Royal Turf

 

Das Spiel

Royal Turf

von Reiner Knizia

für 2-6 Spieler ab 10 Jahren

45-60 min

alea, 2001

 

WIN Wertung:  WWW S I UU AA * 2-6 (4-5) m

 

Ascot – Damit verbindet man Pferderennen in England. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts treffen sich immer zu Sommerbeginn die Schönen und Reichen des britischen Hochadels und der High Society um ihr Fest der Pferde zu zelebrieren. In der heutigen Zeit degradiert sich diese Veranstaltung zur Hutmodenschau, dies ist die Meinung eines Pferdeliebhabers. Nirgends auf dieser Welt kommt an einem Ort soviel Geld mit soviel schlechtem Geschmack zusammen. Wer Interesse hat kann sich die heurigen Hutkreationen im Internet anschauen, absolut unglaublich was man alles am Kopf tragen kann. Zum Glück hat Reiner Knizia sein neues Spiel, dem ureigensten Thema dieses Festes gewidmet, dem Pferderennen. Nachdem ich mich mit Pferden etwas befasst habe und meine Spielleidenschaft allgemein bekannt ist, habe ich mir natürlich sofort dieses Spiel gegriffen.

 

Als Stefan Brück in Essen 2000 Wyatt Earp auf den Markt brachte, war ich mir noch nicht im klaren, warum Alea von seiner Linie der hochwertigen Spiele abweicht. Als jedoch Royal Turf in Nürnberg 2001 vorgestellt wurde, sah ich den Sinn darin, denn jeder Spieleverlag braucht erstens zwei Standbeine und wie oft mussten wir schon warten bis unsere Spielegesellschaft vollständig war und wir noch gerne rasch etwas spielen wollten. Diese beiden Spiele sind dafür sehr gut geeignet. Die zweite Spielelinie von alea trägt die bekannten Merkmale auf der Schachtel, wie wir es schon von den anderen Spielen gewohnt sind, fortlaufende Nummer, einheitliches Erscheinungsbild sowohl am Deckel als auch auf den Seitenteilen. Der Unterschied liegt im Format. Mit den Aussenmaßen 23 x 18 x 4 cm hat es das Format eines Buches und nimmt damit nicht allzuviel Platz weg in unseren Regalen, Koffern und Taschen. Der Inhalt der Schachtel besteht aus 1 Spielplan, der die Rennbahn zeigt, mit den Feldern 1 – 33, der Quotentabelle und den Bietflächen, 7 verschiedenfärbige Rennpferde, natürlich mit Jockey, 21 Pferdekarten, 24 Wettchips mit den Werten, 0-1-1-2, 6 Farbkärtchen, damit auch die Vergesslichen unter uns während des Spieles noch wissen welche Farbe sie haben, 1 Pace-Plättchen, ein Würfel mit den Symbolen 3x Pferdekopf und je 1x Helm, Sattel und Hufeisen, jede Menge englische Pfund als Spielgeld, schließlich sind wir auf der Rennbahn um Geld zu verdienen. Das Spiel verläuft über 3 Rennen. Wer danach das meiste Geld gewonnen hat, ist der Sieger. Keines der Pferde ist einem bestimmten Spieler zugeordnet, sondern alle Spieler bewegen je nach Würfelwurf das eine oder andere Pferd.

 

Die 21 Pferdekarten werden gut gemischt und die ersten sieben werden aufgedeckt. Die Reihenfolge ist zugleich auch die Startreihenfolge des ersten Rennens, wobei zu beachten ist, dass das erste Pferd auf Feld 33 startet und das zweite auf Feld 32 usw. bis das letzte auf Feld 27 steht. Man legt die Pferdekarten außerhalb des Spielplans offen an die dementsprechenden Bietflächen. Sollte dabei ein Pferd ein zweites Mal gezogen werden, so wird es verdeckt unter den Stapel geschoben und ein neues aufgedeckt, solange bis alle sieben Bietflächen die dazugehörigen Pferde haben. Das Pace-Plättchen wird auf das Feld 18 gelegt. Jeder Spieler erhält sein Farbplättchen und die Wettchips mit den Werten 1-1-2. Beim ersten Rennen wird gelost, wer die erste Wette platziert. Dieser Spieler legt einen seiner drei Wettchips offen auf eine der sieben Bietflächen. Alle Wetten die abgegeben werden, beziehen sich auf die ersten drei Plätze, so die Pferde diese erreichen, gibt es dafür Geld. Auf jedem Bietfeld darf höchstens eine Wette pro Spieler platziert werden und bereits gelegt Chips dürfen nicht umgelegt werden. Die Zahl auf den Wettchips gibt die Anzahl der Wetten an. Nachdem jeder Spieler dreimal an der Reihe war wird das Wetten beendet und das Rennen beginnt.

 

Wer die erste Wette platziert hat, beginnt mit dem Rennen, indem er den Würfel wirft und ein beliebiges Pferd um so viele Felder zieht wie die jeweilige Pferdekarte anzeigt. Die vier Symbole sind mit unterschiedlichen Zahlen versehen. Das erste Symbol, der Pferdekopf - auf dem Würfel 3x vertreten, steigt bei den Karten von links nach rechts immer um eines an. Earl Grey hat damit immer nur ein Feld und Othello immer sieben Felder zu ziehen. Das zweite Symbol ist der Jockeyhut, das dritte der Sattel und das vierte das Hufeisen. Diese Symbole haben Werte von eins bis fünfzehn und sind ohne System angeordnet, wenn man davon absieht, dass, wenn der Wert des Pferdekopfes mal drei gerechnet wird und die anderen Werte dazu addiert werden, die Gesamtsumme 30 entsteht. Wenn ein Spieler ein Pferd bewegt hat, wird die dazugehörige Karte ein Stück vom Spielbrett weg geschoben und dieses Pferd darf erst wieder bewegt werden wenn alle anderen bereits gezogen wurden. So ist gewährleistet, dass alle Pferde gleich oft an die Reihe kommen.

 

Da Zugzwang herrscht, muss man würfeln und ein Pferd bewegen auch wenn dies zum eigenen Nachteil ist. Es darf allerdings nur ein Pferd auf einem Feld stehen. Sollte das Feld besetzt sein wird das jeweilige Pferd auf das letzte freie dahinter liegende Feld gestellt. Es kann daher durchaus passieren, dass sich ein Pferd nicht bewegen kann. Das Pferd gilt in jedem Fall als gezogen. Das erste Pferd, das Feld 18 erreicht oder überschreitet bringt am Ende des Rennen einen Bonus von 100 englischen Pfund pro abgegebener Wette. Wenn eines der Pferde als erster die Start/Ziellinie überschreitet, wird es auf das entsprechende Kreisfeld neben der Quotentabelle gestellt. Mit dem zweiten wird ebenso verfahren und wenn der dritte durchs Ziel geht, wird das Rennen sofort beendet und das jetzt am letzten Platz liegende Pferd bekommt ebenso seinen Platz auf dem Spielbrett.

 

Beim Siegerpferd beginnend werden die Wetten zusammengezählt, welche auf dieses Pferd platziert wurden und in Quotentabelle wird abgelesen, wie viel Geld die jeweiligen Spieler erhalten. Auf die gleiche Weise wird mit den Zweit- und Drittplatzierten verfahren. Das Pace-Plättchen bringt pro Wette 100 Pfund und der letzte muss pro Wette 100 Pfund Strafe zahlen. Es gibt allerdings keine Möglichkeit Schulden zu machen. Jeder Spieler bezahlt immer nur soviel wie er besitzt. Die Spieler entfernen die Wettchips und die Pferde vom Spielbrett. Die Pferdekarten werden aus dem Spiel genommen und es werden die nächsten sieben Karten aufgedeckt. Die erste Wette gibt der Spieler mit dem meisten Geld ab, bei Gleichstand wird gelost. Nachdem das dritte Rennen vollendet ist - in diesem werden die Wettauszahlungen und die Strafen verdoppelt - siegt der Spieler mit dem meisten Geld. Sollte die Spielergesellschaft aus nur 2-4 Personen bestehen, so empfiehlt der Autor eine Variante. Jeder Spieler erhält zusätzlich den Wettchip mit dem Wert 0 und alle Wetten werden verdeckt abgegeben. Das Spiel geht über 4 Wettrunden und die platzierten Chips dürfen nicht mehr angesehen werden. Die Chips mit dem Wert null dienen nur zum Bluffen. Die restlichen Regeln bleiben gleich.

 

Nachdem ich am Anfang dieser Spielelinie skeptisch gegenüberstand, muss ich mittlerweile feststellen, dass sowohl Wyatt Earp als auch Royal Turf eine Bereicherung sind. Wenn auch Zweiteres die Parallelen zu dem alten Klassiker „Jockey“ welches erstmals 1973 bei Ravensburger erschien, nicht verleugnen kann. Reiner Knizia hat aber sicher nicht kopiert, sondern ein eigenständiges Spiel geschaffen, welches einen guten Unterhaltungswert bietet und welches man immer wieder gerne spielt, ich habe bei der zwanzigsten Partie aufgehört zu zählen. Es werden einige zu Recht sagen, warum ein Würfelspiel spielen, wenn ich auch nicht zu den glücklichen Würflern gehöre. Man muss dem Autor allerdings das Kompliment aussprechen, und das wiederum spricht für Reiner Knizia, dass mit der gleichmäßigen Verteilung der Zahlen auf den Pferdekarten kein Pferd wirkliche Vorteile hat und damit hat es auch für Schlechtwürfler einen gewissen Reiz. Man muss im richtigen Moment nicht sein bevorzugtes Pferd bewegen sondern vielleicht eine gegnerisches, das schlechtere Zahlen hat. Im speziellen Fall betrifft dies „Othello“ der beim Symbol Pferdekopf die höchste Zahl, nämlich die sieben trägt. Sollte freundlich gespielt werden und dieses Pferde am Start im vorderen Drittel stehen, ist er immer unter den ersten drei platziert. Wenn man im richtigen Moment das richtige Pferd bewegt und ab und zu etwas taktiert, wird man den Glücksfaktor des Würfels etwas minimieren können.

 

Empfehlenswert ist das Spiel sicher auch für diejenigen unter uns die gerne zocken. Denn es hat sich auch herausgestellt, dass man ein gutes Maß an Risiko eingehen muss um dieses Spiel zu gewinnen. Die optimale Spieleranzahl liegt bei vier bis fünf Spielern. Bei sechs möchte ich die Empfehlung aussprechen eine 1er Wette pro Spieler weniger zu setzen, da sonst zu viele Wetten ausliegen. Ebenso die Variante verdeckt zu setzen kann auch bei mehreren Spielern angewandt werden, ich glaube allerdings dass dabei der Reiz des Setzens etwas verloren geht. Diese Vorschläge solltet ihr allerdings selbst ausprobieren, da auch bei unseren Partien die Meinungen darüber geteilt waren. Und so spiele ich eine Partie nach der anderen und mein Spielerblut kocht bei Dreierwetten, Siegwetten oder Platzierung und wenn die Pferde einlaufen freuen wir uns auf das nächste Rennen und wir rufen laut

 

„AUF-AUF ihr Spieler dieser Welt, lasst uns zocken, bis sich die Balken biegen!“