Wyatt Earp

 

Pulverdampf liegt in der Luft. Als Sheriff auf der Jagd nach Schurken und schnellen Schützen.

 

Das Spiel:

Wyatt Earp

2-4 Spieler

ab 12 Jahren

45-60 Minuten

Alea Spiele 2001

 

Die WIN-Wertung:

AAA UUU SS PP III K

 

Die Luft flirrt in der heißen Sonnenglut. Tumbleweeds und Sand werden über die Main Street geweht. Langsam gehen die vier schwarz gekleideten hageren Gestalten mit dem silbernen Stern auf der Brust die Strasse hinunter Richtung OK-Corral. Die Hände ruhen schwer am Griff der gelockerten Colts  oder umspannen die Abzugshähne der Rifles. Diese Szene, die mich seit meinem ersten Besuch in Tucson Arizona , wo ja der legendäre Gunfight zwischen Wyatt Earp, seinen Brüdern und Doc Holiday auf der einen und der Clanton-Gang auf der anderen Seite stattfand, nicht mehr loslässt, entstand bei Anblick des Spieles sofort wieder vor meinem geistigen Auge.

 

Der Wilde Westen - Ein über weite Strecken vorerst gesetzloses Land. Raue Burschen und ebensolche Sitten dominieren. Banditen, Desperados, Revolvermänner, Gauner und Galgenvögel wohin das Auge schaut. Aber bald schon nehmen legendäre Gestalten wie Wild Bill Hickok und vor allem der legendäre Marshal Wyatt Earp das Gesetz in die Hand und zähmen mit eiserner Faust und vor allem mit schnellem Colt raue Rinderstädte und Boomtowns wie Wichita in Kansas oder Tucson in Arizona, um nur einige zu nennen.

 

Es ist aber auch das Zeitalter der Kopfgeldjäger welche für dicke Dollarbündel Outlaws jagen und abliefern- Dead or Alive- das spielte keine Rolle. Schlüpft nun in die Rolle schlauer Sheriffs oder profaner Profitgeier und heftet Euch an die Fersen der legendären Outlaws des amerikanischen Westens. Von Jesse James über die Daltons und Billy the Kid spannt sich der Bogen bis hin zu Belle Star der Bandit Queen.

 

Was bei Wyatt Earp sofort auffällt ist die ausgesprochen ansprechende und historisch profunde Ausstattung des Spieles. Schön gezeichnete Steckbriefe der Outlaws mit ihrem historischen Lebensweg und ebenso toll gestaltete Aktionskarten erzeugen sofort die richtige Westernstimmung. Alle legendären Gestalten sowohl auf Seiten der Outlaws wie auch auf Seiten der Gesetzhüter (obwohl das damals mitunter sehr verschwimmend und verwoben war) sind vorhanden.

 

So, nun wollen wir aber einmal einen näheren Blick auf den Spielablauf werfen. Ein Spiel verläuft über mehrere Durchgänge. In jedem Durchgang versuchen die Spieler eine hohe Belohnung einzustreichen, indem sie möglichst viele Outlaws dingfest machen - und das möglichst ohne die Hilfe der anderen „Gesetzeshüter“. Je nach eigenem Anteil an der Ergreifung eines Banditen erhält ein Spieler entweder die gesamte Belohung, die auf dessen/deren Kopf ausgeschrieben ist, oder nur einen Teil davon oder, wenn er Pech hat auch gar nichts. Durch Ausspielen von Aktionskarten kommen die Spieler den Outlaws immer näher und die Belohnung für deren Ergreifung wird immer höher, allerdings auch die Rivalität unter den Spielern. Wer hat die besten Karten und spielt sie am geschicktesten und vor allem zum bestmöglichen Zeitpunkt aus? Spielt nämlich ein Spieler die letzte Handkarte aus ist die Runde zu Ende und die „Rewards“ werden verteilt. Die besten Karten auf der Hand nützen dann nichts mehr. Wer als erster 25.000 $ verdient hat beendet auch sofort das Spiel. Natürlich kann dies in der selben Runde mehreren Gesetzeshütern gelingen. Der Berühmteste von ihnen und Sieger wird natürlich dann der oder die mit den meisten verdienten Dollars. Das es dabei sehr eng zugehen kann und vermutlich zumeist auch wird zeigte eine unserer Testpartien. Es gab nämlich zwei Sieger(in) und der Dritte war auch nur 1000$ (der Minimalbetrag unter den Geldscheinen) dahinter. Auch der vierte Mitspieler war nur knapp dahinter.

 

Wie verläuft nun so ein Durchgang (bzw. Runde ). Vorerst werden alle (großen)Steckbriefe in einem Kreis ausgelegt und mit den ersten 1000$ der ausgeschriebenen Belohnung versehen. Die Spieler erhalten dann 10 Aktionskarten, mit denen der eigentliche Spielverlauf gestaltet wird. Jeder Spieler der an der Reihe ist, muss ein oder zwei Karten aufnehmen ( entweder die oberste Karte vom Ablagestapel (mit Ausnahme der Wyatt Earp Karte) oder zwei vom verdeckten Kartenstapel, kann beliebig viele Karten (allerdings darf nur eine davon eine Sheriffkarte - die eigentlichen „Aktionskarten“ - sein) ausspielen und muss danach eine Karte wieder abwerfen. Dann ist der nächste Spieler an der Reihe. Dies geht so lange bis ein Spieler, wie bereits erwähnt, keine Karten mehr auf der Hand hat. Dann endet die Runde sofort.

 

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Spielkarten - die Outlawkarten, eigentlich (kleine) Steckbriefe mit Porträts der diversen Outlaws  (schön klassisch gestaltet mit „Wanted“ und so) und die sogenannten „Sheriffkarten“ die mit einem Sheriffstern in der linken oberen Ecke versehen sind. Diese sind die eigentlichen Aktionskarten des Spieles. Die Outlawkarten legen die Spieler vor sich aus, Sie geben im Groben die Beteiligung der Spieler an der Dingfestmachung des jeweiligen Outlaws und somit an der Belohnung an. Damit ein Outlaw überhaupt gejagt werden kann muss ein Spieler einmal mindestens drei der „Steckbriefe“ (Karten ) gleichzeitig auslegen, ein sogenanntes Set. Damit erhöht sich dann die jeweilige Belohnung auch gleich einmal um die Anzahl der ausgespielten Karten –1 in 1000 $ Scheinen also bei z.B. drei Karten kommen 2000 $ dazu. Von nun an können alle Mitspieler/innen die entsprechenden Outlawkarten vor sich ablegen und jede einzelne zählt. Auch hier wird sofort die Belohnung entsprechend erhöht, also für zwei gleichzeitig ausgespielte Karten gibt es 1000 $ auf den Steckbrief des jeweiligen Outlaws. Für eine einzelne Karte gibt es demnach keine Erhöhung der Belohnung. Um nun überhaupt für eine Wertung in Betracht zu kommen müssen mindestens acht  Wertungspunkte (sogenannte Sheriffpunkte insgesamt für einen Outlaw ausliegen. Jede Outlawkarte zählt  z.B. zwei Punkte.

 

Durch die Sheriffkarten können nun Aktionen gesetzt werden. Z.B.  erhöhen manche Karten die Punktewerte für die betreffenden Outlaws bei einem Spieler oder es können anderen Spielern Karten weggenommen werden oder bestimmte Outlaws überhaupt von einer Wertung ausgesperrt werden (Schlupfloch-Karte) wenn man z.B. dort nicht mitpunkten könnte und verhindern will dass andere Spieler hohe Belohnungen kassieren. Man kann mit diesen Karten also viele „böse“ Dinge anstellen. Bei manchen Karten ist im unteren Teil ein Colt abgebildet. Dann braucht man einen sogenannten Treffer, damit die Karte wirksam werden kann. Man hebt die nächste verdeckte Karte ab und sieht nach ob sie ein Einschussloch aufweist. Wenn ja, ist es ein Treffer und die ausgespielte Karte erlangt Gültigkeit, wenn nicht, hat man seine wertvolle Sheriffkarte für diesen Zug verspielt. Gerade bei diesen Karten gilt es genau abzuwägen wie lange man sie auf der Hand behält bzw. wann und gegen wen man sie ausspielt, vor allem wenn manche Mitspieler nur mehr wenige Karten auf der Hand haben. Hier kommt somit auch der im Wilden Westen so beliebte Poker- Effekt ins Spiel.

 

Als Unterstützung erhält jeder Mitspieler eine übersichtlich und gut gestaltete Übersichtskarte, wo alle Aktionskarten und Spielmöglichkeiten bzw. deren  Auswirkungen erläutert sind.

 

Wyatt Earp ist ein flottes und sehr abwechslungsreiches Spiel mit hohem Stimmungs- und Motivationsfaktor. Es betritt sowohl von der Thematik wie auch vom Spielablauf her etwas Neuland, hat eigentlich keine ausgeprägten Schwächen oder Ungleichgewichtungen, ist rasch und leicht erlernbar und bietet aber dennoch für Spieler aller Erfahrungsstufen genügend Spielreiz. Somit ist es eigentlich auch nicht verwunderlich,  dass Wyatt Earp im Grunde allen Mitspielern/innen unserer Runde sehr gut gefallen hat und  eigentlich alle haben auch einen spontanen Kaufwunsch geäußert. Eine bessere Bewertung kann ein Spiel  kaum bekommen. Wyatt Earp hat jedenfalls das Potential sich durchzusetzen und einen Platz in unserer Hall of Games zu erobern.