China

 

Früher stand man in Nürnberg an einem Firmenstand und ließ sich von den immer sehr bemühten Animateuren ein Spiel erklären – heute liest man drei Wochen vorher im Internet alles Nötige nach und weiß daher schon beim Eintreffen am Abacus-Stand dass sich hinter dem neuen Spiel China von Michael Schacht das gute alte Kardinal & König, weiland dereinst bei Goldsieber erschienen, verbirgt.

 

Statt wie "Kardinal & König" im grauen Mittelalter Europas finden wir uns im China vor ca. 2200 Jahren, in einer Phase politischer Instabililtät und kurz vor einem Machtwechsel. Alle Provinzfürsten haben nur ein Ziel – der neue Kaiser zu werden.

 

Dementsprechend stimmt uns  schon das Titelbild mit einem Stadttor, das zur Verbotenen Stadt führen könnte, auf die Häuser ein, die wir im Spielverlauf erbauen sollen, um unsere Positionen in den Provinzen zu sichern. Aber nicht nur Häuser stehen uns dafür zur Verfügung, aus den Räten des Mittelalters sind Abgesandte geworden, die wir an die Höfe der Provinz-Fürsten entsenden.

 

Der Spielplan kommt uns doppelt, das heißt beidseitig bedruckt, jeweils geteilt in 9 Provinzen, aber mit unterschiedlich vielen Straßen von Provinz zu Provinz, je nach Spieleranzahl wird eine Seite gewählt, bei vier Spielern kann man jede der beiden Seiten verwenden. Vier Regionen kommen als Farbe je zweimal vor, grün, orange, rot und gelb, lila gibt es nur einmal. Entsprechend den diesen Farben der Provinzen gibt es Karten im Spiel, die Anzahl wird wieder der Anzahl der Mitspieler angepasst, zu fünft wird mit allen Karten gespielt, zu viert wird für jede Provinz eine Karte aussortiert, für drei Spieler zwei Karten.

 

Die Bauplätze für die Häuser sind vorgegeben und von Provinz zu Provinz verschieden und durch ein gemeinsames Straßennetz verbunden. An den Grenzen der Provinzen finden sich noch Markierungen mit den Werten zwischen 1 und 15, und in jeder Provinz haben wir noch eine Markierung für den Hof, an den die Abgesandten geschickt werden.

 

Jetzt brauchen wir nur noch die Karten zu mischen und an jeden Spieler 3 Karten auszuteilen und schon können wir anfangen unsere Positionen zu etablieren und eine, zwei oder drei Handkarten ausspielen. Man kann aber auch auf das Ausspielen verzichten und eine Karte tauschen.

 

Das Setzen ist genauestens geregelt – man darf in einem Zug nur in eine Provinz Steine setzen – steht dort noch kein Stein, darf man auch nur einen Setzen, gibt es dort jedoch schon einen Stein, egal von welchem Spieler, darf man bis zu zwei Steine setzen. Jeder Stein kostet eine Karte, man kann aber auch eine Karte durch zwei gleiche Karten einer anderen Farbe als der Provinzfarbe ersetzen.

 

 

 

 

 

Beim Setzen gibt es aber noch weitere Einschränkungen – so dürfen nur so viele Abgesandte an einen Hof geschickt werden wie es Häuser in der Mehrheitsfarbe in der Provinz gibt, stehen also 3 rote und 2 gelbe Häuser in Shu, so dürfen dort maximal drei Abgesandte gesetzt werden, egal von welchem Spieler. Abgesandte dürfen auch in Provinzen wo man selbst keine Häuser hat gesetzt werden, natürlich nur wenn dort überhaupt schon irgendein Haus steht.

 

Ausgespielte Karten werden abgeworfen und man zieht auf drei Karten nach, vier Karten (im Gegensatz zu zwei in Kardinal & König) liegen immer offen und man kann aus den offenen Karten wählen oder verdeckte ziehen oder beides, aus der Kartenstapel wird zweimal durchgespielt, dann kommt es zur Schlusswertung.

 

Ob wir unsere Karten und damit unsere Häuser und Abgesandten geschickt genutzt haben, erfahren wir in zwei verschiedenen Wertungen, den Häuserwertungen in der Provinz und bei der Bündniswertung am Spielende. Ist eine Provinz mit allen möglichen Häusern bestückt, wird sie gewertet – wer die meisten Häuser in einer Provinz besitzt, erhält für jedes Haus in der Provinz, egal welcher Farbe, einen Punkt. Der Spieler mit den zweitmeisten Häusern erhält für jedes Haus des Spielers mit den meisten Häusern einen Punkt, der Spieler mit den drittmeisten Häusern punktet für die Häuser des Spielers mit den zweitmeisten usw., wer keine Häuser in der Provinz hat, punktet nicht. Bei Gleichstand kassieren beide Spieler die Punkteanzahl. Ist eine Provinz gewertet, wird ein Wertungsstein zur Markierung eingesetzt, und es dürfen dort trotzdem noch Abgesandte gesetzt werden.

 

Ist der Zugstapel das zweite Mal zu Ende gespielt, wird auch die Runde noch beendet, damit alle Spieler gleich oft an der Reihe waren, oder das Spiel endet, wenn kein Spielstein mehr gesetzt werden kann. Nun werden die Häuser in nicht markierten Provinzen gewertet, danach erfolgt die Bündniswertung für die Abgesandten. Hier kommen die Bündnisziffern von 1-15 an den Provinzgrenzen zum Tragen – wer an beiden Höfen der benachbarten Provinzen die Mehrheit der Abgesandten besitzt, kassiert die Bündnisziffer als Punkte, bei Gleichstand werden die Punkte allen beteiligten Spielern gutgeschrieben.

 

Und noch etwas hätte man beim Setzen beachten sollen – bei Spielende gibt es nämlich auch noch eine Straßenwertung, wer 4 oder mehr Häuser in einer ununterbrochenen Reihe entlang einer Straße stehen hat, auch über Provinzgrenzen hinweg, erhält für jedes Haus in der Reihe einen Punkt. Und wer nun die meisten Punkte hat, der kann sich Kaiser von China nennen, wenn er möchte, zumindest bis zum Beginn der nächsten Partie.

 

Wer möchte, kann mit Befestigungen Spielen, diese werden auf ein freies Hausfeld gesetzt und mit einer Karte der Provinzfarbe oder zwei gleichfarbigen Karten bezahlt und sind neutral. Wenn der Spieler nicht im gleichen Zug darauf ein Haus baut, kann ein anderer Spieler die Befestigung mit einem Haus besetzen. Dies bringt einem Spieler bei der Häuserwertung doppelte Punkte für jede Provinz, in der er ein Haus mit Befestigung hat, und bei der Straßenwertung doppelte Punkte für eine Häuserreihe mit einem befestigten Haus darin.

 

 

Am Flair des Spieles hat sich durch den Transfer nach Asien und die minimalen Änderungen nicht viel geändert. Noch immer bietet es einiges an Taktik, und das mit eher simplen Spielregeln und einer angenehmen Spieldauer von maximal einer Stunde. Wie in so vielen guten Spielen möchte man mehr tun als man kann und muss sich immer wieder entscheiden, Haus oder Abgesandter, hier oder dort, Häuserreihe verlängern, Provinzmehrheit anstreben oder doch eine Karte tauschen und gleich mehrere Steine in der nächsten Runde setzen.

 

Flexibel zu sein, ist auch in China das Gebot der Stunde – ob jemand, der Kardinal & König besitzt, auch China haben muss ist schwer zu entscheiden, eines von beiden sollte man in seinem Spieleschrank haben. Die raffinierte Wertung mit dem Bezug auf alle möglichen Strategien, die man im Spielverlauf verfolgen kann, macht die Entscheidungen nicht einfach, aber immer wieder reizvoll. Kein Spiel für hochmotivierte Strategen, aber sehr wohl für Spieler, die ein ausgewogenes Verhältnis von Glück beim Karten ziehen und Taktik beim Reagieren auf die momentane Spielsituation mögen.

 

Dagmar de Cassan

dagmar.de.cassan@spielen.at

 

 

Spieler         : 3-5

Alter            : ab 12 Jahren

Dauer          : ca. 60 Minuten

Verlag          : Abacusspiele

                     www.abacusspiele.de

Autor          : Michael Schacht

                     www.spiele-aus-timbuktu.de

Grafik          : Michael Schacht            

Preis            : ca. 25 EUR                   

 

Genre                    : Setz- und Positionsspiel

Zielgruppe             : Familie, Freunde

Mechanismus         : Karten spielen um Figuren zu setzen

 

Strategie                : ***

Taktik                    : ****        

Glück                    : **            

Interaktion             : ***          

Kommunikation      : *

Atmosphäre           : *****                

 

Kommentar:

Neuauflage von Kardinal & König

Kaum geänderte Regeln

Größere Verpackung

 

 

Dagmar de Cassan:

Die raffinierte Wertung mit dem Bezug auf alle möglichen Strategien, die man im Spielverlauf verfolgen kann, macht die Entscheidungen nicht einfach, aber immer wieder reizvoll.

Wenn Ihnen Kardinal & König gefallen hat oder wenn Sie gerne Setzspiele wie El Grande mögen, wird Ihnen auch China zusagen.