucht er Geld, dann will er den Kanal auch dort bauen, wo seine Mitspieler vorschlagen, weil er dann das gebotene Geld dafür erhält, hat er aber genug, oder will er einfach stur sein, dann hat er alles in der Hand, dann baut er dort, wo er will, und keiner kann etwas dagegen tun.

 

Ich bin ein großer Freund von Legespielen, und ein solches ist Santiago zweifelsohne, und ich kann nur sagen, dass mir dieses Spiel von Anfang an sehr gut gefallen hat. Geld zu haben ist in jeder Phase des Spiels wichtig, aber es ist immer knapp, zum Glück, denn sonst wäre der Kanalaufseher ja nie bestechlich. Speziell zum Schluss des Spiels sollte man darauf achten, dass man ein bisschen etwas über hat, denn gerade die letzten Kanäle bringen zumeist viele Punkte. Die Regel ist kurz, aber sehr gut und leicht verständlich. Durch die Spieldauer von ca. 1 Stunde lässt sich dieses Spiel sehr gut in die Kategorie der Familienspiele einordnen. Ich kann nur sagen, ausprobieren und „Gut Wasser“!