California
Altes
Landhaus frisch renoviert
Kalifornien,
was verbindet man nicht alles mit diesem Land: Hollywood, Alcatraz, Golden Gate
Bridge, Death und Silicon Valley, endlose Orangen-, Trauben-, Zitronen- und
Avocadoplantagen, aber auch Erdbeben auf Grund der San Andreas Spalte. Aber wen
wir als Österreicher am meisten mit diesem Land verbinden, ist unser Arnie.
Arnold Schwarzenegger, unser steirischer Muskelexport, ist seit 2003 Gouverneur
des bevölkerungsreichsten Bundesstaats der USA, und noch etwas verbinden wir
mit dem Namen Kalifornien, nämlich das neue Spiel von Michael Schacht, das bei
Abacusspiele erschienen ist.
In Nürnberg 2006 war der Verlag noch nicht so weit und so konnten wir
unsere erste Probepartie erst sehr viel später spielen. Wie von Abacus gewohnt,
kommt das Spiel in einer schmalen Schachtel 37x27 cm. Fast zu schmal für das
viele Spielmaterial. Die Geschichte zum Spiel lässt uns ein altes Landhaus
erben, das leider in einem katastrophalen Zustand ist. Alle Zimmer gehören
renoviert und neu eingerichtet. Dadurch werden die neugierigen Nachbarn
angelockt und die bringen wiederum Geschenke mit. Nun denn, krempeln wir die
Ärmel hoch und stürzen wir uns ins Geschehen. Lasst uns umbauen und möge uns
das Schicksal von Hinterholz 8 nicht zuteil werden.
Jeder Spieler erhält eine Landhaus Tafel. Die 88 Plättchen mit den
Zimmerausbauten werden verdeckt gemischt. Es gibt 2 Geschäfte mit je 4 Feldern.
Auf jedes dieser Felder wird ein Ausbauplättchen offen ausgelegt. Die 4 Felder
der Banktafel werden mit je einer Goldmünze belegt, die im Wechselkurs 5 Silbermünzen
wert ist. Jeder Spieler erhält 1 Gold- und 1 Silbermünze.
Der Spieler, der an die Reihe kommt, muss zwischen 2
Aktionsmöglichkeiten wählen. Entweder er nimmt sich eine Goldmünze von der Banktafel
und legt diese sichtbar, so wie auch seine gesamtes Geld, vor sich ab, oder er
kauft ein Plättchen.
Dazu nimmt er sich eines der Ausbauplättchen, die in den beiden
Geschäften liegen, und platziert es sofort in seinem Landhaus. Der Kaufpreis
richtet sich danach, wie viele Münzen noch auf der Banktafel liegen. Sind dort
4 Münzen, kostet das Plättchen 4 Silbermünzen, sind in der Bank 3 so kostet das
Plättchen 3 Silbermünzen usw.
Es gibt 3 verschiedene Ausbauplättchen: Die renovierten Zimmer in 6 verschiedenen
Farben, die farblich dazu passenden Einrichtungsgegenstände, die man nur in
renovierte Zimmer legen darf, und die Dachkammerausbauten.
Ein Zimmerplättchen legt man in seinem Landhaus im Erdgeschoss aus. Dort
befinden sich 16 Felder. Ein Feld ist bereits renoviert, drei Felder sind ohne
Aufdruck, 7 Felder haben eine Silbermünze aufgedruckt und 5 Felder 2
Silbermünzen. Dies sind die zusätzlichen Kosten, wenn man auf diese Felder ein
Zimmerplättchen legt.
Auf jedes Feld darf man nur ein Zimmerplättchen legen, und befindet sich
bereits ein gleichfarbiges Zimmer im Haus, muss man das neue Zimmer an dieses
waagrecht oder senkrecht anlegen. Einen Einrichtungsgegenstand legt man auf ein
bereits im Erdgeschoss gebautes, gleichfarbiges Zimmerplättchen. Nach diesem
Zug erhält der Spieler sofort den gleichfarbigen Gast und stellt ihn vor sein
Haus. Alle Plättchen, die man kauft, müssen sofort gebaut werden können, sonst
darf man sie nicht kaufen.
Jedes Landhaus hat bereits ein ausgebautes Dachkammerfeld. Mit den
Ausbauten kann man ein zweites Feld belegen. Auf diesen Feldern kann man Einrichtungsgegenstände
zwischenlagern, so man kein passendes farbiges Zimmerplättchen hat. Sobald aber
ein passendes Zimmer gebaut ist, muss man sofort den Einrichtungsgegenstand vom
Dachboden in das Erdgeschoss transferieren.
Sobald die Banktafel oder eines der beiden Geschäfte leer ist, endet der
Tag. Eventuell übrig gebliebene Plättchen kommen in einen schwarzen
Stoffbeutel. Die Geschäfte erhalten neue Plättchen und die Banktafel wird
aufgefüllt. Es beginnt ein neuer Tag. Nach dem 11. Tag ist der Nachziehstapel
der Ausbauten aufgebraucht und man zieht die benötigten Plättchen aus dem
Stoffbeutel. Nach dem 12. Tag endet das Spiel.
Wodurch bekommt man nun Punkte? Sobald ein Spieler einen
Einrichtungsgegenstand auf ein Zimmerplättchen legt, bekommt er den passenden
Gast. Dieser kann auch von einem anderen Spieler kommen. Sie wechseln ständig
ihren Standort. Hat der Spieler dadurch 2 oder mehr Gäste vor sich stehen,
bekommt er ein Gastgeschenk, das durch ein Plättchen symbolisiert wird. Auch
dieses wird sichtbar abgelegt.
Wird ein Einrichtungsgegenstand gebaut und der passende Gast ist bereits
beim Spieler, erhält er keine neues Geschenk. Die 11 Bonuskarten zeigen
Kombinationen von Gegenständen in Zimmerfarben oder verlangen bestimmte Einrichtungsgegenstände.
Wenn man als erster eine dieser Kombinationen erreicht bekommt man das
entsprechende Plättchen und 2 – 3 Siegpunkte. Die erhaltene Bonuskarte
verbleibt beim Spieler bis zum Ende.
Sollte einmal das Geld knapp werden, kann sich der Spieler einen Kredit
aufnehmen. Er darf immer nur einen Kredit besitzen. Dazu nimmt er sich 3
Silbermünzen aus dem Vorrat und muss 4 Silbermünzen zurückzahlen.
Nach dem 12. Tag zählen die Spieler ihre Siegpunkte. Jedes Gastgeschenk
ist einen Punkt wert. Die Bonuskarten bringen 2-3 Punkte und jedes bebaute Feld
im Erdgeschoss und der Dachkammer bringt ebenfalls einen Punkt. Sollte ein
Spieler zu diesem Zeitpunkt noch einen Kredit besitzen und er kann ihn nicht
zurückzahlen werden ihm 2 Punkte abgezogen. Der Spieler mit den meisten Punkten
gewinnt. Bei Gleichstand entscheidet das meiste Geld.
Beim Spiel zu zweit bekommt man erst ein Geschenk, wenn drei oder mehr
Gäste zu Besuch sind und das Spiel kann vorzeitig enden, wenn ein Spieler
Bonuskarten im Gesamtwert von 9 Punkten besitzt oder ein Spieler alle Felder im
Erdgeschoss bebaut hat. In beiden Fällen wird der Tag noch zu Ende gespielt.
Wieder einmal zeigen Michael Schacht und der Abacus Verlag wie man Spiele
produziert, die Spaß machen und einen Wiederspielwert haben. Dadurch
unterstreicht auch der Verlag seine immer stärker werdende Kompetenz auf dem
Brettspielsektor. Schön langsam steigen sie auf vom Klein/Mittelverlag in die
Riege der Großen, zumindest was die Qualität ihrer Spiele betrifft. Diese
Erfolgsmomente seien ihnen auch vergönnt!
Die Regel ist wie gewohnt einfach, klar strukturiert mit Beispielen
versehen und kurz gehalten. Es entstehen keine Fragen und man kann rasch
losspielen. Eine Kurzspielregel für alle Spieler vermisse ich allerdings, auf
Grund der Einfachheit der Regel ist sie aber nicht unbedingt von Nöten. An
eines werde ich mich allerdings nie gewöhnen. aber dies sei kein Kritikpunkt:
Das Regelheft ist mehrsprachig und umfasst daher 16 Seiten A4 Format. Im ersten
Moment war ich schockiert und wollte schon die Regel wieder weglegen. Zum Glück
weiß ich meinen inneren Schweinehund zu bekämpfen, sonst wäre mir ein wirklich
gutes Spiel entgangen.
Das Material ist auf dicken Karton gedruckt, einzig die Münzen sind
nicht die hübschesten, aber das ist wohl ein Kostenfaktor. Die Schachtel ist
leider zu niedrig. Wenn man die Teile alle lose hinein gibt, ist der Platz
gerade ausreichend, die Gefahr dass die Schachtel aufgeht und alles heraus
fällt, ist aber sehr groß. Wenn man die Teile in Ziploc-Tüten sortiert, dann
muss man den Schachtel-Innenteil herausnehmen damit der Deckel plan aufliegt.
Die Grafik ist ansprechend und unterstützt die Übersichtlichkeit des
Spiels. Der Spielfluss und der Spielablauf sind ohne Ecken und Kanten. Man hat
einen schnellen Zugang und unsere Erstpartie dauert 60 Minuten, alle anderen
waren darunter. Die schnellste zu viert lag bei 35 Minuten. Auf Grund der Kürze
des Zuges eines Spielers ist man rasch wieder an der Reihe und so kommt keine
Langeweile auf.
Das Thema wirkt ein wenig aufgesetzt, aber das haben alle diese Spiele
gemeinsam und mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Auf jeden Fall kann man
sein Haus renovieren und einrichten wie man möchte und da kam bei mir schon der
Heimwerker durch und ich achtete darauf, wo die Garage für das Motorrad und wo
der Swimmingpool steht. In dieser Partei war ich zwar letzter, aber ich hatte
das schönste Haus. War bloß kein Kriterium für das Spiel.
Was überraschend ist, dass California trotz seiner Einfachheit eine
Spieltiefe besitzt die man erst nach mehreren Partien ausloten kann. Immer
wieder ist man in der Zwickmühle, ob man das eine Plättchen um 4 Münzen kauft,
was recht teuer ist oder man sich eine Goldmünze aus der Bank nimmt. Diese
Entscheidung ist auch von der Spieleranzahl abhängig. Zu fünft ist die
Wahrscheinlichkeit groß dass genau das gewünschte Plättchen nicht mehr da ist.
Da kommt aber der Mechanismus mit offenen Punkten und sichtbaren Geld spielen
zum Tragen. Da ich genau weiß, welche Zimmer und Einrichtungsgegenstände meinen
Mitspielern fehlen, kann ich da rechtzeitig eingreifen. Den Dachboden sollte
man auf jeden Fall nicht außer Acht lassen. In vielen meiner Partien war ich
dankbar für einen zweiten Dachbodenausbau.
Die Bonuskarten sollte man ebenfalls nicht außer Acht lassen. Spieler
ohne diese Karten war niemals unter den Siegern. Diejenigen, die niemals
Gastgeschenke erhielten, waren zwar weiter vorne platziert, konnten aber
ebenfalls nicht gewinnen. Der richtige Mix ist gefragt und das Gefühl für den
richtigen Zeitpunkt ob man jetzt doch noch ein Plättchen kauft oder die letzte
Münze oder das letzte Plättchen nimmt um den Tag zu beenden. Entscheidungen
über Entscheidungen, aber keine gravierenden, so ist California immer noch ein
locker leicht zu spielendes Spiel.
Am besten gefiel mir das Spiel zu 4. Zu zweit war der Reiz nicht der
gleiche, da man rasch wieder an die Reihe kam und eine falsche Entscheidung
nicht so schwer wog wie bei einer größeren Anzahl an Spielern. Zu fünft
wiederum hat man weniger Züge und da ist mir ein Phänomen aufgefallen, das ich
allerdings nicht erklären kann. Es betrifft nur das Spiel zu fünft. Wenn da ein
Spieler die erste Münze aus der Bank nahm, konnte es passieren dass er
verhältnismäßig weniger Plättchen kaufen konnte als alle anderen und das hielt
aber dann das ganze Spiel an. Man wurde das Gefühl nicht los, daas dieser
Spieler benachteiligt ist. Es war aber niemals derselbe und es hatte auch
keinen Einfluss, ob der Spieler Startspieler war oder später in der Reihenfolge
zum Zug kam. Warum das so ist werde ich in weiteren Partien ergründen.
Meiner Ansicht nach hat der Startspieler und die nachfolgenden leichte
Vorteile gegenüber den letzten Spielern in der Reihenfolge. Gerade bei einer
größeren Anzahl hat rein rechnerisch der Spieler, der früher ins Geschehen
eingreift, ein bis zwei Aktionen mehr als der Spieler der am Ende sitzt. So
hatte in unseren Partien der Startspieler öfter den Sieg davon getragen. Dies
wird auch noch dadurch unterstützt, dass die Spieler, das gesamte Spiel
betrachtet, nicht gleich oft am Zug
sind. Um mir dessen 100ig sicher zu sein muss ich aber noch ein paar Partien
spielen.
Trotz aller Kritikpunkte ist California ein sehr gutes Spiel, das auf
Grund seiner Spieldauer noch recht oft auf meinem Spieltisch landen wird.
Spieler : 2-5
Alter
: ab 8 Jahren
Dauer
: 60 Minuten
Autor : Michael
Schacht
Grafik : Michael
Schacht & Hans-Jörg Brehm
Preis
: ca. € 16,00
Verlag : Abacusspiele
2006
www.abacusspiele.de
Genre
: Setz- und Mehrheitenspiel
Zielgruppe
: Familie
Mechanismen
: mit Ausbauten Mehrheiten erringen
Strategie
:
**
Taktik
: ****
Glück
: **
Interaktion
: *****
Kommunikation
: *
Atmosphäre
: ******
Kommentar:
einfache
übersichtliche Regeln
übersichtliches
Spielmaterial
ansprechende
Grafik
Kurt
Schellenbauer: Michael Schacht ist etwas wieder einmal gelungen, ein Spiel zu
erfinden das ohne Schnörkel auskommt und sowohl Otto Normalverbraucher als auch
die Vielspieler anspricht.
Vergleichbar:
Lege- und Bauspiele
wie Fifth Avenue
oder San Fransisco