Aus drei mach neu

 

Fremde Federn

 

In fremden Spielen wildern

 

Franz, Ferdinand, Fabian und Friedemann wollen am Spieleabend wieder mal was Gescheites spielen. „Ich möchte mal wieder was Langes wie Im Wandel der Zeiten spielen“ sagt Franz, Ferdinand würde lieber wieder mal den alten Klassiker Agricola spielen. „Das haben wir schon so lange nicht mehr auf dem Tisch gehabt“ sagt er. Fabian würde am liebsten Dominion spielen, denn auf Deckbuilding steht er total. Da meint Friedemann „Alles Schnee von gestern, wir spielen alle 3 Spiele auf einmal“ und schon legte er „Fremde Federn“ auf den Tisch. Große Augen unter allen Anwesenden. „Alle drei auf einmal“, das geht doch gar nicht, die sind ja völlig unterschiedlich, aber Friedmann meint, das geht sehr wohl. Seht her, ich erklär’s euch.

 

Der Spielplan zeigt 10 vorgedruckte Wahlkampfbüros, je nach Spielerzahl kommen noch einige dazu, in jeder der maximal 11 Runden kommt ein weiteres Büro hinzu. Dieses Element, der ständig wachsenden Auswahlmöglichkeiten, wurde aus Agricola übernommen. Nur, dass wir hier keinen Bauernhof verwalten, sondern korrupten Politikern mit unsern bis zu 7 Wahlhelfern mit einem Worker placement-Mechanismus in Form von Siegpunkten zum Wahlgewinn verhelfen. Wahlgewinner (Präsident) und Sieger wird wer nach 11 Runden oder vier verkauften Doktortiteln (die letzten 4 Karten, die ins Spiel kommen) die meisten Siegpunkte hat, bzw. wer es als erster schafft, 95 Siegpunkte zu erreichen. Zu Siegpunkten kommt man u.a. durch Einsetzen auf die entsprechenden Büros, aber auch durch Ausspielen von Siegpunktehandkarten. Die Wahlkampfbüros bieten neben Siegpunkten natürlich noch diverse andere Möglichkeiten wie Einkaufserlaubnis (das Nehmen einer neuen Karte aus der Auslage), virtuelles Geld, um diese Einkäufe auch bezahlen zu können und das Ziehen weiterer Karten vom eigenen Nachziehstapel.

 

Wobei wir jetzt schön langsam zu Vaccarinos genialer Idee des Deckbuildings in Dominion kommen, denn jeder Spieler beginnt mit einem Set aus 10 Handkarten, davon 7 mit je einem Geldstück und 3 mit je einem Siegpunkt (die hier nicht das Deck verstopfen, sondern jede Runde gewertet werden), wovon 5 Karten zu Beginn jeder Runde vom eigenen Deck gezogen werden. Eine Karte davon wird zur Ermittlung der Spielreihenfolge in Form einer dafür abgedruckten Zahl herangezogen und steht danach für die laufende Runde nicht mehr zu Verfügung. Je wertvoller die Karte im Spiel, desto höher die Zahl.

 

In Spielreihenfolge setzt dann jeder einen seiner Wahlhelfer auf ein Büro, normalerweise darf jedes Büro nur von einem Spieler besetzt werden, einige Karten erlauben aber auch hier Ausnahmen. Falls aus den Vorrunden dort hölzerne Siegpunktemarker liegen werden diese genommen und nach dem Zug des Spielers auf der Siegpunkteleiste abgetragen. Die guten Büros, wie z.B. 2 Geld, 2 Siegpunkte, doppelte Einkaufserlaubnis oder Verdoppelung einer gespielten Handkarten werden naturgemäß als Erstes genommen, daher ist es schon wichtig, die Spielreihenfolge ein wenig im Auge zu haben, um nicht immer als Letzter in die schlechteren Büros setzen zu müssen. Das ist wie im richtigen Wahlkampf, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, besser gesagt der Wähler. Wichtig ist es auch, sich eine Einkaufserlaubnis zu sichern, denn ohne diese darf in der nachfolgenden Phase keine Karte aus den 11 ausliegenden Möglichkeiten gekauft werden, da kann man noch so viel Geld in Form von Handkarten oder virtuellem Geld aus Büros haben. Im Normalfall dürfen nämlich keine Handkarten in die nächste Runden mitgenommen werden (auch hier gibt es wieder eine Karte, die das doch ermöglicht).

 

Haben alle Spieler ihre 3 Wahlkampfhelfer eingesetzt, sind nur noch die Spieler dran, die sich noch weitere Wahlhelfer (Kartenfunktion) gesichert haben, ja auch die kann man sich kaufen, Frank lässt grüßen (seltsamerweise beginnt auch der Name mit einem „F“ - wie passend).

 

In der nächsten Phase werden - wieder in Spielreihenfolge - von den Spielern alle mit einem eigenen Wahlhelfer besetzten Büros aktiviert und alle Handkarten herunter gespielt bzw. ungenutzt abgeworfen. Das Wichtigste hierbei ist, sich mindestens eine gute Karte aus den ausliegenden Möglichkeiten (wie höhere Geldkarten, höhere Siegpunktekarten bzw. andere fantastische Wahlkampfkarten mit diversen Möglichkeiten wie „Insiderinformationen“ „Ellenbogen zeigen“, „Spendensammlung“ oder „Wahlkampftour“ zu besorgen, alle Karten haben diverse Vorteile (außer den roten Karten, die man gelegentlich, zwangsweise dazu bekommt), machen aber auch das eigene Deck dicker. Da muss man schauen, dass man die weniger wertvollen Karten zeitgerecht verschrottet (z.B. Aktion eines Büros), damit die wertvollen Karten auch mehrmals dran kommen, denn wie in Dominion kommt alles Gekaufte erst Mal auf eine Art Ablagestapel. Die Einkaufsmöglichkeiten haben alle ihren Preis, wobei bei den weiter rechts liegenden Karten (dies sind meist die wertvolleren, neu auf gelegten Kaufkarten) noch zusätzliche Kosten von bis zu 2 Geld anfallen. Wobei wir jetzt bei der Einkaufsleiste aus Im Wandel der Zeiten wären. Die nächste Phase dient nur mehr dem Aufräumen und der Vorbereitung der nächsten Runde, wie dem Zusammenschieben der nicht gekauften Karten, Nachlegen der Einkaufsmöglichkeiten und Bestücken der nicht mit Wahlhelfern besetzten Büros mit den hölzernen Siegpunktemarkern.

 

Fazit: Was Friedemann Friese hier zusammengemixt hat, macht Spaß. Eine gewisse Lernkurve wie in Dominion ist vorhanden. Wann steigt man vom Kaufen der Karten, die mir dickes Geld für weitere Käufe bringen, auf das Kaufen der hohen Siegpunktekarten um? Das will alles genau getimt sein. Wende ich eventuell eine Extremstrategie an, und verdünne mein Deck z.B. auf einige wertvolle Siepunktekarten, die schnell wiederkommen oder versuche ich mit vielen zusätzlichen Wahlhelfern beinahe jede Runde zur mehr Aktionsmöglichkeiten zu kommen (zusätzliche Wahlhelfer hat man nämlich nicht dauerhaft, sondern muss man sich durch Ausspielen der entsprechenden Karte erst einmal holen). Nach ein bis zwei Partien hat man lange noch nicht alle Möglichkeiten ausgelotet, die dieses Spiel bietet. Die Grafik ist eher nüchtern gehalten und schreckt Spieleästheten fast ab. Allen Dominion-Fans, die sich neben dem reinen Deckbuilding noch auf weitere bewährte Mechanismen einlassen wollen, sei Fremde Federn wärmstens empfohlen. Alle anderen sollten es sich zumindest einmal anschauen.

 

Gert Stöckl

 

Spieler: 2-4

Alter: 12+

Dauer: 95 min

Autor: Friedemann Friese

Grafik: Harald Lieske

Preis: etwa 27 Euro

Verlag: 2F Spiele 2012

Web: www.2f-spiele.de

Genre: Deckbuilding

User: mit Freunden

Version: de

Regeln: de

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Fantastische Mischung dreier Spiele

Einfach ausprobieren

Hoher Glücksfaktor

 

Vergleichbar: Dominion und andere Deckbauspiele

 

Andere Ausgaben:

Copycat, Rio Grande Games, USA; Arclight, Japan;  Koreo Boardgames, 999 Games, Niederlande

 

Gert Stöckl:

Eine außergewöhnliche gute Mischung aus bekannten Elementen dreier Weltklassespiele, Deckbauelement vorherrschend, gegen Spielende z.T. recht hoher Glücksfaktor, ob die im eigenen Deck befindlichen hohen Siegpunktekarten nach dem Mischen noch kommen oder nicht.

 

Meine Wertung: 6/7

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 1

Strategie (blau): 2

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 1

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0