Rezension
Nutze den Tag
Carpe Diem
Wofür?
Ein Spruch des römischen Dichters Horaz den er im Jahr 23 v. Chr. Im ersten Buch seiner „Carmina“ Gedichtsammlung in der Ode „An Leukonoe“ eingesetzt hat und der - über 2000 Jahre später – auch heute noch Gültigkeit hat. Schließlich gibt es nur 2 Tage im Jahr, an denen du nichts tun kannst, nämlich „Gestern“ und „Morgen“. Also ein durchaus griffiger Titel mit dem geringfügigen Fehler, dass er so gut wie nichts mit dem Spiel zu tun hat. Allerdings passt er durchaus zu Stefan Feld dem Autor. In den letzten 15 Jahren hat er, neben seiner hauptberuflichen Arbeit als Lehrer und Schulleiter, an die 30 Spiele auf den Markt gebracht und das äußerst erfolgreich. Das beweisen die 10 Nominierungen und Empfehlungen zum Spiel des Jahres. Nicht zu vergessen seine Erfolge beim Deutschen Spielepreis wo er zehn Mal unter den ersten zehn Plätzen rangierte und drei Mal - 2007 mit „Notre Dame“, 2011 mit „Die Burgen von Burgund“ und 2012 mit „Trajan“ - am ersten Platz vorbei geschrammt ist. Geschlagen von „Die Säulen der Erde“, „7 Wonders“ und „Village“. Ich habe selbst 20 seiner Spiele in meiner privaten Sammlung und darf mich als „Stefan Feld Freak“ outen und bin mit meiner Vorliebe sicher nicht allein.
Zum Spielmaterial: Das Cover zeigt einen Fisch- und Gemüseverkäufer im alten Rom. Ein Käufer mit Schriftrollen in der Hand sowie ein halbfertiges Gebäude sollen Hinweise auf Aktionen im laufenden Spiel geben. Wir werden als Patrizier und Bauherr in vier Durchgängen zu sieben Runden ein eigenes Stadtviertel möglichst punkteträchtig aufbauen bzw. mit Hilfe von Plättchen optimal legen. Dazu erhält jeder der bis zu vier Spieler ein Bautableau, bestehend aus 36 Rasterfeldern, und einen von vier verschiedenen Rahmen für das Tableau. Auf neun Feldern sind Markierungen vorgesehen auf die Banderolenplättchen aufgelegt werden. Wenn diese im Spielverlauf überdeckt werden gibt es Punkte auf der Banderolenleiste. 123 Bauplättchen, welche das Hauptelement darstellen, sind durch unterschiedliche, grüne Rückseiten gekennzeichnet, deren Farbe sich allerdings kaum unterscheiden – speziell bei nicht optimale Beleuchtung – und ein Problem darstellen. Weiters finden sich in der Schachtel 18 Plättchen als Brote, die aber optisch eher an Baumscheiben erinnern. Deren Bedeutung erwähne ich dann in der Erklärung des Spielverlaufs. Vervollständigt wird das Ganze durch 150 Spielkarten von denen 66 als Siegpunkte dienen. Mit unterschiedlicher Werten von 1 bis 25. 24 Brunnenkarten weisen unterschiedliche Bonuspunkte für die Schlusswertung auf. Die restlichen 60 Karten werden in den vier Durchgangswertungen eingesetzt, wobei pro Spiel nur jeweils maximal 12 Stück verwendet werden. Das bedeutet eine ungeheure Varianz. Es gibt noch 24 Pappe Goldmünzen, die später als Joker fungieren. An Holzteilen gibt es neben den obligaten 4 Spielfiguren und je Farbe zugeordneten 5 Scheiben 20 Waren, nämlich Trauben Kräuter, Hühner und Fische. 4 Übersichtstafeln erleichtern den Teilnehmern die Prämienvergabe während der Runden sowie die Punktevergabe bei Spielende.
Zum Spielaufbau: Am Hauptspielplan findet sich ein Heptagon in der Mitte, umgeben von sieben in jeweils vier Felder geteilte Quadraten. Von jedem dieser führen 2 Linien zu den gegenüber liegenden Teilen. Im späteren Spielverlauf ist jeder Zug – von Ausnahmen abgesehen – nur zwischen diesen 2 Möglichkeiten wählbar. Nach dem Zufallsprinzip werden auf jedes Quadrat 4 der hellgrünen Plättchen gelegt. Diese weisen einerseits je halbe Kulturlandschaften wie Garten, Teich, Hühnerstall und Weingarten aus, sowie andererseits halbe Gebäude für Händler, Bäcker, Verwalter und Handwerker und Villenteile. Außerdem gibt es noch Einzelteile als Märkte, Backstuben und Brunnen.
Es gibt noch eine Leiste mit 20 Feldern für die Banderolenwertung, welche für die Reihenfolgevergabe bei der Wertung verantwortlich ist. Außerdem gibt es noch 11 Plätze für „dunkelgrüne“ Plättchen mit praktisch gleichen Aufbau. Ein weiteres Feld ist für 12 Wertungsfelder gegeben – ein weiteres Hauptelement des Spiels. Auch hier wird nach Zufall mit Wertungskarten bestückt. Je nach Teilnehmern 12 bei 4 Spielern, 10 bei 3 und 8 bei 2 Spielern. Zum Start erhält noch der Startspieler 8 Siegpunkte, die folgenden stets um einen Punkt mehr.
Wie kommt man zu weiteren Punkten? Nun man versucht in seinen Zügen die Bauplättchen auf denen halbe Landschaften oder Häuser sind, auf dem eigenem Tableau zu komplettieren. Das ergibt dann verschiedene Prämien. So erlaubt ein fertiges Verwalterhaus die Vorrückung auf der Banderolenleiste um 2 Plätze. Für den Bäcker gibt es 2 Brote. Diese sind insofern nützlich, weil man durch Abgabe eines davon von den Zugzwangslinien unabhängig ist. 3 Brote ersetzen sogar die Erfüllung einer Wertung. Das komplette Händlerhaus ermöglicht den Tausch von Waren gegen Münzen sowie den Erhalt von einem Gold extra. Eine gute Sache, da Geld als Joker bei der Wertung einsetzbar ist. Das Handwerkerhaus erlaubt den Zugriff auf die außerhalb des Heptagons ausliegenden 11 „dunkelgrünen“ Plättchen und damit eine zusätzliche Platzierung im selben Zug. Vervollständigt man den Hühnerhof gibt es wie nicht anders zu erwarten ein Huhn. Im Garten erhält man ein Blatt, im Weingarten eine Traube und beim Teich einen Fisch. 3 der Plättchen sind bereits komplett. Nämlich die Backstube, sie spendet ein Brot, der Markt eine Geldmünze und legt man einen Brunnen so darf man eine von 2 Brunnenkarten auswählen. Sie beinhalten unterschiedliche Prämien bei der Schlusswertung. Villen bringen während des Spiels keinen Vorteil, ihre Schornsteine zählen allerdings bei Spielende und das kann bei bis zu 11 Schornsteinen nicht unerhebliche 26 Punkte bringen.
Bei der Positionierung der Häuser und Landschaften ist zusätzlich darauf zu achten welchen Punktgewinn die auf den Rahmenteilen gedruckten Vorgaben versprechen. Hier sind verschiedene Möglichkeiten vorgesehen. Dazu müssen die entsprechenden Teile auf der gedachten Linie liegen.
Sobald alle 28 Bauplättchen abräumt sind kommen wir zur ersten Wertung. Die 12 Wertungsplättchen unterscheiden sich nach 2 Kriterien. Entweder muss man die vorgegebenen Erfordernisse besitzen, um die Prämien zu erhalten – also fertige Häuser, Landschaften bzw. Schornsteine - oder man muss diverse Waren abgeben. Die Krux bei der Sache ist die, dass man sich fix für 2 nebeneinander oder übereinander liegenden Karten entscheiden muss. Kann man eine der beiden nicht erfüllen, so gibt es an Stelle einer Prämie vier Strafpunkte. Wer auf der Banderolenleiste vorne liegt darf als erster einen seiner drei Wertungsscheiben platzieren. Nach erfolgter Wertung werden die Quadrate erneut befüllt. Vorerst mit den restlichen „hellgrünen“ Plättchen. Nach drei Durchgängen mit den „dunkelgrünen“ Plättchen.
Am Ende gibt es noch eine Menge Siegpunkte einzuheimsen. So zählen wie bereits erwähnt die Anzahl der Schornsteine fertiger Villen. Eventuelles Restmaterial, also Brote, Münzen und Plättchen, die nicht ordnungsgemäß verbaut werden konnten, sowie diverse Waren dividiert durch 2. Auch die erworbenen Brunnenkarten kommen jetzt zum Zug. Eine geschickte Platzierung der Objekte unter der Berücksichtigung der Rahmenvorgaben bringt ebenfalls fette Punkte.
Da die während des Spiels erworbenen Siegpunkte auf den Karten vermerkt sind und nicht offen liegen, kann es durchaus noch Überraschungen im Hinblick auf den endgültigen Sieg geben.
Mein Fazit lautet: Das Spiel hat die gewohnte Stefan Feld Qualität und hat meine hohen Erwartungen nicht enttäuscht. Die nach Zufallsprinzip ausgelegten Bauplättchen und die eingeschränkten Zugmöglichkeiten erfordern vorausschauende Planung. Die variablen Rahmen, die einzelne Bauten oder Landschaften bevorzugen bringen große Vielfalt. Auch die Varianz bei den 60 Wertungskarten ist riesig. Alles zusammen bringt einen sehr großen Wiederspielreiz. Leider hat man die Grafik total in den Sand gesetzt. Ich weiß nicht welcher Teufel alea geritten hat, diese Aufgabe einem Neuling zu übertragen, der offensichtlich keine Ahnung von Brettspielen hat. Abgesehen von den Farbschwächen der Rückseiten der Bauplättchen könnte auch der Farbunterschied bei Bäcker und Händler deutlicher ausfallen. Märkte und Backstuben sind kaum als solche zu erkennen. Die Landschaftsplättchen hätte ich mir auch optisch besser vorgestellt. Man denke nur an die mikroskopisch kleinen Hühnerpunkte am Hof. Das korreliert mit den kleinen Übersichtstafeln und ist typisch für die verkorkste Gestaltung. Unerklärlich auch weshalb die Banderolenplättchen so fizzelig sein müssen. Dazu passt, dass die Landschaften auf den Rahmen viereckig gezeichnet sind, während sie sonst als Ellipse dargestellt sind. Das entspricht einer lieblosen oder zumindest unaufmerksamen Ausführung. Das hat sich Stefan Feld sicher nicht verdient, dass man ein ausgezeichnetes Spiel durch einen Anfänger verhunzt hat. Dabei gibt es in der Branche doch ausgezeichnete Gestalter wie Klemens Franz, Franz Vohwinkel oder Michael Menzel, um nur einige zu nennen. Meine Empfehlung wäre, die zweite Auflage einem erprobten Gestalter zu übergeben und den Rest einzustampfen. Ich würde jederzeit ein neues kaufen und mein erstes Exemplar wegwerfen.
Rudolf Ammer
Spieler: 2-4
Alter:10+
Dauer: 75+
Autor: Stefan Feld
Grafik: Lalanda Hruschka
Preis: Ca. 37 Euro
Verlag: Alea / Ravensburger 2018
Web: www.ravensburger.de
Genre: Legespiel
Zielgruppe: Für Familien
Version: multi
Regeln: de en fr
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Ausgezeichnetes Spiel
Sehr hoher Wiederspielreiz
Schlechte Grafik
© Bild toerck, z10n, StarWarsGirl (BGG)
Vergleichbar:
Legespiele um Gebietskontrolle
Andere Ausgaben:
Maldito (es)
Meine Einschätzung: 5
Rudolf Ammer:
Optimierungsspiel, das auf Grund seiner vielfältigen Varianten einen hohen Wiederspielreiz bietet, aber an Grafikmängeln leidet.
Zufall (rosa):1
Taktik (türkis): 1
Strategie (blau): 1
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 2
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0