7th Sea - No Quarter
Piratenjagd auf
allen 5 (?) Meeren
Wizards of the Coast / Alderac
/ Five Ring Publishing
Das Spiel: 7th Sea -
No Quarter
von Dan Verssen
für 2 bis X
Spieler
ab 12 Jahren
1 + (X - 2)/2
Stunden
Wizards of the Coast
1999
Ähnliche Spiele:
Port Royal, Queen Games (T)
Pirat,
Freibeuter, Hans
im Glück (T)
Guardians, FPG (M)
Magic The Gathering, WOTC (M)
Die WIN-Wertung:
** AA WW III UU SS
"Nicht schon
wieder ein Sammelkartenspiel!" höre ich viele bereits stöhnen, und das
nicht ganz zu Unrecht. Haben doch 'Wizards of the Coast' und 'Legends of the Five Rings' durch ungezählte Clone
ihrer an sich nicht schlechten Spiele fast alle Sammler längst in die
Resignation getrieben, und nur noch der ultraharte Kern verbringt Schlafsack-Nächte
vor einschlägig bekannten Import-Läden, um sich als Erster auch noch die letzte
Ultra-Rare-Karte der allerneuesten Erweiterung in
vierfacher Ausgabe für sein Album zu sichern.
Wir anderen aber,
denen mehr am Spielen guter Spiele als am Sammeln liegt (keine Zwischenrufe
bitte, was ich bis gestern gesagt habe, gilt nicht mehr, auch ihr werdet mich
nicht daran hindern können, über Nacht klüger zu werden - das ist zwar nicht
von mir, aber auch nicht schlecht), wir anderen also können uns das Abflauen
des Trends zu Nutze machen, weil manches nun als Ladenhüter zu Tiefpreisen
verramscht wird und von einem Sammelkartenspiel (wo es darum geht, ein
einzelnes, möglichst starkes Deck zu bilden, das in Turnieren gegen andere
Decks besteht) in ein Kartenspiel für 2, 3 oder mehr Spieler umgebaut werden
kann, wobei darauf zu achten ist, dass keines der einzelnen Decks wesentlich
stärkere Karten enthält als die anderen.
Eines dieser
umbaufähigen Kartenspiele stellt 7th Sea dar: im
vorigen Herbst in Essen noch sehr gefragt (Spieler-Kollegen aus
Man benötigt also
für jeden angestrebten Spieler eines der insgesamt 6 verschiedenen
Starter-Decks zu je 65 Karten. Jedes Deck ist einer von 6 Fraktionen
zugeordnet, und zwar: The Brotherhood of the Coast, The Armada of Castille, The Crimson Rogers, The
Explorers' Society, The General of Montaigne oder The Sea
Dogs und enthält als wichtigste Karten den jeweiligen Kapitän und sein Schiff,
beide gekennzeichnet mit der - wie man mir sagte - historisch richtigen Flagge
der Fraktion. Das Spiel soll nämlich 1668 spielen, allerdings sind jedem Deck 5
(?) Meereskarten beigegeben, die in bestimmter Ordnung nebeneinander zu legen
sind, nämlich: Forbidden Sea
(ganz links), dann La Boca, Trade Sea, Frothing Sea und The Mirror (rechts), so weit zur Geschichtstreue.
Auf der
Kapitänskarte ist angegeben, in welchem der Meere sich diese Fraktion zu
Spielstart befindet; zweckmäßigerweise markiert man den jeweiligen
Aufenthaltsort mit einem farbigen Glasmarker. Unter dem Porträt des Kapitäns
finden sich - wie auch auf allen anderen Mannschaftskarten - fünf Felder, die
die Stärke der einzelnen Crew-Mitglieder in den für Piraten wichtigen
Fähigkeiten angeben: 4 Kanonen bedeuten z.B., dass dieser Freibeuter einem
gegnerischen Schiff, das sich im selben Meer befindet (Glasmarker), vier Punkte
Schaden zufügen kann, wenn er seine Fähigkeit einsetzt, was wie bei fast allen
Sammelkartenspielen durch Drehung der Karte um 90° - hier 'Tacking'
genannt - dargestellt wird. Der Schaden muss ebenfalls durch Tacking von einem oder mehreren gegnerischen
Mannschaftsmitgliedern durch ihre Fähigkeit 'Swashbuckler'
kompensiert werden, was auf den Karten durch gekreuzte Säbel und eine Zahl
dahinter dargestellt wird, und laut Oxford Universal Dictionary
jemanden bezeichnet der 'Geräusche macht, die entstehen, wenn ein Schwert gegen
eigene oder fremde Schilde schlägt'. Jedes Crew-Mitglied kann bis zum Doppelten
seiner Swashbuckler-Fähigkeit an Schaden aufnehmen,
übersteigt der Schaden jedoch seine Fähigkeit, wird er nicht nur getackt (reversibel), sondern verliert bei der Aktion sein
Leben und kommt auf den 'Sunk'-Stapel.
Weitere
Fähigkeiten ('Skills') sind das Anheuern neuer
Piraten ('Influence'), dargestellt durch eine Zahl
hinter einer Krone, die Erledigung von Abenteuern, Zahl hinter Totenkopf, sowie
die Fähigkeit, das Schiff zu manövrieren, Zahl hinter Segel. Jede Schiffskarte
besitzt nämlich an der rechten oberen Ecke ein Segel mit einer Zahl, die
angibt, wie viele Segelpunkte der Crew getackt werden
müssen, um das Schiff von einem Meer in eines der angrenzenden zu bewegen.
Außer den Mannschaftskarten
enthält das Deck nun noch viele Aktions-, Reaktionskarten, Attachments
und Abenteuerkarten.
Das Spielziel
liegt, wie leicht denkbar, in der alleinigen Beherrschung aller 5 Meere, also
der Versenkung der anderen Schiffe. Wie wird das Ziel aber nun erreicht?
Eine Zahl an der
linken oberen Ecke der Kapitänskarte gibt an, wie viele Punkte (Kronen) die
Startmannschaft aufweisen darf, Kapitän Enrique Orduno
von der Kastillischen Armada werden z.B. 8
Startpunkte zugestanden, er entscheidet sich für Manuel Dejavez
(4 Kronen), Mad Mario (3 Kronen) und die Brutes (1 Krone). Sein Start ist mit La Boca festgelegt. Er
mischt die übrigen Karten seines Decks und zieht 7 Karten als Starthand. Alle
Spieler decken nun gleichzeitig ihre Crew auf und der Spieler, dessen
Mannschaft die meisten Segelpunkte aufweist, beginnt mit der Ausführung von
einer von 9 möglichen Aktionen:
Crew anheuern: ein
neues Mannschaftsmitglied wird ausgelegt und Crew mit entsprechenden
Kronenpunkten getackt. Die maximale Anzahl der Crew-Mitglieder
ist auf der Schiffskarte vermerkt.
Aktionskarte
spielen: manche Karten können kostenlos gespielt werden, andere verlangen das Tacken von Fähigkeitspunkten.
Platzieren oder
Erfüllen eines Abenteuers: auf jeder Abenteuerkarte ist angegeben, wie viele
Meeresfelder entfernt vom gegenwärtigen Standort sie ausgelegt werden müssen
(die meisten im angrenzenden Feld, manche aber auch drei Felder entfernt); die
Erfüllung des Abenteuers bedingt das Segeln in das jeweilige Meer und das Tacken der geforderten Totenkopf-Anzahl. Nach Erledigung
der Aufgabe kann die Abenteuerkarte einem Crew-Mitglied zugeordnet werden und
erhöht meist eine der Fähigkeiten um 1 bis 4 Punkte.
Attachment spielen: sie beziehen sich entweder auf die
Mannschaft, ein Schiff oder auf ein ganzes Meer.
Kanonen-Angriff:
Salve eines Crew-Mitgliedes (siehe oben).
Entlassen eines
Mannschafts-Mitgliedes.
Entfernen eines
nicht erledigten Abenteuers.
Bewegen eines
Schiffes ins Nebenmeer: Tacken der auf der Schiffskarte
geforderten Segel-Anzahl.
Schiff entern:
diese schwierigste Aktion erfordert zunächst einmal, dass sich beide Schiffe im
selben Meer befinden; der enternde Kapitän muss sein Schiff in die richtige
Position manövrieren, das heißt, Mannschaft mit der auf der Schiffskarte
geforderten Anzahl von Segel-Punkten tacken; der
attackierte Kapitän kann jedoch versuchen, durch Tacken
von zur Bewegung seines Schiffes nötigen Segel-Punkten, dem Angreifer zu
entkommen. Kann oder will er das nicht tun, so beginnt der Angreifer mit dem
eigentlichen Entern ('Boarding'): ein noch ungetacktes Crew-Mitglied wird vorgeschoben; der
Verteidiger stellt ein ebenfalls noch ungedrehtes Mitglied dagegen. Nun spielt
der Angreifer zusätzlich eine Handkarte aus, die den Angriff beschreibt. Dazu
sind auf jeder Karte (mit Ausnahme der Kapitäns- und der Schiffskarte) drei
Buchstaben notiert; oben ein größerer, unten zwei kleinere. Der obere
bezeichnet den Angriff, z.B. 'P' für 'Punch'. Der
Verteidiger sucht nun in seinen Handkarten eine aus, die als einen der beiden
kleineren Buchstaben das 'P' aufweist und verteidigt sich damit erfolgreich.
Der große Buchstabe auf seiner Karte ist nun das 'D' für 'Dagger';
nun liegt es am Angreifer, sich durch das Spielen eines kleinen 'D' zu verteidigen.
Da jeder Spieler aber meist nur höchstens 7 Karten auf der Hand hat, wird einer
der beiden bald keine Verteidigung mehr aufbringen oder gegen einen schwachen
Angriff überhaupt darauf verzichten, um später gegen ein stärkeres
Crew-Mitglied besser gerüstet zu sein. Der Verlierer des Zweikampfes nimmt die
Anzahl an gekreuzten Schwertern des Siegers als Schaden, das heißt, er tackt die entsprechenden Mannschafts-Mitglieder ('Swashbuckler'-Punkte). Solange der Angreifer noch ungetackte Mannschaft hat und mindestens eine Handkarte zum
Angriff, kann er das Entern fortsetzen oder aber auch darauf verzichten, was
dem Verteidiger aber nun seinerseits die Möglichkeit zum Angriff gibt. Sobald
ein Kapitän gezwungen ist, selbst mehr als seinen 'Swashbuckler'-Wert
an Schaden zu nehmen, weil keiner seiner Crew mehr da ist, um für ihn zu
sterben, hat er das Spiel verloren und geht auf den 'Sunk'-Stapel.
Jeder Spieler
führt eine dieser 9 Aktionen aus oder passt. Erst wenn alle Spieler
nacheinander gepasst haben, ist die Aktionsphase vorbei, jeder zieht drei
Karten von seinem Stapel und alle Crew-Karten werden aufgerichtet ('untacked'). Der Spieler mit den meisten Segelpunkten
beginnt die nächste Runde.
Ach ja, einige der
Aktionskarten tragen die Bezeichnung 'React.'; sie
werden gegebenenfalls außerhalb der Reihe als Reaktion auf unliebsame
Aktionskarten der Gegner gespielt.
In unserer Gruppe
wird 7th Sea immer wieder einmal gerne gespielt,
besonders wegen des gut durchdachten Enter-Systems und weil eine Vielzahl von
Aktionskarten-Eigenschaften und Sonderfähigkeiten der Crew-Karten den Ausgang
jedes Kampfes beeinflussen können. Außerdem zählt die Graphik zum Feinsten und
der kursiv gesetzte 'Flavour'-Text vieler Karten
sorgt, obwohl er mit dem Spiel direkt nichts zu tun hat, oftmals für Schmunzler. Als Beispiel mag eine Aktionskarte mit dem
Titel 'Off Course' dienen, die einen zerbrochenen
Kompass zeigt und bewirkt, dass ein gegnerisches Schiff um ein Meeresfeld
verschoben wird:
The Navigator and the Captain both looked at the
broken compass. Then they looked at the map. Then the Captain looked at his
pistol, and the Navigator started running.
Wer also sein
Englisch wieder etwas aufbessern will und Spaß an Spielen dieser Art hat, ist
mit 7th Sea No Quarter
sicher gut bedient, übrigens sind noch Booster-Packs zu 15 Karten und auch eine
Erweiterung in Umlauf: 7th Sea Strange Vistas, mit zwei neuen Fraktionen, den Gosse's
Gentlemen und The Corsairs, aber das ist
wahrscheinlich nur für Komplettisten interessant,
nicht für Nur-Spieler, wie wir es sind, aber das habe
ich möglicherweise schon erwähnt...