Ra

Das Spiel:

 

Ra

für 2-4 Spieler ab 12 Jahren

von Reiner Knizia

Alea, 1999

Spieldauer: 45-60 min

Vergleichbare Spiele:

WIN-Wertung:

** WW II TT UUU AAA

 

Diese Spielbesprechung ist nicht nur eine Rezension, sondern auch die Geschichte einer Faszination. Als ich letzten Oktober nach Essen kam, hatte ich schon vom neuen Verlag Alea im Rahmen des Ravensburger Verlages gehört, und auch vom Verlagsziel, anspruchsvolle Spiele für Hobby- und Vielspieler.

Der neue Verlag präsentierte sich auch kleinem Raum, aber unübersehbar durch seine hinreißende Optik, man benutzte dazu die Graphik des ersten Spiels im Programm, Ra. Ich war sofort fasziniert und hingerissen und schaute mir das Display näher an - da erhielt meine Begeisterung einen ersten kleinen Dämpfer, es war ein Spiel von Reiner Knizia, und ich muß gestehen, seine Spiele sind meist nicht "meine Spiele", nicht meine absoluten Favoriten, meist sind sie mir trotz schöner Themen zu abstrakt. Aber Stefan Brück, verantwortlich für Alea, lud mich so charmant zu einem Probespiel, daß ich nicht nein sagen konnte. Beim Erklären bekam meine Begeisterung dann den nächsten Dämpfer - ein Versteigerungsspiel! Und die mag ich nun absolut nicht, ich vermeide sie sogar aktiv, wann immer möglich. Aber da saß ich nun mal, also hörte ich mir die Erklärung weiter an:

Die Spieler sind die Häupter von Dynastien im Alten Ägypten und führen ihre Sippe durch die drei Reiche, also drei Epochen. Sie bemühen sich, so viel Ruhm und Ehre wie möglich zu ernten, dazu stellen sie Pharaonen, errichten Monumente und machen sich die Fruchtbarkeit des Nil zunutze, bemühen sich um Kultur und Zivilisation und vergessen auch die Götter nicht.

Diese Elemente werden durch Plättchen dargestellt, es gibt 8 Götter, 5 x 5 Zivilisationen , 5 Gold, 5 x 8 Monumente, 25 Pharaonen, 25 Nil, 12 Überschwemmungen, alle mit prinzipiell positiven Auswirkungen, und dazu auch verschiedene Katastrophen, 2 Begräbnisse, 2 Dürren, 4 Unruhen, 2 Erdbeben. Dazu gibt es noch 30 mal Ra und auch eine Ra-Figur, 16 Sonnen in verschiedenen Werten und 48 Stelen in verschiedenen Werten für die Ehrenpunkte.

Das Spiel wird in drei Runden gespielt, entsprechend den drei ägyptischen Reichen, am Ende jeder Runde gibt es eine Wertung, wer nach der dritten Wertung die meisten Ehrenpunkte sammeln konnte, hat gewonnen. Dabei werden die einzelnen Plättchen-Arten unterschiedlich gewertet:

Für Götter-Plättchen gibt es 2 Punkte, dann kommen sie aus dem Spiel. Für die meisten Pharaonen gibt es 5 Punkte, mit den wenigsten zahlt man 2 Punkte Strafe, bei Gleichstand gewinnen oder verlieren alle. Die Plättchen bleiben in der Auslage.

Für jedes Nil-Plättchen gibt es einen Punkt, aber nur wenn eines davon ein Überschwemmungsplättchen ist, dann wird das Überschwemmungsplättchen abgegeben, die anderen Plättchen verbleiben dem Spieler.

Wer keine Zivilisation hat, verliert 5 Punkte, für drei verschiedene Zivilisationen gibt es 5, für vier schon 10 und für alle fünf kassiert man 15 Punkte. Alle Plättchen kommen aus dem Spiel.

Jedes Gold bringt 3 Punkte und kommt danach aus dem Spiel.

Monumente werden nur am Ende der dritten Runde gewertet, von 1 bis 6 verschiedenen Monumenten bekommt man 1-6 Punkte, für 7 verschiedene 10 und alle acht verschiedenen Monumente bringen 15 Punkte, weiters bringen drei gleiche Monumente zusätzlich 5 Punkte, vier bringen 10 und fünf gleiche bringen 15 Punkte.

Zu Spielende werden auch alle Sonnen im Besitz eines Spielers addiert, der Spieler mit den meisten Sonnenpunkten bekommt 5 Punkte, der Spieler mit den wenigsten verliert 5 Punkte, bei Gleichstand kassieren bzw. verlieren alle Spieler.

Diese Wertungserklärung vor dem Spiel war nötig, denn nur mit diesem Wissen weiß man, worauf man beim Versteigern achten muß.

Der Spielablauf selbst ist einfach: Die Sonnen mit den Werten 2-13 für drei und vier Spieler bzw. 2 bis 16 für fünf Spieler werden nach Regelvorgabe in Stapeln sortiert und dann werden die Stapel zufällig an die Spieler verteilt. Diese legen die Sonnen vor sich hin. Der Sonnen-Stein mit Wert 1 kommt offen in die Mitte des Brettes, jeder Spieler bekommt 2 5er-Stelen.

Alle Plättchen werden verdeckt gemischt, der Spieler mit der höchsten Sonne beginnt, die anderen folgen im Uhrzeigersinn. Wer dran ist, muß eine der folgenden Aktionen ausführen: Ein beliebiges Plättchen aufdecken und ablegen

Ra rufen

Götter-Plättchen einsetzen

Auf dem Spielplan gibt es zwei Reihen, die Spiel-Reihe mit 8 Feldern und die Ra-Reihe mit 10 Feldern (für 5 Spieler, bei 4 sind es 9, bei 3 Spielern 8 Felder). Zieht ein Spieler ein Plättchen und es ist kein Ra-Plättchen, wird es in die Spiel-Reihe gelegt.

Ist es ein Ra-Plättchen, bekommt der Spieler die Ra-Figur und legt das Plättchen in die Ra-Reihe. Es kommt nun zu einer Biet-Runde: Wer die in der Spielreihe ausliegenden Plättchen haben möchte, bietet eine seiner Sonnen, beginnend mit dem Spieler links vom Spieler mit der Ra-Figur. Es geht einmal herum bis zum Spieler mit der Ra-Figur, jeder kann eine höhere Sonne bieten oder passen. Wer das höchste Gebot abgegeben hat, bekommt die Plättchen in der Auslage und legt seine gebotene Sonne in die Planmitte, die dort liegende Sonne legt er verdeckt vor sich ab. Sind in der Spiel-Reihe Katastrophen enthalten, muß der Spieler diese sofort auswerten, das heißt er gibt das Katastrophen-Plättchen und dazu die laut Regel notwendigen Plättchen aus seinem Vorrat ab. Hat er keine entsprechenden Plättchen, ist die Katastrophe wirkungslos.

Gefällt einem Spieler die Auslage in der Spielreihe, kann er auch, statt ein Plättchen zu ziehen, einfach Ra rufen, die Figur nehmen und so die Versteigerung auslösen. Auch wenn das letzte Plättchen in die Spiel-Reihe gelegt wurde, kommt es zu einer Bietrunde, außer der Spieler setzt ein Götter-Plättchen ein.

Möchte ein Spieler in seinem Zug weder ein Plättchen ziehen noch Ra rufen, kann er, wenn er Götter-Plättchen hat, diese einsetzen und jedes Götter-Plättchen in seinem Besitz gegen ein Plättchen aus der Spiel-Reihe eintauschen, die Götter-Plättchen kommen aber nicht in die Reihe, sondern aus dem Spiel.

Bei normalen Bietrunden dürfen alle passen, auch der Spieler mit der Ra-Figur, auch bei einer Bietrunde ausgelöst durch die vollständige Spiel-Reihe dürfen alle passen. Nur wenn Ra gerufen wurde, muß der Spieler, der gerufen hat, ein Gebot abgeben.

Nach der Bietrunde setzt der Spieler links vom Spieler mit der Ra-Figur das Spiel fort. Wer alle seine Sonnen eingesetzt hat, ist für diese Epoche aus dem Spiel, er macht überhaupt nichts mehr, auch kein Plättchen ziehen. Hat niemand mehr Sonnen oder wird das letzte Ra-Plättchen in die Reihe gelegt, endet die Epoche, es kommt es zu keiner Bietrunde mehr, sondern es kommt zu einer Wertung wie oben beschrieben.

Und nach drei dieser Epochen endete unser Probespiel mit der letzten Wertung, und die Faszination war nicht nur trotz Versteigerung wieder da, sie war sogar noch stärker geworden. Das Spiel ist ein harmonisches Ganzes aus exquisiter Ausstattung und Graphik, simplen Regeln und viel Spielspaß. Es ist ein "typischer" Knizia, elegant, im Prinzip auch eher abstrakt, aber diesmal für mich alles optimal zusammen. Die von mir so wenig geliebte Versteigerung ist zwar das Herzstück des Spiels, aber trotzdem nicht dominant, weil sie durch die offen liegenden Sonnensteine und die immer sichtbare Auslage jedes Spielers sehr übersichtlich und berechenbar wird, man sieht immer, wer wird bieten wollen und kann es auch, und die dafür notwendigen Überlegungen gehen sehr schnell, das heißt das Nachdenken zerstört den Spielfluß nicht.

Für mich eindeutig das beste Spiel von Reiner Knizia, und auch von der Optik her das schönste und unmittelbar ansprechendste, ein gelungenes Debüt für das neue Label Alea.

Eine der Runden an unserem Spielabend hat übrigens ungewollt eine interessante Variante gespielt: Sie haben die Sonnenstein-Regel so ausgelegt, daß nicht nur der Spieler mit dem höchsten Gebot seine Sonne mit der auf dem Plan ausliegenden tauscht, sondern jeder Spieler reihum, der ein Gebot abgibt. Das brachte noch mehr Taktik ins Spiel und machte für manchen plötzlich ein Gebot interessant, weil er z.B. für seine 11 nun eine 8 bekam und nicht die wenig reizvolle 3.