Finstere Flure
Das Spiel:
Finstere Flure
Positionsspiel
für 2-7 Spieler ab 10 Jahren
von Friedemann Friese
2F-Spiele, 2003
Die Besprechung:
Bernhard Petschina
Die WIN-Wertung
*** SS II UU AA 3-6 (2-7)
Warum kann das Monster nicht diagonal schauen, wenn es nach vorne, links und rechts schauen kann. Diese Frage hat mich schon länger bei Finstere Flure beschäftigt. Ja, okay, dass das Monster einfach in die Wand hineingehen kann und bei einer anderen Stelle im nächsten Schritt einfach aus der Wand herauskommt, das hat mich nicht gestört. Immerhin habe ich noch kein Monster getroffen, was dies nicht gemacht hat. Aber wieso kann es nicht diagonal schauen?
Gut, ich erklär mal worum es geht: Furchtlos forschtest du nach den 3 Fetischen aus den finnischen Fjord mittels flinker und facettenreicher Finten, um sie fortzuschaffen und damit zu Fürst Fieso nach Frankreich zu eilen und die faszinierende Fee und Freifrau Fabula zu freien. Doch Fieso scheint fremdenfeindlich, welch ein Fiasko, du landest unter Freiheitsberaubung freudlos und frierend in einer fürstlichen Festung mit finsteren Fluren. Nun musst du Fiesos Falle entkommen. Furunkulus, das Hofmonster (ein furchteinflößender Freak) wartet schon. Nun heißt es frisch, fromm, fröhlich, frei, Furunkulus zu foppen und in die Freiheit zu fliehen.
Soweit mal die Hintergrundgeschichte, die eine Fortsetzung der Fabel um Fabula aus dem Spiel „Fische, Fluppen, Frikadellen“ ist. Für alle, die Friedemann Friese und den 2F-Verlag nicht kennen und denen es bisher noch nicht aufgefallen ist: Es besteht eine leichte Neigung zu Wörtern, die mit einem F beginnen. Genauso besteht eine leichte Neigung zu der Farbe grün, die aber nur verstanden werden kann, wenn man Friedemann Friese einmal gesehen hat.
Und worum geht es jetzt wirklich? Also auf einem Spielbrett etwa 11x16 Felder groß werden in der einen Ecke die Spielsteine (4 pro Spieler bei 2-4 Spielern, 3 bei 5-7) beim Eingang eingesetzt und auf der anderen Ecke wartet beim Ausgang das Monster Furunkulus. Jeder Spielstein (im Sinne Friedemann Frieses werde ich die Spielsteine nur noch als „Fremde“ bezeichnen) hat eine farbige und eine schwarze Seite, auf der auch stehen wie weit man ziehen kann. Die Summe der beiden Zahlen ist immer 7. Nach jedem Zug wird der Fremde umgedreht. Jedes Mal, wenn alle Fremden einmal gezogen sind, wird ein Kärtchen für Furunkulus aufgedeckt, das besagt wie weit er gehen kann.
Und Furunkulus ist recht einfältig. Er geht solange gerade vorwärts, bis er am Beginn seines Schrittes rechts oder links einen Fremden stehen sieht, der näher ist als ein Fremder, der vor ihm zu sehen ist. Wenn rechts und links jeweils wer steht und beide gleich weit entfernt sind, dann geht Furunkulus geradeaus weiter. Steht Furunkulus vor einer Wand und sieht keinen Fremden, so verschwindet er in der Wand und erscheint an einer anderen Stelle. Dafür sind auf den Wänden je zwei Mal die Buchstaben A-Z und ein Stern abgebildet.
Erwischt Furunkulus einen Fremden, so wird dieser bei der nächsten Runde neu eingesetzt. Wurden die 8 Kärtchen von Furunkulus bereits einmal durchgespielt, so ist der Fremde aus dem Spiel. Wenn die Kärtchen ein zweites Mal durchgespielt wurden, dann ist das Spiel aus, und es hat der gewonnen, der als erster die meisten Fremden durch den Ausgang ziehen konnte. Das Spiel ist aber auch zu Ende, wenn jemand alle seine Fremden bis auf einen durch den Ausgang gezogen hat.
Gut, die Zugweite der Fremden habe ich schon erwähnt. Wenn man sich das Spielbrett genauer anschaut, dann sieht man auch, dass es sich dabei um eine Säulenhalle handelt (an jedem Eck eines Feldes eine Säule), und da man nicht durch Säulen durchgehen kann ist für Fremde nur eine Bewegung vorwärts, links, rechts oder zurück möglich. Und damit ist mir auch klar, wieso Furunkulus auch nicht diagonal sehen kann. Nämlich weil sich die Fremden hinter den Säulen auch verstecken können. Damit das mit dem Verstecken auch gut funktioniert darf pro Feld nur ein Fremder stehen. Aneinander vorbeiziehen dürfen Fremde aber. Und damit das mit dem Verstecken noch besser funktioniert, gibt es noch Steinblöcke so groß wie ein ganzes Feld, die, solange der Platz dahinter frei ist, von den Fremden geschoben werden können. Dem Furunkulus ist es egal, ob das Feld hinter einem Steinblock frei ist, er schiebt weiter und wenn notwendig zerquetscht er alles zwischen sich und der Wand. Auch den Steinblock, er ist halt ein Monster.
Im Grundspiel gibt es noch zwei Blutlachen, auf denen man rutscht sobald man sie betritt. Im Fortgeschrittenenspiel werden die Steinblöcke umgedreht und sind zum Teil durchsichtig (Furunkulus sieht dahinter stehende Fremde) oder geben Furunkulus eine andere Richtung vor. Es gibt dann noch zusätzlich 2 Paare mit Teleportern, die Furunkulus beim Betreten des einen zum zweiten des Paares teleportieren und von Fremden nicht betreten werden dürfen.
Die graphische Ausführung ist wie schon bei Fische, Fluppen, Frikadellen und Friesematenten im Comic-Stil gehalten, die Materialqualität ist ebenfalls wie bei den oben genannten Spielen hervorragend. Anscheinend sind die billigen Kartonschachteln von Funkenschlag bereits aufgebraucht. In der Spieldauer liegt dieses Spiel voll im Trend. Spiele mit 1-2 Stunden Spieldauer sind derzeit selten. Das Monster ist aus über 20 Teilen individuell kombinierbar und kann ein entsprechend schreckliches Aussehen damit erhalten.
Der Spielmechanismus hat mich sehr begeistert. Der Spielstein mit den Zugweiten 6 und 1 wird vor allem mit der Seite mit der 1 eine Herausforderung dem Monster zu entfliehen. Es ist zugegeben ein einfaches Spielprinzip, aber die Interaktion ist vor allem bis zum Ziehen des letzten Fremden gegeben. Auf scheinbar sicheren Plätzen steht man zuweilen durch den aufopfernden Einsatz netter Mitspieler plötzlich direkt vor dem Monster. Durch den variablen Aufbau ist auch ein lange anhaltender Spielspass gegeben. Einen Vorteil hat dieses Spiel auch entscheidender Maßen: Es ist seit langem wieder ein gutes Spiel, dass auch sogar mit 7 Personen gespielt werden kann, zur Zeit eine Seltenheit.
Ich habe lange überlegt, ob ich diesem Spiel 2 oder 3 Sterne in der WIN-Wertung geben soll. Ich konnte eigentlich nichts finden, was ich an diesem Spiel auszusetzen hätte. Das Problem ist für mich eher eine fehlende Definition für ein „*** Spitzenspiel“ gewesen. Ich kann mich an alte Diskussionen erinnern, in denen auch einmal eine 3 in der Buchstabenwertung gefordert wurde, aber DDD oder GGG für ein Spitzenspiel? Wenn ich von der „**“ - Wertung „… in seiner Klasse“ ausgehe, dann hat dieses Spiel für mich den dritten Stern durch einen sehr hohen Wiederspielenwollenwert, seiner hohen Flexibilität bezüglich der Teilnehmer und seiner „furchtbar“ netten Umsetzung einer Geschichte in einem Spiel verdient.
Bemerkung am Ende: Es gibt auf www.2f-spiele.de ein kleines Computerspiel zum Brettspiel, auf dem in einfacherer Weise einige Level gelöst werden können. Für Leute mit PC und Zeit ein netter Zeitvertreib.