UNSERE REZENSION
Von der Brauerei zum Palast
Fürstenfeld
Bauplatz statt Brauplatz
Es wäre nicht Friedemann, wäre die Schachtel nicht grün und wäre es kein Titel mit F (Aufruf an alle Verlage, bisher sind nur y und f vergeben!) – daher heißt sein Spiel um Landwirtschaft, Bier und Gebäude auch Fürstenfeld.
Als Spieler sind wir von Beruf adeliger Großbauer und produzieren zu Beginn des Spiels Hopfen, Gerste und Quellwasser als Rohstoffe für Bier an Brauereien. Die Rohstoffe kommen von unserem eigenen Grundstücksplan, auf dem drei Parzellen diesen Rohstoffen gewidmet sind, die Brauereien hingegen finden sich auf dem zentralen Spielplan und zwar für jeden Mitspieler, und sie kaufen im Spielverlauf Rohstoffe in unterschiedlicher Menge und natürlich auch zu wechselnden Preisen. Der Bedarf der Brauereien wird durch eine Bedarfskarte pro Brauerei festgelegt.
Außerdem haben wir als Grundausstattung zu Spielbeginn noch zwei Münzen zur Verfügung und einen Satz mit 26 Karten, der für jeden Spieler gleich ist – er liefert uns im Spielverlauf weitere Rohstofffelder, Gebäude mit Sondereigenschaften und sechs Teilgebäude eines Palasts. Diesen zu errichten ist letztendlich unser Spielziel, denn wir werden ja durch den Verkauf der Rohstoffe reich und wollen mit unserem Geld was anfangen.
Dann wird wie gewohnt in Runden gespielt – dazu haben wir unseren Kartensatz verdeckt und gemischt vor uns liegen, für das Grundspiel werden Reiseführer und Lumpensammler entfernt. Drei Karten von diesem Stapel haben wir schon bei der Spielvorbereitung gezogen, und ziehen nun für die erste Runde 3 Karten, damit wir 6 haben, in weiteren Runden ziehen wir auf vier Karten nach, außer man hat schon ein Labor, dann kann man mehr ziehen.
Dann ist Erntezeit, alle auf unserem eigenen Grundstück bebauten Felder, auch die schon vorgegebenen drei Startfelder, liefern in dieser Phase 2 Rohstoffe ernten nun Rohstoffe. Diese werden natürlich nicht gelagert, sondern in der folgenden Phase 3 Rohstoffe verkaufen an eine Brauerei unserer Wahl für den dort aktuellen Preis pro Sorte verkauft. Der Haken dabei ist, wie im wirklichen Leben sinkt der Preis, sobald man an eine Brauerei mehr Rohstoffe verkauft, als sie braucht, und zwar sofort für den nachfolgenden Spieler. Hat man schon eine Bank gebaut, gibt es zusätzlich Einkommen. Das in dieser Phase erzielte Einkommen bestimmt die Spielreihenfolge für die nächste Runde.
In Phase 4 kann in Spielreihenfolge gebaut werden, und zwar bis zu 2 Karten aus der Hand. Der Bau kostet die auf der Karte angegebene Summe und man kann jedes Feld, auch die zu Beginn fix vorgegebenen Produktionsfelder der Rohstoffe, überbauen, wir sind friedliche Landbesitzer und gehen nicht auf Landnahme-Kriege, sondern überbauen eben was wir glauben nicht mehr zu brauchen. Einzige Ausnahme sind die Palastteile, diese braucht man ja um zu gewinnen und daher dürfen diese folgerichtig – wenn einmal gebaut – nicht mehr überbaut werden. Hat jeder Spieler eine Palastkarte gebaut, steigt der Preis für die nächste um 2 Münzen!
In der Phase 5 kommt das große Dilemma – man muss alle noch verbliebenen Handkarten bis auf eine ablegen und zwar zuunterst in den eigenen Nachzugstapel, die Reihenfolge kann man frei wählen – das heißt, theoretisch kommt die Karte wieder, die Frage ist nur, brauche ich sie dann noch genauso dringend wie jetzt! Hilft nichts, weg damit. Und es ist noch dazu ein Rathaus, mit dem ich, hätte ich es gebaut, mehr als eine Karte behalten dürfte! Und auch eventuell noch verbliebene Rohstoffe gehen in den Vorrat zurück. Am Ende werden in Phase 6 noch die Rohstoffpreise angepasst, für leere Bedarfsfelder geht der Preis jeweils um 1 hoch.
Wer am besten die Balance zwischen Rohstoffproduktion, bauen, ernten, verkaufen und Palast bauen erwischt, wird gewinnen – das Problem ist ein gewisser Handlungszwang – fängt einer an an seinem Palast zu bauen, muss man nachziehen, denn wer 6 Palastteile gebaut hat, beendet das Spiel. Die Runde wird zwar zu Ende gespielt, aber man somit höchstens noch einen Zug. Wer allein den Palast fertigbaut, gewinnt, gibt es mehrere erfolgreiche Palastbauer, gewinnt derjenige mit dem meisten Geld.
Und wieder einmal hat man ein Dilemma-Spiel erfolgreich bewältigt – kurzfristige Erfolg gegen langfristige Planung, lukrative Produktionsstätten gegen andere Bauwerke, Palastteile gegen Privilegien und Rohstoffe.
Und wer Friedemann kennt, der würde wetten, dass er den Zeitreise-Autobus auf der Reiseführer-Karte des Expertenspiels absichtlich eingebaut hat, damit sich alle darüber wundern oder darüber grinsen können! Nur warum ist er rosa statt grün? Im Expertenspiel jedenfalls muss der Palast in korrekter Reihenfolge gebaut werden, aber dafür hat man zu Beginn 10 Karten, von denen man eine behält und 9 nach eigenen Wünschen geordnet wieder unter den Stapel legt.
Der Reiz liegt im eigenen Kartenstapel, unter den man nicht benötigte Karten schiebt. Kann man sich die Reihenfolge merken, hat man einen entscheidenden Vorteil. Genau dieser Kartenstapel bringt aber auch einen ziemlichen Glücksfaktor ins Spiel, trotzdem dominiert Taktik und das Geschick, sich mit den veränderlichen Preisen der Brauereien zurechtzufinden.
Spieler: 2-5
Alter: 10+
Dauer: 60+
Autor: Friedemann Friese
Grafik: Fréderic Bertrand, Lars-Arne Kaluska
Preis: ca. 35 Euro
Verlag: 2F-Spiele
Web: www.2f-spiele.de
Genre: Wirtschaftsspiel
Zielgruppe: Mit Freunden
Version: de
Regeln: de en jp
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Schönes Material * Einfache Grundregeln * sehr attraktive Mischung aus Glück, Planung und Taktik * speziell empfehlenswert für Freunde von Dilemma-Bewältigung
Vergleichbar:
Dominion für Kenntnis und gleichzeitig Zufall des Kartenstapels, ansonsten alle Spiele mit Nutzung von Ressourcen zum Erwerb anderer Ressourcen
Andere Ausgaben:
In Englisch bei Rio Grande, in Japanisch bei Arclight
Meine Einschätzung: 6
Dagmar de Cassan:
Ein echter Friedemann – Wirtschaft pur, in der Grundstruktur eher abstrakt, gut ausbalanciert, und mit Entscheidungen zum Haare raufen!
Zufall: 2
Taktik: 2
Strategie: 0
Kreativität: 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis: 2
Kommunikation: 0
Interaktion: 2
Geschicklichkeit: 0
Action: 0